Walter Hohlweg

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Walter Hohlweg (* 10. Oktober 1902 in Wien; † 1992 in Graz) war ein Endokrinologe.

Im Alter von 24 Jahren begann er seine berufliche Laufbahn als Endokrinologe. 1928 trat er seine Tätigkeit bei der Schering AG an. Bereits zwei Jahre später wurde er Leiter der Abteilung für Hormonforschung. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm er die Leitung des Laboratoriums der Universitätsfrauenklinik der Charité. 1952 wurde er Professor der Endokrinologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und von 1962 bis 1973 war er Leiter der Hormonlabors an der Universitäts-Frauenklinik Graz.

Am 20. Februar 1932 veröffentlichten Hohlweg und Junkmann aus dem Hauptlaboratorium der Schering-Kahlbaum AG in Berlin eine klassische Arbeit, in der sie experimentell nachweisen, dass die gonadotrope Funktion der Hypophyse von einem Zentrum im zentralen Nervensystem (ZNS) gesteuert ist. Hohlweg und Junkmann nehmen an, dass vegetative Nerven das ZNS mit der Hypophyse verbinden. Durchtrennung des Sympathikus und Verabreichung von Parasympathikolytika lassen die Autoren an ein parasympathisches Zentrum denken. Heute wissen wir, dass das von Hohlweg und Junkmann postulierte Zentrum im Zwischenhirn liegt und die Verbindung von dort zur Hypophyse nicht nerval, sondern humoral ist. Hohlweg selber erwähnt Bernhard Aschners Pionierleistung in der Hypophysen-/Hypothalamus-Forschung von 1912 noch nicht.

Gesellschaftspolitische Einflüsse

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Einerseits wird in diesem Zusammenhang gefragt, ob zeitgenössische (Sozial-)Ökonomie und (Gesellschafts-)Politik (Erster Weltkrieg) als Bedingungsfaktoren Anteil an der um 20 Jahre verzögerten Entwicklung der Sexualhormone hatten, andererseits waren die klinischen Entwicklungen in Anbetracht der enormen Kosten nicht finanzierbar. Auch standen z. B. Pituitrin-Kuren noch im experimentellen Stadium.

Entwicklung des Estrogen

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Erst 1938 entwickelte Hohlweg gemeinsam mit Hans Herloff Inhoffen das bis heute oral wirksamste Estrogen, das Ethinylestradiol.[1] Damit konnte abgesehen werden, dass Hohlweg zu den Vätern der „Pille“ zählen wird.

Regelkreise (Rückkopplung)

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1932 wurde von Hohlweg und Junkmann ein Dreiecksschema verwendet, in dem die Beziehungen zwischen Keimdrüse (Ovarium), Hypophyse und Zentralnervensystem (ZNS) visualisiert wurde. Verminderung oder Ausfall des Keimdrüsenhormons steigert über das Sexualzentrum im ZNS die hypophysäre Hormonproduktion, während Sättigung mit Sexualhormon auf gleichem Wege die hypophysäre Sekretion hemmt. Die Verbindung zwischen dem Zentralnervensystem und der Hypophyse denken sich Hohlweg und Junkmann 1932 als zentrifugal verlaufende nervale Verknüpfung.

Endokrines ZNS-Zentrum

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Die Rolle des endokrinen Hypothalamus in diesem Regelkreise (Rückkopplungs, feedback systems) wurde durch den Nachweis, dass Hoden Hormone, nach der Transplantation in andere Stellen des Körpers, so lange weitersezernieren, wie die Hypophyse intakt ist, während transplantierte Hypophysen diese Fähigkeit verlieren.

Hohlweg-Effekt: Bei Nagetieren durch Östrogenstoß provozierbare Freisetzung von luteinisierendem Hormon, die auf Rückkopplung beruht (Rebound-Effekt), über das Hypophysenzwischenhirnsystem ausgelöst und von Ovulation u. Gelbkörperbildung gefolgt wird (luteinisierendes Hormon; Ovulation; Rebound-Effekt).

Walter-Hohlweg-Preis

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Ein nach ihm benannter Preis wird alle zwei Jahre von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe vergeben, bis 2008 im Rahmen der Schering-Stiftung.[2]

  • W. Hohlweg: Regulatory centers of endocrine glands in the hypothalamus. In: Joseph Meites, Bernhard T. Donovan, Samuel M. Mc Cann (Hrsg.): Pioneers in Neuroendocrinology. Plenum Press, New York/ London 1975, S. 159–172.
  • H. H. Simmer, J. Süss: The early history of the negative feedback of estrogens on gonadotropins of the anterior hypophysis. The priority dispute between Dorothy Price and Walter Hohlweg. A contribution to self-deception in scientific priority claims. In: Geburtshilfe und Frauenheilkunde. Band 53, Nummer 6, Juni 1993, S. 425–432, ISSN 0016-5751. doi:10.1055/s-2007-1022909. PMID 8330719.
  • G. Dörner, G. Hinz: History of medicine. Prof. Dr. Walter Hohlweg on his 85th birthday. In: Zentralblatt für Gynäkologie. Band 110, Nummer 10, 1988, S. 628–631, ISSN 0044-4197. PMID 3043974.
  • H. H. Simmer: Der „Hohlweg-Effekt“. Anspruch und Wirklichkeit bei der Entstehung eines Eponyms. In: Medizinhistorisches Journal. Band 30, Nummer 2, 1995, S. 167–183, ISSN 0025-8431. PMID 11634254.
  • A. Möckel: Walter Hohlweg entdeckt den Regelkreis der Sexualhormone. In: Steroide hinter dem Eisernen Vorhang : zur Entstehung und Entwicklung des VEB Jenapharm unter besonderer Berücksichtigung der Steroidforschung bis Ende der 1960er-JahreHochschulschrift Stuttgart 2018, S. 23–24.
  • G. Tscherne: Nachruf auf Prof. Dr. Walter Hohlweg. In: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe S. 215,[3]

Einzelnachweise

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  1. bayerpharma.com: Meilensteine der Firmengeschichte (Memento des Originals vom 7. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bayerpharma.com
  2. Walter Hohlweg Preis (Memento des Originals vom 4. Januar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.scheringstiftung.de
  3. [1]