Alexander Neroslow
Alexander Neroslow (* 10. September 1891 in Sankt Petersburg; † 4. Januar 1971 in Leipzig) war ein deutsch-russischer Maler.
Lebenslauf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neroslow wurde in eine wohlhabende St. Petersburger Familie geboren und hatte acht Geschwister. Sein Vater war Reeder; seine Schiffe transportierten vor allem Holz auf der Newa und dem Ladogasee. Nachdem der junge Sascha 1910 das Gymnasium – wahrscheinlich das Lyzeum Zarskoje Selo – abgeschlossen hatte, nahm er ein einjähriges Studium der Allgemeinbildung auf. Ab Oktober 1911 wurde er Student der Architektur an der Technischen Hochschule Dresden. Als Mitglied der Gesellschaft „Freunde des neuen Russlands“ traf er im musikalisch-literarischen Salon der Villa Schulhoff Hans Grundig, den litauisch-jüdischen Maler Lasar Segall aus Vilnius, den Komponisten und Pianisten Erwin Schulhoff und Otto Dix. Auch stand er der russischen Bibliothek in Dresden vor. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde Neroslow im Herbst 1914, mit Lasar Segall und dem Journalisten Konstantin Fedin, in Meißen interniert.
Er arbeitete ab 1916 in einem Berliner Foto-Atelier als Vergrößerungsretuscheur und wurde Werkstudent in den „Studienateliers für Malerei und Plastik“ von Arthur Lewin-Funcke.[1] Ein Lehrer war Lovis Corinth. Seinen ständigen Wohnsitz nahm Neroslow ab 1918 in Dresden. 1920 heiratete er die ebenfalls staatenlose Sprachlehrerin Gertrud Meissner aus Wien. 1920/21 studierte er an der Kunstschule Edmund Kestings Der Weg in Dresden. Neroslow beteiligte sich an Kunstausstellungen, fertigte Reproduktionen Alter Meister an, aquarellierte Landschaften und arbeitete an der Restaurierung von Ahnengalerien. 1929 war Neroslow Gründungsmitglied der Assoziation revolutionärer bildender Künstler (ASSO) in Dresden und hatte die Funktion eines Stadtteilobmanns inne. 1930 hatten die Dresdner ASSO-Künstler, organisiert von Josef Sandel, in Berlin bei Wertheim eine Ausstellung. Auch Alexander Neroslow nahm mit seinen Bildern an der Ausstellung teil. In den Folgejahren bis 1933 unterrichtete er Russisch an der Marxistischen Arbeiterschule. Zwischen 1926 und 1933 erwarb das Stadtmuseum Dresden mehrere seiner Landschaftsaquarelle.
In der Zeit des Nationalsozialismus war Neroslow Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste. Für diese Zeit ist seine Teilnahme an neun großen Ausstellungen sicher belegt.[2]
Neroslow engagierte sich in der Widerstandsgruppe „Karl Stein und Genossen“ gegen den Nationalsozialismus. Er wurde im Februar 1941 mit seiner Frau in Dresden verhaftet und im März 1942 vom Volksgerichtshof zu lebenslanger Haft verurteilt.[3] Drei Mitglieder der Gruppe wurden zum Tode verurteilt, darunter auch der Maler Fritz Schulze. Die Luftangriffe auf Dresden vernichteten Neroslows Wohnung in der Güterbahnhofstraße mit seinen künstlerischen Arbeiten. Bis zur bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht blieb Neroslow politischer Gefangener im Zuchthaus Waldheim.
Seit 1945 in der Kommunistischen Partei Deutschlands, arbeitete er bis 1946 als Dolmetscher und Sekretär in der Stadtverwaltung von Waldheim. Er wurde als Verfolgter des Naziregimes anerkannt. Als freischaffender Kunstmaler begann er 1945 seine Landschaftsmalerei, Stillleben und Porträts in Kunstausstellungen vorzustellen. Ab 1946 reiste er regelmäßig an die Ostsee, nach Poel und Fischland-Darß-Zingst. In Waldheim gehörte er zu den Mitgestaltern eines regen Kulturlebens. 1951 zog er nach Leipzig in die Liviastraße 1. Wieder arbeitete er im Leipziger Bezirksvorstand des Verbandes Bildender Künstler der DDR. Von 1952 bis 1955 übernahm Neroslow ein Lehramt für Porträtieren an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Er beendete im Formalismusstreit sein Arbeitsverhältnis und wurde wieder freischaffend tätig. 1953 lernte er in Wieck a. Darß die 22 Jahre jüngere Valeska Lenz kennen. 1957 starb seine Frau Gertrud Neroslow.
In den 1960er Jahren kaufte das Leipziger Georgi-Dimitroff-Museum einige Ölgemälde, vor allem Porträts, von Neroslow. Auch das Historische Museum in Berlin besitzt zwei Gemälde. Das Museum Bautzen erwarb 1961 durch Schenkung ein seltenes Ölbild aus dem Jahr 1930. Während seines Aufenthaltes auf dem Darß entstanden viele stimmungsvolle Aquarelle der Landschaft zwischen Meer und Bodden sowie Porträts in Öl der Menschen vom Darß. Alexander Neroslow heiratete 1967 Valeska Lenz aus Wieck.
Neroslow wurde auf dem Südfriedhof (Leipzig) neben seiner ersten Frau beigesetzt.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Vaterländischer Verdienstorden in Bronze (1967)[4]
- Benennung einer Schule und ein VdN-Erholungsheim in Waldheim nach Neroslow[5]
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Tafelbilder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Knabenbildnis (Öl, 54 × 60 cm)[6]
- Winterlandschaft (Öl, 60 × 47 cm)[7]
- Gehöft (Aquarell; Stadt- und Bergbaumuseum Freiberg/Sachsen)[8]
- Bildnis Katja Hackel (1961, Öl, 74,5 × 50 cm; Dresdener Galerie Neue Meister)[9]
- Parteiveteran E. Nitzsche, der älteste Schöffe der Republik (Öl; auf der Fünften Deutschen Kunstausstellung)[10]
- Selbstbildnis (1964, Öl)[11]
Zeichenkunst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bootsplatz (Aquarell, 54 × 38 cm; gemalt im Zuchthaus Waldheim)[12]
Druckgrafik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Strandkiefern (Linolschnitt, 38,2 × 51,6 cm)[13]
Ausstellungen (unvollständig)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Personalausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1947/1948: Freiberg, Stadt- und Bergbaumuseum (mit Martin Ritter, Rupprecht von Vegesack und Hans Weiss)[14]
Postum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1974: Ahrenshoop, Klubhaus (Gedenkausstellung)
- 2013: Barth, Vineta-Museum („Alexander Neroslow. „Ein Träumer im Leben wie im Schaffen …““)
Teilnahme an zentralen und wichtigen regionalen Ausstellungen in der sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1946: Dresden, „Freie Künstler. Ausstellung Nr. 1“[15]
- 1946 Dresden, Kunstausstellung Sächsische Künstler[16]
- 1948: Freiberg, Stadt- und Bergbaumuseum („3. Ausstellung Erzgebirgischer Künstler“)[17]
- 1949 und 1962/1963: Dresden, Deutschen Kunstausstellungen
- 1959, 1961 und 1965: Dresden, Bezirkskunstausstellungen
- 1965: Leipzig, Museum der bildenden Künste („500 Jahre Kunst in Leipzig“)
- 1982: Leipzig, Museum der bildenden Künste („Selbstbildnisse Leipziger Künstler“)
Literatur (chronologisch)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Nerosloff, Alexander. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 3: K–P. E. A. Seemann, Leipzig 1956, S. 470 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe).
- Arntraut Kalhorn (Hrsg.): Alexander Neroslow, ein russischer Maler auf dem Darß. Books on Demand, Norderstedt 2003, ISBN 3-8334-0088-9.
- Neroslow, Alexander. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2010, ISBN 978-3-355-01761-9, S. 659
- Arntraut Kalhorn: Alexander Neroslow. Ein Maler im Deutschland des 20. Jahrhunderts. Eine biografische Collage. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2013, ISBN 978-3-940207-92-0.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Aro Kuhrt: Lewin-Funcke-Schule. In: Kantstraße. Auf Kantstrasse.de, abgerufen am 14. Mai 2022.
- ↑ Martin Papenbrock, Gabriele Saure (Hrsg.): Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in deutschen Ausstellungen. Teil 1. Ausstellungen deutsche Gegenwartskunst in der NS-Zeit. VDG, Weimar, 2000; S. 513, passim
- ↑ Urteil des sog. Volksgerichtshofes gegen Karl Stein, Fritz Schulze, Albert Hensel, Eva Schulze-Knabe, Alexander und Gertrud Neroslow wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Gerichtsurteil, Aktenzeichen 5 J 230/41, 2 H 6/42. 13. März 1942. Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). Auf DeutscheFotothek.de, abgerufen am 14. Mai 2022.
- ↑ Hohe Auszeichnungen verliehen. In: Neues Deutschland. 29. Juni 1967, S. 2. Auf ND-Archiv.de, abgerufen am 14. Mai 2022.
- ↑ VdN-Kurheim “Alexander Neroslow”. Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). Auf DeutscheFotothek.de, abgerufen am 14. Mai 2022.
- ↑ SLUB Dresden: Malerei und Graphik. Abgerufen am 12. September 2023 (deutsch).
- ↑ SLUB Dresden: Malerei und Graphik. Abgerufen am 12. September 2023 (deutsch).
- ↑ Alexander Neroslow: Gehöft. Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). Auf DeutscheFotothek.de, abgerufen am 14. Mai 2022.
- ↑ SKD | Online Collection. Abgerufen am 12. September 2023.
- ↑ Alexander Neroslow: Parteiveteran E. Nitzsche, der älteste Schöffe der Republik. 1962. Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). Auf DeutscheFotothek.de, abgerufen am 14. Mai 2022.
- ↑ Alexander Neroslow: Selbstbildnis. 1964. Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). Auf DeutscheFotothek.de, abgerufen am 14. Mai 2022.
- ↑ SLUB Dresden: Malerei und Graphik. Abgerufen am 12. September 2023 (deutsch).
- ↑ SKD | Online Collection. Abgerufen am 12. September 2023.
- ↑ SLUB Dresden: Malerei und Graphik. Abgerufen am 12. September 2023 (deutsch).
- ↑ SLUB Dresden: Freie Künstler. Abgerufen am 10. September 2021.
- ↑ SLUB Dresden: Kunstausstellung Sächsische Künstler. Abgerufen am 10. September 2021.
- ↑ SLUB Dresden: 3. Ausstellung Erzgebirgischer Künstler 1948. Abgerufen am 10. September 2021.
Personendaten | |
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NAME | Neroslow, Alexander |
ALTERNATIVNAMEN | Nerosloff, Alexander |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-russischer Maler |
GEBURTSDATUM | 10. September 1891 |
GEBURTSORT | Sankt Petersburg |
STERBEDATUM | 4. Januar 1971 |
STERBEORT | Leipzig |