Zopfgruppe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Zopf (Mathematik))
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Zopfgruppe ist die Gruppe, deren Elemente n-strängige Zöpfe sind. Die Gruppenoperation ist die Aneinanderhängung von Zöpfen und das neutrale Element ist der n-Zopf ohne Überkreuzungen.

Es gibt für jede natürliche Zahl n eine Zopfgruppe . Zopfgruppen werden in dem mathematischen Gebiet der Topologie untersucht. Zopfgruppen wurden erstmals in dem Artikel Theorie der Zöpfe aus dem Jahr 1925 von Emil Artin definiert; eine ähnliche Konstruktion gab es aber auch schon 1891 in einer Arbeit von Adolf Hurwitz.[1]

Ein Zopf im dreidimensionalen Raum

Geometrische Definition

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein -strängiger Zopf ist eine Menge von sich nicht schneidenden Kurven (mit ) in , die in beginnen, in enden und in deren Parametrisierung die dritte Koordinatenfunktion (in der Abbildung die z-Koordinate) monoton steigend ist. Diese Kurven werden Stränge genannt.

Jedem n-Zopf ordnet man folgendermaßen ein Element der symmetrischen Gruppe zu: die Permutation ist dadurch definiert, dass man dem i-ten Strang zu seinem Endpunkt folgt. Der Kern dieser Abbildung ist die sogenannte reine Zopfgruppe. Sie besteht also nur aus solchen Zöpfen, bei denen der i-te Strang an Position i endet.

Zwei Zöpfe und sind äquivalent, wenn sie isotop sind, das heißt, wenn eine stetige Familie von Zöpfen existiert, die in startet und endet.

Die Erzeuger und

Gruppeneigenschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Menge aller (Äquivalenzklassen von) -strängigen Zöpfe erzeugt eine Gruppe. Die Verknüpfung ist das Anfügen eines Zopfes unter dem anderen, wobei die -Koordinate reskaliert wird. Das Einselement der Gruppe ist der Zopf mit parallelen Strängen. Das inverse Element eines Zopfes ist gerade dessen Spiegelung.

Man kann jeden Zopf als eine Folge von Über- bzw. Unterkreuzungen der Stränge darstellen. Das sind gerade die in der Abbildung gezeigten Erzeuger bzw. .

Man kann sich in einer Skizze veranschaulichen, dass jeder Erzeuger multipliziert mit seinem Inversen das neutrale Element ergibt.

Darstellung durch Erzeuger und Relationen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zopfgruppe besitzt die folgende Darstellung durch Erzeuger und Relationen:

Erzeuger:

  • .

Relationen:

  •   für  
  •   für  

(Die letzte Beziehung geht wesentlich über die Kommutatorrelationen vertauschbarer Observablen hinaus (siehe z. B. Quantenmechanik) und besagt u. a., dass benachbarte Zöpfe in spezieller Weise nicht kommutierbar sind.)

Die obige algebraische Definition ist mit der geometrischen äquivalent.

Insbesondere sind Zopfgruppen ein Spezialfall der Artin-Gruppen.

Die Zopfgruppe besteht nur aus einem Element. Die Zopfgruppe ist die unendliche zyklische Gruppe . Die Zopfgruppe hat die Darstellung

und ist nicht-kommutativ.

Zopfgruppen als Abbildungsklassengruppen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Abbildungsklassengruppe der Kreisscheibe mit markierten Punkten ist isomorph zur Zopfgruppe .

Reine Zopfgruppe

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jeder n-strängige Zopf bestimmt eine Permutation der n-elementigen Menge. Die reine Zopfgruppe ist der Kern des so definierten Homomorphismus .

Mathematiker interessiert vor allem die Anwendung in der Knotentheorie: Indem man das obere Ende des Zopfes mit dem unteren Ende verbindet, erhält man eine Verschlingung. Äquivalente Zöpfe erzeugen äquivalente Verschlingungen. Andererseits kann jede Verschlingung durch isotope Umformung in die Form eines geschlossenen Zopfes gebracht werden (Satz von Alexander). Wann zwei Zöpfe dieselbe Verschlingung erzeugen, klärt der Satz von Markow (Andrei Andrejewitsch Markow, 1903–1979, Sohn von Andrei Andrejewitsch Markow, 1856–1922).

  • Emil Artin: Theorie der Zöpfe. In: Abhandlungen aus dem Mathematischen Seminar der Universität Hamburg. 4, 1925, ISSN 0025-5858, S. 47–72.
  • Joan Birman: Braids, Links, and Mapping Class Groups. Based on Lecture Notes by James Cannon. Princeton University Press, Princeton NJ 1975, ISBN 0-691-08149-2 (Annals of Mathematics Studies 82).
  • Moritz Epple: Die Entstehung der Knotentheorie. Kontexte und Konstruktionen einer modernen mathematischen Theorie. Vieweg, Braunschweig u. a. 1999, ISBN 3-528-06787-X.
  • Christian Kassel, Vladimir Turaev: Braid Groups. Springer, New York NY 2008, ISBN 978-0-387-33841-5 (Graduate Texts in Mathematics 247).
  • Bohdan I. Kurpita, Kunio Murasugi: A Study of Braids. Kluwer, Dordrecht u. a. 1999, ISBN 0-7923-5767-1 (Mathematics and its Applications 484).
  • Vassily Manturov: Knot Theory. Routledge Chapman & Hall, Boca Raton FL u. a. 2004, ISBN 0-415-31001-6 (online bei GoogleBooks).
Commons: Braid theory – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Siehe hierzu das Buch von Epple.