Zivildienst in der Schweiz

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Der Zivildienst in der Schweiz ist der zivile Ersatzdienst für Militärdienstpflichtige, die den Militärdienst aus Gewissensgründen nicht leisten können. Seit 1992 sieht die Verfassung einen zivilen Ersatzdienst anstelle der Militärdienstleistung vor. 1996 wurde das dazugehörige Zivildienstgesetz in Kraft gesetzt. Bis dahin wurden jedes Jahr mehrere hundert Militärdienstpflichtige wegen Militärdienstverweigerung zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt. Jahrzehntelang wurde die Einführung eines Zivildienstes gefordert.

Der Vollzug des Zivildienstes fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bundes und ist vom Bundesamt für Zivildienst ZIVI[1] beaufsichtigt. Der Zivildienst erfüllt folgende Grundaufträge: Als ziviler Ersatzdienst des Militärdienstes löst er das Problem der Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen.[2] Weiter erbringt er zivile Dienstleistungen im öffentlichen Interesse, wo Ressourcen für die Erfüllung wichtiger Aufgaben der Gemeinschaft fehlen oder nicht ausreichen. Schliesslich leistet er Beiträge im Rahmen des Sicherheitsverbundes Schweiz. Der Einsatz von Zivildienstpflichtigen hat nach den Grundsätzen der Arbeitsmarktneutralität zu erfolgen, um zu verhindern, dass durch den Einsatz von Zivildienstleistenden keine bestehenden Arbeitsplätze gefährdet werden, die Lohn- und Arbeitsbedingungen im Einsatzbetrieb nicht verschlechtert werden und Wettbewerbsbedingungen nicht verfälscht werden.[3]

Dafür anerkennt das Bundesamt für Zivildienst Einsatzbetriebe, die Zivildienstleistende nach definierten Pflichtenheften einsetzen.

Zulassungsverfahren

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Bis zum 1. April 2009 mussten Militärdienstverweigerer, die aus Gewissensgründen nicht den Militärdienst leisten konnten, ein schriftliches Gesuch mit ausführlicher Erläuterung ihres Gewissenskonflikts einreichen. Daraufhin erfolgte eine persönliche Anhörung vor einer zivilen Kommission. Diese Vorgehensweise ist seither nicht mehr in Kraft. Nur wer militärdiensttauglich ist, kann ein Gesuch stellen und zum Zivildienst zugelassen werden. Im Gesuch deklariert er seinen Gewissenskonflikt. Die Bereitschaft, 1,5-mal länger Dienst im Zivildienst als im Militärdienst zu leisten gilt seither als Tatbeweis für den Gewissenskonflikt.

Gesuchsteller ersuchen über das Dienstleistungsportal E-ZIVI um Zulassung. Nach der Registrierung in E-ZIVI können sie ihr Gesuch elektronisch einreichen. Sobald das Gesuch eingereicht wurde, muss der Gesuchsteller innert 3 Monaten einen Einführungstag besuchen, bei welchem er über die Regeln des Zivildienstes informiert wird. Haben Gesuchsteller den Einführungstag besucht, müssen sie innerhalb von zwei Wochen bestätigen, dass sie an ihrem Gesuch festhalten und zum Zivildienst zugelassen werden wollen.[4]

Wollen Frauen Zivildienst leisten, müssen sie sich zuerst freiwillig für den Militärdienst melden, worauf sie den bewaffneten Dienst ablehnen können.[5]

Der Zivildienst dauert das 1,5-fache des Militärdienstes, der nicht geleistet wird. Geleistet wird er schwerpunktmässig im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Umweltschutzbereich. Zudem sind Auslandeinsätze in der Entwicklungszusammenarbeit möglich. Wer den Zivildienst verweigert, kann zu einer Freiheitsstrafe bis zu 18 Monaten oder einer Geldstrafe verurteilt werden.[6]

Zivildienstleistende planen und vereinbaren ihre Einsätze innerhalb der gesetzlichen Vorgaben selbständig. Zur Suche eines Einsatzbetriebs steht dem Zivi das Dienstleistungsportal E-ZIVI zur Verfügung. Darin findet sich eine Onlinedatenbank, die die Suche offener Pflichtenhefte ermöglicht. Aktuell gibt es knapp 5000 anerkannte Einsatzbetriebe. Bei einigen Pflichtenheften ist ein abgeschlossenes Grundstudium, ein Studium oder eine Berufslehre in einer bestimmten Fachrichtung Bedingung.

Verlangt es das Pflichtenheft und wird ein Einsatz von mindestens 54 Tagen geleistet, besucht der Zivildienstleistende einen entsprechenden Ausbildungskurs. Wer einen langen Einsatz ab 180 Tagen im Gesundheits- und Sozialbereich absolviert, besucht zudem eine zweite Kurswoche.[7] Die Ausbildungskurse werden vom Zivildienst in seinem Ausbildungszentrum Schwarzsee (FR) organisiert.[8]

Alle verfügten Diensttage müssen vor der ordentlichen Entlassung geleistet werden. Eine vorzeitige Entlassung ist nur bei dauerhafter ziviler Arbeitsunfähigkeit möglich (z. B. mind. 70 % IV-Invaliditätsgrad). Vereinbart der Zivildienstleistende die Einsätze nicht selber, wird ein gebührenpflichtiges Aufgebot von Amtes wegen bestellt, in welchem der Ort und der Zeitpunkt des Einsatzes durch das Bundesamt für Zivildienst ZIVI bestimmt wird.[9]

Wer die Rekrutenschule nicht leistet oder nicht vollständig absolviert hat, muss einen Ersteinsatz von 26 Tagen (entspricht einem Einsatz von vier Wochen) spätestens im Folgejahr der rechtkräftigen Zulassung leisten. Er muss zudem einen langen Einsatz von 180 Tagen bis zum Ende des dritten Jahres nach der Zulassung leisten. Der lange Einsatz muss in einem Schwerpunktprogramm geleistet werden.

Wer die Rekrutenschule bestanden hat, muss seinen Ersteinsatz von 54 Tagen (entspricht einem Einsatz von acht Wochen) spätestens im Folgejahr der rechtskräftigen Zulassung leisten. Eine Pflicht für einen langen Einsatz besteht nicht.

Die minimale Einsatzdauer beträgt pro Einsatz 26 Tage. Werden pro Jahr weniger als 26 anrechenbare Diensttage geleistet, ist die Wehrpflichtersatzabgabe geschuldet.[10]

Tätigkeitsbereiche

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Alle Pflichtenhefte sind in einem der folgenden acht Tätigkeitsbereiche eingeordnet:[11]

  • Gesundheitswesen
  • Sozialwesen
  • Schulwesen
  • Kulturgütererhaltung
  • Umwelt- und Naturschutz, Landschaftspflege und Wald
  • Landwirtschaft
  • Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe
  • Vorbeugung und Bewältigung von Katastrophen und Notlagen sowie Regeneration nach solchen Ereignissen

Schwerpunktprogramm (SPP)

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Der Zivildienst konzentriert die Wirkung der Einsätze in Schwerpunktprogrammen, wo im öffentlichen Interessen Handlungsbedarf und Ressourcenmangel ausgewiesen sind. Zivis, die die Rekrutenschule nicht bestanden haben, leisten ihren langen Zivildiensteinsatz von mindestens sechs Monaten (180 Tagen) in einem SPP[12]. Es gibt zwei SPP:

Pflege und Betreuung

Dieses beinhaltet die Pflege und Betreuung von Mitmenschen. Typische Einsatzorte sind Spitäler, Altersheime, Behindertenwohnheime und -werkstätten, Schulen, Kinderkrippen und Asylheime. Das Pflichtenheft muss einen Anteil von mindestens 30 % an Pflege- oder Betreuungsaufgaben beinhalten. Gemeint sind Tätigkeiten im direkten Kontakt mit den zu betreuenden Personen.

Umwelt- und Naturschutz

Dieses beinhaltet die Themenbereiche Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz, Erhaltung der Artenvielfalt von Fauna und Flora oder Präventionsarbeiten zur Verhinderung von Schäden durch Naturkatastrophen. Das Pflichtenheft muss mindestens 30 % Feld-, Sach- oder wissenschaftliche Arbeiten enthalten, die direkt auf einen der oben genannten Themenbereiche einwirken.

Zivildienstkleidung

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Zivildienstleistende können beim Einsatz zur Kennzeichnung Zivi-Kleider tragen. Sie bestellen die Kleider via Onlineshop. Die Bezahlung erfolgt über ein Punktekonto, dessen Höhe abhängig von den zu leistenden Diensttagen ist.[13]

Die aktuellen Zahlen finden sich in den Jahresstatistiken ZIVI.[14][15]

Revision Zivildienstgesetz

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2019 wollte der Bundesrat die Zulassung zum Zivildienst erschweren, weil er durch die vielen Wechsel zum Zivildienst die Bestände der Armee gefährdet sah.[16] Diese Revision des Zivildienstgesetzes scheiterte aber im Juni 2020 in der Schlussabstimmung im Nationalrat.[17] Zuvor wurde bereits das Referendum gegen diese Verschärfungen angekündigt.[18]

  1. Bundesamt für Zivildienst ZIVI: Bundesamt für Zivildienst ZIVI. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  2. Schweizerische Eidgenossenschaft: Zivildienstgesetz Art.1. Abgerufen am 11. Dezember 2020 (deutsch).
  3. https://www.zivi.admin.ch/zivi/de/home/themen/arbeitsmarktneutralitaet.html
  4. Schweizerische Eidgenossenschaft: Zivildienstgesetz Art.17a. Abgerufen am 11. Dezember 2020 (deutsch).
  5. Der Zulassungsverlauf, admin.ch
  6. Schweizerische Eidgenossenschaft: Zivildienstgesetz Art.8. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  7. Schweizerische Eidgenossenschaft: Zivildienstgesetz Art.36. Abgerufen am 11. Dezember 2020 (deutsch).
  8. Schweizerische Eidgenossenschaft: Ausbildungskurse. Abgerufen am 15. Januar 2021 (deutsch).
  9. Schweizerische Eidgenossenschaft: Zivildienstverordnung Art.18. Abgerufen am 11. Dezember 2020 (deutsch).
  10. Schweizerische Eidgenossenschaft: Zivildienstverordnung Art.38. Abgerufen am 11. Dezember 2020 (deutsch).
  11. Schweizerische Eidgenossenschaft: Zivildienstgesetz Art. 3a. Abgerufen am 11. Dezember 2020 (deutsch).
  12. Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Zivildienst: SPP. Abgerufen am 11. Dezember 2020 (deutsch).
  13. Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Zivildienst: Kleidung ZIVI. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. Dezember 2020; abgerufen am 11. Dezember 2020 (deutsch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.zivi.admin.ch
  14. Jahresstatistiken ZIVI
  15. Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Zivildienst: Jahresstatistiken. Abgerufen am 31. Januar 2021.
  16. 19.020 Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst. Änderung. In: parlament.ch. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  17. Amtliches Bulletin. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  18. Höhere Hürden für den Zivildienst scheitern im Parlament. In: sda. tagblatt.ch, 19. Juni 2020, abgerufen am 7. Juli 2020.