Vandalische Sprache

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Vandalisch, Wandalisch

Gesprochen in

Nordafrika (Karthago)
Sprecher (ausgestorben)
Linguistische
Klassifikation
  • Indogermanische Sprache
    Germanische Sprache
    Ostgermanische Sprache
    Vandalisch
Offizieller Status
Amtssprache in (ausgestorben)
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

gem (sonstige Germanische Sprachen)

ISO 639-3

xvn

Vandalisch ist eine germanische Sprache, die im nördlichen Afrika im 5. und 6. Jahrhundert von den Vandalen gesprochen wurde. Die sprachwissenschaftliche Forschung zählt die vandalische Sprache zu der Sprachfamilie der ostgermanischen Sprachen, womit Vandalisch mit der ebenfalls ausgestorbenen gotischen Sprache nah verwandt ist.

Vandalisch gehört zum germanischen Zweig der indogermanischen Sprachen. Zusammen mit den Sprachen Gotisch, Burgundisch, Gepidisch und Rugisch wird Vandalisch in gängigen sprachwissenschaftlichen Überblickswerken zu den ostgermanischen Sprachen gezählt.[1]

Aufgrund der spärlichen Datenlage für Vandalisch ist eine Klassifikation als ostgermanische Sprache nicht eindeutig möglich, sondern wird aus historischen Gründen gemacht, weil die Vandalen als ein ursprünglich ostgermanisches Volk gesehen wurden. Vandalisch könnte auch einen von den anderen ostgermanischen Sprachen unabhängigen germanischen Sprachzweig bilden und damit weiter von Gotisch entfernt sein, so zumindest einige Forscher.[2]

Geschichte und geografische Einordnung

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Die Vandalen gehen zurück auf einen Stammesbund aus den Silingen im heutigen Schlesien und den Asdingen an der Theiß sowie Sueben aus Pannonia und reiternomadischen Alanen. Im Zuge der sogenannten Völkerwanderung wanderten zumindest Teile dieser Stämme in das römische Reich: Im Jahr 406 überquerte der Stammesbund den Rhein und gelangte 409 bis in das Gebiet des heutigen Spaniens. 429 zogen die Vandalen unter Geiserich schließlich nach Nordafrika, wo sie ein eigenes Königreich gründeten. Mit der Zerschlagung des nordafrikanischen Vandalenreiches mit der Hauptstadt Karthago durch den oströmischen Kaiser Justinian I. im Jahr 533 verliert sich die Spur der Vandalen.[3]

Durch Quellen belegt ist lediglich die vandalische Sprache des 5. und 6. Jahrhunderts, wie es im nördlichen Afrika gesprochen wurde. Aussagen zu etwaigen früheren Sprachstufen des Vandalischen, etwa wie es von vandalischen Stämmen in ihrem Siedlungsgebiet östlich des Rheins gesprochen wurden, können mangels Daten nicht gemacht werden. Die heutige historische Sprachwissenschaft definiert die vandalische Sprache deshalb als die Sprache, die von Vandalen im 5./6. Jahrhundert in Nordafrika gesprochen wurde. Überholt ist der ältere Ansatz der historischen Sprachwissenschaft, die in griechischen und römischen Quellen genannten Gruppierungen als homogene „Völker“ zu begreifen und zu glauben, dass aus einer rekonstruierten vandalischen Sprache umfangreiche Rückschlüsse auf Geschichte und Kultur der von den Römern und Griechen erwähnten Vandalen gezogen werden könnten, zumal die römischen Quellen nur von einer geringen Kenntnis der inneren Struktur der germanischen Stämme zeugen.[4]

Es gibt nur wenige Sprachzeugnisse für die vandalische Sprache. Alle Zeugnisse sind Fremdzeugnisse, von den Vandalen selbst gibt es keine schriftliche Überlieferungen.[5] Beim Großteil dieser Sprachzeugnisse handelt es sich um vandalische Einzelnamen, die in literarischen und historiografischen Werken von römischen und griechischen Autoren, Inschriften auf Gebäuden und auf archäologischen Objekten sowie Inschriften auf Münzen belegt sind.[6] Eine weitere Quelle für vandalische Personennamen sind die Tabulae Albertini, mit Tinte beschriebenen Holztafeln, die 1928 an der Grenze zwischen Tunesien und Algerien gefunden wurden.[5]

Zu diesen vandalischen Einzelnamen gesellen sich einige Sprachzeugnisse in Satzform:

Das lateinische Epigramm De conviviis barbaris (wörtlich Über fremdländische Gelage), vermittelt über den Codex Salmasianus und die Anthologia Latina, enthält ein germanisches Fragment, das die meisten Autoren für vandalisch halten, obschon das Fragment im Text als gotisch bezeichnet wird:[7][5]

Inter eils Goticum scapia matzia ia drincan!
non audet quisquam dignos educere versus.

„Zwischen den gotischen Heil[-Rufen und ihrem Geschrei] «Lasst uns Essen und Trinken herbeischaffen!»
wagt es niemand mehr, würdevolle Verse hervorzubringen.“

Anthologia Latina, Epigramm 285

Die Taxierung des Fragments als gotisch ist nicht weiter erstaunlich, zumal zum Beispiel auch der Historiker Prokop im 6. Jahrhundert sowohl Goten als auch Vandalen, Visigoten und Gepiden als gotische Völker und ihre Sprache allgemein als Gotisch bezeichnet.[7][8]

Ein zweites Zeugnis findet sich in der Collatio Beati Augustini cum Pascentio ariano, einem von einem unbekannten Autor zwischen 430 und 450 n. Chr. verfassten und gegen die Arianer gerichteten Traktat, nämlich die Übersetzung des liturgischen Rufes Herr, erbarme dich: frôja armês. Im Gotischen heißt dieselbe Formel frauja armais.[9][5]

Als wichtiger Meilenstein in der Forschungsgeschichte der vandalischen Sprache gilt Über die Sprache der Wandalen des deutschen Linguisten Ferdinand Wrede von 1886, das erste umfassende Werk über die vandalische Sprache.[10] 2002 wurde der Versuch unternommen, die Phonetik der vandalischen Sprache vollständig zu rekonstruieren. Diese Rekonstruktion geschah vor allem auf der Basis der überlieferten vandalischen Personennamen.[11][5] Den aktuellen Forschungsstand (2020) gibt die Monografie The Vandalic Language: Origins and Relationships von Frederik Hartmann wieder. Hartmanns Monografie ist ferner ein Versuch, mit Mitteln der modernen Sprachwissenschaft erstmals seit Wrede eine vollständige Beschreibung des Vandalischen zu liefern.[12]

  • Nicoletta Francovich-Onesti: I Vandali. Lingua e storia. Carocci, Rom 2002, ISBN 88-430-2237-7.
  • Frederik Hartmann: The Vandalic Language: Origins and Relationships. Winter, Heidelberg 2020, ISBN 978-3-8253-4752-9.
  • Ferdinand Wrede: Über die Sprache der Wandalen. Ein Beitrag zur germanischen Namen- und Dialektforschung (= Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker 59). Trübner, Straßburg 1886.

Einzelnachweise

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  1. Benjamin W. Fortson IV: Indo-European Language and Culture: an introduction. Blackwell, Oxford 2004, ISBN 1-4051-0316-7, S. 312.
  2. Frederik Hartmann: The Vandalic Language: Origins and Relationships, Winter, Heidelberg 2020, S. 9, 120.
  3. Herwig Wolfram: Die Germanen. 11. Auflage. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-76456-1, S. 99–101.
  4. Frederik Hartmann: The Vandalic Language: Origins and Relationships, Winter, Heidelberg 2020, S. 8–9.
  5. a b c d e Nicoletta Francovich Onesti: Tracing the language of the Vandals, aufgerufen am 23. Dezember 2013.
  6. Frederik Hartmann: The Vandalic Language: Origins and Relationships, Winter, Heidelberg 2020, S. 16–32.
  7. a b Albrecht Greule und Matthias Springer: Namen des Frühmittelalters als sprachliche Zeugnisse und als Geschichtsquellen. De Gruyter, Berlin/New York 2009, ISBN 978-3-11-020815-3.
  8. Procopius of Caesarea: The Vandalic War. I,2-8.
  9. Adolf Hotzmann: Sihora. In: Germania. Vierteljahrsschrift für deutsche Altertumskunde. Band 2, 1857, S. 448–449.
  10. Ferdinand Wrede: Über die Sprache der Wandalen (Erster Teil), Inaugural-Dissertation, Straßburg 1886, vollständig als Über die Sprache der Wandalen. Ein Beitrag zur germanischen Namen- und Dialektforschung (= Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker 59), Straßburg 1886.
  11. Nicoletta Francovich Onesti: I Vandali. Lingua e storia. Carocci, Rom 2002, ISBN 88-430-2237-7.
  12. Frederik Hartmann: The Vandalic Language: Origins and Relationships, 157 S., Winter, Heidelberg 2020, ISBN 978-3-8253-4752-9.