Bedaquilin
Strukturformel | ||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||
Freiname | Bedaquilin | |||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C32H31BrN2O2 | |||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
weißer bis gelber Feststoff[1] | |||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||
Wirkstoffklasse |
Tuberkulostatika | |||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||
Molare Masse | 555,51 g·mol−1 | |||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest[1] | |||||||||||||||
Schmelzpunkt |
175–178 °C[1] | |||||||||||||||
Löslichkeit |
wenig löslich in DMSO, DMF, Ethylacetat und Methanol[1] | |||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Bedaquilin ist ein Arzneistoff zur Behandlung der Tuberkulose (Tuberkulostatikum). Er wird insbesondere in Kombinationstherapien gegen multiresistente Tuberkulosebakterien eingesetzt.[3]
Chemisch handelt es sich um eine Verbindung aus der Gruppe der Diarylchinoline.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bedaquilin wurde Ende 2012 in den USA und 2014 in der EU zugelassen und war damit das erste neue Tuberkulostatikum seit Jahrzehnten.[3][4] In Deutschland war zuletzt Rifabutin im Jahr 1994 dazugekommen.[5]
Bedaquilin ist aus einem Screening-Programm mit mehr als 70.000 Verbindungen hervorgegangen. 2015 erhielten die Forscher Koen Andries und Jérôme Guillemont dafür den Europäischen Erfinderpreis.[6]
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bedaquilin besitzt zwei stereogene Zentren. Untersuchungen der minimalen Hemmkonzentrationen (MHK) der verschiedenen Isomere ergab, dass das (1R,2S)-Stereoisomer (= Bedaquilin) das wirksamste war (seine MHK gegenüber Mycobacterium tuberculosis lag je nach Stamm zwischen 0,03 und 0,12 µg/ml;[7] die MHK90 betrug 0,06 µg/ml. Im Vergleich dazu betrug die MHK90 für das (1S,2R)-Isomer 8,8 µg/ml, die des Gemischs aus beiden 1,8 µg/ml und die des (1R,2R/1S,2S)-Diastereomerengemischs 44 µg/ml[8]). Dieser in-vitro-Befund deckt sich mit demjenigen aus rechnergestützten Bindungsmodellen.[9] Enantiomerenreines Bedaquilin wird durch kontrollierte Kristallisation unter Verwendung eines enantiomeren Organophosphats erhalten als Abschluss der mehrstufigen Synthese, bei der zunächst eine Mischung der Stereoisomeren entsteht.[10]
Arzneilich verwendet wird das Salz (1:1) der Fumarsäure, Bedaquilinfumarat.[11] Die Substanz ist ein weißes bis fast weißes, nicht hygroskopisches Pulver, das über einen weiten pH-Bereich praktisch unlöslich in wässrigen Medien, jedoch löslich in einer Reihe organischer Lösungsmittel ist.[10]
Bedaquilin ist als Stoff der Klasse II nach dem biopharmazeutischen Klassifizierungssystem (BCS) eingestuft.[10]
Anwendungsgebiet
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bedaquilin wird bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten ab einem Alter von 5 Jahren als Teil einer Kombinationstherapie der multiresistenten pulmonalen Tuberkulose (multi-drug-resistant Mycobacterium tuberculosis, MDR-TB) angewendet. Voraussetzung ist, dass ein Behandlungsregime aufgrund von Resistenz oder Unverträglichkeit nicht in Frage kommt.[12][13]
Wirkungsmechanismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bedaquilin hemmt die ATP-Synthase von Mykobakterien durch Bindung an die c-Untereinheit des Enzyms. Die ATP-Synthase ist ein wichtiges Enzym im zellulären Energiestoffwechsel der Mykobakterien. Ihre Hemmung führt zu bakteriziden Effekten sowohl in sich teilenden als auch in sich nicht teilenden Erregern.[10] Bedaquilin ist das einzig therapeutisch verwendete Antibiotikum mit diesem Wirkmechanismus.[3][4] Die minimalen Hemm-Konzentrationen (englisch: minimum inhibitory concentration, MIC) gegenüber M. tuberculosis betragen 0,03 μg/mL (für die MIC50) und 0,06 μg/mL (für die MIC90).[6]
Pharmakokinetik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die maximale Plasmakonzentration wird etwa 5 Stunden nach Einnahme erreicht. Über 99 % des Wirkstoffs werden an Plasmaproteine gebunden.[10] Hauptabbauweg ist die N-Demethylierung durch CYP3A4. Es wird davon ausgegangen, dass der entstehende Metabolit (M2) nicht wesentlich zur Wirksamkeit beiträgt.[10] Bedaquilin wird überwiegend über die Faeces ausgeschieden.[14]
Nebenwirkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bedaquilin ist sowohl hepato- als auch kardiotoxisch, indem es eine Erhöhung der Leberenzyme (AST, ALT) und des Bilirubins bewirkt und am Herzen das QT-Intervall verlängert. Häufigste beobachtete Nebenwirkungen in den Studien waren Übelkeit, Arthralgien, Kopfschmerzen, Erbrechen und Schwindel.
Fertigarzneimittel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sirturo (Hersteller: Janssen Pharmaceutica)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Eintrag zu (αS,βR)-Bedaquiline bei Toronto Research Chemicals, abgerufen am 19. Januar 2022 (PDF).
- ↑ Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
- ↑ a b c Ashish Kumar Kakkar, Neha Dahiya: Bedaquiline for the treatment of resistant tuberculosis: Promises and pitfalls. In: Tuberculosis. Band 94, Nr. 4, 2014, S. 357–362, doi:10.1016/j.tube.2014.04.001.
- ↑ a b Mageshwaran Lakshmanan, Alphienes Stanley Xavier: Bedaquiline – The first ATP synthase inhibitor against multi drug resistant tuberculosis. In: Journal of Young Pharmacists. Band 5, Nr. 4, 2013, S. 112–115, doi:10.1016/j.jyp.2013.12.002.
- ↑ Neue Medikamente gegen Tuberkulose, 20. November 2016.
- ↑ a b Eintrag zu Bedaquilin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. November 2016.
- ↑ K. Andries et al.: A Diarylquinoline Drug Active on the ATP Synthase of Mycobacterium tuberculosis. In: Science. Band 307 (2005), S. 223–227, doi:10.1126/science.1106753.
- ↑ Koul, A., Dendouga, N., Vergauwen, K. et al.: Diarylquinolines target subunit c of mycobacterial ATP synthase. In: Nature Chemical Biology. Band 3 (2007), S. 323–324, doi:10.1038/nchembio884.
- ↑ Marc R. de Jonge, Luc H.M. Koymans, Jérôme E.G. Guillemont, Anil Koul, Koen Andries: A computational model of the inhibition of Mycobacterium tuberculosis ATPase by a new drug candidate R207910. In: Proteins Structure Function and Bioinformatics. 1. Mai 2007, doi:10.1002/prot.21376.
- ↑ a b c d e f CHMP assessment report – Sirturo, vom 13. Dezember 2013.
- ↑ Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Bedaquilinfumarat: CAS-Nr.: 845533-86-0, EG-Nr.: 805-637-5, ECHA-InfoCard: 100.232.531, PubChem: 24812732, ChemSpider: 28528191, Wikidata: Q27139886.
- ↑ D. Uhl: Mit Bedaquilin (Sirturo) gegen multiresistente Tuberkuloseerreger, Deutsche Apothekerzeitung, 3. Januar 2013.
- ↑ Sirturo: Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, Europäische Arzneimittelagentur, Stand 23. November 2021 (PDF, 319 kB).
- ↑ Ke Liu, Feng Li, Jie Lu, Shinlan Liu, Kenneth Dorko, Wen Xie, Xiaochao Ma: Bedaquiline Metabolism: Enzymes and Novel Metabolites. In: Drug Metabolism and Disposition. Band 42, Nr. 5, 1. Mai 2014, S. 863–866, doi:10.1124/dmd.113.056119.