XY-Bande

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Die XY-Bande war eine kriminelle Vereinigung, die in den 1990er Jahren bis 2005 in und um Neuruppin in Brandenburg organisierten Drogenhandel und illegales Glücksspiel betrieb.

Die Bande erhielt den Namen nach ihrem Erkennungszeichen, der Buchstabenfolge OPR-XY auf den Nummernschildern ihrer schwarzen hochwertigen Pkw.[1]

Die Bande wurde zwischen 1994 und 1997 als streng hierarchisch geführte Organisation gegründet.[2] Sie handelte von 1999 bis 2003 bandenmäßig mit Kokain und Marihuana.[3] Sie betrieb Bestechung und illegales Glücksspiel in „mafiösen Strukturen“[2]. Mit den Gewinnen legten sich die Bandenmitglieder die gleichen schweren Siegelringe, teure PKW sowie Immobilien in Neuruppin zu.[4]

Der Bandenchef Olaf Kamrath entwickelte sich innerhalb weniger Jahre vom Würstchenverkäufer zum „Paten“ von Neuruppin. Er gerierte sich als Stadtsanierer, Fußballklubpräsident (Union Neuruppin) und Parteiensponsor und wurde sogar Stadtverordnetenvertreter für die CDU.[5] Die Bande traf sich im Club Blue Banana. Kamrath beschrieb alles als eine „große Familie“. Zu den mafiösen Strukturen gehörten Verbindungen bis ins Rathaus und zur Polizei sowie ein Anwalt, Kuriere, der Chef des Neuruppiner Grundstücksamtes und eine Angestellte im Neuruppiner Gewerbeaufsichtsamt.[4] Beim illegalen Glücksspiel mit dem Bandenchef trafen sich regelmäßig Neuruppiner Lokalgrößen.

Die Bande soll „einen Gewinn in Höhe von 1,4 Millionen Euro erwirtschaftet haben“.[6]

Im August 2004 stürmten über 200 Polizisten verschiedene Gebäude in Neuruppin, darunter das Rathaus. Es wurde gegen mehr als hundert Personen ermittelt und etliche davon sofort verhaftet.[5]

2005 begann der Prozess vor dem Landgericht Neuruppin. Olaf Kamrath wurde 2006 zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt, seine beiden Hauptkomplizen zu Strafen zwischen drei und neun Jahren.[2] Zwei Bandenmitglieder gingen bis vor den Bundesgerichtshof in Revision, allerdings ohne Erfolg.[7] Der Prozess gegen die XY-Bande stellt das bisher größte Verfahren gegen die organisierte Kriminalität in Ostdeutschland dar.[4]

Nach der Razzia 2004 wurden weitere Korruptionsaffären bekannt. Die Bande brachte der Stadt die Beinamen „Klein-Palermo“ und „Korruppin“ ein.[5][8]

Der Autor Frank Willmann verarbeitete die Ereignisse im Buch „Der Pate von Neuruppin“[9], welches seinen eigenen Aussagen zufolge in naher Zukunft verfilmt werden soll.[10]

Einzelnachweise

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  1. So RBB Klartext vom 10. September 2008
  2. a b c sön/AFP/AP/ddp in DER SPIEGEL BRANDENBURG-MAFIA: XY-Bande muss hinter Gitter vom 12. September 2006, gesehen am 21. September 2008..
  3. Pressemitteilung des BGH Nr. 18/2008 Verurteilungen gegen Mitglieder der „XY-Bande“ überwiegend rechtskräftig, abgerufen am 25. Januar 2013.
  4. a b c Stern: Bundesgerichtshof: Entscheidung im XY-Prozess, gesehen am 22. September 2008.
  5. a b c Frauke Hunfeld in Stern 21/2005: Neuruppin: Die XY-Bande, gesehen am 21. September 2008.
  6. Welt Online: Vertreter der Anklage schildert „XY-Bande“ als strenge Hierarchie vom 6. Mai 2005, gesehen am 21. September 2008.
  7. BGH 5 StR 253/07 vom 24. Januar 2008 (LG Neuruppin).
  8. Zuletzt Alexander Fröhlich im Tagesspiegel vom 17. September 2008, gesehen am 21. September 2008.
  9. "Wir dachten eben: OK, uns kann keiner was." 23. April 2023, abgerufen am 25. August 2023.
  10. deutschlandfunkkultur.de: Der Pate von Neuruppin – Mafia-Saga als Oral History. Abgerufen am 25. August 2023.