Seepferdchen

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Seepferdchen

Seepferdchen (Hippocampus spec.)

Systematik
Acanthomorphata
Stachelflosser (Acanthopterygii)
Barschverwandte (Percomorphaceae)
Ordnung: Seenadelartige (Syngnathiformes)
Familie: Seenadeln (Syngnathidae)
Gattung: Seepferdchen
Wissenschaftlicher Name
Hippocampus
Rafinesque, 1810

Die Seepferdchen (Hippocampus[An 1]) gehören zu den Knochenfischen. Sie fallen besonders durch ihr Äußeres auf, das von der typischen „Fisch“-Gestalt abweicht. Ihr Kopf erinnert etwas an den eines Pferdes, ihr Hinterleib wirkt im Vergleich zu vielen anderen Knochenfischen etwas „wurm“-artig. Gemeinsam mit den Fetzenfischen und weiteren Arten bilden sie die Familie der Seenadeln (Syngnathidae).

Hippocampus sp.

Der Körper, in der Regel in vertikaler Haltung, ist von ringförmig angeordneten Knochenplatten umgeben, deren Kanten Ringe um den Körper und Leisten längs des Körpers formen. Am im Querschnitt siebeneckigen Rumpf befinden sich gewöhnlich 11, gelegentlich auch 12 bis 13, am Schwanz gewöhnlich 30 oder mehr Ringe. Die Stellen, an denen sich Ringe und Längsleisten kreuzen, sind normalerweise erhöht und bilden Tuberkel oder Stacheln. Die Stacheln können Unterscheidungsmerkmale für einzelne Arten sein, variieren jedoch je nach Alter und Geschlecht. Generell sind Jungtiere stacheliger als Erwachsene und Weibchen stacheliger als Männchen. Der Kopf ist nach vorne und abwärts gerichtet, bei adulten Tieren in einem Winkel von weniger als 90°. Das kleine Maul befindet sich an der Spitze einer röhrenförmigen Schnauze, die Kiefer sind unbezahnt.[1] Der Hals ist gut entwickelt und beweglich, der Bauch seitlich stark abgeflacht.[2] Der vierseitige Schwanz ist zum Greifen geeignet, bei den Männchen befindet sich unter dem vorderen Teil des Schwanzes ein Brutbeutel.[1]

Die Rückenflosse sitzt gewöhnlich erhöht über einigen Rumpfringen und ein bis zwei Schwanzringen, Brustflossen sind vorhanden. Rückenflosse und Brustflossen werden von 10 bis 20 Flossenstrahlen gestützt. Die Afterflosse ist klein und kann bei adulten Tieren auch fehlen, eine Schwanzflosse ist nicht vorhanden.[1]

Zwei Dickbauchseepferdchen mit umschlungenen Schwänzen

Seepferdchen leben weltweit in tropischen und gemäßigten Meeren. Die meisten Arten kommen in den gemäßigt temperierten Meeren um Südaustralien und Neuseeland vor. Ihr Schwanz dient als Wickelschwanz der Verankerung an Seegras u. Ä. oder auch an Artgenossen. Interessant ist, dass dabei der Schwanz nicht – wie sonst bei Knochenfischenlateral bewegt wird, sondern nach unten: Die Rumpfmuskulatur ist reduziert, die beiden hinteren unteren Carinalmuskeln sind hingegen stark entwickelt. Bei großer Gefahr flüchten Seepferdchen aber auch noch ausgestreckt.

Die Seepferdchen des Ärmelkanals und der europäischen Atlantikküste werden H. hippocampus zugeordnet, H. europaeus nach Ginsburg (1933) und Kuiter (2009)[3] wird aktuell als Synonym von H. hippocampus angesehen.[4]

Im Mittelmeer leben mindestens drei Arten von Seepferdchen: Das Langschnäuzige Seepferdchen (H. guttulatus) und das Kurzschnäuzige Seepferdchen (H. hippocampus), die aufgrund ihrer Kopfform so genannt werden, und Hippocampus fuscus, das über den Suezkanal aus dem Roten Meer ins Mittelmeer eingewandert ist. Die Populationen des Langschnäuzigen Seepferdchens im Schwarzen Meer stellen möglicherweise eine eigene Art dar.

Kurzschnäuzige Seepferdchen kehren mittlerweile auch in Gebiete zurück, aus denen sie bereits völlig verschwunden waren, wie zum Beispiel die Nordsee, wo sie seit 1930 als ausgestorben galten. Forscher versuchen die Veränderung des Lebensraumes zu erfassen und dabei die ökologischen Bedingungen zu definieren, die als Voraussetzung für eine dauerhafte Wiederansiedlung nötig sind. Die Tiere bevorzugen offenbar geschützte Flachwasserbereiche mit Tiefen von bis zu etwa sechs Metern. Neben ausreichend Krebsen und anderem Plankton benötigen Seepferdchen geeignete Versteckmöglichkeiten. In der Nordsee hilft ihnen somit auch die Ausbreitung des eingeschleppten Japanischen Beerentangs Sargassum muticum sowie die Verbreitung des Blasentangs Fucus vesiculosus, die ihnen als Unterschlupf dienen.[5][6]

Männchen von Hippocampus whitei mit gefüllter Bauchtasche

Bei Seepferdchen werden die Männchen trächtig. Die Weibchen produzieren die Eier und legen mit ihnen einen Dottervorrat an. Beim Geschlechtsakt spritzen sie diese dem Männchen in die dafür vorgesehene Bauchtasche, wo sie vom männlichen Sperma befruchtet werden. Diesem Einspritzen der Eier in die männliche Bruttasche geht eine gemeinsame Balz voraus, die aus einem spiraligen Auf und Ab im Seegras besteht. Männchen und Weibchen treffen sich in den Morgenstunden und schwimmen synchron mit ineinandergehakten Schwänzen nebeneinander her. Ist das Weibchen paarungsbereit, so beginnt es mit dem Balztanz, der mit der Begattung endet. Die Weibchen legen je nach Art zwischen 150 und 2000 Eier in die Bruttasche der Männchen.[7][8][9] Im Innern dieser Tasche werden die Eier von einem Gewebe umwachsen, das vor allem die Atmung der Embryonen regelt, indem es Kohlenstoffdioxid aus den Eiern aufnimmt und Sauerstoff an die Eier abgibt. Daneben stellt das Gewebe eine Umgebung her, die dem Salzgehalt im Meerwasser entspricht. Die Entwicklung der jungen Fische dauert etwa zehn bis zwölf Tage. Nach dieser Zeit zieht sich das trächtige Männchen in das Seegras zurück und beginnt die Jungfische zu gebären.

Die Jungen sind von nun an auf sich selbst gestellt und beginnen mit der Jagd auf kleine, planktonische Krebstiere. Bei einigen Arten findet einen Tag später eine erneute Paarung statt.

Hippocampus erectus

Weltweit gibt es je nach Autor zwischen 35 und 80 Seepferdchenarten. Die Tatsache, dass in den letzten Jahren viele Arten dazugekommen sind und in der aktuellen Literatur[3] noch einige unbeschriebene Arten abgebildet sind, lässt vermuten, dass die Artenzahl eher am oberen Ende dieser Spanne liegt. Bei einer 2002 beschriebenen Art handelt es sich um eines der kleinsten Seepferdchen, das nur 13,5 Millimeter große Denise-Zwergseepferdchen (Hippocampus denise). Die größten Arten, Hippocampus abdominalis und Hippocampus bleekeri, erreichen 35 Zentimeter Länge.

Hippocampus nalu wurde erst 2020 entdeckt und gehört somit zu den zuletzt beschriebenen Seepferdchenarten[10]

Im Jahr 2023 sind bereits über 57 verschiedene Seepferdchen im World Register of Marine Species als eigene Hippocampusarten aufgeführt[11], nachdem 2017 erst 43 anerkannte Arten beschrieben waren.[12]:

Die Art Denise-Zwergseepferdchen Hippocampus denise

bargibanti-Artenkomplex“

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Zwerg-Seepferdchen Hippocampus bargibanti

Eine Gruppe sehr kleiner Seepferdchen weicht anatomisch von den anderen Seepferdchen ab. Hippocampus bargibanti wurde als erste dieser Arten erst 1970 beschrieben, alle weiteren seit dem Jahr 2003. Die Tiere werden nach der ersten bekannten Art als „bargibanti-Artenkomplex“ oder als „Pygmäenseepferdchen“ bezeichnet. Sie sind nur 14 bis 22 mm lang und mit ihrer äußeren Erscheinung sehr eng an eine Wirtskoralle, Moostierchen oder an Seegras angepasst. Bei diesen Seepferdchen sind die Kiemenöffnungen zu einer einzigen Austrittsöffnung zusammengewachsen, die mittig am Hinterkopf liegt.[3][13]

Zwerg-Nadelpferdchen

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Acentronura breviperula
Idiotropiscis lumnitzeri

Neben den eigentlichen Seepferdchen der Gattung Hippocampus werden von einigen Wissenschaftlern noch drei Gattungen seepferdchenähnlicher Seenadeln, die im Deutschen als Zwerg-Nadelpferdchen bezeichnet werden, zu der Unterfamilie Hippocampinae gerechnet. Es sind winzige, durch zahlreiche Hautauswüchse ähnlich wie die Fetzenfische getarnte Fische. Sie werden 4 bis 6,5 Zentimeter lang. Wie die eigentlichen Seepferdchen verfügen die Männchen über eine Bauchtasche, in die die Weibchen die Eier legen. Ihr Schwanz ist flexibel wie der der Seepferdchen und wird benutzt, um sich an Pflanzen festzuhalten.

Gattungen und Arten:

Seepferdchen und Menschen

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Seepferdchen werden in Guangzhou (China) als Heilmittel getrocknet

Seepferdchen gehören zu den gefährdeten Tiergattungen. Sie haben nur sehr wenige Fressfeinde, da sie mit ihren Knochenplatten, Stacheln und vielen Gräten eine schwer zu verzehrende Nahrung darstellen. Der Rückgang ihrer Population liegt vor allem an der massiven Zerstörung ihrer Lebensräume, der unterseeischen Seegraswälder, und der intensiven Befischung der Gewässer, wodurch sie häufig als Beifang in den Netzen landen. Hinzu kommt vor allem in China und Südostasien der Glaube, dass zerstoßene Seepferdchen heilende, aber auch potenzsteigernde Wirkung haben. Die Bestände der beiden einzigen Seepferdchenarten Europas sind von 2007 bis 2017 um bis zu 30 Prozent gesunken.[17]

In der griechischen Mythologie waren Seepferdchen die Nachfahren jener Rösser, die Poseidons Streitwagen zogen. Die wundersamen Tiere fanden einen Platz in Kunst und Literatur.

Mythische Darstellungen des Seepferdes (vorne Pferd, z. T. sogar mit Vorderhufen, hinten oft mit der Flosse eines Fisches oder Delfins ausgestattet, möglicherweise ein Missverständnis aufgrund von Beschreibungen des Tieres im späten 15. Jahrhundert), finden sich weltweit relativ häufig in Wappendarstellungen von Küstenorten, insbesondere in England und im Commonwealth. Das Fabelwesen Seepferd ist nicht mit dem Seepferdchen zu verwechseln.

Als Wappentier ist das Seepferdchen in der Heraldik wenig verbreitet, so unter anderem im Ortswappen von Timmendorfer Strand.

Die Trickfilmfigur des Sehpferdchens diente von 1959 bis 1969 im Werbefernsehen des Norddeutschen Rundfunks als Werbetrenner.

  1. nach dem mythologischen Meeresungeheuer Hippokamp. Douglas Harper: hippocampus (n.). In: Online Etymology Dictionary. Abgerufen am 26. August 2019 (englisch).
  • Rudie H. Kuiter: Seepferdchen: Seenadeln, Fetzenfische und ihre Verwandten. Eugen Ulmer, 2001, ISBN 3-8001-3244-3
  • Rudie H. Kuiter: Revision of the Australian Seahorses of the Genus Hippocampus (Syngnathiformes: Syngnathidae) with Descriptions of Nine New Species, Records of the Australian Museum (2001) Vol. 53: 293–340. ISSN 0067-1975 (PDF (Memento vom 9. August 2017 im Internet Archive))
  • Joseph S. Nelson, Terry C. Grande, Mark V. H. Wilson: Fishes of the World. Wiley, Hoboken, New Jersey, 2016, ISBN 978-1-118-34233-6
Commons: Seepferdchen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Seepferdchen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. a b c Rudie H. Kuiter: Revision of the Australian Seahorses of the Genus Hippocampus (Syngnathiformes: Syngnathidae) with Descriptions of Nine New Species. (pdf, 1,8 MB) In: Records of the Australian Museum 53. 2001, S. 293–340, abgerufen am 26. August 2019 (englisch).
  2. D. J. Bray: Genus Hippocampus. In: Fishes of Australia. 2017, abgerufen am 26. August 2019 (englisch).
  3. a b c Rudie H. Kuiter: Seahorses and their relatives. Aquatic Photographics, 2009, ISBN 978-0-9775372-1-1.
  4. Hippocampus europaeus im Catalog of Fishes (englisch)
  5. Meere: Kehren die Seepferdchen in die Nordsee zurück? vom 22. Dezember 2022 Spektrum der Wissenschaft, abgerufen am 23. Februar 2023
  6. Wattenmeer. Die Rückkehr des Seepferdchens vom 3. September 2020 Deutschlandfunk Nova, abgerufen am 23. Februar 2023
  7. Seepferdchen. In: taucher.de. 19. April 2017, abgerufen am 26. August 2019.
  8. Das Seepferdchen – Steckbrief. In: Biologie-Schule.de. 2018, abgerufen am 26. August 2019.
  9. Sarah Gibbens: Diese Tiere produzieren in einem Schwung den meisten Nachwuchs. In: National Geographic. 9. November 2017, abgerufen am 26. August 2019.
  10. Hippocampus nalu Short, Claassens, Smith, De Brauwer, Hamilton, Stat & Harasti, 2020 World Register of Marine Species, abgerufen am 23. Februar 2023
  11. Hippocampus Rafinesque, 1810 World Register of Marine Species, abgerufen am 23. Februar 2023
  12. Lourie, S.A., Pollom, R.A. & Foster, S.J. (2016): A global revision of the Seahorses Hippocampus Rafinesque 1810 (Actinopterygii: Syngnathiformes): Taxonomy and biogeography with recommendations for further research. Zootaxa, 4146 (1): 1–66. doi:10.11646/zootaxa.4146.1.1
  13. Daniel Knop: Zwerg- und Pygmäenseepferdchen. In: Koralle, Meerwasseraquaristik-Fachmagazin, Nr. 60 Dezember/Januar 2009, ISSN 1439-779X
  14. Acentronura auf Fishbase.org (englisch)
  15. Amphelikturus auf Fishbase.org (englisch)
  16. Idiotropiscis auf Fishbase.org (englisch)
  17. Gewinner und Verlierer im Jahr 2017. In: wwf.ch. 27. Dezember 2017, abgerufen am 28. Dezember 2017.