XÖV
XML in der öffentlichen Verwaltung (XÖV) ist ein deutscher Standardisierungsrahmen[1] und eine Sammlung von Standards für den elektronischen Datenaustausch der öffentlichen Verwaltung auf der Basis von Nachrichten in XML-Syntax und zugehörigen Codelisten und Prozessen. XÖV-Standards werden seit 2010 föderal erarbeitet und seit 2011 von der Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) betreut.[1]
XÖV-Standards
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Entwicklung und Bereitstellung von fachlichen Standards für den elektronischen Datenaustausch ist Bestandteil des Vorhabens „Standardisierung“ im Aktionsplan Deutschland Online aus dem Jahr 2010[2]. Mit konkreten XÖV-Projekten werden dabei durchgängig elektronisch unterstützte und medienbruchfreie Verwaltungsprozesse über die föderalen Ebenen hinweg auf den Weg gebracht. Im Mittelpunkt der XÖV-Standardisierung stehen daher Dienstleistungen mit vielen Schnittstellen zwischen Behörden, die harmonisiert werden. Zum Beispiel ist XWaffe eine zentrale Schnittstelle für den Datenaustausch im neuen „Nationalen Waffenregister“, das wesentliche Informationen zum Schusswaffenerwerb und -besitz in einer zentralen Datenbank erfasst. So kann der Schusswaffenbesitz in Deutschland zukünftig durch Behörden mit Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben lückenlos kontrolliert werden.
Die XÖV-Methodik folgt dabei einem modellbasierten Entwicklungsprozess, in dem auf Basis von UML-Klassendiagrammen automatisch Artefakte wie Schemata und Spezifikationen generiert werden.[3] Die XÖV-Methodik und Teile der Toolchain wurde zudem auch in anderen Standardisierungsvorhaben der öffentlichen Verwaltung genutzt, wie etwa im XML-Standard für Rechtsetzungsdokumente LegalDocML.de des Bundesministerium des Innern.[4][3]
Zu unterscheiden sind zertifizierte XÖV-Standards, die den Standardisierungsprozess durchlaufen haben[5], und Standards, die lediglich angemeldet und dann auf www.xrepository.de veröffentlicht wurden. Durch die Vorgabe im Rahmen der Einer-für-Alle-Umsetzung für das Online-Zugangs-Gesetz sind eine ganze Reihe von nicht zertifizierten XÖV-Standards entstanden. Im XRepository sind die zertifizierten Standards an dem Häkchen beim XÖV zu erkennen (Beispiel XMeld[6] oder XSozial basis[7]).
Während XÖV seit mehr als 10 Jahren etabliert und millionenfach täglich zum Einsatz kommt (XMeld[8], XAusländer[9] u. a.), ist die verwaltungspraktische Bedeutung von Föderales Informationsmanagement (FIM) unklar. Die XÖV-Standards verfügen um standardisierte Unterlagen, die im www.xrepository.de versioniert verfügbar sind und von Fachverfahrensherstellern sowie Kommunen zur Grundlage von digitalen Massendatenverarbeitungsverfahren genutzt werden. Die Betreiber von Registern, also von den Verwaltungsdatenbeständen im eigenen Zuständigkeitsbereich, kennen häufig die XÖV-Daten- und Nachrichtenstrukturen, weil sie darüber Datenaustausch betreiben. Zur Begleitung der XÖV-Standards gibt es Begleitgremien, in denen Fachverfahrenshersteller, Kommunen, Länder und Bundesministerien regelhaft beteiligt sind[10]. Dadurch ist in einem kollegialen interföderalem Prozess mit fachlicher Beteiligung auch der IT-Fachverfahrenshersteller gewährleistet, dass die Standards allgemeinverständlich, gut dokumentiert und einsetzbar sind.
XÖV Standards im Überblick
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]XMeld
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]XMeld wird im Rahmen des Projektes „eGovernment und Bürokratieabbau im Meldewesen“ durch die XMeld Projektgruppe und das zugehörige Expertengremium sowie die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) erarbeitet. Das Projekt ist Teil der Initiative „Deutschland Online“. Es wird durch die Innenministerien der Länder und des Bundes beauftragt und finanziert.
Mit der Novellierung des Melderechtsrahmengesetz (MRRG) am 4. April 2002 wurde die Grundlage zum elektronischen Datenaustausch im Meldewesen zwischen den Behörden untereinander sowie zwischen Behörde und Bürger geschaffen. Seit Juli 2003 liegt die Beschreibung zu XMeld vor. Es ist die Spezifikation des bundeseinheitlichen Datenaustauschformates für die Übermittlung von Daten des Meldewesens und beschreibt verbindlich die für den Datenaustausch zu nutzenden Datenstrukturen und Schlüsseltabellen. Es enthält eine vollständige und detaillierte Vorschrift zur Abbildung von DSMeld-Blättern auf XÖV-Datenstrukturen und beschreibt im notwendigen Umfang die Verfahrensabläufe bei den Kommunikationsbeteiligten für alle spezifizierten Geschäftsvorfälle. Als XÖV-Austauschformat basiert XMeld vollständig auf XML.
Die Version 1.8.1 von XMeld wurde produktiv ab dem 1. Mai 2013 eingesetzt und steht unentgeltlich zur Verfügung. Herausgegeben wird sie von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzengremien und kann unter anderem über die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) angefordert werden.[11]
Mit dem Bundesmeldegesetz, das am 1. November 2015 in Kraft trat, fand auch der Wechsel von XMeld 1.8.1 zu XMeld 2.1 statt. Die weiteren Releases folgen jeweils zum 1. Mai und 1. November jeden Jahres.[12] Hier werden die formalen Nachrichtendefinitionen sowie die konkreten Übermittlungsstandards z. B. zu XInneres und Kommunikationstandards mit anderen Empfangsberechtigten wie Bundeszentralamt für Steuern, Rentenversicherung, Bundesamt für Justiz, Bundesagentur für Arbeit, Landesrundfunkanstalten, Statistische Landesämter, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, Ausländerzentralregister, u. a. festgelegt.[13]
XSozial
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]XSozial ist ein Standard, der es Gemeinden und anderen öffentlichen Institutionen ermöglichen soll, Daten aus dem Arbeits- und Sozialwesen schnell und sicher in einem offenen Standard auf XML-Basis auszutauschen.
Die Daten werden verschlüsselt und signiert übermittelt und über Online Services Computer Interface (OSCI) transportiert. XSozial ist aus der Initiative Deutschland-Online entstanden, in der die Entstehung von E-Government-Lösungen gefördert wird.
Im Rahmen der Umsetzung der Sozialplattform hat das Land Nordrhein-Westfalen einen generischen Datenübermittlungsansatz im Sozialbereich als XSozial-basis[14] erstellt und zertifiziert.
XUBetrieb
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]XUBetrieb ist eine frei verfügbare Bibliothek von Datenmodellen für die Entwicklung einheitlicher Schnittstellen zum elektronischen Nachrichtenaustausch in der Umweltberichterstattung. Dabei werden Informationen über Zustand und Umfang der durch Betriebe verursachten Umweltbelastung und von den Betrieben zur Vermeidung oder Verringerung der Belastung eingesetzte Schutzmaßnahmen übermittelt.
Ziel ist die Verringerung der Aufwände und die Erhöhung der Qualität bei der Erfüllung von Umweltberichtspflichten. Dies betrifft sowohl Unternehmen als auch Behörden. Um das Ziel trotz der föderal gesicherten Vielfalt in der DV-Landschaft zu erreichen, wurde eine frei verfügbare XML-Struktur betrieblicher Stamm- und Berichtsdaten entwickelt und etabliert. Diese verringert Redundanzen und kann von allen interessierten Seiten unentgeltlich eingesetzt werden. Durch die Einbindung als Standard in das XÖV des Bundes sind sowohl Qualität und freie Verfügbarkeit als auch durchgängige Dokumentation und zukünftige Pflege und somit die Verwendbarkeit von XUBetrieb sichergestellt.[15]
Sonstige
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die folgende (gegebenenfalls unvollständige) Liste umfasst derzeit bereits umgesetzte bzw. in Umsetzung befindliche XÖV-Standards:
- XAusländer (BAnz AT 26.03.2015 B3)
- XBau (BAnz AT 08.02.2018 B5)
- XDatenfelder (FIM)
- xdomea
- xeWaffe[16]
- XFall
- XFamilie[17]
- XFinanz[18]
- DatML/RAW (teil des XStatistik Standards)[19]
- XhD (hoheitliche Dokumente)[20]
- XInneres[21]
- XJustiz
- XKasse[22]
- XKatastrophenhilfe[23]
- XKfz[24]
- xNorm[25]
- LegalDocML.de[3]
- XPersonenstand (BAnz AT 16.01.2015 B2)
- XPersonenstandsregister (BAnz AT 27.10.2014 B1)
- XPlanung (BAnz AT 08.02.2018 B5)
- XPolizei[26]
- XRechnung
- xSozial basis[27]
- XStatistik[28]
- XGewerbeanzeige (BAnz AT 28.09.2015 B1)
- XVEMAGS[29]
- XWaffe[30]
- XZuFi[31][32]
- XTA (XÖV Transport Adapter)[33]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- IT-Planungsrat
- LegalDocML.de - Das deutsche Anwendungsprofil des XML-Standards für Gerichts- und Rechtsetzungsdokumente Akoma Ntoso basiert auf einem modellbasierten Entwicklungsansatz von XÖV
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- xoev.de – XÖV-Standardisierungsrahmenwerk
- xrepository.de – Ein Portal, das von der KoSIT betrieben wird als freie Recherche zu XÖV-Standards und Vorhaben
- fimportal.de – Föderale Informationsmanagement (FIM), Geschäfts- und Koordinierungsstelle für standardisierte Informationen für Verwaltungsleistungen
- Webseite des Standards LegalDocML.de sowie Spezifikation, Schema, Beispieldateien und UML-Modell von LegalDocML.de Version 1.0
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Koordinierungsstelle für IT-Standards (Hrsg.): Handbuch zur Entwicklung XÖV-konformer Standards. 15. Dezember 2021, S. vii f.
- ↑ Beschluss 2010/20 - Bericht an die CdS |. Abgerufen am 19. November 2024 (deutsch).
- ↑ a b c Amelie Flatt, Arne Langner, Olof Leps: Model-Driven Development of Akoma Ntoso Application Profiles. Hrsg.: Springer Nature. 1. Auflage. Springer Nature, Heidelberg 2022, ISBN 978-3-03114131-7 (springer.com [abgerufen am 19. August 2022]).
- ↑ Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Victor Perli, Niema Movassat, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/25438 – Moderne digitale Rechtsetzung. Hrsg.: Deutscher Bundestag. Berlin 29. Dezember 2020 (bundestag.de [PDF]).
- ↑ XRepository 3.0. Abgerufen am 18. November 2024.
- ↑ XRepository 3.0. Abgerufen am 18. November 2024.
- ↑ XRepository 3.0. Abgerufen am 18. November 2024.
- ↑ XRepository 3.0. Abgerufen am 19. November 2024.
- ↑ XRepository 3.0. Abgerufen am 19. November 2024.
- ↑ Spezifikation von XAusländer. In: www.xrespository.de. KoSIT, S. 1158, abgerufen am 19. November 2024.
- ↑ Koordinierungsstelle für IT-Standards (Hrsg.): Datensatz für das Meldewesen. Einheitlicher Bundes-/Länderteil (DSMeld), Stand: 1. Mai 2015
- ↑ OSCI-XMELD RELEASES mit Download. Abgerufen am 4. Mai 2017.
- ↑ XMeld. Koordinierungsstelle für IT-Standards, abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ XRepository 3.0. Abgerufen am 18. November 2024.
- ↑ Raphaela Burkert: XUBetrieb XÖV. Umweltbundesamt, 7. Oktober 2016, abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ XRepository 3.0. Abgerufen am 18. November 2024.
- ↑ XFamilie. Koordinierungsstelle für IT Standards (KoSIT), abgerufen am 31. März 2022.
- ↑ AG XFinanz: XFinanz. Koordinierungsstelle für IT Standards (KoSIT), abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ DatML/RAW – E-Government-Standards. Abgerufen am 20. Juli 2021 (deutsch).
- ↑ BSI - Technische Richtlinien des BSI - BSI TR-03123 XML-Datenaustauschformat für hoheitliche Dokumente. Archiviert vom am 1. März 2020; abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ XInneres - Basismodul. Koordinierungsstelle für IT-Standards, abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ XKasse – E-Government-Standards. Abgerufen am 20. Juli 2021 (deutsch).
- ↑ XKatastrophenhilfe. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ Kraftfahrt-Bundesamt - Zentrale Register - XKfz-Standard. Abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ Koordinierungsstelle für IT-Standards - XNorm. Abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ XPolizei - Aufbau eines einheitlichen Repository für polizeilich relevante Kerndatenobjekte. In: XÖV-Standards und -Vorhaben. Abgerufen am 6. Januar 2024.
- ↑ XRepository 3.0. Abgerufen am 18. November 2024.
- ↑ Koordinierungsstelle für IT-Standards - XStatistik (XÖV-zertifiziert). Abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ Xvemags – VEMAGS. Abgerufen am 1. März 2020 (deutsch).
- ↑ Bundesverwaltungsamt - XWaffe. Abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ XZUFI (XÖV-zertifiziert). Koordinierungsstelle für IT Standards, abgerufen am 1. Juli 2019.
- ↑ XZuFi - XÖV-Standard für Zuständigkeitsfinder. Geschäfts- und Koordinierungsstelle Föderales Informationsmanagement beim Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt, abgerufen am 25. Februar 2020.
- ↑ XTA 2 - Interoperabilitätsstandard zur Einbindung von IT-Fachapplikationen in eine Infrastruktur für Nachrichtenübermittlung. In: XRepository. IT-Planungsrat, 6. Juli 2022, abgerufen am 5. Juni 2023.