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Verlorene Armee des Kambyses

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Persische Krieger, aus dem Fries des Palasts des Dareios I., heute Pergamonmuseum, Berlin
Stich aus dem 19. Jahrhundert
Entwicklung des Achämenidenreichs unter Kyros II., Kambyses II. und Dareios I.

Die verlorene Armee des Kambyses war nach einem Bericht von Herodot ein 50.000 Mann starkes persisches Heer, das im Jahr 524 v. Chr. in der Wüste Ägyptens in einem Sandsturm unterging.

Kambyses II., ältester Sohn von Kyros II., regierte das Achämenidenreich von 529 v. Chr. bis zu seinem Tod 522 v. Chr. Er nahm kurz nach der Schlacht bei Pelusium 525 v. Chr. Gaza und Memphis ein und schickte den Pharao Psammetich III. ins Exil.

Die Legende der verlorenen Armee

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Laut Herodot sandte er von Theben aus eine Armee nach Westen, um das Orakel des Amon in der Oase Siwa zu zerstören, deren Priester ihn nicht anerkannt hatten. Er selbst unternahm einen Feldzug nach Nubien. Nach einem siebentägigen Marsch geriet die entsandte Armee laut Herodotus in einen Sandsturm und verschwand.[1][2]

Historische und archäologische Untersuchungen

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Gerhard Rohlfs schrieb 1881:[3] „Wenn wir indess so die bedeutenden Verheerungen constatiren können, die der Wind nach und nach auf die Sandmassen auszuüben im Stande ist, so sind die Wirkungen auch des heftigsten Sandsturmes keineswegs im Stande Menschen oder Thiere so zu verschütten, dass sie daran sterben könnten. Menschen und Thiere, wenn sie reichlich mit Wasser und Nahrung versehen sind, werden immer Kraft genug haben, den Staub und Sand von sich abzuschütteln (...) kann nur Erschöpfung, Hunger und Durst, verursacht vielleicht dadurch, dass die Armee sich verirrte, oder absichtlich vom Wege abgeleitet wurde, der Grund des Unterganges gewesen sein.“

Im Januar 1933 suchte Orde Wingate ohne Erfolg in der Westlichen Wüste von Ägypten, heute als Libysche Wüste bekannt.[4] Ladislaus Almásy suchte in den 1930er Jahren nach den Spuren der Armee.[5][6] Hansjoachim von der Esch (1899–1976) forschte vor Ort.[7]

Gary S. Chafetz, ein US-amerikanischer Journalist und Autor, unternahm zusammen mit Wissenschaftlern von September 1983 bis Februar 1984 auf den Spuren von Esch eine Expedition. Sie wurde von der Harvard University, der National Geographic Society, der Egyptian Geological Survey and Mining Authority und dem Centro Studi Ricerche Ligabue finanziell unterstützt. Es wurden Grabhügel untersucht, doch waren diese 1000 Jahre älter als das Ereignis.[8]

2000 fanden Geologen der Helwan-Universität Knochen, Reste von Waffen und Textilien, die Überreste des Ereignisses darstellen könnten.[9]

Die italienischen Dokumentarfilmer Alfredo und Angelo Castiglioni machten 1996 einen 35 m langen, 1,8 m hohen und 3 m breiten Fels als mögliche Fundstätte nahe der Oase Siwa aus. Zusammen mit Wissenschaftlern bargen sie Skelette und Überreste von Waffen aus Bronze und Schmuck aus Silber.[10][11] Sie postulierten, dass die persische Armee nicht den ungefähr 800 km langen Weg von Theben über Charga, Dachla, Farafra nach Siwa gewählt hatten, sondern einen längeren Weg von Charga nach Westen bis Gilf el-Kebir und dann nach Norden zur Oase Siwa. Dario Del Bufalo, Archäologe von der Università del Salento, erklärte, in der Wüste sei nunmehr die Stelle gefunden worden, an der sich die Tragödie ereignet habe. Sie machten ihre Funde 2009 bekannt. Andere Besucher fanden einige Jahre später vereinzelte weitere menschliche Knochen.[12]

Historiker wie etwa Gaballah Ali Gaballah, Generalsekretär des ägyptischen Obersten Rats für Altertümer von 1997 bis 2002, warnen davor, dem Bericht Herodots ganz zu glauben, denn die Griechen und Ägypter hatten eine negative Haltung zu den Persern.[13]

Olaf E. Kaper, Archäologe an der Universität Leiden, bezweifelte in seinem Vortrag auf der International Conference of the ERC project BABYLON in Leiden im Juni 2014, dass eine Armee in einem Sandsturm umkommen könne. Die persische Armee sei wahrscheinlich auf dem Weg nach Amhaida in der Senke Dachla gewesen und von Petubastis IV. Seheribre niedergekämpft worden, der sich 522 v. Chr. als Pharao in Memphis krönen ließ. Der persische König Dareios I. schlug den Widerstand in Ägypten nieder.[14][15]

Kulturelle Rezeption

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Geoffrey Chaucer erwähnte Kambyses in seinen Canterbury Tales und riet zum Maßhalten beim Alkoholgenuss, unterstellend, dass Kambyses seine Armee betrunken in Rage losgeschickt habe.[16]

Einzelnachweise

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  1. Herodot 3,26.
  2. The History of Herodotus, Book III, übersetzt von George Rawlinson Auf: classics.mit.edu; zuletzt abgerufen am 7. Mai 2021.
    Zitat: At Thebes, which he passed through on his way, he detached from his main body some fifty thousand men, and sent them against the Ammonians with orders to carry the people into captivity, and burn the oracle of Jupiter. Meanwhile he himself went on with the rest of his forces against the Ethiopians. (...) The men sent to attack the Ammonians, started from Thebes, having guides with them, and may be clearly traced as far as the city Oasis, which is inhabited by Samians, said to be of the tribe Aeschrionia. The place is distant from Thebes seven days’ journey across the sand, and is called in our tongue "the Island of the Blessed." Thus far the army is known to have made its way; but thenceforth nothing is to be heard of them, except what the Ammonians, and those who get their knowledge from them, report. It is certain they neither reached the Ammonians, nor even came back to Egypt. Further than this, the Ammonians relate as follows: That the Persians set forth from Oasis across the sand, and had reached about half way between that place and themselves when, as they were at their midday meal, a wind arose from the south, strong and deadly, bringing with it vast columns of whirling sand, which entirely covered up the troops and caused them wholly to disappear. Thus, according to the Ammonians, did it fare with this army.
  3. Gerhard Rohlfs: Neue Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas. T. Fischer, Cassel 1881, S. 37.
  4. David Rooney: Wingate and the Chindits: Redressing the Balance. Cassell Military Paperbacks, London 2000, ISBN 0-304-35452-X.
  5. Kathrin Kleibl: Der wahre „Englische Patient“. In: Antike Welt. Heft 2, 2010, S. 55–62 (Digitalisat).
  6. Zsolt Török: László Almásy: The Hungarian explorer of the unknown Sahara. In: Földrajzi Közlemények. 1997, Band 129, Nr. 1-2, S. 77–86.
  7. Hansjoachim von der Esch: Weenak - die Karawane ruft. Auf verschollenen Pfaden durch Ägyptens Wüst. Brockhaus, Leipzig 1941.
  8. di Albini et al.: L’Armata scomparsa di Re Cambise. Erizzo, Venedig 1990, ISBN 88-7077-028-1.
  9. Salim Ikram: Cambyses’ Lost Army. In: Archaeology. Band 53, Nr. 5, September 2000.
  10. Rossella Lorenzi: Vanished Persian army said found in desert. Auf: nbcnews.com vom 9. November 2009; zuletzt abgerufen am 7. Mai 2021.
  11. Beitrag auf Discovery Channel - Auszug von der Dokumentation The Lost Army of Cambyses von Alfredo und Angelo Castiglioni, 2009, produziert von Rosela Lorenzi.
  12. Ian Deniyer: To the Ends of the Earth: The Lost Army of King Cambyses. Granite Production, UK/USA 2002, Auf: youtube.com.
  13. Birgit Stöcklhuber: Wo ist die 50.000 Mann starke Armee von Kambyses II. geblieben? Auf: wissenschaft.de vom 12. Dezember 2000.
  14. Enrico de Lazaro: Mystery Surrounding Lost Army of Persian King Cambyses II May Have Been Solved. Auf: sci-news.com vom 19. Juni 2014.
  15. Olaf E. Kaper: Petubastis IV in the Dakhla Oasis: New Evidence about an Early Rebellion against Persian Rule and Its Suppression in Political Memory. In: Jason M Silverman, Caroline Waerzeggers: Political memory in and after the Persian empire (= Ancient Near East monographs = Monografiás sobre el Antiguo Cercano Oriente. Band 13.) SBL Press, Atlanta (Georgia) 2015, ISBN 978-0-88414-089-4, S. 125–149.
  16. Jennifer Ouellette: Cambyses’ Lost Army and the Physics of Sandstorms. Auf: blogs.scientificamerican.com vom 5. August 2013.