Van Houten (Unternehmen)

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Van Houten

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Rechtsform
Gründung 1815
Sitz Amsterdam
Stand von Van Houten Cacao in Kiautschou, Postkarte
Plakat von 1898 auf Deutsch

Die Koninklijke Cacao- en Chocoladefabrieken C.J. van Houten & Zoon NV te Weesp war ein 1815 gegründeter niederländischer Hersteller von Schokoladenprodukten, der seit 1972 nur noch als Marke existiert. Seine Erfindungen des Kakaopulvers und des Dutch Process gelten als wichtige Meilensteine der industriellen Schokoladenproduktion.

1963 wurde Van Houten von der Eigentümerfamilie an die US-amerikanische W. R. Grace and Company verkauft. 1972 verkauften die amerikanischen Eigentümer die weltweiten Exklusivrechte für die Herstellung und den Verkauf von Van-Houten-Produkten an den deutschen Schokoladenkonzern Leonard Monheim KG, den Hersteller von Trumpf Schokolade. Nach mehreren Übernahmen gehörte das Unternehmen seit 1996 zu dem belgischen Konzern Barry Callebaut, einer Philipp-Morris-Tochter, die Van Houten 2011 an das belgisch-niederländische Familienunternehmen Baronie verkaufte.

Casparus van Houten Sen.

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Casparus van Houten Sen. (1770–1858) war seit 1806 ein Kaffee- und Gewürzgeschäftbetreiber in Amsterdam.[1] Er eröffnete 1815 an der Leliegracht in Amsterdam eine Schokoladenfabrik,[2][3] in der eine manuell betriebene Tretmühle stand.[4] Damals wurden die Kakaobohnen noch zu einer feinen Masse gemahlen, die dann mit Milch zu Schokoladenmilch vermischt wurde oder unter Zugabe von Zucker, Zimt und Vanille die Grundlage für die Herstellung von Keksen war.[5]

1828 patentierte Van Houten ein billiges Verfahren zum Auspressen des Fetts aus gerösteten Kakaobohnen, die Kakaobutterpresse.[6][7] Diese Erfindung wird in der Regel seinem Sohn Coenraad zugeschrieben, doch Recherchen des Journalisten Peter van Dam weisen darauf hin, dass sein Vater der Erfinder dieser hydraulischen Kakaobohnenpresse war.[8] Der Kern der Bohne, besser bekannt als Nib, enthält durchschnittlich 54 % Kakaobutter, die hauptsächlich aus natürlichem Fett besteht.[9] Van Houtens Maschine reduzierte den Kakaobuttergehalt in den rohen Kakaobrocken um etwa die Hälfte. Diese Stücke konnten leicht zu Kakaopulver pulverisiert werden, als dessen Erfinder Van Houten gilt.[10]

Das Patent lief 1838 aus, so dass andere Hersteller dem Beispiel von Van Houten folgten und Kakaopulver herstellten, wodurch immer mehr Schokoladenprodukte auf den Markt kamen.[5]

Coenraad van Houten

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Coenraad J. van Houten (1801–1887) trat als Sohn von Casparus van Houten sen. die Nachfolge der damals schon weltberühmten niederländischen Schokoladenfabrik an. Er heiratete 1835 eine Namensvetterin, Hermina van Houten (nicht verwandt), aus Groningen. 1842 verlegte er die Schokoladenproduktion in eine Windmühle in Leiden und löste damit die Tretmühlenproduktion ab.[11] 1848 führte Coenraad Van Houten eine Weiterentwicklung ein, indem er das Pulver mit Alkalisalzen wie Kalium- und Natriumcarbonaten behandelte, wodurch es sich besser mit Wasser mischen ließ (Alkalisierung). Das Endprodukt hat eine dunkle Farbe und einen milden Geschmack. Heute wird dieses Verfahren weltweit angewendet und ist auch als Dutching bekannt. Die Einführung von Kakaopulver erleichterte die Zubereitung von Schokoladengetränken, aber es wurde auch möglich, Schokolade mit Zucker zu mischen und dann wieder Kakaobutter hinzuzufügen, so dass z. B. Schokoladenpaste hergestellt werden konnte.[12]

1850 zog das Unternehmen in eine leerstehende ehemalige Dampfwäscherei an der Oude Gracht, in Weesp, die in einem ehemaligen Waisenhaus untergebracht war.[11]

Casparus van Houten jr.

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Casparus van Houten jr. (1844–1901), Sohn von Coenraad, arbeitete ab 1865 für das Unternehmen. Unter seiner Leitung wurde zwischen 1890 und 1897 eine völlig neue Fabrik in Weesp gebaut. Diese Erweiterung und Modernisierung bedeutete einen enormen Aufschwung für die Stadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1900 beschäftigte das Unternehmen 1000 Mitarbeiter, was 40 Prozent der männlichen Arbeitskräfte von Weesp entsprach.[2][3] Unter seiner Leitung wurde der Kakao ab 1865 in Dosen verpackt, was ihn besser halt- und transportierbar machte, dies wiederum trug stark zum Absatz des Unternehmens bei.[3]

Unter der Führung von Casparus Jr. wurde das Unternehmen international zur weltweiten Marke und exportierte 1890 in die USA, nach England, Frankreich und Deutschland.[13]

Casparus hatte ein Gespür für Marketing und trug so zum Wachstum des Unternehmens bei. Van Houten gehörte zu den ersten, die mit Plakaten auf Straßenbahnen in den großen Städten Europas und in den Vereinigten Staaten warben.[14] Bereits 1899 produzierte die Van Houten-Gruppe einen Kinowerbefilm, in dem ein müder und verschlafener Büroangestellter nach dem Verzehr von Schokolade auf wundersame Weise wieder zum Leben erwacht.[15] Ebenso warben Stan Laurel und Oliver Hardy auf Fotos für den Kakao von Van Houten.[11]

Casparus Jr. drückte dem Unternehmensstandort Weesp seinen Stempel auf. 1890 wurde mit dem Bau eines neuen Fabrikkomplexes außerhalb von Weesp im Aetsveltsepolder begonnen, da der Standort im Zentrum von Weesp zu klein geworden war.[16] Bereits 1888 hatte Van Houten 40 Hektar Land gekauft, um dies zu ermöglichen. Außerdem kaufte Casparus 1896 die Mühle 't Haantje an der Smal Weesp, um deren Abriss zu verhindern.[17]

Sein neuer Wohnsitz befand sich ebenfalls in Weesp. Der Bau der Villa Casparus mit 99 Zimmern nach einem Entwurf des Amsterdamer Architekten Abraham Salm dauerte von 1897 bis 1901, dem Jahr, in dem Casparus van Houten jr. starb.[18][19]

Douwinus Johannes van Houten und Geert van Mesdag

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Im Juni 1890 heiratete die einzige Enkelin von Coenraad van Houten, Hermina Maxwils, Geert van Mesdag (1863–1939). Van Mesdag wurde in die Geschäftsleitung aufgenommen.[20][21] 1895 trat auch Douwinus Johannes van Houten in die Geschäftsführung ein, dessen Vater ein Cousin von Coenraad war. Ab Ende 1903 waren Van Mesdag und Van Houten alleinige Eigentümer des Unternehmens.[3]

1906 bauten sie an dem Standort alter Produktionshallen eine protestantische Kirche für Weesp,[22] die aber zunächst im Unternehmensbesitz blieb.1940 ging sie in den Besitz der Niederländischen Protestantenvereinigung über. In Weesp ist das Gebäude unter dem Namen Het Chocoladekerkje bekannt.[23]

Im Jahr 1907 gab van Houten bei einem Umsatz von 7,3 Millionen Gulden fast 1,5 Millionen Gulden für Werbung aus.[24]

Während des Ersten Weltkriegs kam die Versorgung mit Kakaobohnen zum Erliegen und auch die Lieferung von deutscher Kohle für die Dampfmaschinen stagnierte. In den Jahren 1916 und 1917 waren die Verkäufe gering und der Umsatz ging gegen Null,[25] das Personal wurde entlassen, um die Kosten zu senken. Das Kriegsende brachte zwar eine gewisse Besserung, doch 1921 musste das Unternehmen aufgrund einer weltweiten Währungskrise und Streiks in den Seehäfen, die den Export stark behinderten, Verluste hinnehmen. Im Jahr 1928 wurde das 100-jährige Bestehen ausgiebig gefeiert,[26] aber diesem festlichen Ereignis folgte die große Wirtschaftskrise der 1930er Jahre. 1933 trat Douwinus van Houten von der Geschäftsführung zurück und beendete damit einen langen Konflikt mit den Van Mesdags. Zwei Jahre später wurde Van Houten in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

Im Zweiten Weltkrieg waren die Probleme ähnlich wie in den Jahren 1914 bis 1918. Andere Produkte wie Pudding, künstliche Sahne, Bratensoßenpulver und Kaffeeersatz wurden auf den Markt gebracht, um den Umsatz zu steigern und die Arbeitskräfte zu beschäftigen.[27][28] Im weiteren Verlauf des Krieges verschwanden diese Produkte wieder, weil es an Rohstoffen mangelte. Van Houten hatte das Glück, dass die Fabriken den Krieg ohne größere Schäden überstanden.

Rob van Mesdag und Maarten van Mesdag

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1959 trat mit Rob van Mesdag und Maarten van Mesdag eine neue Generation in die Leitung des Unternehmens ein.[29]

Im Jahr 1961 beschäftigte van Houten 2500 Mitarbeiter, von denen 1300 außerhalb der Niederlande arbeiteten. Die Produkte wurden in mehr als 70 Länder exportiert, wobei Japan, Hongkong, Kanada und Italien zu den wichtigsten Märkten gehörten. Zwei Jahre später verkauften Geert und Maarten ihre Anteile an den amerikanischen Chemiekonzern W. R. Grace.[29]

Wechselnde Eigentümer

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Dieser US-amerikanische Handels- und Industriekonzern erwarb von Robb und Maarten van Mesdag, den Nachkommen der Gründer der Van-Houten-Fabriken, 76 % der Aktien von Van Houten.[30]

1968 verkaufte W. R. Grace 51 % der Van-Houten-Anteile an das US-amerikanische Unternehmen Peter Paul Inc. Ein Ziel des Kaufs der Anteile durch Peter Paul war, zusätzliche Absatzmöglichkeiten für US-Produkte über das Van-Houten-Netzwerk zu gewinnen.[31]

Diese Übernahme war nicht erfolgreich und Van Houten musste Verluste hinnehmen. 1972 verkauften die US-Eigentümer die Exklusivrechte für die Herstellung und den Verkauf von Van-Houten-Produkten fast auf der ganzen Welt an den deutschen Schokoladenkonzern Leonard Monheim, der die Vertriebsorganisation übernahm, aber die Produktion von Weesp in seine eigenen Fabriken in Deutschland verlegte.1971 wurden die Fabriken in Weesp geschlossen, und 573 Mitarbeiter wurden arbeitslos.[32] 1986 verkaufte Peter Ludwig, mittlerweile Eigentümer des Monheim-Konzern, van Houten an Jacobs Suchard. Bereits 1990 verkaufte deren Eigentümer Klaus Johann Jacobs jedoch an Phillipp Morris weiter, die Van Houten 1996 mit ihrer Tochter Barry Callebaut fusionierten, Callebaut verkaufte Van Houten 2011 an Baronie.[5]

Commons: Van Houten – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Das Original seit 1815 | Van Houten. In: Barry Callebaut. Abgerufen am 6. Oktober 2024.
  2. a b https://www.tussenvechteneem.nl/wp-content/uploads/2018/12/TVE-2016-3.pdf. (PDF) Abgerufen am 5. Oktober 2024 (niederländisch).
  3. a b c d Hier gebeurde het... Prinsengracht 760, 1828. In: Ons Amsterdam. 23. Mai 2013, abgerufen am 6. Oktober 2024 (niederländisch).
  4. Molen Chocolaadmolen van Casparus van Houten, Amsterdam. In: Molendatabase.nl. Abgerufen am 6. Oktober 2024 (niederländisch).
  5. a b c Markenlexikon | Van Houten. In: Brandslex.de. Abgerufen am 6. Oktober 2024.
  6. Die Geschichte der Schokolade. In: Regenwald schützen. Abgerufen am 6. Oktober 2024.
  7. Maria Jimenez Rojas: Niederländische Kakaogeschichte 101 - Daarnhouwer & Co. In: Daarnhouwer & Co. 19. Mai 2022, abgerufen am 6. Oktober 2024.
  8. Arne van Homburg: Schokolade und Kakao - Geschichte - Coenraad van Houten. In: The Obroma Cacao. 6. Februar 2007, abgerufen am 6. Oktober 2024.
  9. Kakaonibs. In: Bundeszentrale für Ernährung. Januar 2019, abgerufen am 6. Oktober 2024 (deutsch).
  10. Coenraad Van Houten. In: Cornell University. 6. November 2019, abgerufen am 7. Oktober 2024 (englisch).
  11. a b c Lisa Koppenrade: 180 jaar verwennerij: Van Houten's Cacao en Chocolade. In: Oneinding Noord-Holland. 17. Oktober 2015, abgerufen am 6. Oktober 2024 (niederländisch).
  12. Markenlexikon | Van Houten. In: Brandslex.de. Abgerufen am 6. Oktober 2024.
  13. Hier gebeurde het … Prinsengracht 760, 1828. In: Ons Amsterdam. 23. Mai 2013, abgerufen am 6. Oktober 2024 (niederländisch).
  14. JJ Stuijfbergen: Van Houten chocolade en cacao affiches. In: Hoorn Museumsstad. 11. Dezember 2012, abgerufen am 11. Oktober 2024 (niederländisch).
  15. Eerste reclamefilm Van Houten (1899) online te zien. In: Weesper Nieuws. 24. Oktober 2012, abgerufen am 10. Oktober 2024 (niederländisch).
  16. DBNL: Weesp, Monumenten in Nederland. Noord-Holland, Saskia van Ginkel-Meester, Chris Kolman, Ronald Rommes, Elisabeth Stades-Vischer, Ronald Stenvert. Abgerufen am 7. Oktober 2024 (niederländisch).
  17. Javinto: Molen 't Haantje, Weesp. 1820, abgerufen am 7. Oktober 2024 (niederländisch).
  18. Villa Casparus. In: Erfgoed Weesp. Abgerufen am 6. Oktober 2024 (niederländisch).
  19. Villa Casparus was zeldzaam luxe, maar Casparus woonde er nooit. In: Weesper Nieuws. 12. September 2019, abgerufen am 6. Oktober 2024 (niederländisch).
  20. Marit Eisses: Hoe was het om bij chocoladefabriek Van Houten te werken? A.H. de Heus vertelt. In: Oneindig Noord-Holland. 23. November 2023, abgerufen am 7. Oktober 2024 (niederländisch).
  21. Groenegraf.nl - Het verhaal van... Abgerufen am 7. Oktober 2024.
  22. Open Monumentendag. In: Weesper Nieuws. 2. September 2023, abgerufen am 10. Oktober 2024 (niederländisch).
  23. tenbond (“Chocoladekerkje”). In: De Orgelsite. Abgerufen am 7. Oktober 2024 (niederländisch).
  24. Reclame kaarten van Van Houten. Historische Kring Weesp, abgerufen am 11. Oktober 2024 (niederländisch).
  25. Peter van Dam: Cacao- en chocoladefabriek C.J. van Houten & Zn. 1815–1971-Opkomst en ondergang van een wereldmerk, Lecturis & [Z]OO producties, Oktober 2012, ISBN 978-90-70108-77-9. S. 57
  26. Bijzondere onthulling van een goed bewaard geheim. Abgerufen am 7. Oktober 2024 (niederländisch).
  27. Peter van Dam: Cacao- en chocoladefabriek C.J. van Houten & Zn. 1815–1971-Opkomst en ondergang van een wereldmerk, Lecturis & [Z]OO producties, Oktober 2012, ISBN 978-90-70108-77-9. S. 75
  28. Erfgoed van de Week | Dankbaar, saamhorig en verbonden. Gemeinte Amsterdam, 14. März 2024, abgerufen am 7. Oktober 2024 (niederländisch).
  29. a b Rob van Mesdag - Trinity Development & Alumni - Trinity College Dublin. Abgerufen am 7. Oktober 2024.
  30. MEERDERHEIDSBELANG VERWORVEN Van Houten & Zoon komt bij Amerikaanse groep. In: Trouw. Dag Auflage. Meppel 26. Februar 1963 (delpher.nl [abgerufen am 7. Oktober 2024]).
  31. Grace verkoopt 51 pct. belang in Van Houten aan Peter Paul Inc. In: Algemeen Handelsblad. Dag Auflage. Amsterdam 23. April 1968 (delpher.nl [abgerufen am 7. Oktober 2024]).
  32. Van Houten gaat dicht. In: De Telegraaf. Dag Auflage. Amsterdam 17. Dezember 1970 (delpher.nl [abgerufen am 7. Oktober 2024]).