Dimensionslose Kennzahl

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Ähnlichkeitskennzahl)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Eine dimensionslose Kennzahl, Ähnlichkeitskennzahl oder auch Kenngröße ist ein Parameter in einem dimensionslosen mathematischen Modell eines physikalischen Zustands oder Prozesses. Wenn zwei Zustände oder Prozesse durch dasselbe mathematische Modell definiert sind, lassen sich genau dann alle Größen des einen in die des anderen mit einer gegebenen Transformationsregel umrechnen, wenn die dimensionslosen Kennzahlen dieselben Werte aufweisen. Beide Prozesse oder Zustände sind dann einander ähnlich. Dimensionslose Kennzahlen ergeben sich meist durch eine Entdimensionalisierung des mathematischen Modells.

Die Bezeichnung als dimensionslose Kennzahl steht bei physikalischen Größen mit der heutigen Auffassung im Widerspruch, wonach jede physikalische, auch technische, Größe eine Dimension hat, und sei es eine Größe der Dimension Zahl mit der Einheit Eins, Einheitenzeichen 1, wobei dieses Zeichen aber fast immer weggelassen wird. Wenn sich eine Kennzahl ohne eine Einheit angeben lässt, so ist sie dennoch im Internationalen Einheitensystem prinzipiell nicht dimensionslos.

Der Vorteil der dimensionslosen Kennzahlen liegt in der Möglichkeit, durch wenige, beispielhafte Messungen im Modellversuch die Lösung für beliebige andere Fälle zu ermitteln, bei denen die dimensionslosen Kennzahlen gleich groß sind wie im Modellversuch.

Anwendungsgebiete

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dimensionslose Kennzahlen oder auch Größen der Dimension Zahl charakterisieren physikalische Vorgänge, die sich aus der Ähnlichkeitstheorie beziehungsweise der Dimensionsanalyse ergeben.

Das Hauptanwendungsgebiet für dimensionslose Kennzahlen in der technischen Mechanik nennt man Ähnlichkeitsmechanik (→ Buckinghamsches Π-Theorem, Dimensionsanalyse):

Formel zur Dimensionsanalyse

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anzahl der beteiligten Messgrößen abzüglich der Anzahl der enthaltenen Basiseinheiten (Grunddimensionen) ergibt die Anzahl der Kennzahlen (dimensionslosen Gruppen).

In der Fluiddynamik wird zum Beispiel die Umströmung eines Körpers durch die Navier-Stokes-Gleichung in Verbindung mit der Kontinuitätsgleichung sowie Randbedingungen (Geometrie des Körpers und anderer Begrenzungen) beschrieben. Die Koeffizienten der dimensionslosen Navier-Stokes-Gleichung sind die Reynolds-Zahl, Froude-Zahl und im instationären Fall die Keulegan-Carpenter-Zahl.

Die Froude-Zahl hat auf Probleme mit einer freien Oberfläche einen Einfluss, ist also in Schiffbau und Offshoretechnik relevant, und beschreibt beispielsweise, wie lang ein Schiff im Vergleich zu Wellen ist, die sich mit derselben Geschwindigkeit ausbreiten mit der das Schiff fährt. Die Reynolds-Zahl beschreibt die Wirkung der Viskosität. Die Keulegan-Carpenter-Zahl kann beispielsweise dimensionslos beschreiben, welche Wirkung Seegang auf Offshore-Strukturen ausübt.

Beispiel

Wenn man beispielsweise für eine Serie von Reynolds-Zahlen und Anströmwinkeln den Widerstand und dynamischen Auftrieb pro Länge an einem bestimmten Profil im verkleinerten Maßstab gemessen hat, kann man die Ergebnisse auf beliebig große Profile derselben Querschnittsgestalt umrechnen, indem man darauf achtet, dass die Reynolds-Zahl dieselbe wie bei der Messung ist.

Schiffbau-Versuchsanstalten leben teilweise davon, die Umströmung fahrender Schiffe im Modellmaßstab nachzubilden und müssten eigentlich sowohl die Reynolds-Zahl als auch die Froude-Zahl des Schiffes nachbilden. Weil dies nicht möglich ist, solange man nicht riesige Modelle im Maßstab 1:4 in Quecksilber statt Wasser fahren lässt, beschränkt man sich auf die Einhaltung der Froude-Zahl und korrigiert die Messergebnisse empirisch, indem man den Reibungswiderstand von der Reynolds-Zahl des Modells auf die der Großausführung umrechnet.

Weitere Anwendungsgebiete

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man kennt Kennzahlen in:

Liste von Kennzahlen (Kenngrößen)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Name Formelzeichen Anmerkung
Abbe-Zahl ν
Archimedes-Zahl Ar
Arrhenius-Zahl γ
Atwood-Zahl At
Auftriebsbeiwert ca
Begasungszahl Q
Biot-Zahl Bi
Bodenstein-Zahl Bo
Bond-Zahl Bo auch Eötvös-Zahl
Brinkman-Zahl Br
Bulk-Richardson-Zahl
Cauchy-Zahl Ca
Colburn-Zahl J
Courant-Zahl Co
Damköhler-Zahl Da
Dean-Zahl De
Deborah-Zahl De
Druckverlustbeiwert ζ
Druckzahl ψ
Durchflusszahl φ
Eckert-Zahl Ec
Ekman-Zahl Ek
Elsasser-Zahl
Eötvös-Zahl Eo auch Bond-Zahl
Ericksen-Zahl Er
Euler-Zahl Eu
Fourier-Zahl Fo
Froude-Zahl Fr
Galilei-Zahl Ga
Graetz-Zahl Gz
Grashof-Zahl Gr
Hagen-Zahl Hg
Hartmann-Zahl Ha
Hatta-Zahl Ha
Helmholtz-Zahl He
Hinterland-Verhältnis Hl
Jakob-Zahl Ja
Kapillarzahl Ca
Karlovitz-Zahl Ka
Kavitationszahl σ
Keulegan-Carpenter-Zahl KC
Knudsen-Zahl Kn
Laplace-Zahl La auch Suratman-Zahl
Laufzahl σ
Laval-Zahl M*
Leistungszahl λ
Lewis-Zahl Le
Ljascenko-Zahl Lj Omega-Zahl
Mach-Zahl Ma
Marangoni-Zahl Mg
Markstein-Zahl
Morton-Zahl Mo
Nahme-Zahl Na auch Nahme-Griffith-Zahl
Newton-Zahl Ne
Nußelt-Zahl Nu
Ohnesorge-Zahl Oh
Péclet-Zahl Pe
Phasenübergangszahl Ph Kehrwert der Stefan-Zahl
Prater-Zahl β
Prandtl-Zahl Pr
Rayleigh-Zahl Ra
Reynolds-Zahl Re
Richardson-Zahl
Rohrreibungszahl λ
Rossby-Zahl Ro
Schmidt-Zahl Sc
Schnelllaufzahl λ
Sherwood-Zahl Sh
Siedekennzahl Bo nach boiling number
Sommerfeld-Zahl So
Stanton-Zahl St
Stefan-Zahl Ste Kehrwert der Phasenübergangszahl
Stokes-Zahl St
Strouhal-Zahl Sr
Strömungswiderstandskoeffizient cw
Suratman-Zahl auch Laplace-Zahl
Taylor-Zahl Ta
Thiele-Modul Φ
Weber-Zahl We
Weisz-Modul Ψ
Weissenberg-Zahl Ws