Ausgerechnet Bananen!

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Ausgerechnet Bananen! ist der deutsche Titel des US-amerikanischen Foxtrottschlagers Yes! We Have No Bananas mit der Melodie von Irving Cohn und dem Text von Fritz Löhner-Beda. Diese deutsche Ausgabe des Foxtrotts erschien zunächst als „Bananen-Shimmy“ beim Wiener Bohème-Verlag Berlin-Wien (Pub. No.: W.B.V. 543);[1][2]

Übertragung ins Deutsche und erste deutsche Fassung

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Der österreichische Librettist und Schlagerdichter Beda verfasste 1923 einen deutschsprachigen Text zur Originalmelodie.[3] Sein Kehrreim lautet:

„Ausgerechnet Bananen,
Bananen verlangt sie von mir!
Nicht Erbsen, nicht Bohnen,
auch keine Melonen,
das ist ein’ Schikan’ von ihr!
Ich hab Salat, Pflaumen und Spargel,
auch Olmützer Quargel,
doch ausgerechnet Bananen,
Bananen verlangt sie von mir!“

Löhner-Beda gibt dem Text eine andere Wendung als im Original, wo ein Bananenmangel beklagt wird. Nicht Mangel diktiert die Aussage, sondern die Laune einer Frau: Sie will aus der Auswahl von Speisen, die ihr Verehrer aufzählt, „ausgerechnet Bananen“ haben. Nicht einmal mit einer Spezialität aus Bedas tschechischer Heimat, dem als Olmützer Quargel bekannten Sauermilchkäse, vermag er sie zu gewinnen. „Das ist ein’ Schikan’ von ihr!“

Die ersten deutschen Aufnahmen spielten im September 1922 Dajos Béla (als “Kapelle Sándor Józsi”, Odeon A 44 268, Matr. xBe 3857) und das Bohème-Orchester unter Leitung von Johannes Lasowski (Beka B.3294, Matr. 32 186) ein.

Kommerzieller Erfolg in Deutschland

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Auch in finanzieller Hinsicht erwies sich Löhner-Bedas Text als Treffer: „Einen kommerziellen Höhepunkt stellte zweifelsohne „Ausgerechnet Bananen“ dar, ein Schlager, der schon in den USA für Furore gesorgt hatte und dank Löhner-Bedas freier, durchaus schlüpfriger[4] Adaptierung Millionen einspielte.“[5]

Erschrocken über den Erfolg seines Schlagertextes rückte Löhner-Beda 1924 in der Wiener Sonn- und Montagszeitung, in der er von 1914 bis 1928 jede Woche ein satirisches Gedicht auf aktuelle Ereignisse veröffentlichte, ein solches auf die Wirkung von Ausgerechnet Bananen! ein, in dem es heißt: „Was hab ich da angestiftet / Schaudernd steh ich vor der Schlucht / Oh ich hab mich selbst vergiftet / An der eigenen Geistesfrucht! / Konnt’ ich wissen, konnt’ ich ahnen / Dass die Welt ins Irre hopst / Ausgerechnet durch Bananen / Dieses harmlos-dumme Obst?“[6]

Die Popularität der Melodie in Deutschland war so groß, dass sie auch von Volksmusikanten aufgegriffen wurde. Sie „modernisierten“ häufig traditionelle Stücke, indem sie als Trioteil eine zeitgenössische Schlagermelodie adaptierten. Bei den Bauernkapellen wurde so aus Ausgerechnet Bananen! dann der „Bananen-Schimmy“-Rheinländer[!][7]

1923 nahmen so gut wie alle namhaften Tanzkapellen in Deutschland das Stück auf Grammophonplatte auf; eine frühe Fassung für Blasorchester lieferte Carl Woitschach. Gesangsvorträge sind erhalten von dem Tenor Walter Herrling und der Berliner Diseuse Claire Waldoff, die es im Mai 1924 bei der Deutschen Grammophon aufnahm. Es kam auch als Notenrolle für mechanische Musikinstrumente (elektrische Klaviere und Orchestrions) in den Handel.

In Billy Wilders Filmkomödie Eins, Zwei, Drei (1961) singt Friedrich Hollaender als Bandleader einer Tanzkapelle dieses Lied, sowohl in der synchronisierten Version als auch im englischen Originalton in der deutschen Textfassung.[8][9]

In den folgenden Jahren wurde Ausgerechnet Bananen! vorwiegend im Zusammenhang mit nostalgisch verklärenden „Goldene Zwanziger“-Veranstaltungen zitiert. 1968 sang es Chris „Mr. Pumpernickel“ Howland auf einer LP mit dem Titel Die tollen Zwanziger Jahre im „Bonnie and Clyde“-Sound zur Begleitung einer Dixielandkapelle.[10] Das Orchester Béla Sanders spielte es auf der LP Charleston & Quickstep bei Philips ein.[11]

Rose nahm den Titel mit Begleitung des Orchesters Wilfried Krüger noch 1977 auf.[12] Weiterhin entstanden Versionen von André Heller (1979) und Gottlieb Wendehals (1982).

Etablierung als Redewendung

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Die Refrainzeile ist mittlerweile als Redewendung fast sprichwörtlicher Qualität in den Alltagswortschatz eingegangen: Band 12 des Duden, der „Zitate und Aussprüche: Herkunft und aktueller Gebrauch“ verzeichnet, führt sie auf S. 67 als „Ausruf des Unmuts, der Enttäuschung über ein unerwünschtes Ereignis“.

Die Zeichentrickserie „Ottos Ottifanten“ geht in ihrer zweiten Episode gleich zwei Mal auf diesen Titel ein: Erstens heißt ebendiese Episode „Ausgerechnet Bananen“ und zweitens singen die Freunde des Großvaters der Familie Bommel den Refrain dieses Liedes, allerdings mit Äpfeln anstelle von Erbsen.

Eine CD, auf der namhafte Schauspieler Schlagertexte ohne Musik vortragen, gab Michael Skasa unter dem Titel Die Männer sind alle Verbrecher 2001 heraus. (Sie wird beim label “Hörkunst” vertrieben.) Zu Ausgerechnet Bananen! heißt es dort:„‚Gar nichts ist ihr recht / Weil sie heute nichts Banales / Nur Bananes möcht’ / Was sagt man: Ausgerechnet Bananen / Bananen verlangt sie von mir‘ (Fritz Löhner: ‚Ausgerechnet Bananen‘). Das hat mitunter etwas Ringelnatziges und Morgensterniges. […] Gewöhnlich gilt: Je kunstvoller das Musikalische, umso bescheuerter der Text.“[13]

Vorkommen in der Literatur

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Ausgerechnet Bananen! wird mehrfach in der neueren Erzählliteratur zitiert. So in dem Poproman des Autors citizen_b Keiner küsst wie daddy cool (2010, S. 54), in Hannah McKinnons von Eva Riekert übersetztem Roman Franny Parker (2012, unpag.), in Sibyl Volks’ Roman Torstrasse 1 (2014, unpag.), in Anngrit Arens’ Roman Süsse Zitronen (2015, unpag.), in Heidi Rehns Roman Tanz des Vergessens (2015, S. 29) und in Walter Kempowskis Roman Herzlich willkommen (2016, unpag.), dem Abschluss seiner sogenannten „Deutschen Chronik“. Aber auch der ehemalige Mosse-Journalist Georg Wronkow erwähnt es in seiner Autobiographie Kleiner Mann in großen Zeiten (2008, S. 113).

  1. Odeon A 44 268 (Matr. xBe 3857) Kapelle Sándor Józsi [d. i. Dajos Béla], ca. September 1923[14]
  2. Odeon AA 79 603 (Matr. xxBo 7918) Künstler-Kapelle Dajos Béla Geigen-Primás, aufgenommen am 7. September 1923
  3. Beka B.3294 (Matr. 32 186) Bohème-Orchester (Leitung Johannes Lasowski, aufgenommen am 5. September 1923), auch B.3290[15]
  4. Polyphon 31 173 / 2-27 839 (Matr. 849 ax) Tanz-Orchester “Goldfein” [d. i. Paul Godwin unter seinem Geburtsnamen], aufgenommen im Sept/Okt. 1923 (auch Schallplatte „Grammophon“ 14 717 / B 40 504)[16]
  5. Schallplatte „Grammophon“ 19 134 / B 60 276 (Matr. 244 az) Tanz-Orchester Schachmeister
  6. Schallplatte „Grammophon“ 14 840 (Matr. 1314 ax) Claire Waldoff, aufgenommen im Mai 1924
  7. Parlophon P.1568-I (Matr. Z 6553) Marek Weber, aufgenommen am 9. November 1923 (mit Xylophon-Solo)[17]
  8. Vox 01524 (Matr. 1564 A) Bernard Etté, aufgenommen Anfang 1924[18]
  9. (unbekanntes Label) Willi Rose, 1924[19]
  10. Vox 1461 (Matr. 1941 B) Bernard Etté [25cm-Version]
  11. Homocord B. 8267 (Matr. M 51 217) [K2C] Künstler-Kapelle Jenö Fesca
  12. Homocord Nr. 347 (Matr. M 17 175) Künstler-Kapelle Arpád Városz
  13. Homocord B.385 (Matr. 17 265-1) [A9B] Walter Herrling, Tenor, mit Orchester
  14. Kalliope K 403 (Matr. 3299) Orchester mit Refraingesang
  15. Star Record no. 2009 (Matr. 6069) „Star“-Streich-Orchester mit Refraingesang
  • Nico Albrecht: Südfrucht als Surrogat. Zu Ausgerechnet Bananen von Fritz Löhner-Beda. Bei worldpress.com, 27. Mai 2013
  • Annegrit Arens: Süße Zitronen. Roman. Verlag dotbooks, 2015, ISBN 978-3-95824-413-9.
  • Robert L. Baber: The Language of Mathematics. Utilizing Math in Practice. Verlag John Wiley & Sons, Hoboken N. J. 2011, ISBN 978-1-118-06176-3.
  • Eric Byron: English Acquisition by Immigrants (1880–1940): The Confrontation as Reflected in Early Sound Recordings. In: The Columbia Journal Of American Studies. 2009. (columbia.edu)
  • citizen_b: Keiner küsst wie daddy cool. Himmelstürmer Verlag, 2010, ISBN 978-3-942441-97-1.
  • Bill DeMain: Music History #3: „Yes! We Have No Bananas. (mentalfloss.com), 21. Juli 2012
  • Barbara Denscher, Helmut Peschina: Kein Land des Lächelns. Fritz Löhner-Beda 1883–1942. Residenz-Verlag, Salzburg/Wien/Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-7017-1302-2.
  • Stefan Frey: Franz Lehár oder das schlechte Gewissen der leichten Musik. Verlag Walter de Gruyter, 1995, ISBN 3-11-093514-7, S. 140.
  • Armin Griebel: „Wie die Alten?“ Volksmusikalischer Umgang mit Neuem. (volksmusik-forschung.de)
  • Anette Huber-Kemmesies: Buchenwaldlied. In: weimar-lese.de o. J.
  • Rena Jacob: Fritz Löhner-Beda. Dein ist mein ganzes Herz. Bei: wider-des-vergessens.org
  • Wolfgang Jansen: Glanzrevuen der zwanziger Jahre. (= Stätten der Geschichte Berlins. Band 25). Edition Hentrich, 1987, ISBN 3-926175-34-6, S. 182.
  • Ann Marie Johnson: Yes! We Have No Bananas! Bei: Morrison County Historical Society
  • Walter Kempowski: Herzlich willkommen. Roman. Albrecht Knaus Verlag, 2016.
  • Hannah McKinnon: Franny Parker. Übersetzt von Eva Riekert. Deutscher Taschenbuch Verlag, 2012, ISBN 978-3-423-41218-6.
  • Michael Pilz: Ist’s Poesie? Ist’s Schund? Otto Sander, Rolf Boysen, Axel Milberg und Co. lesen 1a Schlager. Hörbuch. In: Die Welt digital, 1. Dezember 2001.
  • Heidi Rehn: Tanz des Vergessens. Roman. Knaur eBook, 2015, ISBN 978-3-426-42522-0.
  • Stephan Rixner: Vom Hiatamadl zum Bananen-Shimmy. Die Entwicklung der Tanzmusik im Landkreis Eichstätt seit der Jahrhundertwende. In: ES Nr. 128 Samstag/Sonntag 4./5. Juni 2011, S. 24. (PDF)
  • Werner Scholze-Stubenrecht, Anja Steinhauer: Zitate und Aussprüche: Herkunft und aktueller Gebrauch (= Duden – Deutsche Sprache. Band 12). Bibliographisches Institut, 2011, ISBN 978-3-411-90512-6, S. 67: “Ausruf des Unmuts, der Enttäuschung über ein unerwünschtes Ereignis”
  • Sabine Schutte (Hrsg.): Ich will aber gerade vom Leben singen – über populäre Musik vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Ende der Weimarer Republik (= Geschichte der Musik in Deutschland. Band 1; rororo. Band 7793). Verlag Rowohlt, 1987, ISBN 3-499-17793-5, S. 325.
  • Günther Schwarberg: Dein ist mein ganzes Herz. Die Geschichte von Fritz Löhner-Beda, der die schönsten Lieder der Welt schrieb und warum Hitler ihn ermorden ließ. Verlag Steidl, Göttingen 2000, ISBN 3-88243-715-4.
  • Monika Sperr (Hrsg.): Das Grosse Schlager-Buch. Deutsche Schlager 1800–heute. Verlag Rogner & Bernhard, 1978, S. 94, 116, 350.
  • Peter Stuiber: Rezension zu: Barbara Denscher, Helmut Peschina: Kein Land des Lächelns. Fritz Löhner-Beda 1883–1942. Salzburg/Wien/Frankfurt am Main 2002. (Originalbeitrag, 9. Dezember 2002 bei literaturhaus.at)
  • Sybil Volks: Torstraße 1. Roman (= dtv. Band 41595). Deutscher Taschenbuch Verlag, 2014, ISBN 978-3-423-41595-8.
  • Christoph Wagner-Trenkwitz (Hrsg.): Wie man sich trefft im Ampezzotal. Texte von Fritz Löhner-Beda. Verlag Molden, Wien 2005, ISBN 3-85485-135-9.
  • Kerstin Wilke: Die deutsche Banane. Wirtschafts- und Kulturgeschichte der Banane im Deutschen Reich 1900–1933. Dissertation. Hannover 2004. PDF online
  • George Wronkow: Kleiner Mann in großen Zeiten: Reportagen eines Lebens (= Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung. Band 63). Verlag Walter de Gruyter, 2008, ISBN 978-3-11-097199-6.
  • Claudia Maurer Zenck (Hrsg.): Ernst Křenek – Briefwechsel mit der Universal Edition (1921–1941). Böhlau Verlag, Köln/Weimar 2010, ISBN 978-3-412-20570-6, S. 97 Anm. 4 (betr. Verbot der Aufführung des “Bananen”-Foxtrots, sogar ohne Text, durch eine ungarische Sittenkommission 1924)
  • Christian Zwarg (Hrsg.): Diskographie PARLOPHON Matrix Numbers – 30173 to 34999: German. (PDF)

Einzelnachweise

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  1. Notentitel abgeb. bei imagesmusicales.be
  2. Er wurde in Lizenz auch in den Band Nr. 6 der Sammlung Zu Tee und Tanz aufgenommen, die der Drei Masken Verlag (München/Berlin) und der Verlag Anton J. Benjamin (Leipzig) gemeinsam veranstalteten (D.M.V. 3270/24, S. 62). Vgl. Camillo Morena (Hrsg.): Zu Tee und Tanz. Band 6: 25 moderne Tänze. Drei Masken Verlag, Berlin/München/Wien 1923. (Notentitelblatt, illustriert von Wolfgang Ortmann (1885–1967), abgebildet bei albis-international.de (JPG))
  3. Der vollständige englische und deutsche Text ist wiedergegeben bei ingeb.org
  4. Der phallische Symbolgehalt der Banane führte z. B. in Ungarn 1924 zu einem Verbot der Aufführung des Schlagers auch ohne Text durch eine Sittenkommission; vgl. Brief von Ernst Křenek bei Maurer-Zenck S. 97 Anm. 4. Auf die Banane als erotisierendes „Kostüm“ der Tänzerin Josephine Baker, dessentwegen sie Auftrittsverbote in Wien, Prag, Budapest und München erhielt, macht Wilke (Diss. 2004, S. 41) aufmerksam: „Furore machte auch der erstmals 1926 in Paris von Josephine Baker in ihrer Show verwendete Bananengürtel.“
  5. vgl. Peter Stuiber, Originalbeitrag 9. Dezember 2002 bei Literaturhaus.at
  6. vgl. Walter Erpf auf youtube.com und Christoph Wagner-Trenkwitz 2005.
  7. Adaptiert z. B. durch den Eichstätter Schuster und Musikanten Josef Regler, vgl. Stephan Rixner in ES Nr. 128, 2011 und Notenbeispiel, abgeb. bei donaukurier.de (Memento vom 1. Mai 2016 im Internet Archive), dazu Armin Griebel bei volksmusik-forschung.de: „Welche Beweggründe es waren, diesen Rheinländer mit einem Shimmy- oder Foxtrott aufzufrischen, wissen wir nicht. Möglicherweise wollte man unterschiedliches Publikum ansprechen.“
  8. Eins, zwei, drei in der IMDb
  9. Robert Kouril: Ausgerechnet Bananen – Film „One two three“. 24. Mai 2014, abgerufen am 17. Mai 2017.
  10. anzuhören auf YouTube
  11. anzuhören auf YouTube
  12. vgl. hitparade.ch, anzuhören auf YouTube
  13. vgl. Michael Pilz’ Rezension in Die Welt digital 1. Dezember 2001.
  14. anzuhören auf YouTube
  15. vgl. Zwarg, PARLOPHON Matrix Numbers — 30173 to 34999: German, S. 260.
  16. anzuhören auf YouTube
  17. anzuhören auf YouTube
  18. anzuhören auf YouTube
  19. Willi Rose - Ausgerechnet Bananen. 26. November 2020, abgerufen am 18. März 2022.