Adrian Koerfer

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Adrian Koerfer (* 1955 in Bern) ist ein Verlagskaufmann und Kunstsammler. Seine Sammlung umfasst etwa 650 Arbeiten aus der Zeit von 1960 bis in die Gegenwart. Größere Bekanntheit erlangte Koerfer durch sein langjähriges Engagement für die Aufarbeitung des Missbrauchssystems an der 2015 geschlossenen Odenwaldschule. Ein von ihm entworfenes Mahnmal für die Opfer sexualisierter Gewalt wurde im November 2024 vor Ort eingeweiht.[1]

Adrian Koerfer kam als Sohn des Unternehmers und Kunstsammlers Jacques Koerfer 1955 in Bern zur Welt. Zu seinen sieben Geschwistern gehören der Filmregisseur Thomas Koerfer und der Historiker Daniel Koerfer. Der Kölner Architekt Jacob Koerfer ist sein Großvater.

Nach dem Besuch der Primarschule in der Schweiz wechselte Koerfer 1968 an die Odenwaldschule, die er 1975 mit dem Abitur verließ. In dieser Zeit ist er nach eigenen Angaben von verschiedenen Lehrern missbraucht worden, wie er in einem Interview der Frankfurter Rundschau mitteilte.[2] 2010 war er kurzzeitig selbst im Vorstand der Schule.[3] Als erster Vorsitzender des Vereins Glasbrechen e.V. in den Jahren 2010–2016 setzte er sich „für die Betroffenen sexualisierter Gewalt auf der Odenwaldschule“ ein.[4] Im November 2024 wurde ein von Koerfer entworfenes, nahe der Einfahrt errichtetes Mahnmal für die Opfer sexualisierter Gewalt an der Odenwaldschule in einer Gedenkveranstaltung der Öffentlichkeit vorgestellt. Es besteht aus drei aneinander gelehnten, über drei Meter hohen, Türblätter darstellenden Stahlplatten, bei denen im oberen Teil jeweils unerreichbare Türgriffe und Schlüssellöcher angebracht sind.[5]

Von 1975 bis 1977 studierte Adrian Koerfer an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Von 1977 bis 1979 absolvierte Koerfer eine Ausbildung zum Verlagsbuchhändler beim Klett-Cotta Verlag in Stuttgart. Anschließend studierte er bis 1984 Germanistik und Kunstgeschichte an der FU und TU Berlin. In den Folgejahren bis 1993 arbeitete er für den Suhrkamp Verlag, den Insel Verlag und den Deutschen Klassiker Verlag als Werbeleiter beziehungsweise Prokurist. Heute ist Koerfer in der Immobilienbranche tätig.[6]

Koerfer kam bereits als Kind mit Werken der bildenden Kunst in Berührung. In seinem Elternhaus hingen zahlreiche Meisterwerke der Moderne mit Arbeiten von Künstlern wie Pierre Bonnard, Vincent van Gogh und Pablo Picasso. Seine eigene Sammlung, der er den Namen Mondstudio gab, baute er ab 1982 auf. Er gehört dem Vorstand des Freunde des Museums für Moderne Kunst, Frankfurt am Main e. V. an und war Mitglied im Vorstand der Freunde der Schirn Kunsthalle Frankfurt e. V. und des Verein Städelschule Portikus e. V.

Die Sammlung Mondstudio

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Zur Zeit seines Studiums in Berlin lernte Koerfer den Maler Ingo Meller kennen, der den Anstoß zu seiner Sammlung gab und dessen Arbeiten er seitdem auch sammelt. Zudem ist der Kölner Galerist Rolf Ricke ein wichtiger Berater des Sammlers. Unter der Bezeichnung Sammlung Mondstudio zeigte er im Jahr 2008 rund 80 Werke aus seinem Besitz in einer Ausstellung mit dem Titel „There is desire left (Knock, Knock)“ im Kunstmuseum Bern und im Museum Wiesbaden. Den Begriff Mondstudio wählte Koerfer, um auf „die unterschätzte Funktion des Mondes“ hinzuweisen und den Begriff Sonnenstudio zu karikieren.[6] 2010 stellte er wiederum im Museum Wiesbaden Arbeiten von Alan Uglow aus seiner Sammlung vor.[7] Darüber hinaus stellt er einige seiner Kunstwerke dem Kunstmuseum Bonn als Dauerleihgabe zur Verfügung.[8]

Insgesamt umfasst die Sammlung Mondstudio mehr als 650 Arbeiten, die aus der Zeit um 1960 bis in die Gegenwart stammen. Die Kollektion umfasst sowohl abstrakte als auch leicht gegenständliche Malerei, wohingegen eher realistische Tendenzen fehlen. Zudem hat der Sammler einige skulpturale Werke und Installationen erworben. Neben Werken bekannter Künstler wie Gerhard Richter, Andy Warhol, Herbert Brandl, Alex Katz, David Reed, Jerry Zeniuk, Katharina Grosse und Joseph Marioni finden sich auch Namen wie Tim Ayres, Andreas Exner, Bernard Frize, Dadamaino und Günther Umberg in seiner Sammlung.[6]

  • Adrian Koerfer, Beatrice von Bismarck: Blasser Schimmer, Sammlung Mondstudio. Gimlet, Köln 2001, ISBN 3-9803661-3-8.
  • Ingo Meller: Brot und Butter mit Beiträgen von Jens Peter Koerver und Adrian Koerfer. Verlag für Moderne Kunst, Nürnberg 2003, ISBN 3-936711-19-4.
  • Toni Schönenberger (Hrsg.): Horizonte des Sammelns mit Beiträgen von Christina Weiss und Adrian Koerfer. Wolfsberg, Ermatingen 2007.
  • Adrian Koerfer, Matthias Frehner: There is Desire Left (Knock, Knock). Ausstellungskatalog Kunstmuseum Bern, Museum Wiesbaden, Bern 2008, ISBN 978-3-89258-074-4.
  • Volker Rattemeyer: Alan Uglow: on - off reality. Ausstellungskatalog Museum Wiesbaden, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-89258-084-3.

Einzelnachweise

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  1. Zur Entstehungsgeschichte, Kontext und Hintergrund des Mahnmals: Pitt von Bebenburg: Seelenmord. Gedenken und Aufarbeitung, Frankfurter Rundschau, 8. November 2024.
  2. Katja Irle, Peter Michalzik: Ich glaube an die Ideale dieser Schule. In: Frankfurter Rundschau. 24. März 2010 (Artikel online [abgerufen am 23. September 2011] Interview mit Adrian Koerfer).
  3. Jörg Schindler: Sonnenuntergang. In: Berliner Zeitung. 9. Februar 2011 (online – Artikel über Missbrauchsfälle in der Odenwaldschule).
  4. Glasbrechen e. V. Wir über uns. Abgerufen am 2. September 2016 (Angaben zur Zielsetzung des Vereins).
  5. Pitt von Bebenburg: Mahnmal für die Opfer der Odenwaldschule, Frankfurter Rundschau, 18. November 2024.
  6. a b c Christian Huther: Auf der Klinge tanzen. In: Kunstforum international. Band 193, 2008 (Artikel online [abgerufen am 2. August 2019] Gespräch mit Adrian Koerfer über die Sammlung Mondstudio).
  7. Museum Wiesbaden, Alan Uglow Werke aus der Sammlung Mondstudio. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. März 2014; abgerufen am 2. August 2019.
  8. Kunstmuseum Bonn, Sammlungen. Archiviert vom Original am 30. September 2011; abgerufen am 23. September 2011 (Informationen zu den Leihgaben von Adrian Koerfer).