Bedaquilin

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Strukturformel
Strukturformel von Bedaquilin
Allgemeines
Freiname Bedaquilin
Andere Namen
  • (1R,2S)-1-(6-Brom-2-methoxychinolin-3-yl)-4-dimethylamino-2-(naphthalin-1-yl)-1-phenylbutan-2-ol
  • R207910
  • TMC-207
Summenformel C32H31BrN2O2
Kurzbeschreibung

weißer bis gelber Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 843663-66-1
PubChem 5388906
ChemSpider 4534966
DrugBank DB08903
Wikidata Q1257318
Arzneistoffangaben
ATC-Code

J04AK05

Wirkstoffklasse

Tuberkulostatika

Eigenschaften
Molare Masse 555,51 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Schmelzpunkt

175–178 °C[1]

Löslichkeit

wenig löslich in DMSO, DMF, Ethylacetat und Methanol[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Bedaquilin ist ein Arzneistoff zur Behandlung der Tuberkulose (Tuberkulostatikum). Er wird insbesondere in Kombinationstherapien gegen multiresistente Tuberkulosebakterien eingesetzt.[3]

Chemisch handelt es sich um eine Verbindung aus der Gruppe der Diarylchinoline.

Bedaquilin wurde Ende 2012 in den USA und 2014 in der EU zugelassen und war damit das erste neue Tuberkulostatikum seit Jahrzehnten.[3][4] In Deutschland war zuletzt Rifabutin im Jahr 1994 dazugekommen.[5]

Bedaquilin ist aus einem Screening-Programm mit mehr als 70.000 Verbindungen hervorgegangen. 2015 erhielten die Forscher Koen Andries und Jérôme Guillemont dafür den Europäischen Erfinderpreis.[6]

Bedaquilin besitzt zwei stereogene Zentren. Untersuchungen der minimalen Hemmkonzentrationen (MHK) der verschiedenen Isomere ergab, dass das (1R,2S)-Stereoisomer (= Bedaquilin) das wirksamste war (seine MHK gegenüber Mycobacterium tuberculosis lag je nach Stamm zwischen 0,03 und 0,12 µg/ml;[7] die MHK90 betrug 0,06 µg/ml. Im Vergleich dazu betrug die MHK90 für das (1S,2R)-Isomer 8,8 µg/ml, die des Gemischs aus beiden 1,8 µg/ml und die des (1R,2R/1S,2S)-Diastereomerengemischs 44 µg/ml[8]). Dieser in-vitro-Befund deckt sich mit demjenigen aus rechnergestützten Bindungsmodellen.[9] Enantiomerenreines Bedaquilin wird durch kontrollierte Kristallisation unter Verwendung eines enantiomeren Organophosphats erhalten als Abschluss der mehrstufigen Synthese, bei der zunächst eine Mischung der Stereoisomeren entsteht.[10]

Arzneilich verwendet wird das Salz (1:1) der Fumarsäure, Bedaquilinfumarat.[11] Die Substanz ist ein weißes bis fast weißes, nicht hygroskopisches Pulver, das über einen weiten pH-Bereich praktisch unlöslich in wässrigen Medien, jedoch löslich in einer Reihe organischer Lösungsmittel ist.[10]

Bedaquilin ist als Stoff der Klasse II nach dem biopharmazeutischen Klassifizierungssystem (BCS) eingestuft.[10]

Anwendungsgebiet

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Bedaquilin wird bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten ab einem Alter von 5 Jahren als Teil einer Kombinationstherapie der multiresistenten pulmonalen Tuberkulose (multi-drug-resistant Mycobacterium tuberculosis, MDR-TB) angewendet. Voraussetzung ist, dass ein Behandlungsregime aufgrund von Resistenz oder Unverträglichkeit nicht in Frage kommt.[12][13]

Wirkungsmechanismus

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Bedaquilin hemmt die ATP-Synthase von Mykobakterien durch Bindung an die c-Untereinheit des Enzyms. Die ATP-Synthase ist ein wichtiges Enzym im zellulären Energiestoffwechsel der Mykobakterien. Ihre Hemmung führt zu bakteriziden Effekten sowohl in sich teilenden als auch in sich nicht teilenden Erregern.[10] Bedaquilin ist das einzig therapeutisch verwendete Antibiotikum mit diesem Wirkmechanismus.[3][4] Die minimalen Hemm-Konzentrationen (englisch: minimum inhibitory concentration, MIC) gegenüber M. tuberculosis betragen 0,03 μg/mL (für die MIC50) und 0,06 μg/mL (für die MIC90).[6]

Pharmakokinetik

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Die maximale Plasmakonzentration wird etwa 5 Stunden nach Einnahme erreicht. Über 99 % des Wirkstoffs werden an Plasmaproteine gebunden.[10] Hauptabbauweg ist die N-Demethylierung durch CYP3A4. Es wird davon ausgegangen, dass der entstehende Metabolit (M2) nicht wesentlich zur Wirksamkeit beiträgt.[10] Bedaquilin wird überwiegend über die Faeces ausgeschieden.[14]

Bedaquilin ist sowohl hepato- als auch kardiotoxisch, indem es eine Erhöhung der Leberenzyme (AST, ALT) und des Bilirubins bewirkt und am Herzen das QT-Intervall verlängert. Häufigste beobachtete Nebenwirkungen in den Studien waren Übelkeit, Arthralgien, Kopfschmerzen, Erbrechen und Schwindel.

Fertigarzneimittel

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Sirturo (Hersteller: Janssen Pharmaceutica)

Einzelnachweise

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  1. a b c d Eintrag zu (αS,βR)-Bedaquiline bei Toronto Research Chemicals, abgerufen am 19. Januar 2022 (PDF).
  2. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. a b c Ashish Kumar Kakkar, Neha Dahiya: Bedaquiline for the treatment of resistant tuberculosis: Promises and pitfalls. In: Tuberculosis. Band 94, Nr. 4, 2014, S. 357–362, doi:10.1016/j.tube.2014.04.001.
  4. a b Mageshwaran Lakshmanan, Alphienes Stanley Xavier: Bedaquiline – The first ATP synthase inhibitor against multi drug resistant tuberculosis. In: Journal of Young Pharmacists. Band 5, Nr. 4, 2013, S. 112–115, doi:10.1016/j.jyp.2013.12.002.
  5. Neue Medikamente gegen Tuberkulose, 20. November 2016.
  6. a b Eintrag zu Bedaquilin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. November 2016.
  7. K. Andries et al.: A Diarylquinoline Drug Active on the ATP Synthase of Mycobacterium tuberculosis. In: Science. Band 307 (2005), S. 223–227, doi:10.1126/science.1106753.
  8. Koul, A., Dendouga, N., Vergauwen, K. et al.: Diarylquinolines target subunit c of mycobacterial ATP synthase. In: Nature Chemical Biology. Band 3 (2007), S. 323–324, doi:10.1038/nchembio884.
  9. Marc R. de Jonge, Luc H.M. Koymans, Jérôme E.G. Guillemont, Anil Koul, Koen Andries: A computational model of the inhibition of Mycobacterium tuberculosis ATPase by a new drug candidate R207910. In: Proteins Structure Function and Bioinformatics. 1. Mai 2007, doi:10.1002/prot.21376.
  10. a b c d e f CHMP assessment report – Sirturo, vom 13. Dezember 2013.
  11. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Bedaquilinfumarat: CAS-Nr.: 845533-86-0, EG-Nr.: 805-637-5, ECHA-InfoCard: 100.232.531, PubChem: 24812732, ChemSpider: 28528191, Wikidata: Q27139886.
  12. D. Uhl: Mit Bedaquilin (Sirturo) gegen multiresistente Tuberkuloseerreger, Deutsche Apothekerzeitung, 3. Januar 2013.
  13. Sirturo: Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, Europäische Arzneimittelagentur, Stand 23. November 2021 (PDF, 319 kB).
  14. Ke Liu, Feng Li, Jie Lu, Shinlan Liu, Kenneth Dorko, Wen Xie, Xiaochao Ma: Bedaquiline Metabolism: Enzymes and Novel Metabolites. In: Drug Metabolism and Disposition. Band 42, Nr. 5, 1. Mai 2014, S. 863–866, doi:10.1124/dmd.113.056119.