Benutzer:Aktenleser/Albrecht Daniel Thaer an Staatskanzler Hardenberg (5. Februar 1816)
Mit eigenhändigem Schreiben vom 4. Februar 1816 schlug Albrecht Daniel Thaer Staatskanzler Hardenberg vor, auf dem Gut Frankenfelde bei Möglin die erste staatliche Stammschäferei Preußens zu errichten.
Transkription
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Quelle: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) I. HA Rep. 74 K VI Nr. 3 Bd. 1, fol. 143 r - 146 v
fol. 143 r
„Ewr. Durchlaucht
haben in einem unter d. 8. Januar 1816 an
der Herren Staatsminister der Finanzen und des
Innern Excellenzien erlassenen Schreiben gnädigst
geruhet, mir die obere Leitung der in Franckreich
angekauften Merino Schaferey zu übertragen.
Dem zufolge haben des Herren Ministers des
Innern Excellenz mich beauftragt, Kentniß
davon zu nehmen und einen Plan über die
Einrichtung einer daraus zu bildenden Stamm-
Schafery zu entwerfen. Ich habe ihn, in so
fern dies ohne Bestimmung des Locals möglich“
fol. 143 v
„war, sogleich ausgearbeitet und vorgelegt.
Da ich das Vorwerck Bornstädt nach meiner Ansicht
zur Etablirung einer solchen Schaferey ganz untauglich
erklären mußte und mir auch das benachbarte Barnim
so wie die ganze Potsdamsche Insel; wegen ihres niedri-
gen Niveaus und feuchten Klimas, wenig dazu geeignet
schien; so habe ich einige andere Domainen Vorwercke
bey des Herren Finanz Ministers Excellenz in Vorschlag
gebracht und Dieselben haben sich dahin gegen mich
geäussert, daß das angemessenste ohne alle andre
Rücksicht zu wählen sey. Deshalb bin ich im Begriff
einige mir am tauglichsten scheinende Vorwerke
im Lebusischen Kreise in Verbindung mit dem H. Staats-
rath Wilckens und Geheimrath Konen zu be-
reisen.“
fol. 144 r
„Nun erfahre ich aber heute zufällig jedoch aus einer
mir zuverlässig scheinenden Quelle, die die Wolfschen
Erben zur Deckung ihrer wegen der Lagerhaus-Fabrik
an die Staats Kasse tragenden Verbindlichkeit bey
Ewr. Durchlaucht angetragen hätten, daß man ihr Gut
Franckenfelde annehmen möge. In dem Fall, daß
Höchstdieselben mit diesem Antrag übrigens reflecti-
ren wollten, könte in der Mittelmarck kein mehr
zweckmäßiges Local gefunden werden. Den Fran-
ckenfelde hat
1) eine hohe, durchaus gesunde Dreischweide, die von
keiner Nässe leidet aber auch wegen der ziemlich
lehmigen Beschaffenheit des Bodens in den 11 Haupt-
schlägen (a 130 Morgen) bei der Dürre nicht versagt.
Der weise Klee schlägt hier allenthalben, der rothe
auf einem großen Theile sehr gut an.“
fol. 144 v
„2) Da es in einer Koppelwirthschaft liegt, so findet die
vorhandene Schaferey sogleich im nächsten Frühjahre ihre
zureichende Weide, wogegen auf andern in Vorschlag ge-
kommenen Vorwercken die Dreischweide erst geschaffen
werden muß, ohne welche fur Schafe dieser Art in
der Mittelmarck kein Auskommen ist. In der Folge
kann die Dreischweide fur 1800 bis 2000 Schafe edler
Art zureichend seyn.
''3) Wenn, wie vorauszusetzen ist, das Bruchvorwerck Cavels-
werder dabey bleibt, so ist mit Beyhülfe des zu
''erbauenden Klees und Luzerne genügsames Heu für
eine beträchtliche Schaferey vorhanden. Solte so bey
einer ausserordentlich dürren Witterung die Heuernte
einmahl zurückschlagen, so ist in solchen Jahren um so
leichter gesundes Heu aus dem nahen Niederbruche
zu erhalten.
4) Das Stroh ist auf dieser Feldmarck keinem Befalle
unterworfen. Die Erbsen gerathen daselbst vorzüglich.“
fol. 145 r
„5) Der Hof und die Gebäude sind einer solchen Schäferey
gerade angemessen; mit weinigen Abänderungen können
die nöthigen mannigfaltigen Abtheilungen hergestellt
werden und doch so, daß man sie im Auge behält und
mit einem Blicke übersehen kann.
6) Das Gut liegt in einer für den Landbau würcklich
classischen Gegend, in welcher sich die feine Schafzüch-
terey besonders, mehr als auf irgend einem Fleck der
Monarchie, erhoben hat. Cunersdorf, Haselberg,
Reichnow, Trampe, Möglin haben reine Meri-
no Stämme; alle Güter umher haben schon lange
veredelt. Es herscht hier Kentniß und Weteyfer
und diese Gegend könte um so mehr der Focus
werden, auf welchem sich edle Raßen durch das
ganze Reich verbreiteten und wo jeder das, was
seinem Zweck angemessen ist, finden und auswählen
könte.“
fol. 145 v
„Endlich muß ich, auf die Gefahr egoistisch zu erschei-
nen, noch hinzufügen, daß es mit Möglin gränzt
und daß ich also die Leitung, welche besonders die Ein-
richtung des Ganzen in den ersten Jahren erfordern
wird, um so besser würde führen können. Da ich
aber jetzt auch nach meinem Tode darauf rechnen
darf, daß das Unterrichts Institut zu Moglin be-
stehen werde, so würde die Schäferey und Wirthschaft
zu Franckenfelde unter einer fortdauernden Kon-
trolle eines wahrscheinlich immer scharfsichtigen In-
stitut-Personals stehen; wodurch selbst die Admini-
strations Kosten beträchtlich vermindert werden
könten. Die Nachbarschaft des Instituts würde be-
würcken, daß das Experimentalische und Belehrende,
was sich eine solche Schäferey doch immer zum Zweck
''machen müste, durch viele Augenzeugen noch zu-“
fol. 146 r
„verlässiger würde und sich mehr verbreitete; indem
aus allen Gegenden des Ein- und Auslandes Landwirthe
nach Moglin kommen. Das sehr erweiterte
Institut Gebäude würde auch Fremden, die um der
Schäferey willen her kommen, in der Regel ein Unter-
kommen gewähren. Daß auf der andern Seite auch
das Institut durch die Nachbarschaft dieser inter-
ressanten Schäferey gewinnen würde, hat keinem
Zweifel und ich schmeichle mit, daß diese Rücksicht
bey Ewr. Durchlaucht von einigem Gewichte seyn
könne, indem Sr. Majestät selbst diesem In-
stitute Ihre Protection wiederhohlt allergngä-
digst zugesichert und erwiesen haben.
ich habe geglaubt mich in dieser Angelegen-
heit an Ewr. Durchlaucht unmittelbar wenden“
fol. 146 v
„zu müssen und werde diesen Vorschlag keinem
andern mittheilen bis ich etwa Höchstdero Be-
fehle darüber erhalten hätte, welche mir
Höchstdieselben vielleicht mündlich in einigen Minuten
zu ertheilen geruhen könten.
Berlin d. 4. Februar 1816
Thaer“