Zoosemiotik

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Die Zoosemiotik [ˈʦo.o-, nicht: ʦoː-] (griechisch von zoon: „Tier“ und Semiotik als allgemeiner Lehre der Zeichen) untersucht, wie Tiere Zeichen bilden und verwenden.

Einordnung des Fachgebietes

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Die Zoosemiotik erforscht Kommunikationssysteme der Tiere wie etwa Tiersprachen und Primatensprache. Im Gegensatz zur Zoosemiotik beschäftigt sich die Anthroposemiotik ausdrücklich mit menschlichen Kommunikationssystemen. Die Humansemiotik untergliedert sich wiederum in zwei Teilgebiete: Der anthroposemiotische Zweig untersucht die Sprache und die zoosemiotische Fachrichtung beschäftigt sich mit paralinguistischen, proxemischen, nonverbalen und anderen Ausdruckssystemen. Da die Zoosemiotik von Forschungen in Biologie und Verhaltensforschung abhängig ist, ist sie lediglich bedingt als Forschungsgegenstand der Linguistik anzusehen.

Forschungsgebiete

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Thomas Sebeok prägte 1969 für analytische Zwecke drei sich überschneidende Forschungsgebiete: neben Zoosyntax und Zoosemantik, auch die Zoopragmatik, die sich mit der Art und Weise befasst, in der ein Tier eine Nachricht encodiert, wie diese in einen Kanal überführt wird und wie der Kommunikationspartner sie decodiert.[1][2]

Die Zoosemiotik umfasst drei Forschungsschwerpunkte:

  • Die Zoosemantik (griechisch: zum Zeichen gehörig) beschäftigt sich mit der Bedeutung von animalischen Zeichen und deren Objektbeziehung.
  • Die Zoosyntax (griechisch: Zusammenordnung) wiederum erforscht die raumzeitliche Situierung von Zeichen in der Tierwelt sowie die Regeln, nach denen die Zeichen kombiniert werden.
  • Die Zoopragmatik (griechisch: Handlung) untersucht die einzelnen Faktoren, Bedingungen und Wirkungen des Zeichengebrauchs von Tieren.

Die Zoopragmatik untersucht verschiedene semiotische Aspekte der Beziehung zwischen dem Tier und seiner Umwelt.[3] Elemente der zoopragmatischen Kommunikation sind:

  1. Chemische Kommunikation: Geschmack- und Geruchssinn (z. B. Pheromone) haben den Vorteil gegenüber den akustischen Signalen, da sie permanent sind[3]
  2. Taktile (Berührung), thermische und elektrische Signale[3]
  3. Akustische Kanäle werden über Wasser oder Luft genutzt, aber auch nonvokale Signale werden erzeugt (Schlaggeräusche, indem gegen etwas geklopft wird, kammartige Organe aneinander reiben oder durch die Vibration von Membranen)[3]
  4. Visuelle Kommunikation: Jack Parker Hailman unterschied 1977 visuelle Signale in extrinsische (z. B. Laubenvögel dekorieren ihre Nester) sowie intrinsische, die in der Körperform oder dem Verhalten der Tiere liegen.[3]

Weitere zoopragmatische Beispiele:

  • Honigbienen: Das sogenannte Schwänzeltanz-Verhalten der Bienen ist ein Beispiel für eine komplexe Form der tierischen Kommunikation. Die Art und Weise, wie Bienen miteinander interagieren, um Futterquellen anzuzeigen, ist ein klassisches Beispiel für zoopragmatisches Verhalten.[4]
  • Fische, die eine "Elektrokommunikation" nutzen.[5]

Kommunikationstypologie

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Die animalische Kommunikation gliedert sich in mehrere Typen:

  • Kommunizieren Tiere einer Art miteinander, dann ist das intraspezifische Kommunikation. Intraspezifische Kommunikation kann nur dann gelingen, wenn alle Beteiligten denselben Code verwenden und die gleichen Regeln anwenden. Die Kenntnis von Code und Regeln kann angeborenes Vermögen von Geburt an sein, eine trainierte angeborene Disposition, welche trainiert wurde oder erlernt.
    • Verläuft die intraspezifische Kommunikation nur in eine Richtung vom Sender zum Empfänger, dann handelt es sich um unidirektionale Kommunikation. Bienen wiederum tanzen, um ihren Artgenossen die Position einer Futterquelle mitzuteilen. Auch die getanzte Nachricht verläuft unidirektional, weil der Tanz keine zeichenhafte Reaktion bei anderen Bienen auslöst, sondern eine praktische Reaktion hervorruft.
    • Im Gegensatz zur unidirektionalen Kommunikation steht die symmetrische Kommunikation, welche potenzielle Möglichkeiten der Dialogfähigkeit aufzeigt. Beispielhaft ist das Verhalten von Hunden während des Rituals zur Kontaktaufnahme.

Der Inhalt des tierischen Signals ist oft mehrdeutig und abhängig vom jeweiligen Kontext. Der Stand der Sonne spielt eine wichtige Rolle für die von Bienen übermittelten Angaben von Entfernung und Richtung der Futterquelle. Signifikanz haben kann auch die relative Position der interagierenden Tiere untereinander oder die relative Position im Wahrnehmungsfeld. So kann die Distanz zu anderen Artgenossen, zur Nahrungsquelle, zum Bau oder zum Nest den Inhalt der Nachricht beeinflussen.

Unterschied zur menschlichen Kommunikation

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Tierische und menschliche Kommunikation unterscheiden sich wesentlich voneinander. Der tierischen Kommunikation fehlt die Möglichkeit der doppelten Gliederung. Zudem sind Tiere nicht in der Lage zu metasprachlicher oder reflexiver Kommunikation, da ihre Kommunikation situationsgebunden ist. Überdies ist die animalische Dialogfähigkeit nur rudimentär ausgebildet.

Charles Hockett hat 1963 insgesamt 16 Merkmale (design features) zur Bestimmung der Eigenheiten menschlicher und tierischer Kommunikation herausgearbeitet. Das Modell von Hockett hat William Thorpe 1972, abgesehen von leichten Abweichungen, bestätigt. Thorpe untersuchte dabei neun Tierarten und drei humane Kommunikationssysteme, nämlich die Gebärdensprache amerikanischer Gehörloser, die Form der geschriebenen Sprache und paralinguistische Merkmale.

  • Michael Fleischer: *Hund und Mensch: eine semiotische Analyse ihrer Kommunikation. Stauffenburg, Tübingen 1987
  • Helmut Glück (Hrsg.): Metzler-Lexikon Sprache. 4. Auflage. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart und Weimar 2010, ISBN 3-476-02335-4
  • Heini Hediger: Tiere verstehen. Erkenntnisse eines Tierpsychologen. Deutscher Taschenbuchverlag, München 1984
  • Charles F. Hockett: The View from Language. 1977
  • Kalevi Kull: Zoosemiotics is the study of animal forms of knowing. In: Semiotica. Band 198, 2014, S. 47–60
  • Timo Maran, Dario Martinelli, Aleksei Turovski (Hrsg.): Readings in Zoosemiotics. (Semiotics, Communication and Cognition 8.) De Gruyter Mouton, Berlin 2011, E-Book ISBN 978-3-11-025343-6
  • Paul Schauenberg: Geheimnisvolle Sprachen der Tiere. 1982
  • Thomas Sebeok (Hrsg.): How Animals Communicate. 1977
  • Thomas Sebeok: Perspectives in Zoosemiotics. 1972
  • William Thorpe: The Comparison of Vocal Communication in Animals and Man. In: Robert Hinde (Hrsg.): Non-Verbal Communication. 1972, S. 27–47

Einzelnachweise

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  1. Horst Völz: Information II. Ergänzungsband zur Vielfalt und Einheit der Information: Theorie und Anwendung vor allem in der Biologie, Medizin und Semiotik. Walter de Gruyter, 1984, ISBN 978-3-11-273185-7, S. 272.
  2. Friedhelm Schulz: Das sprachliche Potential von Pongiden und menschlicher Primärspracherwerb. 1981, S. 13 (Inauguraldissertation Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main).
  3. a b c d e Winfried Nöth: Handbook of Semiotics. Indiana University Press, Bloomington and Indianapolis 1990, ISBN 978-0-253-11608-6, S. 157 - 162.
  4. Dario Martinelli: A Critical Companion to Zoosemiotics: People, Paths, Ideas. Springer Science & Business Media, 2010, ISBN 978-90-481-9249-6, S. 67, 68.
  5. Timo Maran, Dario Martinelli, Aleksei Turovski: Readings in Zoosemiotics. Walter de Gruyter, 2011, ISBN 978-3-11-025343-6, S. 83.