Augustin Leyser

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Augustin Freiherr von Leyser

Augustin Leyser, seit 1738 von Leyser, seit 1751 Freiherr von Leyser, auch Leiser, Leysser und Lysser, (* 18. Oktober 1683 in Wittenberg; † 4. Mai 1752 ebenda) war ein bedeutender Jurist des Usus modernus pandectarum und Erbherr auf Schloss Nudersdorf.

Augustin Leyser wurde als Sohn des Professors der Rechte Wilhelm Leyser II. und seiner Ehefrau Christina (1652–1711) geboren. Bereits im Alter von sechs Jahren verlor er seinen Vater, so dass der Kanzler Johann Ernst von Schönleben seine Erziehung lenkte. Dieser schickte ihn auf die Klosterschule in Berge bei Magdeburg und 1697 auf das Gymnasium in Gotha. 1699 kehrte er nach Wittenberg zurück, um sich am 8. September 1699 an der juristischen Fakultät der Wittenberger Universität einzuschreiben. 1704 wechselte er an die Universität Halle und unternahm Studienreisen nach Holland, Italien, England, Köln, Wetzlar und Wien. Durch die vielfältigen Erfahrungen geprägt, kehrte er nach Wittenberg zurück, disputierte mit „De Logomachiis lurisperitorum“, worauf er am 20. Januar 1707 sein juristisches Lizentiat erwarb und zum Professor der Rechte sowie 1708 zum Beisitzer der Juristenfakultät und 1709 schließlich zum Doktor beider Rechte ernannt wurde. Neben seinen Vorlesungen betrieb er Studien zur Anfertigung von Dissertationen und rechtlichen Abhandlungen.

Im Jahre 1712 erhielt er eine ordentliche Professur für Öffentliches Recht (ius publicum) an der Universität Helmstedt, wo er im Wintersemester 1720 auch als Rektor der Universität fungierte. 1717 wurde er Hofgerichtsassessor in Wolfenbüttel und 1721 Hofrat in Braunschweig.

Aufgrund rechtlicher Streitigkeiten nahm er 1729 den Ruf an die Wittenberger Universität an. In Wittenberg wurde er Direktor des geistlichen Konsistoriums, erster Beisitzer am Hofgericht, bekam einen Schöffenstuhl am Hof und wurde dadurch schließlich noch zum Hofrat befördert. Leyser gelang es anhand seines Lehrprogramms, seine Studenten in nur 18 Monaten auf ihre Prüfungen vorzubereiten. In dieser Zeit unterrichtete er in 18 Wochenstunden, sowie drei Stunden praktische Übungen, unter Nutzung ihm geeigneter Lehrbücher alle Bereiche des Rechts.

Über seine familiären Verhältnisse ist bekannt, dass Leyser sich 1720 mit der Tochter seines Vetters Friedrich Wilhelm Leyser, einer Dorothea Elenore Leyser verehelichte. Aus dieser Verbindung stammten zwei Söhne, die beide, Wilhelm, als Erbherr zu Dommitzsch und königlich-polnischer und kurfürstlich-sächsischer Leutnant bei dem Gräfl. Stolbergischen Infanterie-Regiment am 8. Juni 1750 auf dem Rittergut Nudersdorf und Augustin, 1743 als Student, noch vor ihrem Vater verstarben.

Er wurde am 9. Mai 1752 bei Schloss Nudersdorf begraben, welches er 1738 erworben hatte. Wegen des frühen Todes seiner Söhne wurde sein Schloss an den braunschweig-lüneburgischen Oberappellationsrat Friedrich Wilhelm von Leyser († 1766), ein Sohn von Polykarp Leyser III. und Bruder von Polykarp Leyser IV., vererbt.

Den literarischen Niederschlag der Tätigkeit als Rechtslehrer, Richter und Gutachter bildete eine 1713 begonnene und erst 1748 beendete Sammlung von mehr als 700 kleineren Arbeiten, die Leyser nach und nach planmäßig in der Legalordnung der Digesten unter dem Titel Meditationes ad Pandectas in elf Bänden publiziert hat. Dabei handelt es sich um von Leyser selbst ausgearbeitete und von seinen Schülern verteidigte Dissertationen und Disputationen, in denen insgesamt Tausende von Sentenzen und Urteilen der Gerichte und Spruchfakultäten, deren Mitglied Leyser war, auszugsweise wiedergegeben und erläutert werden.

Leyser hatte die Entwicklung des Privat- und Strafrechts erheblich beeinflusst. Obwohl seine Werke heute von untergeordneter Bedeutung sind, flossen etliche Rechtsanschauungen Leysers zu Anfang des 18. Jahrhunderts in heutige Rechtsanschauungen ein. Erfasst war er vom Vernunftrecht Wolffs und las nach Pufendorf.[1] Bedeutsam für die zukünftige Entwicklung des Rechts war Leysers Lehrmeinung zum tradierten Rechtsinstitut der clausula rebus sic stantibus. Seine Arbeiten zum Fragenkreis der Geschäftsgrundlage und deren Wegfallmöglichkeiten mündeten letztlich – mit der Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts im Jahr 2002 – in der positivrechtlichen Regelung des § 313 BGB.

Sein Ansehen war groß genug, dass er sein Adelsdiplom 1739 erneuern und kurz vor seinem Tode 1751 noch erweitern ließ. Leyser starb am 4. Mai 1752. Mit ihm endet die Blütezeit der Spruchtätigkeit der juristischen Fakultät Leucorea, damals führend in Deutschland in Sachen Gutachtertätigkeit.

Zur Zeit Leysers, in der das Alte Reiche sich dem Ende zuneigte, diskutierten die Juristen nicht mehr nur über die Integration des römischen Rechts in bestehendes örtliches Recht, soweit es dieses nicht ohnehin überlagerte (klassisches Zeitalter des usus modernus pandectarum). Es trat ein frei entworfenes Naturrechtssystem hinzu.[2]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Franz Wieacker: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit. Unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung (= Jurisprudenz in Einzeldarstellungen. Bd. 7, ZDB-ID 501118-8). 2., neubearbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1967. S. 221 f.
  2. Uwe Wesel: Geschichte des Rechts. Von den Frühformen bis zur Gegenwart. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Beck, München 2006, ISBN 3-406-47543-4. Rn. 247.
Commons: Augustin Leyser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien