Zu Bethlehem geboren
Zu Bethlehem geboren ist ein deutsches Weihnachtslied mit einem Text von Friedrich Spee (1591–1635), das 1638 erstmals in seiner heutigen Form in einem Kölner Gesangbuch veröffentlicht wurde.
Herkunft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Text des Liedes wird dem durch seine Kritik an den Hexenprozessen bekannten Jesuiten Friedrich Spee von Langenfeld zugeschrieben. Erstmals veröffentlicht wurde er ohne Melodie im Geistlichen Psälterlein, das im Jahr 1637 von Johannes Heringsdorf in Köln herausgegeben wurde.[1] Auch wenn der Verfasser des Textes bis ins 20. Jahrhundert hinein unbekannt war, so gilt nach Meinung der einschlägigen Forschung[2] die Urheberschaft als gesichert, hauptsächlich wegen der stilistischen und inhaltlichen Qualität des Liedes; er war zwei Jahre vor der Erstveröffentlichung des Liedes bei der Pflege Pestkranker gestorben. Ansgar Franz weist darauf hin, dass im Text des Liedes „nicht von Krippenidylle und Weihnachtsmarktstimmung, sondern von großer Liebe und mutiger Nachfolge bis in den Tod“ gesungen wird.[3]
Formales Vorbild könnte ein lateinisches Prozessionslied aus dem 15. Jahrhundert sein:
In Betlehem transeamus
amoris gressibus
et natum videmus
mentis excessibus
eja, eja, mentis excessibus.
Nach Betlehem lasst uns gehen
mit der Liebe Schritten
und den Neugeborenen lasst uns betrachten
mit des Geistes Entzücken.[3]
Die Melodie entstammt einer in der damaligen Zeit sehr populären französischen Chanson Une petite feste mit frivolem Text. Sie findet sich sowohl in den zeitgenössischen Pariser Liedersammlungen von Pierre Cerveau (Airs mis en musique à quatre parties aus dem Jahr 1599) als auch bei Pierre Bonnet (Airs et vilanelles mises en musique à 4 et 5 parties, 1600). Friedrich Spee kontrafizierte mehrfach Liedtexte den Melodien bekannter weltlicher Lieder, um diesen ihr „pestilenzisch Gift“ zu entreißen. Zusammen mit der Melodie wurde Spees Text erstmals 1638 unter dem Titel Hertzopffer im Kölner Geistlichen Psalter gedruckt.[4] Vermutlich schon etwas früher erscheint die Melodie mit einem Text zum Kindelwiegen Nun wiegen wir das Kindlein in einer handschriftlichen Orgeltabulatur, die ab 1622 von Henricus Beginiker niedergeschrieben wurde. Anton Wilhelm von Zuccalmaglio übernahm die Melodie für das von ihm geschaffene Wiegenlied Die Blümelein sie schlafen (Erstdruck 1840), wobei er die Weise in einigen Passagen geringfügig änderte. Diese wiederum unterlegte Johannes Brahms mit einem ausgearbeiteten Klaviersatz und nahm das Werk unter dem Titel Sandmännchen in seine 15 Volks-Kinderlieder, WoO 31 (McCorkle), als Nummer 4 auf (Erstdruck: Winterthur, J. Rieter-Biedermann, 1858).
Das Lied wird sowohl von evangelischen als auch von katholischen Christen in der Weihnachtszeit gesungen. Es ist im Gotteslob (GL 239, GLalt 140) und im Evangelischen Gesangbuch (EG 32) zu finden.
Text und Melodie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu Bethlehem geboren
ist uns ein Kindelein.
Das hab ich auserkoren,
sein eigen will ich sein.
Eia, eia, sein eigen will ich sein.
In seine Lieb versenken
will ich mich ganz hinab;
mein Herz will ich ihm schenken
und alles, was ich hab.
Eia, eia, und alles, was ich hab.
O Kindelein, von Herzen
dich will ich lieben sehr
in Freuden und in Schmerzen,
je länger mehr und mehr.
Eia, eia, je länger mehr und mehr.
Dich wahren Gott ich finde
in meinem Fleisch und Blut;
darum ich fest mich binde
an dich, mein höchstes Gut.
Eia, eia, an dich, mein höchstes Gut.
Dazu dein Gnad mir gebe,
bitt ich aus Herzensgrund,
dass dir allein ich lebe
jetzt und zu aller Stund.
Eia, eia, jetzt und zu aller Stund.
Lass mich von dir nicht scheiden,
knüpf zu, knüpf zu das Band
der Liebe zwischen beiden,
nimm hin mein Herz zum Pfand.
Eia, eia, nimm hin mein Herz zum Pfand.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wilhelm Bäumker: Das katholische deutsche Kirchenlied in seinen Singweisen. Herder, Freiburg i. Br.; Band 1, 1886, S. 416 (Textarchiv – Internet Archive); Band 3, 1891, S. 170 (Textarchiv – Internet Archive); Band 4, 1911, S. 440 f.
- Ansgar Franz, Hermann Kurzke, Christiane Schäfer (Hrsg.): Die Lieder des Gotteslob. Geschichte – Liturgie – Kultur. Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-460-42900-0, S. 1221–1224.
- Theo Mang, Sunhilt Mang (Hrsg.): Der Liederquell. Noetzel, Wilhelmshaven 2007, ISBN 978-3-7959-0850-8, S. 1037.
- Britta Martini: Zu Bethlehem geboren. In: Ansgar Franz (Hrsg.): Kirchenlied im Kirchenjahr. Fünfzig neue und alte Lieder zu den christlichen Festen (= Mainzer Hymnologische Studien, Band 8). Francke, Tübingen/Basel 2002, ISBN 3-7720-2918-3, S. 99–107.
- Johanna Schell: 32 – Zu Bethlehem geboren. In: Gerhard Hahn, Jürgen Henkys (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Band 1. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000, ISBN 3-525-50319-9, S. 65–68.
- Ingeborg Weber-Kellermann: Das Buch der Weihnachtslieder. 11. Auflage. Schott, Mainz 2004 (1982), ISBN 3-254-08213-3.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gemeinfreie Noten von Zu Bethlehem geboren in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
- Tobias Widmaier: Zu Bethlehem geboren (2008). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon
- Xaver Frühbeis: Wider das pestilentzisch Gifft. „Zu Bethlehem geboren“. BR-Klassik Mittagsmusik extra: Volkslieder, Sendung vom 25. Dezember 2014
- Zu Bethlehem geboren im Liederprojekt von SWR2 und Carus-Verlag
- Zu Bethlehem geboren – ConTakt CoverChorale A.O (Bearbeitung: Peter G. Albrecht) auf YouTube
- Zu Bethlehem geboren (EG 32) – Episode des Wochenliederpodcast
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Geistliches Psälterlein der Societas Jesu. Peter Grevenbruch, Cöllen 1637.
- ↑ Joseph Gotzen: Zu Bethlehem geboren. In: Musica sacra 69 (1949), ISSN 0179-356X, S. 258–262.
- ↑ a b Ansgar Franz, Hermann Kurzke, Christiane Schäfer (Hrsg.): Die Lieder des Gotteslob. Geschichte – Liturgie – Kultur. Stuttgart 2017, S. 1222.
- ↑ Geistlicher / Psalter / in welchem / Die ausserlesenste / alt: und newe Kirch- / en und Haussgesang / neben den lieblich- / sten Psalmen Davids / verfasset seindt. Peter Grevenbruch, Köln 1638, S. 80 f.