Wunibald Müller

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wunibald Müller (mit gelbem Mikro) in München 2010

Wunibald Albert Anton Müller (* 21. September 1950 in Buchen (Odenwald)) ist ein deutscher Autor, römisch-katholischer Theologe und psychologischer Psychotherapeut. Er war bis Ende April 2016 Leiter des Recollectio-Hauses der Abtei Münsterschwarzach.

Wunibald Müller wurde in Buchen im Odenwald als Sohn von Karl Müller und dessen Gattin Klara (geb. Leuser) geboren. An seinem Geburtsort besuchte er die Grundschule und das Gymnasium, von 1963 bis 1972 die Internate St. Mauritius, St. Benedikt und St. Egbert in der Abtei Münsterschwarzach.

1972 machte er das Abitur an der Spätberufenenschule der Karmeliten in Bamberg. Danach studierte er katholische Theologie und Psychologie in Freiburg im Breisgau, Würzburg und Jerusalem. 1979 erlangte er die Diploma in Psychologie und 1978 in Theologie (Thema der Diplomarbeit: „Priester als Seelsorger für Homosexuelle“). Von 1979 bis 1982 erreichte er an der Graduate Theological Union in Berkeley, Kalifornien den „Master of Arts in Marriage, Family and Child Counseling“. 1984 promovierte er in Würzburg mit dem Thema „Homosexualität – Eine Herausforderung für Theologie und Seelsorge“. Auslöser für Müllers Studienthemen und sein späteres Arbeitsgebiet war das jugendliche Bekenntnis eines seiner ältesten und engsten Freunde.[1]

Von 1983 bis 1990 war Wunibald Müller Leiter des Referates für Pastoralpsychologie und Praxisberatung und Referent für Priesterfortbildung am Institut für Pastorale Bildung in Freiburg im Breisgau. Seit 1991 war er Leiter des Recollectio-Hauses in Münsterschwarzach.

Wunibald Müller ist seit 1986 mit Ilse Katharina Müller geb. Häuser verheiratet, sie haben zwei Kinder und leben in Würzburg. Ilse Müller ist Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie.[1]

Recollectio-Haus

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wunibald Müller hörte während seines Studiums in Kalifornien, dass es in den USA spezielle Einrichtungen gibt („Houses of Affirmation“), in denen sich Priester wegen psychischer und psychosexueller Probleme therapieren ließen. Die Vision, ein solches Haus der (Selbst-)Bekräftigung in Deutschland zu begründen, verwirklichte Müller in der Abtei Münsterschwarzach mit dem Recollectio-Haus (lateinisch recollectio heißt etwa „Versammlung“). Dabei unterstützten ihn zunächst drei Bistümer, 2010 waren es acht Diözesen. Der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, war anfangs eher zurückhaltend, unterstützte aber nach kurzer Zeit seine Idee.[1]

Die Langzeitkurse dauern acht bis zwölf Wochen.[1] Geistlicher Leiter des Recollectio-Hauses ist Pater Anselm Grün OSB; als Fachteam wirken sieben Personen.[2]

Im Rahmen des Bekanntwerdens von zahlreichen Fällen von sexuellem Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland Anfang 2010 erhielt das Recollectio-Haus höhere Aufmerksamkeit. Laut einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat sich „kaum ein anderer seit Jahrzehnten so intensiv mit sexuellem Missbrauch, mit Pädophilie und Ephebophilie beschäftigt wie Müller – auch und gerade im Zusammenhang mit Homosexualität und Zölibat“.[1]

Am Ökumenischen Kirchentag 2010 in München beteiligte sich Wunibald Müller an einer Podiumsdiskussion mit Bischof Stephan Ackermann (Missbrauchbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz), Pater Klaus Mertes (Rektor des Canisius-Kolleg Berlin), Beate Merk (Bayerische Justizministerin), Gerhard Robbers (Evangelischer Jurist) und Andrea Heim von Bund der Deutschen Katholischen Jugend.[3] Müller forderte, dass Frauen in der Kirche verantwortliche Positionen einnehmen können: «Es muss die Frage erlaubt sein, ob die katholische Kirche mit dem Thema sexueller Missbrauch anders umgegangen wäre, wenn auch Frauen in verantwortlichen Positionen etwas zu sagen hätten.» … «Wir müssen davon ausgehen, dass der Anteil der sexuell Unreifen unter den schwulen Priestern besonders hoch ist, und diese anfällig dafür sind, sexuellen Missbrauch zu begehen.»

Müller sprach sich dagegen aus, Homosexuelle nicht mehr zu Priestern zu weihen. «Die Kirche müsste dann auf wunderbare homosexuelle Priester verzichten. Wir müssen endlich anerkennen, dass homosexuelle Gefühle nicht weniger wertvoll sind als heterosexuelle.»[4] In seinem Werk Größer als alles aber ist die Liebe erklärt er, dass auch die Bibel nicht als Begründung für Homophobie geltend gemacht werden kann.[5]

Für ihn ist „Sexualität ... eines der schönsten Geschenke, das Gott uns gemacht hat“. Sie ist zu verstehen als eine besondere Quelle der Spiritualität und bedeutend für eine lebendige Gottesbeziehung. Die Sexualität ist dann eine Quelle von Lebendigkeit, Phantasie und Kreativität.[6]

Müller bat Ende 2013 Papst Franziskus in einem Brief „inständig“, Priestertum und Zölibat zu entkoppeln.[7]

2012 Ehrenpromotion durch die Theologische Fakultät der Universität Münster

  1. a b c d e Peter-Philipp Schmitt: Katholische Kirche: Seelsorge für Seelsorger faz.net, 18. Mai 2010.
  2. Team des Recollectio-Hauses (Memento vom 22. Mai 2010 im Internet Archive) – abtei-muensterschwarzach.de
  3. Sarina Pfauth: „Das unverschämte Opfer“. In: sueddeutsche.de vom 14. Mai 2010.
  4. Meike Fries: „Priesteramt auch für Frauen und Schwule“ In: zeit.de vom 15. Mai 2010.
  5. Andreas Zinßer: Ein katholischer Theologe erklärt die homosexuelle Liebe, queer.de, 29. März 2015.
  6. Im Ozean des Lebens; in „Sexualität – Die Farben der Leidenschaft“, Publik-Forum EXTRA S. 32, Juli 2016, ISBN 978-3-88095-301-7.
  7. Andreas Ross: Theologe Wunibald Müller: Seelsorger der Seelsorger. In: sueddeutsche.de, 31. Dezember 2013.