Wilhelm Schwartz (Philologe)
Wilhelm Schwartz (* 4. September 1821 in Berlin; † 16. Mai 1899 ebenda) war ein deutscher Gymnasiallehrer (Altphilologe), Sagensammler und Schriftsteller.
Leben und Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wilhelm Schwartz wurde als Sohn des Inspektors (Direktors) vom Friedrichs-Waisenhaus Rummelsburg in Berlin geboren und besuchte von 1831 bis 1838 das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster. Anschließend studierte er bis 1843 Philologie an der Universität Berlin und der Universität Leipzig. Mit einer Abhandlung zur Mythologie wurde er 1843 zum Dr. phil. promoviert. Nach dem Oberlehrerexamen wirkte er seit 1844 am Friedrichwerderschen Gymnasium in Berlin, wo er 1862 zum Gymnasialprofessor ernannt wurde. 1864 wechselte er als Direktor an das Gymnasium in Neuruppin, kam 1872 in gleicher Eigenschaft an das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium (Posen) und 1882 an das neue Luisengymnasium Berlin. Kurz vor Eintritt in den Ruhestand 1894 verlieh ihm der Kaiser Wilhelm II. den Charakter eines Geh. Regierungsrats.
Er war mit Anna Lehnerdt († 28. Dezember 1897) verheiratet.
Volkskunde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schwartz sammelte 1839 bis 1849 auf Wanderungen mit seinem Schwager Adalbert Kuhn Sagen, Märchen, Gebräuche und Aberglauben der Mark Brandenburg und Norddeutschlands (Erinnerungen aus meinen Wanderungen in den Jahren 1837–1849. In: Archiv der Brandenburgia. Band 1, S. 143ff.). Er beschäftigte sich in seinen Schriften mit der Sagenforschung. Neben der älteren brandenburgischen Geschichte begann er in Neuruppin prähistorische Ausgrabungen und setzte diese in Posen fort. Teile seiner Sammlungen schenkte er dem Museum im Gymnasium Neuruppin, dem Nationalmuseum (Posen), dem Museum für Völkerkunde, dem Volkstrachten-Museum und dem Märkischen Provinzial-Museum.
Ehrenämter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mitglied der Kommission zur Erhaltung der Denkmäler in der Provinz Brandenburg
- Mitglied der Sachverständigenkommission der vorgeschichtlichen Abteilung vom Königlichen Museum für Völkerkunde
- Vorstandsmitglied der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte
- Vorstandsmitglied des Vereins für Volkskunde
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ehrenmitglied des Vereins für die Geschichte Berlins (1885)[1]
- Ehrenmitglied der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde (1891)
- Ehrenmitglied der Brandenburgia (1892)
- Geh. Regierungsrat (1894)
- Bronzebüste auf hohem Steinsockel in der Turmstraße 85 in Berlin-Moabit
Veröffentlichungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- De antiquissima Apollinis natura. Dissertation, Berlin 1843.
- mit Adalbert Kuhn: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Brockhaus, Leipzig 1848; Nachdruck: Olms, Hildesheim [u. a.] 1983. ISBN 3-487-04300-9.
- Der heutige Volksglaube und das alte Heidentum. Nauck, Berlin 1850; 2. Auflage W. Hertz, Berlin 1862.
- Die altgriechischen Schlangengottheiten. Nauck, Berlin 1858; Neuauflage: W. Hertz, Berlin 1897.
- Der Ursprung der Mythologie dargelegt an griechischer und deutscher Sage. Hertz, Berlin 1860.
- Die poetischen Naturanschauungen der Griechen, Römer und Deutschen in ihrer Beziehung zur Mythologie. 2 Bände, Hertz, Berlin 1864 und 1879.
- Annalen des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums zu Neu-Ruppin: Gedenkblätter an das 500jährige Jubilaeum des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums zu Neu-Ruppin. Neu-Ruppin 1865;.[2] Vgl. von Heinrich Begemann ergänzte Neuauflage unter dem Titel Annalen des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums zu Neuruppin. Weidmann, Berlin 1915.
- Volkstümliche Schlaglichter. In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde Band 1, 1891, S. 17–36, 220 und 279–292; Band 2, 1892, S. 245 ff.
- Leitfaden für den deutschen Unterricht auf höheren Lehranstalten. Hertz, Berlin 1866; 24. Auflage, J. G. Cotta Nachf., Berlin 1904.
- Hülfsbuch für den Unterricht in der brandenburgisch-preussischen Geschichte. Hertz, Berlin 1867; 3. Auflage unter dem Titel Grundriss der brandenburgisch-preußischen Geschichte. Berlin 1884 (Digitalisat der 4. Aufl. 1894).
- Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg. Hertz, Berlin 1871; 8. Auflage, Märkische Verlagsanstalt, Berlin 1922. (Digitalisat der zweiten Ausgabe von 1886)
- Bilder aus Brandenburgisch-Preussischer Geschichte. Berlin 1875 (Sammlung von Aufsätzen der Jahre 1863–1871).
- Materialien zur prähistorischen Kartographie der Provinz Posen. Posen 1875, mit 4 Nachträgen, 1879–81. (Beilage zum Programm des Königl. Fr. Wilh. Gymnasiums in Posen; Zusammenstellung der Funde und Fundorte)
- Der Organismus der Gymnasien in seiner praktischen Gestaltung. Berlin 1876.
- Der Ursprung der Stamm- und Gründungssage Roms unter dem Reflex indogermanischer Mythen. Jena 1878.
- Prähistorisch-anthropologische Studien. Mythologisches und Kulturhistorisches. Hertz, Berlin 1884 (Aufsatzsammlung).
- Indogermanischer Volksglaube. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte der Urzeit. Seehagen, Berlin 1885.
- Nachklänge prähistorischen Volksglaubens im Homer. O. Seehagen, Berlin 1894.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ingrid Bigler: Schwartz, (Friedrich Leberecht) Wilhelm. Wilhelm Kosch (Begründer): Deutsches Literatur-Lexikon. Band 17, 3. Auflage, K. G. Saur, Bern und München 1997, Spalte 20. ISBN 3-907820-20-7. .
- Jan Feustel: Zu Fuß auf den Spuren märkischer Gespenster. Wilhelm Schwartz und Adalbert Kuhn. Die Sagensammler. In: Die Mark Brandenburg. Nr. 31 (Wer die Mark für uns entdeckte. Schriftsteller, Künstler, Wissenschaftler), Lucie Großer Edition, Marika Großer Verlag, Berlin 1998, S. 34–37. ISSN 0939-3676 ISBN 978-3-910134-16-4.
- Ernst Friedel: Wilhelm Schwartz †. In: M. Folticineano: Der Bär. Illustrierte Wochenschrift für Geschichte und modernes Leben. 25. Jahrgang, Nr. 21., Druck Friedrich Schirmer, Berlin Sonnabend 27. Mai 1899, S. 331 (mit Bild).
- Ernst Friedel: Nachruf, in: Brandenburgia. Monatsblatt der Gesellschaft für Heimatkunde der Provinz Brandenburg zu Berlin. 8. Jahrgang 1899/1900, Berlin 1900, S. 124–130 (mit Bild).
- Karl Weinhold: Wilhelm Schwartz †. In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. 9. Jahrgang, A. Asher & Co., Berlin 1899, S. 328 ff.
Weitere Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Friedrich August Eckstein: Nomenclator philologorum. Leipzig 1871, S. 526. (Kurzbiografie), Nachdruck 2022. ISBN 978-3-36822-059-4.
- Richard Wrede, Hans von Reinfels (Hrsg.): Das geistige Berlin. Band 1, Berlin 1897.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Wilhelm Schwartz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiographie und Angaben zum Werk von Wilhelm Schwartz (Philologe) bei Literaturport (mit Bild).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Verein für die Geschichte Berlins e. V., gegr. 1865, Ehrenmitglieder des Vereins. Stand 2023.
- ↑ W. F. L. Schwartz: Annalen des Friedrich Wilhelm Gymnasiums zu Neu-Ruppin, womit zur fünfhundertjährigen Jubelfeier desselben am 6. und 7. Juli 1865 ergebenst einladet, Dampf-Schnellpressen-Druck Gustav Kühn, in Commission der Oehmigke Buchhandlung (B. Behrens), Neu-Ruppin 1865. Auszug
Personendaten | |
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NAME | Schwartz, Wilhelm |
ALTERNATIVNAMEN | Schwartz, Friedrich Lebrecht Wilhelm (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philologe, Sagensammler und Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 4. September 1821 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 16. Mai 1899 |
STERBEORT | Berlin |