Wilhelm Koch-Bode

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Wilhelm Koch-Bode (* 12. Dezember 1944)[1], bis 1988 Wilhelm Koch, ist ein deutscher Gerontologe und Hörgeschädigtenpädagoge.

Koch-Bode studierte Kunst an der Staatlichen Kunstschule Bremen und an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts Paris.[2][3] Danach erwarb er Lehramtsqualifikationen für Grund- und Hauptschulen, Realschulen (Kunst / Deutsch) und Sonderschulen und promovierte in Erziehungswissenschaft (Dr. phil.). Das Sonderpädagogikstudium erfolgte postgradual an der Pädagogische Hochschule Hannover in der Fachrichtung Sprachbehindertenpädagogik (1976–1978) und an der Universität Hamburg in Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik (1985–1986).

Von 1972 bis 1984 arbeitete Koch-Bode an Grund- und Hauptschulen sowie an Schulen für Lernbehinderte in den niedersächsischen Landkreisen Cloppenburg und Wardenburg. Von 1979 bis 1982 wirkte er am damaligen „Modellversuch Einphasige Lehrerausbildung an der Universität Oldenburg“ als Kontaktlehrer für den Bereich Sonderpädagogik mit. Danach war er am Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte Osnabrück tätig, bevor er 1994 Leiter der „Sonderschule der Karl-Luhmann-Heime“ in Osnabrück wurde, einer (2012 aufgelösten) Bildungseinrichtung für gehörlose Kinder und Jugendliche mit zusätzlichen Behinderungen.[4][5][6] Dort gehörte er zeitweise dem Vorstand der „Hilfe für Hörgeschädigte in Niedersachsen e. V.“ an, dem damaligen Trägerverein von Schule, Heimen und Werkstätten.[7]

Dadurch wurde Koch-Bode, über Fragen der Entwicklung und Förderung junger Gehörloser hinausgehend, auf Bedarfslagen und Lebenssituationen erwachsener Menschen mit einer hochgradigen Hörbeeinträchtigung, insbesondere im Kontext von Alter(n), aufmerksam. Von 1996 bis 1998 absolvierte er an der Universität Vechta berufsbegleitend den Weiterbildungsstudiengang Gerontologie mit dem Abschluss Diplom-Gerontologe.

1999 wechselte Koch-Bode als schulfachlicher Dezernent in die Bildungsverwaltung und wurde Direktor beim Niedersächsischen Landesamt für Lehramtsprüfungen bzw. – nach Umbenennung – für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hildesheim. In dieser Funktion leitete er die Außenstelle Oldenburg und war hauptsächlich für die (seinerzeit in behördlicher Regie durchgeführten) Ersten Staatsprüfungen für Lehrämter zuständig.[8]

2004 ging er als Studiendirektor in den Ruhestand. Bis 2008 betätigte er sich als nebenamtliche Lehrkraft an der Berufsfachschule Altenpflege der Diakonie in Osnabrück sowie als Lehrbeauftragter an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. 2007 graduierte Koch-Bode im weiterbildenden Studiengang Erwachsenenbildung an der TU Kaiserslautern zum M.A.

Seine Themenschwerpunkte sind: Teilhabe von Menschen mit einer auditiven Beeinträchtigung, Bildungs- und Unterrichtsarbeit mit mehrfachbehinderten gehörlosen Kindern und Jugendlichen, Alter(n) unter Bedingungen auditiver Probleme, Aspekte der Geragogik, z. B. Möglichkeiten kognitiver Förderung.

In Veröffentlichungen befasste Koch-Bode sich u. a. mit grundlegenden Kriterien des Unterrichts und der Fördermaßnahmen für junge gehörlose Menschen, besonders solcher, die von zusätzlichen Behinderungen (meist geistigen Beeinträchtigungen) betroffen sind. In der Beschreibung genereller Anforderungen an die schulische Situation der Angehörigen dieses Personenkreises sprach er sich – lange vor Beginn der Inklusionsdebatte – für vorrangig gemeinsamen Unterricht aus, allerdings bei Erhalt doppelter Strukturen.[9][10][11][12]

In seiner Untersuchung „Prälingual Gehörlose im Alter“ (1999) analysierte Koch-Bode Probleme und Belastungsfaktoren, die für diesen Personenkreis eine wesentliche Rolle spielen, stellte relevante lebensweltliche Bezüge dar und lenkte die Aufmerksamkeit auf die Belange Betroffener. Die Studie gilt als initial zu dieser Thematik in Deutschland.[13][14][15] Mit der „Selbsthilfegruppenstudie Hören“ (2008) wies er u. a. auf persönlichkeitsstärkende Faktoren, Lernchancen, Handlungsoptionen und rehabilitative Wirkungen hin, die dem Menschen mit einer Schwerhörigkeit oder Spätertaubung im Gruppendiskurs zuteilwerden können[16][17] und gab Impulse für die praktische Selbsthilfegruppenarbeit.[18][19]

Veröffentlichungen (Auswahl nach 1990)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • 1992: Destruktives Verhalten von Kindern – psychologische, allgemein- und hörgeschädigtenpädagogische Aspekte. In: Hörgeschädigtenpädagogik. 46. Jg., Nr. 6, S. 342–361
  • 1996: Hörgeschädigte Schülerinnen und Schüler mit Geistigbehinderung – Schulische Situation, integrative Gesichtspunkte, Arbeitschancen. In: Hörgeschädigtenpädagogik. 50. Jg., Nr. 3, S. 170–182
  • 1998: Das Normalisierungsprinzip – (k)ein geeignetes Reformkonzept für die Arbeit mit mehrfachbehinderten Hörgeschädigten? In: Leonhardt, A. (Hrsg‘n): Mehrfachbehinderte mit Hörschäden. Neuwied: Luchterhand, S. 242–259
  • 1999: Prälingual Gehörlose im Alter (Studien zur Pädagogik, Andragogik und Gerontagogik, Bd. 42). Frankfurt a. M.: Lang
  • 2000: Erziehungsbedürfnisse und schulische Förderung von hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung. In: Fischer, E. (Hrsg.): Pädagogik für Kinder und Jugendliche mit mehrfachen Behinderungen. Dortmund: Borgmann, S. 315–343
  • 2007: Impulse aus der „transformativen Erwachsenenbildung“ von Jack Mezirow für Lernprojekte Schwerhöriger und Spätertaubter. In: Hörgeschädigtenpädagogik. 61. Jg., Nr. 1, S. 4–11
  • 2008: Selbsthilfegruppenstudie „Hören“ – Eine qualitative Untersuchung bei Mitgliedern von Selbsthilfegruppen für Menschen mit einer Schwerhörigkeit oder Spätertaubung. Oldenburger VorDrucke 570/08. Oldenburg: Didaktisches Zentrum (diz) – Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
  • 2008: Emotionslernen in Selbsthilfegruppen für Menschen mit einer Schwerhörigkeit oder Spätertaubung. In: hörgeschädigte kinder – hörgeschädigte erwachsene. 45. Jg., Nr. 4., S. 153–165

Literatur von und über Wilhelm Koch-Bode:

Volltexte als Onlineressourcen (Auswahl):

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e.V, Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e.V. in: Z Gerontol Geriat 38:62–72 (2005), Gratulation zum 60. Geburtstag, S. 70, abgerufen am 3. April 2023.
  2. Neue Mitarbeiter. In: Ztschr. Kunst + Unterricht. Nr. 35/1976, S. 2.
  3. die autoren. In: die horen - Zeitschrift für Literatur, Grafik und Kritik. 23. Jg., Ausgabe 112/1978, Nr. 4, S. 157.
  4. Autoren des Buches. In: Leonhardt, A. (Hrsg.) (1998): Mehrfachbehinderte mit Hörschäden. Neuwied: Luchterhand, S. 285.
  5. Autoren. In: Fischer, E. (Hrsg.) (2000): Pädagogik für Kinder und Jugendliche mit mehrfachen Behinderungen. Dortmund: Borgmann, S. 398.
  6. „Die Namensgebärde ist ganz einfach -Neuer Leiter an der Luhmann-Schule“. Zeitungsartikel in: Neue Osnabrücker Zeitung, Osnabrück, 2. Februar 1994.
  7. Vogel, Helmut & Redaktionsteam (2014): Von der Fürsorge zur Inklusion - Geschichte der Gehörlosenbewegung in Niedersachsen und der Karl-Luhmann-Heime in Osnabrück. Osnabrück: Hrsg.: Gemeinnützige GmbH für Hörgeschädigte Menschen, S. 110, 113–115, 127.
  8. Hochschulzeitung Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Uni Info, Hochschulzeitung, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oktober 1999, Personalien. abgerufen am 27. März 2023.
  9. Koch-Bode, Wilhelm (1998): Das Normalisierungsprinzip - (k)ein geeignetes Reformkonzept für die Arbeit mit mehrfachbehinderten Hörgeschädigten? In: Leonhardt, A. (Hrsg‘n): Mehrfachbehinderte mit Hörschäden. Neuwied: Luchterhand, S. 250.
  10. Koch-Bode, Wilhelm (2000) Erziehungsbedürfnisse und schulische Förderung von hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung. In: Fischer, E. (Hrsg.): Pädagogik für Kinder und Jugendliche mit mehrfachen Behinderungen. Dortmund: Borgmann, S. 329ff.
  11. Fischer, Erhard (2000): Leonhardt, Annette (Hrsg’n): Mehrfachbehinderte mit Hörschäden. Rezension in: Ztschr. Lernen konkret. 19. Jg., Nr. 1, S. 31, 3. Sp.
  12. Mühl, Heinz (2001): Fischer, Erhard (Hrsg.): Pädagogik für Kinder und Jugendliche mit mehrfachen Behinderungen. Rezension in: Ztschr. Geistige Behinderung. 40. Jg., Nr. 1, S. 190, 1.Sp.f.
  13. Bericht zur Studie über unabhängige Lebensführung gehörloser Menschen im Alter, Girard-Groeber, Simone (2022): Unabhängige Lebensführung gehörloser Menschen im Alter - Am Beispiel des Kantons Zürich. Eine Studie des Instituts für Integration und Partizipation der Hochschule für Soziale Arbeit Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), im Auftrag von „sichtbar Gehörlose Zürich“. Schlussbericht, S. 15. abgerufen am 27. März 2023.
  14. Günther, Klaus-B. (2000): Koch-Bode (1999): Prälingual Gehörlose im Alter. Rezension in: Hörgeschädigte Kinder. 37. Jg., Nr. 3, S. 140.
  15. DFGS-Forum, Fischer, Renate (1999): Wilhelm Koch-Bode: Prälingual Gehörlose im Alter. Rezension in: Das Zeichen. 13. Jg. Nr. 48, S. 317. abgerufen am 3. April 2023.
  16. Erbe, Günter (2008): Aufschlussreiche Pilotstudie. Rezension in: Hörgeschädigtenpädagogik. 62. Jg., Nr. 3, S. 130.
  17. didaktisches Zentrum (diz) der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Mitteilung des didaktischen Zentrums (diz) der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg: Neuerscheinung: Wilhelm Koch-Bode: Selbsthilfegruppe „Hören“, Auszug aus dem Vorwort von Prof. Dr. Gisela C. Schulze, S. 1, abgerufen am 3. April 2023.
  18. Kommentar von Anne Jung, Vorsitzende der DHS zum Teilabdruck der Studie. In: Ztschr. Forum 2008, Nr. 29/2008, Hrsg.: Deutsche Hörbehinderten Selbsthilfe e. V. (DHS), S. 20.
  19. Hörbehindertenselbsthilfe, „Rund um Selbsthilfegruppenarbeit, Themen, Problembewältigung und Selbstdarstellung“, Kurzreport vom Runden Tisch SHG 2008 und den Ergebnissen der Kleingruppenarbeit. In: Forum 2008, Nr. 29/30, abgerufen am 4. April 2023.
  20. Preisträger Gerontologiepreis Uni Vechta, Gerontologiepreis der Stadt Vechta, bisherige Preisträger und Preisträgerinnen und ihre Themen, abgerufen am 27. April 2023.
  21. „Uni: Gerontologie-Preise an drei Studierende verliehen“. Zeitungsartikel in: Oldenburgische Volkszeitung, Vechta, 18. April 1998, S. 10.
  22. „Bürgermeister zeichnet drei Studenten aus“. Zeitungsartikel in: Nordwest-Zeitung, Oldenburg, 18. April 1998.