Zentrale Arbeitsgemeinschaft – Frohe Ferien für alle Kinder

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Zentrale Arbeitsgemeinschaft (ZAG) – Frohe Ferien für alle Kinder war eine Interessengemeinschaft, welche sich in den Nachkriegsjahren für die Intensivierung des Kindersozialtourismus in Westdeutschland und West-Berlin einsetzte. Sie organisierte Reisen in die DDR. Die ZAG gründete sich 1954[1] in Nordrhein-Westfalen, war danach in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und im Saarland in den Landesausschüssen aktiv vertreten. Des Weiteren bestanden Verbindungen nach West-Berlin.

Offiziell war die ZAG eine überparteiliche, karitative Vereinigung, obwohl einige Mitglieder kommunistische Wurzeln hatten und sich nun aktiv für die Ferienerholung der Kinder in der DDR einsetzten. „In der Bundesrepublik fürchtete man nicht nur die kommunistische Beeinflussung der Kinder, sondern allgemein die Unterwanderung der Gesellschaft durch kommunistische Tarnorganisationen.“[2] Fakt ist, dass die Funktionäre der ZAG durch die SED bzw. durch die DDR-Regierung angeleitet und unterstützt wurden. Die Ferienaktionen in DDR-Ferienlagern wurden gemeinsam geplant.

Am 7. Juli 1961 verbieten die Innenminister der Bundesländer die Organisation als verfassungsfeindliche kommunistische Tarnorganisation.[3]

Tätigkeiten und Wirkungsweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Organisation des Sozialtourismus wandte sich die ZAG hauptsächlich an kinderreiche, arbeits- und mittellose Familien in Westdeutschland und vermittelte ihren Kindern einen kostenfreien oder kostengünstigen Urlaub in Ferienlagern der DDR. Die Einladungen für den Ferienaufenthalt kamen von den SED-Gastgebern, die zum Ziel hatten, die Kinder von den Vorzügen des Sozialismus zu überzeugen. Kinder aus dem engeren Umfeld der KPD waren nicht überproportional vertreten. Gegen diese propagandistische Maßnahme der DDR wurde in Westdeutschland entsprechend reagiert und die Mittel für den Kindertourismus wurden erheblich erhöht.

Für die vielen finanziell unterprivilegierten westdeutschen Familien war die Einladung der DDR – z. B. an der Ostsee Urlaub zu machen – eine willkommene Angelegenheit. Die Lebensverhältnisse waren in den Nachkriegsjahren in beiden deutschen Staaten noch vergleichbar. „Für die DDR war diese Aktion ein gelungener Propagandacoup im Wettstreit der Systeme.“[4]

1954 nahmen 20.400 Kinder[5] an der Aktion teil, im Jahr darauf besuchten über 64.000 Kinder den Osten Deutschlands. Im Jahr 1960 reduzierte sich die Zahl der Reisenden auf ca. 10.000. Zeitzeugen haben wenig Erinnerung an die Politisierung des Lagerlebens, sie erinnern sich vorrangig an die Abenteuer und die sportlichen Aktivitäten im Ferienlager. Trotzdem wurde der unterschiedliche pädagogische Ansatz, den die Kinder aus den beiden deutschen Staaten gewohnt waren, sichtbar.[6]

Für die Betreuer (Reisebegleiter), die aus der Bundesrepublik kamen, erfolgte eine systematische Schulung in der DDR auf der Grundlage der pädagogischen Prinzipien des kommunistischen Systems. 1959 wurden, seitens der DDR, Richtlinien über die Betreuung von westdeutschen Kindern und Helfern während der Ferien als verbindlich erklärt.[7]

  • Thomas Schaufuß: Ferienfreizeit mit Spiel, Sport und Abenteuer. Kinder- und Jugendsozialtourismus. Das Betriebsferienlager in der DDR und ihre Vorläufer. OEZ Berlin Verlag, März 2017, ISBN 978-3-942437-28-8.
  • Kinderfreizeit vor Gericht. Die Tageszeitung junge Welt, 24. August 2016.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Druckschrift „Ferienerholung im Schulalter“. Begründung und Vorschläge zu einem umfassenden Ferienwerk, überreicht von: Zentrale Arbeitsgemeinschaft „Frohe Ferien für alle Kinder“, ca. 1954–1956, BArch DC 4/164, S. 527–533
  2. Dr. Jens Niederhut: Frohe Ferien in der DDR. Kommunismus und Antikommunismus in den 1950er-Jahren. Landesarchiv, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Abgerufen am 28. August 2017
  3. BERLINER Chronik SERIE: 10. Juli 1961 Jahre Mauerbau. In: tagesspiegel.de. 9. Juli 2011, abgerufen am 31. Januar 2024.
  4. Dr. Jens Niederhut: Frohe Ferien in der DDR. Kommunismus und Antikommunismus in den 1950er-Jahren. Landesarchiv, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Abgerufen am 28. August 2017
  5. Thomas Schaufuß: Ferienfreizeit mit Spiel, Sport und Abenteuer Kinder- und Jugendsozialtourismus. Das Betriebsferienlager in der DDR und ihre Vorläufer. OEZ Berlin Verlag, März 2017, ISBN 978-3-942437-28-8, Dokumentensammlung S. D64
  6. Thomas Schaufuß: Ferienfreizeit mit Spiel, Sport und Abenteuer Kinder- und Jugendsozialtourismus. Das Betriebsferienlager in der DDR und ihre Vorläufer. OEZ Berlin Verlag, März 2017, ISBN 978-3-942437-28-8, S. 108
  7. Rotes Gift für Kinder. Der Hintergrund der Pankower Ferienaktion: Eine lautlose Infiltration. Union in Deutschland, Informationsdienst der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union, Bonn 1. September 1960, Nr. 35, S. 1/2. Konrad-Adenauer-Stiftung. Abgerufen am 28. August 2017