Wilhelm Reinold

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Wilhelm Reinold (* 17. Dezember 1895 in Wuppertal-Barmen; † 1979) war ein deutscher Investor, Bankier, Kunstsammler und Mäzen.

Ausbildung und Wirken

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Seine Bankkarriere begann Wilhelm Reinold – nach eigenen Angaben „auf Drängen des Vaters, daher mit einem ‚gewissen Trotz‘“[1] – im heimatlichen Wuppertal mit einer „Lehrzeit“[2] beim Barmer Bank-Verein Hinsberg, Fischer & Co. Dort wurde er bereits im Alter von 20 Jahren Handlungsbevollmächtigter und erhielt mit 24 Jahren die Prokura.[1] Im Anschluss war er in verschiedenen Filialen des Bankvereins tätig, der 1932 – bedingt durch die Währungs- und Deutsche Bankenkrise („twin crisis“) – mit der Commerz- und Privat-Bank fusionierte, wo er fortan in leitender Stellung tätig wurde.[2]

1936 trat er als Leiter der Commerzbank-Filiale Duisburg mit weiteren Geldgebern an den damals 27-jährigen Helmut Horten heran, und sie gründeten mit ihm als einzigem persönlich haftenden Gesellschafter die Helmut Horten KG. Fortan sollte Wilhelm Reinold den Warenhausfachmann Horten immer wieder begleiten, so dass das Nachrichtenmagazin Der Spiegel Reinold später als dessen „kapitalträchtigen Schatten“[3] bezeichnete.

Noch vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs machte sich Reinold als Investor und stiller Teilhaber selbstständig mit einer Tätigkeit, die sich nach eigenen Angaben „vor allem auf den Osten und auf Ostberlin erstreckte“.[2] Dabei konnte er auf seine Geschäftspartnerschaft mit Helmut Horten zurückgreifen. Nach 2022 veröffentlichten Recherchen der Historiker Peter Hoeres und Maximilian Kutzner von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erwarben Reinold und Horten 1938 das große Königsberger Kaufhaus Alexander & Echternach von jüdischen Besitzern.[4] Damit war er zusammen mit Horten „in der obersten Riege der Kaufleute angekommen“.[4] Ebenfalls übernahmen sie gemeinsam 1943 das mit Rüstungsaufgaben ausgelastete Flugzeugwerk Johannisthal GmbH am Flugplatz Johannisthal in Berlin.[4]

Von 1952 bis 1958 war Reinold gemeinsam mit Robert Gebhardt und Walter Meier-Bruck eines der drei Vorstandsmitglieder der Hamburger Commerz- und Discontobank AG. Von 1958 bis 1961 war er Vorstandsmitglied des Nachfolgeinstitutes Commerzbank AG.[5]

Aufsichtsratsmandate

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Ab 1953 bis mindestens 1959 saß Reinold für die Commerzbank im Aufsichtsrat der Hansa Mühle AG, Hamburg-Wilhelmsburg.[6][7] Bis August 1961 war er Aufsichtsratsmitglied der Commerzbank AG.[8] Im Jahre 1964 war er laut Hoppenstedt Vorsitzender des Aufsichtsrates der Allgemeine Deutsche Inkasso AG, Duisburg, stellvertretendes Aufsichtsratsmitglied der Absatzkreditbank Aktiengesellschaft (AKB), Hamburg, saß im Aufsichtsrat der Rudolf Karstadt AG, Hamburg, der Olympia Werke AG, Wilhelmshaven, der Horten-Cooperation of New York, N.Y., der Warenhaus W. Jacobsen AG (Horten), Kiel und war Beirat der Helmut Horten GmbH, Düsseldorf.[9]

Kunstsammlung Reinold

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Reinold war Kunstliebhaber und begann 1960 gegen Ende seiner Berufstätigkeit im Alter von 65 Jahren in seinem Privathaus in Hamburg-Falkenstein die „Sammlung Reinold“ mit hochkarätigen Arbeiten moderner Malerei aufzubauen. Darunter befanden sich u. a. „Der Frühstückstisch (Blau)“ von Max Beckmann sowie Arbeiten von Emil Nolde, Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Ernst Ludwig Kirchner, Edvard Munch und Alexej von Jawlensky.[10] Die Sammlung wurde ab 2004 in mehreren Teilen aufgelöst und versteigert, zuletzt 2018.[11][12] Von Oskar Kokoschka ließ er für seine Sammlung Auftragsarbeiten anfertigen, beispielsweise die Hamburger Hafenlandschaft „Hafen III“.[13] Er gilt als Mäzen der Hamburger Kunsthalle und des Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, denen er u. a. Werke von Kokoschka stiftete.[14][15][16][17]

Reinold lebte in Hamburger Villenvorort Falkenstein (Hamburg-Blankenese),[21][9] später auch in Partenkirchen (Oberbayern) im prunkvollen, ehemaligen Haus des Richard-Wagner-Dirigenten Hermann Levy.[1] Er war verheiratet, hatte Kinder und mehrere Enkelkinder.[1]

Einzelnachweise

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  1. a b c d Kunstfreund und Bankmann, abendblatt.de vom 17. Dezember 1960, abgerufen am 19. Januar 2022
  2. a b c Portrait des Tages: Wilhelm Reinold. In: abendblatt.de (Archiv). Hamburger Abendblatt, 16. Dezember 1955, abgerufen am 22. Januar 2022.
  3. Horten-Konzern. Das Paradies der Damen. In: Der Spiegel, Heft 21/1955 vom 17. Mai 1955; Online-Version auf spiegel.de, abgerufen am 22. Januar 2022.
  4. a b c Peter Hoeres, Maximilian Kutzner: Helmut Horten. Der Kaufhaus-König im „Dritten Reich“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Januar 2022, S. 18. - Online-Version mit geändertem Titel Helmut Horten. Der Kaufhaus-König in der NS-Zeit auf faz.net, 18. Januar 2022, abgerufen am 21. Januar 2022.
  5. Commerzbank-Gruppe, Geschäftsbericht 1958, 1. Halbjahr (Seite 11); Digitalisat auf commerzbank.de, abgerufen am 21. Januar 2022.
  6. Lebhaftere Nachfrage, abendblatt.de vom 21. Januar 1953, abgerufen am 19. Januar 2022
  7. Rau-Konzern. Ulli unterwegs, Der Spiegel 18/1960, auf www.spiegel.de, abgerufen am 21. Januar 2022.
  8. ‘‘Unternehmungen‘‘, abendblatt.de vom 19. August 1961, abgerufen am 19. Januar 2022
  9. a b Profil Wilhelm Reinhold (Hoppenstedt 1964, S. 813), Digitalisat auf digi.bib.uni-mannheim.de, abgerufen am 21. Januar 2022.
  10. Beispiele hanseatischen Mäzenatentums, abendblatt.de vom 24. Dezember 1965, abgerufen am 19. Januar 2022
  11. Auktion: Millionen für Blankeneser Sammlung, abendblatt.de vom 21. März 2018, abgerufen am 19. Januar 2022
  12. Meisterwerke der klassischen Moderne, Highlights Öl, Digitalisat des Katalogs auf galerie-schueller.de, abgerufen am 21. Januar 2022 (PDF-Seite 48).
  13. Sein Werk wird in Hamburg immer lebendig bleiben, abendblatt.de vom 23. Februar 1980, abgerufen am 19. Januar 2022
  14. Prof. Hentzen 60. Wilhelm Reinold stiftet Gemälde, abendblatt.de vom 11. Mai 1963, abgerufen am 19. Januar 2022
  15. Hamburg, seine große Liebe, abendblatt.de vom 15. Februar 1975, abgerufen am 19. Januar 2022
  16. Hier wurde er geliebt, wußte er sich verstanden, abendblatt.de vom 27. Februar 1986, abgerufen am 19. Januar 2022
  17. Ein Aufruf zur Barmherzigkeit, abendblatt.de vom 1. April 1977, abgerufen am 19. Januar 2022
  18. Fischer Auktionen 06/2014, fischerauktionen.ch, Seite 69
  19. Lot 63: Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938), Bergheuer, Heuer auf der Alp, lot-art.com
  20. PAULA MODERSOHN-BECKER, Brustbild einer alten Bäuerin mit Hut vor Landschaft, galerie-thomas.de Seite 136/137
  21. Hamburger Adressbuch auf agora.sub.uni-hamburg.de (Eintrag zu Kösterbergstraße 84: Reinold, Wilhelm, Vorst. Mitgl. d. Commerzbank A.G.), abgerufen am 22. Januar 2022