Wikipedia Diskussion:Förderung/Digitalisierung Fotobestand Walther

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Nicht für eine Enzyklopädie geeignet. Schade um den Aufwand. Aber man kann daraus lernen.

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Ok, dies ist jetzt ein etwas längerer Diskussionsbeitrag. Aber die Hintergrundinfos erscheinen mir wichtig, um zu begründen, warum dies ein misslungenes Projekt war, das keineswegs wiederholt werden sollte und warum man ernsthaft überlegen sollte, die Bilder trotz des Aufwandes an Zeit und Geld einfach zu löschen.

Technische Merkmale und Qualität

Die Fotos dieser Sammlung sollen zwischen 1932 und 1935 entstanden sein. Eine relativ große Anzahl von Bildern zeigt für das Deutschland der damaligen Zeit typische Porträts und Gruppenfotos mit NS-Abzeichen und Uniformen von NS-Organisationen, jedoch kaum Militäruniformen. Da die Wiederaufrüstung und Umbenennung der Reichswehr in Wehrmacht 1935 stattfand, ist dieser Zeitrahmen stimmig. Die Fotos sind angeblich mit einer Leica-Kamera gemacht worden. Da die Leica seinerzeit die verbreitetste Kleinbildkamera war- 1932 eingeführt: Leica II D mit eingebautem Entfernungs-Messsucher (im Gegensatz zu einer Messucherkamera hatte die „Schraubleica“ einen gesonderten Sucher für die Entfernungsmessung) – ist auch dies wahrscheinlich. Zeiss Contax I und Kodak Retina I waren weniger verbreitete Konkurrenzprodukte. Diese Leica-Kameras waren bereits seinerzeit relativ hochpreisige Kameras. Heute kostet eine Leica M mit Standardobjektiv (50 mm) über 10.000 Euro. Auch die seinerzeitigen Schraubleicas bewegten sich im Verhältnis zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten auf einem ähnlichen Niveau (mehrere Monatsgehälter eines Angestellten, für Arbeiter unerschwinglich).

Die seinerzeit üblichere Mittelformatkameras verwendeten Rollfilme, die Negative im damals beliebtesten Format 6x9 cm ergaben. Von diesen Negativen ließen sich ohne großen Aufwand Kontaktkopien im gleichen Format herstellen. Bei professionellen Fotografen seinerzeit ebenfalls beliebt: Rolleiflex-Mittelformatkamera mit 6x6 cm Negativen sowie Planfilm-Kameras in verschiedenen, noch größeren Formaten ab 9x12 cm. Kleinbildkameras hatten demgegenüber den Vorteil, kleiner und handlicher zu sein, so dass ein Fotoamateur sie überall dabeihaben konnte. Um das eigentliche Ergebnis, einen Papierabzug, zu erhalten, muss das Negativ eines Kleinbildfilms jedoch vergrößert werden, was wesentlich aufwendiger ist als eine einfache Kontaktkopie. Bei einer solchen Vergrößerung werden zudem alle Mängel des Negativs vergrößert. Ein scheinbarer Vorteil des Kleinbildfilms ist, dass ein Film für mehr als 20 Aufnahmen reicht, während ein Mittelformatrollfim im 6x9 cm Format nur für 9 Aufnahmen reicht. Ein Planfilm ist sogar jeweils nur ein Negativ (zwei Negative in einer Kassette). Das ist für einen professionellen Fotografen jedoch eher ein Vorteil, weil dieser in der Lage ist, mit wenigen Aufnahmen ein Motiv zu erfassen und dann seine Negative beim Auftraggeber abliefern kann, ohne erst den ganzen Film zu bleichten. – Ein Amateur hingegen kann mit einem Kleinbildfilm ohne großen Kostenaufwand viele Schnappschüsse machen und erhält dann durch Probieren vielleicht zwei oder drei gute Aufnahmen pro Film, für die es sich lohnt, Vergrößerungen und Abzüge zu machen. Deren Auflösung steht freilich immer hinter einem Abzug von einem größeren Negativ zurück.

Keine Seltenheit

Aus all diesen Gründen war die Kleinbildkamera bis in die 1960er Jahre eine Amateurkamera. Ausnahmen – die bekannteste ist der Fotograf Henri Cartier-Bresson – bestätigen die Regel, denn für Berufsfotografen, ob sie nun im Studio Porträts machten, Landschaften oder Gruppen fotografierten oder auch aktuelle Ereignisse als Pressefotografen dokumentieren, war der Kleinbildfilm Anfang der 1930er Jahre in der Handhabung zu umständlich und von der Qualität her zu schlecht. Trotz dieser Nachteile und des relativ hohen Preises erfreuten sich die Leica-Kameras recht großer Beliebtheit: Anfang 1932 wurde die Kamera mit der Seriennummer 71200 hergestellt, Ende 1932 die mit der Seriennummer 101.000 und Ende 1935 die Kamera mit der Seriennummer 183600. Leica ist bekannt dafür, die Reihenfolge seiner Seriennummer korrekt einzuhalten. Es wurden somit in dieser Zeit nicht weniger als 110.000 dieser Kameras hergestellt und allein 1932 trotz Wirtschaftskrise immerhin fast 30.000! Freilich wurden diese Kameras, für die es keine nennenswerte internationale Konkurrenz gab, weltweit verkauft. Aber ein Großteil blieb in Deutschland. Mit einer Leica gemachte Aufnahmen aus der hier in Rede stehenden Zeit sind also keineswegs eine Seltenheit.

Der Erhaltungszustand der Negative ist gut. Man weiß nicht, wer die Filme entwickelt hat und ob davon Papierabzüge gemacht wurden. Gewiss werden viele Amateure ihre Filme selbst entwickelt haben und manche haben auch selbst Vergrößerungen gemacht. Die meisten werden die Filme wohl beim nächsten Fotografen abgegeben, der dann von den besten Negativen des Films Abzüge machte. Wie gesagt ist darüber nichts bekannt. Eine Reihe der Bilder weisen Kratzer und andere Beschädigungen auf. Diese können bereits durch fehlerhafte Handhabung beim Entwickeln oder/und Vergrößern oder auch später entstanden sein.

Die Bilder weisen eine recht grobe Körnung auf. Der Grad der Körnung hängt außer vom Typ des Films auch von der Art der Entwicklung, insbesondere dem verwendeten Entwickler, ab. Über beides weiß man nichts. Üblich waren seinerzeit Filme mit einer Empfindlichkeit, die nach der heutige ISO-Skala 32 ISO entspricht. Aber auch damals konnte man Filme durch Verlängerung der Entwicklungszeit „pushen“. Es kann sein, dass dies bei einigen Nachtaufnahmen versucht wurde, bei denen dementsprechend kaum etwas zu erkennen ist.

Insgesamt ist die Qualität der Bilder akzeptabel, aber keineswegs ausgezeichnet. Anhand der Größe der Scans von 6024 x 4022 Pixeln lässt sich errechnen, dass mit einer Auflösung von 3800 ppi gescannt wurde. Das schadet nichts, ist aber angesichts der Qualität der Negative sehr hoch, 2400 ppi hätten ausgereicht. Durch die größere Auflösung werden nur Körnung und Fehler vergrößert, eine besser Auflösung von Details wird so nicht erreicht.

Von Interesse für Wikipedia?

Kommen wir nach der langen Vorrede nun zum wesentlichen Punkt: Sind die Bilder für die Wikipedia interessant? Wie gesagt ist die Qualität der Negative nur mäßig. Soweit größere Szenen aufgenommen wurden, reicht das Auflösungsvermögen der seinerzeitigen Kleinbildfilme leider nicht, um Details wiederzugeben. Das sieht man bei Bildern von Landschaften, Stadtszenen und ähnlichen Bildern, die von historischem Interesse sein könnten.

Private Amateurschnappschüsse

Der ganz überwiegende Teil der Bilder sind Schnappschüsse von Personen aus dem privaten Bereich. Hierzu gehören vor allem Aufnahmen von unbekannten Personen oder Gruppen von unbekannten Personen. Diese Bilder geben zwar zeittypische Details wieder, von historischem Interesse sind sie jedoch nicht. Derartige Negative aus der Zeit Anfang der 1930er Jahre sind trotz zeitbedingter Verluste in recht großer Zahl erhalten geblieben. Vor allem aber haben sie keinerlei Interesse für eine größere Öffentlichkeit oder gar eine Enzyklopädie. Von der Aufnahmequalität her sind die meisten dieser Bilder freilich gut. Die dargestellten Personen sind klar erkennbar und in Fokus, die Aufnahmen sind nicht verwackelt oder unscharf. Das ändert nichts daran, dass sie ohne jegliches historische Interesse sind. Es gibt ausreichend viele zeittypische Aufnahmen, die von professionellen Fotografen angefertigt wurden.

Ein weiterer Teil der Bilder ist bei besonderen Anlässen, wie Ausflügen, Festen oder Reisen entstanden. Auch hier fehlt eine wirkliche historische Bedeutung. Zudem wird hier eine für einen Amateur typische Schwäche des Fotografen erkennbar: Während es nicht schwierig ist, eine einzelne Person ins rechte Bild zu bringen, ist das bei Aufnahmen von Ereignisse oder anderen größeren Szenen schon schwieriger. Hier fällt auf, dass der Bildausschnitt großenteils ungeschickt – eben „amateurhaft“ - gewählt wurde. Praktisch überall auf den Bildern sind für den Bildaufbau wesentliche Motivteile einfach abgeschnitten. Wo das nicht der Fall ist, ist der Bildaufbau ungeschickt. Entweder ist zu viel leerer Vordergrund im Bild oder das wesentliche Motiv ist falsch platziert. Bei vielen Bildern kommt beides zusammen: Ungeschickter Bildaufbau und abgeschnittene Motivteile.

Soweit die Motive erkennbar sind und die Bilder aufgrund der Entstehungszeit daher möglicherweise von gewissem historischen Wert sein könnten, sind sie eben entweder typische Amateuraufnahmen oder aber weisen die vorgenannten prinzipbedingten Qualitätsmängel des verwendeten Materials auf (meist beides).

All dies ist nicht weiter schlimm. Denn für einen Amateurfotografen kommt es vor allem darauf an, sein ganz persönliches Erlebnis zu dokumentieren – darzustellen, was er persönlich auf einer Reise gesehen hat, wie er ein wichtiges Ereignis sah oder einfach die Geschichte der eigenen Familie und der Bekannten im Bild festzuhalten. Und zu vielen der Bilder hätte der Fotograf gewiss eine für ihn und seinen Freundes- oder Familienkreis interessante Geschichte erzählen können.

Historisches Interesse?

Damit eine Aufnahme aber von allgemeinerem historischen Interesse ist, müssen die Bilder für sich selbst sprechen. Sie selbst müssen eine Geschichte erzählen, die man direkt wiedererkennen kann. Und sie müssen eine gewisse Qualität aufweisen, die einen Schnappschuss eines Amateurs von der bewusst gestalteten Bildkomposition eines professionellen Fotografen unterscheidet. Und sie müssen auch technisch einwandfrei sein.

Beispiel hierfür finden sich leider nicht bei den mehr als 2000 Bildern. Sie haben allenfalls einen persönlichen Erinnerungswert. Den „Test of time“ bestehen sie jedoch nicht. Daher sind sie für eine Enzyklopädie ungeeignet.

Fehler sind dazu da, dass man aus ihnen lernt. Lernen sollte man aus diesem Beispiel, dass „alte Bilder“ nicht auch „historisch interessante Bilder“ sind. Lernen sollte man, dass ein Amateurschnappschuss, der auch nur für das private Album bestimmt war, eben nicht mehr ist. Es gibt tatsächlich Amateurschnappschüsse, die auf einzigartige Weise historische Ereignisse dokumentieren. Sie sind so selten wie ein Hauptgewinn im Lotto. Von diesen über 2000 Bildern ist keines ein solcher Hauptgewinn.

Fazit

Freuen darf sich der glückliche Erbe dieser Negative, dass Wikipedia ihm die Kosten für das professionelle Scannen der vielen Negative abgenommen hat. Für Wikipedia sollte dies eine Lehre sein, etwas kritischer bei solchen Angeboten zu sein. Gewiss richtet es keinen Schaden an, wenn die Bilder auf den Servern von Wikipedia gespeichert sind. Nützlich sind sie aber auch nicht. Angesichts des Umstands, dass recht häufig darüber diskutiert wird, ob man ganze Artikel löschen sollte, kann ich nur empfehlen: Diese Bilder sollten aufgrund ihrer nur privaten Relevanz gelöscht werden. In eine Enzyklopädie gehören sie jedenfalls nicht. --Erland Eschenwald (Diskussion) 02:37, 31. Jul. 2018 (CEST)Beantworten