Wasserwerk Misburg
Das Wasserwerk Misburg in Hannover ist ein denkmalgeschütztes technisches Bauwerk aus den 1920er Jahren. Standort des im heutigen hannoverschen Stadtteil Misburg-Nord zu findenden ehemaligen Wasserwerks ist die Alte Peiner Heerstraße 170 im Misburger Wald.[1]
Geschichte und Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Misburger Wasserwerk entstand im Zuge der zur Zeit der Weimarer Republik einsetzenden großen baulichen Erweiterung Misburgs als Versorgungseinrichtung für die wachsende Bevölkerung des Ortes. Hierzu wurde das Gebäude nach Plänen des Architekten Friedrich Fischer in den Jahren 1925 bis 1926 errichtet. Dabei schuf Fischer eine Melange aus kubischen Formen des Neuen Bauens mit den seinerzeit vor allem von Fritz Höger expressionistisch neu ausformulierten norddeutschen Backstein-Traditionen.[1]
In unmittelbarer Nähe der Wasserentnahmestellen des Ortes erwuchsen so zwei kubische Baukörper zur Aufnahme der Filter- und Pumpanlagen sowie ein Wohnhaus mit einer Betriebswohnung,[2] das der Architekt durch einen Torbogen optisch mit dem Maschinenhaus verband. Trotz Materialgleichheit mit dem eher traditionell gestalteten Wohngebäude kontrastieren die mit Flachdächern geschlossenen Kuben für die technischen Einrichtungen. Deren Wände werden durch rhythmisch angeordnete dreieckige Mauervorlagen und sehr schmale, hohe Fenster bestimmt und erinnern in ihrer strengen Gliederung an ähnlich ausformulierte expressionistische Bauwerke in Hannover wie das Anzeigerhochhaus oder das Franzius-Institut.[1]
Die ingenieurtechnischen Planungen sowie deren Ausführungen lagen in der Hand des an der damaligen Technischen Hochschule Hannover unterrichtenden Hochschullehrers Otto Geißler.[3]
Nach der Inbetriebnahme das Wasserwerks wurde das im Misburger Wald aufbereitete Wasser zu dem ehemaligen Wasserturm an der Hartmannstraße in Misburg gefördert.[1]
1932 organisierte der Hochschullehrer Otto Geißler für seine Studenten eine Exkursion zum Wasserwerk mit anschließender Einkehr in einem Gasthaus, das damals noch von eher der SPD zugewandten Gästen aufgesucht worden war. Diesen Umstand nutzten nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 einige von Geißlers Studenten für einen „Bericht“ an die Universitätsleitung, um den Ingenieur als Sympathisanten der Sozialisten zu denunzieren. Tatsächlich wurde Otto Geißler der erste Lehrstuhlinhaber Hannovers, der nach 1933 vorzeitig emeritiert wurde.[3]
1971 wurde der Betrieb des Wasserwerkes eingestellt, in der Folge wurde der zuvor genutzte Wasserturm 1980 abgebrochen. Mitte der 1980er Jahre stand das historische Wasserwerk ungenutzt, obgleich Teile der Betriebsanlagen, darunter die Filterbecken, noch vorhanden waren.[1]
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Die von den Quellen abweichende Jahreszahl 1924 im Zentrum konzentrisch angeordneter Rechtecke
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„Wasserwerk Misburg“ als Schriftzug des Einfahrtstores
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Für die neue Nutzung entstand ein verglaster Aufsatz
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Die bereits sanierte Fassade
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2022 sind Teile des früheren Wasserwerks noch eingerüstet
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hermann Boockhoff und Jürgen Knotz: Architektur in Hannover seit 1900, Callwey-Verlag, München 1981, ISBN 3-7667-0599-7, S. C 8 (Wasserwerk Misburg)
- Martin Wörner, Ulrich Hägele, Sabine Kirchhof: Ehem. Wasserwerk Misburg In dies.: Architekturführer Hannover = Architectural Guide to Hannover, Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-496-01210-2, S. 159
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e Wolfgang Neß: Versorgungs- und Sozialeinrichtungen und Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg sowie Ortskarte 13 Misburg-Nord, in: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 2, Band 10.2, hrsg. von Hans-Herbert Möller, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt – Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege, Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1985, ISBN 3-528-06208-8, S. 18f., 180f.; hier: S. 181, sowie Misburg-Nord im Addendum Verzeichnis der Baudenkmale gem. § 4 (NDSchG) (ausgenommen Baudenkmale der archäologischen Denkmalpflege) / Stand: 1. Juli 1985 / Stadt Hannover. S. 27; Digitalisat mit der Möglichkeit zur Volltextrecherche über die Universitätsbibliothek Heidelberg
- ↑ Hermann Boockhoff und Jürgen Knotz: Architektur in Hannover seit 1900, Callwey-Verlag, München 1981, ISBN 3-7667-0599-7, S. C 8 (Wasserwerk Misburg)
- ↑ a b Michael Jung: „Voll Begeisterung schlagen unsere Herzen zum Führer“: Die Technische Hochschule Hannover und ihre Professoren im Nationalsozialismus. Books on Demand, Norderstedt 2013, ISBN 978-3-8482-6451-3, passim; Google-Books
Koordinaten: 52° 24′ 10″ N, 9° 51′ 24,9″ O