Albrecht Mendelssohn Bartholdy

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Albrecht Mendelssohn Bartholdy (* 25. Oktober 1874 in Karlsruhe; † 26. November 1936 in Oxford) war ein deutscher Politikwissenschaftler und Rechtswissenschaftler mit dem Spezialgebiet Völkerrecht.

Albrecht Mendelssohn Bartholdy war ein Enkel des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy und ein Sohn des Historikers Karl Mendelssohn Bartholdy aus dessen Ehe mit Mathilde, geb. Merkl (1848–1937). Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig, an der Universität Heidelberg und an der Ludwig-Maximilians-Universität München, unter anderem bei Adolf Wach. In Leipzig wurde er 1898 mit einer Dissertation zum Thema Beiträge zur Auslegung des § 72 der Civil-Prozeß-Ordnung promoviert. Er habilitierte sich 1900 mit einer Arbeit über Grenzen der Rechtskraft.

Im März 1905 heiratete er seine Cousine Dorothea Wach (* 8. Juni 1875 in Bonn; † 18. August 1949 in Oxford), genannt Dora, eine Tochter Adolf Wachs. Das Paar hatte keine eigenen Kinder und adoptierte die Mädchen Lea (1916–2010, verheiratete Stauffer) und Brigitte (1920–2005).

Im April 1905 erhielt er an der Universität Leipzig eine Außerordentliche Professur für Internationales (Privat-)Recht, wechselte aber schon im Oktober desselben Jahres nach Würzburg, wo er Nachfolger von Ernst Jaeger wurde.

1920 erhielt er schließlich eine Berufung zum Ordentlichen Professor für Zivilprozess, Auslandsrecht und Rechtsvergleichung an die Universität Hamburg. Dort gründete er 1922 als erste deutsche politikwissenschaftliche Forschungseinrichtung das Hamburger Institut für auswärtige Politik, das unter anderem von den Warburg-Bankiers finanziert wurde, und baute gleichzeitig das Amerika-Institut auf. Er setzte sich entschieden für die Revision des Versailler Vertrages ein und war auch einer von Deutschlands Vertretern bei den Pariser Friedensvertragsverhandlungen. 1925 wurde er als deutscher Richter in das Haager Schiedsgericht zur Auslegung des Dawes-Plans, seit 1929 des Young-Plans berufen. Ab 1931 vertrat er das Deutsche Reich beim Völkerbund. Von 1928 bis 1933 war er unter anderem gemeinsam mit Otto Opet und Julius Magnus Herausgeber des renommierten Archivs für Urheber-, Film- und Theaterrecht (UFITA).[1] Durch Vorträge unterstützte er den Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen.[2]

Während seiner Hamburger Jahre besaß Mendelssohn Bartholdy ein Bauernhaus in Ohlstedt, das am 4. April 1929 durch ein Feuer zerstört wurde. Es wurde danach wieder aufgebaut.

Im September 1933 wurde Mendelssohn Bartholdy wegen seiner jüdischen Herkunft in den Ruhestand versetzt. Am 18. November 1933 sprach der in Bedrängnis geratene Mendelssohn Bartholdy bei William E. Dodd vor, der zu diesem Zeitpunkt als Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Berlin amtierte. Dodd versuchte, sich für Mendelssohn Bartholdy, den er sehr schätzte, zu verwenden und korrespondierte in dieser Angelegenheit noch am selben Tage mit dem Carnegie-Institut in New York, um eine zweijährige Gehaltsbewilligung für Mendelssohn Bartholdy zu erwirken.[3]

Am 1. Januar 1934 wurde er zudem zum Rücktritt als Leiter des Instituts für auswärtige Politik gezwungen und emigrierte im gleichen Jahr nach Großbritannien. Hier wirkte er als Senior fellow am Balliol College in Oxford bis zu seinem Tod. Bibliothek und Archiv des Hamburger Instituts wurden beschlagnahmt und der Schirmherrschaft des Außenministers Ribbentrop unterstellt; es wurde dann mit dem neugegründeten Deutschen Institut für außenpolitische Forschung in Berlin vereint.[4]

Albrecht Mendelssohn Bartholdy war ein hervorragender Pianist und betätigte sich auch als Komponist von Liedern.[5][6] Daneben veröffentlichte er Gedichte und verfasste ein Opernlibretto. Über seine Frau kam er überdies in den Besitz der gesamten, 27 Bände umfassenden, Korrespondenz seines Großvaters Felix Mendelssohn Bartholdy, aus der er hin und wieder Auszüge veröffentlichte. Sie gelangte nach seinem Tod – er starb 1936 an Magenkrebs – in die Bodleian Library in Oxford.[7]

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Hamburg hat im Jahr 2012 in Erinnerung an einen der Gründer der rechtswissenschaftlichen Forschung in Hamburg ein strukturiertes Doktorandenkolleg unter dem Namen Albrecht Mendelssohn Bartholdy Graduate School of Law ins Leben gerufen.

Ebenfalls 2012 wurde in Hamburg ein Studentenwohnheim, das Albrecht-Mendelssohn-Bartholdy-Haus, nach ihm benannt.[8]

Schriften (Auswahl)

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  • Das Imperium des Richters, Straßburg: Trübner, 1908
  • Englisches Recht, 1909
  • Internationales Strafrecht, 1910
  • Der irische Senat, Leipzig: Meiner, 1913
  • Zivilrechtspflege. In: Handbuch der Politik, Berlin und Leipzig 1914
  • Das deutsche Wesen in Regers Werk, Würzburg: Banger, 1916
  • Bürgertugenden in Krieg und Frieden, Tübingen: Mohr, 1917
  • Der Völkerbund, 1918
  • Der Volkswille, 1919
  • Vom Völkerbund und der öffentlichen Meinung, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1923
  • Erinnerung an Max Reger, Zürich: Orell, 1924
  • Diplomatie, 1927
  • Ein- oder Zweikammersystem? In: Handbuch der Politik, Berlin und Leipzig 1914
Als Herausgeber
  • Akten des Auswärtigen Amtes (Die Grosse Politik der europäischen Kabinette), 40 Bände, 1922 bis 1927
  • Europäische Gespräche, Zeitschrift, 1922 bis 1933

Künstlerische Werke (Auswahl)

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  • Paul Seabury, Die Wilhelmstrasse, Frankfurt: Nest 1956. Aus dem Englischen, 1954 (referiert im Wesentlichen den Wilhelmstraßen-Prozess sowie die zahlreichen, in der Regel lügnerischen Erinnerungen und Rechtfertigungen von AA-Leuten, was eine Schwäche des Buches ist; im übrigen materialreich und zeitnah)
  • Alfred Vagts: Albrecht Mendelssohn Bartholdy. Ein Lebensbild. In: Cécile Lowenthal-Hensel (Hrsg.): Mendelssohn-Studien, Band 3. Duncker und Humblot, Berlin 1979, ISBN 3-428-04349-9, S. 201–225.
  • Manfred Löwisch, Mendelssohn Bartholdy, Albrecht, in: Badische Biographien, Neue Folge, Band 3, Stuttgart: Kohlhammer, 1990, ISBN 3-17-009958-2, S. 184–186 (online)
  • Gisela Gantzel Kress: Mendelssohn Bartholdy, Albrecht. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 62 f. (Digitalisat).
  • Detlev Fischer, Rechtshistorische Rundgänge durch Karlsruhe: Residenz des Rechts (= Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums Karlsruhe, Heft 10), Karlsruhe: Gesellschaft für Kulturhistorische Dokumentation, 2005, ISBN 3-922596-65-7
  • Rainer Nicolaysen, Verfechter der Verständigung – der Jurist und Friedensforscher Albrecht Mendelssohn Bartholdy, in: ders. (Hrsg.): Das Hauptgebäude der Universität Hamburg als Gedächtnisort, Hamburg 2011, S. 199–227 (PDF)
  • Thomas Lackmann, Albrecht Mendelssohn Bartholdy: Völkerrechtler und Pionier der deutschen Friedensforschung, hrsg. vom Centrum Judaicum, Berlin: Hentrich & Hentrich, 2015, ISBN 978-3-95565-097-1 (= Jüdische Miniaturen, Band 169)
  • Stephan Dathe, Das Imperium des Professors. Annäherungen an den Wissenschaftler Albrecht Mendelssohn Bartholdy und sein Werk, in: Roland Dieter Schmidt-Hensel u. Christoph Schulte (Hrsg.): Mendelssohn-Studien, Band 21. Wehrhahn, Hannover, 2019, ISBN 978-3-86525-721-5, S. 239–264.
  • Eva Mengelkoch, Liebe, Lieder, Loyalitäten. Anmerkungen zu Albrecht Mendelssohn Bartholdys Vokalwerk, in: Roland Dieter Schmidt-Hensel u. Christoph Schulte (Hrsg.): Mendelssohn-Studien, Band 19. Wehrhahn, Hannover, 2015, ISBN 978-3-86525-469-6, S. 251–275.

Einzelnachweise

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  1. Horst Göppinger: Juristen jüdischer Abstammung im „Dritten Reich“: Entrechtung und Verfolgung. 2., völlig neubearbeitete Auflage. Beck, München 1990, S. 382.
  2. Das Evangelische Rheinland. Eine monatliche Umschau über Arbeiten und Aufgaben der Rheinischen Provinzialkirche, Jg. 1931, S. 104.
  3. Diplomat auf heißem Boden, Tagebuch des USA-Botschafters William E. Dodd in Berlin 1933–1938, Herausgegeben von William E. Dodd jun. und Martha Dodd mit einer Einführung von Charles A. Beard, Verlag der Nation Berlin, 6. Auflage 1970, S. 77.
  4. Seabury, S. 88. Nachname irrtümlich mit Bindestrich.
  5. Aufgetischt – das lange 19. Jahrhundert, 2. Dezember 2008, Veranstaltung der Mendelssohn-Gesellschaft, online abgerufen am 4. November 2013
  6. Wandelkonzert und Ausstellungseroeffnung (Memento vom 9. Januar 2016 im Internet Archive) (PDF; 1,4 MB)
  7. Vgl. Felix Mendelssohn Bartholdy, Briefe an deutsche Verleger, hrsg. von Rudolf Elvers, Berlin 1968, S. XXIII (Digitalisat)
  8. „Albrecht Mendelssohn Bartholdy Haus“ vollvermietet und bezogen (Memento vom 4. November 2013 im Webarchiv archive.today), fondshaus-immobilien.de, online abgerufen am 4. November 2013