Banleuca

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Banleuca oder Baleuca ist ein mittelalterlicher Rechtsbegriff. Im französischen oder kanadischen Recht wurde der Begriff mit Banlieu oder Banlieue wiedergegeben.

Banleuca beschreibt ein Gebiet eines Landes um eine Stadt, eine Abtei oder ein Dorf, das vom übrigen Gebiet abgetrennt ist und durch eigene Rechte geschützt ist.[1] In dem Gebiet der Banleuca, einer Art Bannmeile, lagen die Zwangs- und Strafrechte bei der Stadt, Dorf oder Abtei, der oder dem sie gewährt worden ist. Die Banleuca umfasste das Gebiet, soweit der Gerichtsbann der Stadt reichte.[2] Im Königreich England umfasste die Banleuca zum Teil das gleiche Gebiet wie das dazugehörige Liberty, das war jedoch nicht immer der Fall.[3]

In einem amerikanischen Rechtswörterbuch aus dem Jahr 1916 wird der Begriff allgemein als das Gebiet außerhalb der Mauern, das allerdings noch innerhalb der Gerichtsbarkeit der Stadt liegt, definiert.[4]

Banleuca selbst ist ein mittellateinischer Begriff. Der Ausdruck ist abgeleitet vom Wort Leuca (Leuge), einem antiken Entfernungsmaß („gallische Meile“),[5] das in Frankreich seit Karl dem Kahlen unter der Bezeichnung Liga bekannt blieb.[6] Sie war mit 1500 Schritten etwas kleiner als die spätere englische Meile.[3] Der andere Wortteil stammt vom germanischen Wort ban, was so viel bedeutet, wie Proklamation oder Edikt eines Oberherrn. Im Deutschen bildete sich mit Bannmeile ein Wort mit ähnlicher Bedeutung. Im Mittelenglischen bildete sich die Bezeichnung bane cruces.[5]

Weitere Nebenformen sind bannileuga,[7] banlauca, banleuga,[8] banlieva, banlia, banleugium, bannileuca.[9] Die gleiche Bedeutung sollen die Begriffe Baugium, baugum und Bauguum haben.[2]

Ein prominentes Beispiel für eine Banleuca ist die der Abtei St Edmund. Der Abtei ist 945 durch die Krone ein Gebiet zur eigenen Jurisdiktion überlassen worden.[10] Der Archidiakon von St Edmund übte innerhalb des Gebietes weltliche und kirchliche Macht aus.[3] In dem Gebiet der Banleuca konnte kein Pastor (minister) des Königs Autorität ausüben, der Abt konnte sie auch aus dem Gebiet verweisen, aus der Liberty, also der Verwaltungseinheit, jedoch nicht. Innerhalb der Banleuca bestimmte der Abt die Richter und nicht der König. Dies führt auch dazu, dass Geldstrafen (amercement) an den Abt gingen und nicht an den englischen König.[11] Man darf diese Gerichtsbarkeit allerdings nicht als eine Unterscheidung zwischen weltlicher und kirchlicher Gerichtsbarkeit verstehen. Die Banleuca schützte die Abtei auch vor der Gerichtsbarkeit des Bischofs,[12] nicht jedoch des Papstes.[13] Die Banleuca existierte bis zur Auflösung der Klöster durch Heinrich den Achten 1536–41.[14] Das Gebiet wurde dann Bury St Edmunds[15] und erst danach wurde es ihm so möglich Abgeordnete ins Parlament zu senden.[14] Die Erklärung von 945 war jedoch weiterhin bis 1934 Definition der Stadtgrenzen.[16]

Andere Kirchen in England mit dem Status einer Banleuca gab es unter anderem im Bistum York.[17]

Neben dem Königreich England wurde der Begriff Banleuca auch in den deutschen Landen benutzt. Hier wurde Banleuca als Synonym einer Bannmeile genutzt.[18] Auch im Königreich Frankreich wurde in offiziellen lateinischen Edikten von einer Banleuca gesprochen, so beim Verkauf der königlichen Prévóté an die Stadt Amiens.[19] Eine Banleuca war in Frankreich auch der Abtei von Cluny gewährt worden, was nach Einschätzung dazu geführt hat, dass die Äbte sich getraut haben, ihren Einfluss auch über ihr direkt kontrolliertes Gebiet hinaus auszuüben.[20]

  • M.D. Lobel, The Ecclesiastical Banleuca in England in Oxford Essays in Medieval History presented to H. E. Salter, Oxford, 1934, S. 122–140.

Einzelnachweise

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  1. Stewart Rapalje, Robert L. Lawrence: A Dictionary of American and English Law: With Definitions of the Technical Terms of the Canon and Civil Laws : Also, Containing a Full Collection of Latin Maxims, and Citations of Upwards of Forty Thousand Reported Cases in which Words and Phrases Have Been Judicially Defined Or Construed. The Lawbook Exchange, Ltd., 1997, ISBN 978-1-886363-33-5, S. 113.
  2. a b Glossarium diplomaticum zur Erläuterung schwieriger lateinischer, hoch- und besonders niederdeutscher Wörter und Formeln, welche sich in öffentlichen und Privaturkunden des gesammten deutschen Mittelalters finden. 1856, S. 257–258 266,299 (google.com [abgerufen am 23. Juli 2023]).
  3. a b c Christopher Robert Cheney: Church and Government in the Middle Ages: Essays Presented to C. R. Cheney on His 70th Birthday and Edited by C. N. L. Brooke, D. E. Luscombe, G. H. Martin and Dorothy Owen. Cambridge University Press, 1976, ISBN 978-0-521-21172-7, S. 179, 187 (google.com [abgerufen am 23. Juli 2023]).
  4. James Arthur Ballentine: A Law Dictionary of Words, Terms, Abbreviations, and Phrases which are Peculiar to the Law and of Those which Have a Peculiar Meaning in the Law, Containing Latin Phrases and Maxims, with Their Translations and a Table of the Names of the Reports and Their Abbreviations. The Lawbook Exchange, Ltd., 2005, ISBN 978-1-58477-490-7, S. 35.
  5. a b banlieue | Etymologie, Herkunft und Bedeutung von banlieue von etymonline. In: Online Etymonology Dictionary. Abgerufen am 23. Juli 2023.
  6. Auguste Brachet: An Etymological Dictionary of the French Language. Clarendon Press, 1882, S. 49.
  7. Bayerische Akademie der Wissenschaften: Wörterbuchnetz. In: Mittellateinisches Wörterbuch. Abgerufen am 23. Juli 2023.
  8. Alexander Mansfield Burrill: A New Law Dictionary and Glossary: Containing Full Definitions of the Principal Terms of the Common and Civil Law, Together with Translations and Explanations of the Various Technical Phrases in Different Languages, Occuring in the Ancient and Modern Reports, and Standard Treatises : Embracing Also All the Principal Common and Civil Law Maxims : Compiled on the Basis of Spelman’s Glossary, and Adapted to the Jurisprudence of the United States, with Copious Illustrations, Critical and Historical. J.S. Voorhies, 1850, S. 131.
  9. Union académique internationale (Hrsg.): Bulletin Du Cange. Band 64–65. E. Champion, 2006, S. 99 (google.de [abgerufen am 23. Juli 2023]).
  10. St Edmundsbury Local History – Banleuca Charter Perambulation. Abgerufen am 23. Juli 2023.
  11. Peter R. Coss, Simon D. Lloyd: Thirteenth Century England III: Proceedings of the Newcastle Upon Tyne Conference 1989. Boydell & Brewer Ltd, 1991, ISBN 978-0-85115-548-7, S. 92, 95, 98 (google.com [abgerufen am 23. Juli 2023]).
  12. Tom Licence: Bury St Edmunds and the Norman Conquest. Boydell & Brewer Ltd, 2014, ISBN 978-1-84383-931-6, S. 41.
  13. William (of Hoo): The letter-book of William of Hoo: sacrist of Bury St Edmunds, 1280-1294. Suffolk Records Society, 1963, S. 7.
  14. a b Martyn Taylor: Lost Bury St Edmunds. Amberley Publishing Limited, 2019, ISBN 978-1-4456-8616-5 (google.com [abgerufen am 23. Juli 2023]).
  15. Bury St Edmunds: Historical theme for relaunch of restaurant as The Banleuca. In: www.eadt.co.uk. East Anglican Daily Times, 4. April 2012, abgerufen am 23. Juli 2023 (englisch).
  16. Francis Young: Edmund: In Search of England’s Lost King. Bloomsbury Publishing, 2018, ISBN 978-1-78673-361-0, S. 81.
  17. Susan Woolfson Calkin: Alexander Neville, Archbishop of York (1373–1388): A Study of His Career with Emphasis on the Crisis at Beverly in 1381. University of California, 1976, S. 57.
  18. Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen: 1760, 1. Dieterich, 1760, S. 282 (google.com [abgerufen am 23. Juli 2023]).
  19. Leopold August Warnkönig: Französische Staatsgeschichte. Schweighauser’sche Buchhandlung, 1846, S. 53–55 (google.com [abgerufen am 23. Juli 2023]).
  20. Mary Stroll: The Jewish Pope: Ideology and Politics in the Papal Schism of 1130. BRILL, 1987, ISBN 978-90-04-24657-7, S. 47.