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Aufspaltungen der Natrium-D-Linien unter Einfluss eines Magnetfeldes

Der Zeeman-Effekt [ˈzeːmɑn-] ist in der Atomphysik die Aufspaltung von Spektrallinien durch ein Magnetfeld. Die Aufspaltung entsteht dadurch, dass die Energien einzelner Zustände sich unter dem Einfluss eines äußeren Magnetfelds unterschiedlich verschieben. Erstmals wurde der Effekt 1896 von Pieter Zeeman nachgewiesen.[1] Drei Jahre später gelang Hendrik Antoon Lorentz eine Erklärung unter der Annahme, dass das von Atomen ausgesandte Licht durch bewegte Elektronen erzeugt wird. 1902 erhielten beide dafür den Nobelpreis für Physik.[2]

Die Energieverschiebungen entstehen durch die Wirkung des Magnetfeldes auf das magnetische Moment der Atomhülle, das von den Bahndrehimpulsen und Spins der Elektronen erzeugt wird. Den Effekt gibt es auch für den Kernspin, hier mit etwa 1000-fach geringeren Aufspaltungen wegen des um ungefähr einen Faktor 1000 kleineren magnetischen Moments der Kernspins.

Die Energieverschiebung aufgrund eines elektrischen Feldes bezeichnet man als Stark-Effekt.

Qualitative Erklärung

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Die Bindung von Elektronen an einen Atomkern erfolgt in erster Linie durch die Anziehung der negativ geladenen Elektronen durch die positiven elektrischen Ladung des Kerns. Elektronen können sich nur in bestimmten, quantisierten Zuständen um den Kern herum aufhalten. Beim Wasserstoffatom gilt dies für ein einzelnes Elektron, bei Mehrelektronenatomen immer nur für die Gesamtheit aller gebunden Elektronen (da die einzelnen Elektronen nicht unterscheidbar sind). Dabei lässt sich für jeden dieser möglichen Quantenzustände eine Bindungsenergie berechnen. Zwar können zwei an einen Atomkern gebundene Elektronen aufgrund des Pauli-Prinzip nicht denselben Quantenzustand haben, aber zwei verschiedene Quantenzustand können dieselbe Energie haben, was als Entartung bezeichnet wird.

Verteilen sich die Elektronen so auf die Quantenzustände innerhalb des Atoms, dass die Summe der Bindungsenergien maximal ist, spricht man vom Grundzustand. Verteilt man die Elektronen anders, handelt es sich um einen angeregten Zustand. Ein angeregter Zustand kann in der Regel in den energetisch günstigeren Grundzustand zerfallen (in einigen Fällen dauert dies sehr lange oder muss in mehreren Schritten indirekt über andere angeregte Zustände erfolgen). Wenn sich bei diesen Übergängen des Atoms von einem Zustand in einen anderen die Bindungsenergie ändert, kann dies aufgrund der Energieerhaltung nur geschehen, wenn das Atom dabei Energiedifferenz an die Umgebung abgibt. Eine Möglichkeit ist, dass die frei werdende Energie in Form eines Photons emittiert wird. Dabei entspricht die Energie des Photons der Energiedifferenz zwischen den beiden Zuständen des Atoms.

Da ein Atom nur bestimmte, diskrete Energiezustände einnehmen kann und in der Regel nur bestimmte angeregte Ausgangszustände für eine Beobachtung relevant sind, haben die von einem Atom emittierten Photonen auch nur ebendiese diskrete Energiedifferenzen . Aufgrund des Welle-Teilchen-Dualismus kann die Energie eines Photons auch als eine Wellenlänge interpretiert werden: mit dem Planckschen Wirkungsquantum und der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit . Zerlegt man das von einem Atom ausgesandte Licht mit Hilfe eines Spektrografen nach seiner Wellenlänge, so findet man die diskreten Übergangsenergien des Atoms als diskrete Spektrallinien wieder.

Der Zeeman-Effekt beruht auf dem Phänomen, dass sich die Energien bestimmter entarteter Energiezustände eines Atoms verschieben, wenn ein externes magnetisches Feld an das Atom angelegt wird. Da die Quantenzustände durch die unterschiedliche Verschiebung nun nicht mehr dieselbe Energie haben, spricht davon, dass „die Entartung des Energiezustands durch das Magnetfeld aufgehoben wird“. Dies äußert sich im Emissionsspektrum des Atoms als magnetfeldabhängige Aufspaltung einiger Spektrallinien in mehrere Linien ähnlicher Wellenlängen. Zudem kann der Zeeman-Effekt die Isotropie der Emissionen aufheben, also dazu führen, dass das Licht bestimmter Spektrallinien in räumlichen Bezug auf das Magnetfeld polarisiert sind und nur aus bestimmten Richtungen beobachtet werden können.

Der hier beschriebene Zeeman-Effekt kann allgemein im Rahmen der Quantenmechanik erklärt werden. Manche Spezialfälle können aber auch im semi-klassischen Bohrschen Atommodell beschrieben werden, was einen intuitiveren Zugang zum Verständnis des Effekts ermöglicht. Beide Erklärungen werden im Folgenden weiter ausgeführt.

Quantenmechanische Erklärung

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Aufspaltungen der Wasserstoffniveaus unter Einfluss eines Magnetfeldes

Für die quantenmechanische Beschreibung des Zeeman-Effekts sind der Drehimpuls und Spin von zentraler Bedeutung, da beide über ein magnetisches Dipolmoment mit Magnetfeldern wechselwirken. Im Kontext einer Atomhülle sind vor allem der Elektronenspin , der Bahndrehimpuls und der Gesamtdrehimpuls relevant. Der Einfluss des Kernspin sei an dieser Stelle vernachlässigt.

Da ein freies Elektron keinen Drehimpuls hat, hängt das magnetische Dipolmoment eines freien Elektrons nur von dessen Spin ab:

Wobei für das Bohrsche Magneton und für das reduzierte Plancksche Wirkungsquantum steht. Der gyromagnetischen Faktor des Elektrons ist . Der anomale -Faktor des Elektrons wird im Weiteren vernachlässigt. Ein freies Elektron in einem externen Magnetfeld hat damit eine potentielle Energie von:

Für die Betrachtung der Interaktion eines Atoms oder Ions mit Elektronen und der Kernladungszahl mit einem externen Magnetfeld erfolgt die Wechselwirkung nicht mehr mit dem Spin eines einzelnen Elektrons. Stattdessen kann die Energieverschiebung im Falle der --Kopplung durch zwei zusätzliche Terme in der Hamiltonfunktion berücksichtigt werden[Fußnote 1]. Dabei wird ohne Beschränkung der Allgemeinheit angenommen, dass das externe Magnetfeld entlang der -Achse ausgerichtet ist. Der erste wird als paramagnetischer oder linearer Term bezeichnet und beschreibt die direkte Wechselwirkung der Spin mit dem Magnetfeld:

Außerdem kommen wahlweise die Operatoren für den Bahndrehimpuls , den Spin oder deren Projektionen auf die -Achse beziehungsweise zum Einsatz.

Der zweite Term beschreibt die Energieverschiebung durch die Deformation der Atomorbitale aufgrund des Magnetfeldes. Die so genannte Polarisation wird auch als diamagnetischer oder quadratischer Term bezeichnet.

Mit der Elementarladung , der Elektronenmasse und dem Ortsoperator .

Für die Berechnung der Energieeigenwerte der Schrödingergleichung ist es hilfreich Annahmen zum Beitrag der Terme zur Gesamtenergie machen zu können. Kann man zum Beispiel für kleinere Magnetfeldstärken den dielektrischen Term vernachlässigen, spricht man vom linearen Zeeman-Effekt. Ist dieser Term hingegen dominant, handelt es sich um den quadratischen Zeeman-Effekt. Je nach Stärke des betrachteten Magnetfeldes werden für den linearen Zeeman-Effekt üblicherweise drei Fälle unterschieden[3]:

Anomaler Zeeman-Effekt (schwaches Magnetfeld)

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Für schwache Magnetfelder (etwa bis zu ) ist der paramagnetische Term schwächer als die Spin-Bahn-Kopplung und der diamagnetische Term wird vernachlässigt. Es handelt sich dabei also um einen Spezialfall des linearen Zeeman-Effekts. Trotz seines Namens ist der anomale Zeeman-Effekt unter den typischen Bedingungen eines Laborexperiments bei weitem der häufigste Fall. Die historischen Gründe für die irreführende Benennung sind im Abschnitt Geschichte näher erläutert.

In diesem Fall ist die Entartung in ist aufgehoben und zur eindeutigen Bezeichnung eines Energieniveaus wird zusätzlich die magnetische Quantenzahl des Gesamtdrehimpulses benötigt. Die Verschiebung des Energieniveaus erfolgt um:

Mit dem Landé-Faktor:

Dies führt zu einer äquidistanten Aufspaltung des Energieniveaus in verschiedene Energieniveaus. Bei halbzahligem erfolgt diese Aufspaltung also in eine gerade Zahl von Energieniveaus (Dublett, Quartett, Sextett und so weiter; siehe Multiplizität) und bei ganzzahligem in eine ungerade Zahl von Energieniveaus (Triplett, Quintett und so weiter).

Paschen-Back-Effekt (Übergangsbereich)

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Bei stärker werdendem Magnetfeld zeigen sich im anomalen Zeeman-Effekt Abweichungen von der Äquidistanz der Aufspaltung, und manche der Energieniveaus nähern sich so aneinander an, dass sich schließlich das Bild des normalen Zeeman-Effekts ergibt. Dies wird als Paschen-Back-Effekt bezeichnet. Dazu muss das äußere Magnetfeld so stark sein, dass die Niveauaufspaltung vergleichbar zur Aufspaltung durch die Feinstruktur wird.

Physikalisch bedeutet dies, dass der paramagnetische Term etwa gleich großen Einfluss wie der Spin-Bahn-Kopplungsterm auf die Energieniveaus hat. Auch hier kann der diamagnetische Term in der Regel vernachlässigt werden.

mit und der Spin-Bahn-Kopplung.

Normaler Zeeman-Effekt (moderates Magnetfeld)

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Wenn der paramagnetische Term einen deutlich größeren Einfluss auf die Energieniveaus als der Spin-Bahn-Kopplungsterm hat, wird dies als normaler Zeeman-Effekt bezeichnet. Auch dieser ist ein Spezialfall des linearen Zeeman-Effektes. Insbesondere für sehr leichte Atome wie Wasserstoff () sind diese Feldstärken für Laborexperimente technisch erreichbar.

Die Verschiebung der Energieniveaus kann analog zum Paschen-Back-Effekt unter Vernachlässigung der Spin-Bahn-Kopplung berechnet werden. Dadurch erhält man:

Aufgrund des Wertes ergibt sich auch bei halbzahligen Werten von immer ein ganzzahliges Vielfaches von , wodurch einige Kombinationen aus und nun entartet sind.

Verglichen mit dem Bohrschen Atommodell kommt es dadurch für zu einer Aufspaltung in verschiedene Energieniveaus. Für erfolgt die Aufspaltung nur in Niveaus. Im Gegensatz zum anomalen Zeeman-Effekt und Paschen-Back-Effekt ist die Entartung damit nur teilweise aufgehoben.

Für den Spezialfall gilt und damit und , wodurch eine Unterscheidung zwischen normalem und anomalen Zeeman-Effekt im Kontext des linearen Zeeman-Effekts nach der modernen Definition in diesem Fall nicht mehr sinnvoll ist.

Quadratischer Zeeman-Effekt (starkes Magnetfeld)

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Unter Laborbedingungen treten normalerweise nur Magnetfelder bis auf und der diamagnetische Term kann vernachlässigt werden. Allerdings wurden auf den Oberflächen von weißen Zwergen und Neutronensternen Magnetfelder von bis beobachtet. In Systemen mit sehr hoher Hauptquantenzahl (Rydberg-Atome) kann der quadratische Zeeman-Effekt bei niedrigeren Magnetfeldstärken schon beobachtet werden, da das Coulomb-Feld in großer Entfernung vom Kern sehr viel schwächer ist und der Einfluss des Magnetfeldes auf das Energieniveau damit relativ zum Coulomb-Feld größer wird.

Bei höheren Magnetfeldstärken spielt auch die Polarisation der Orbitale eine Rolle: Das Magnetfeld induziert auch in abgeschlossenen Schalen der Atomhülle, die normalerweise nicht über ein permanentes magnetisches Moment verfügen eine Polarisation und damit ein Moment, das eine weitere Energieaufspaltung verursacht.

Auch für den quadratischen Zeeman-Effekt können drei Fälle unterschieden werden.

  1. Fällt die Aufspaltung aufgrund des quadratischen Zeeman-Effekts gering aus, so kann diese mittels Störungstheorie durch den oben erwähnten diamagnetischen Term näherungsweise berechnet werden:
  2. Wenn sowohl der para- als auch der diamagnetische Term relevant sind, kann der Übergang eines Quantensystems hin zu einem klassischen beobachtet werden. Dabei durchlaufen die Elektronen eine chaotische Bewegung. Dieses Verhalten kann teilweise mathematisch beschrieben werden, indem die elektronische Wellenfunktion in eine -Komponenten und eine -Komponente zerlegt wird.
  3. Im exotischen Fall eines extrem starken Magnetfeldes kann das Coulomb-Potential des Atomkerns vernachlässigt werden, was allerdings nur für Rydberg-Atome von praktischer Bedeutung ist.

Beispiel für den linearen Zeeman-Effekt

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Die Polarisationsart des von einer Cadmiumlampe emittierten Lichtes im starken Magnetfeld

Ein einfaches Beispiel für den linearen Zeeman-Effekt ist die Aufspaltung der roten Spektrallinie () einer Cadmiumlampe im Magnetfeld. Diese wird durch den Übergang (beide beziehen sich auf ) zwischen zwei angeregten Zuständen verursacht. Das obere Energieniveau () spaltet sich durch das Magnetfeld also in ein äquidistantes Quintett auf, während das untere Niveau mit zum Triplett wird. Aufgrund der Auswahlregel sind aber nur 9 der 15 Übergänge vom oberen Quintett in das untere Triplett erlaubt. Aufgrund der äquidistanten Aufspaltung haben diese neun verschiedenen Übergänge aber nur drei verschiedene Energien. Beobachtet man die rote Spektrallinie also transversal zum Magnetfeld, kann man mit Einschalten des Magnetfeldes eine Aufspaltung der Emissionslinie in drei separate Linien beobachten. Die mittlere Spektrallinie ist in diesem Fall linear längs des Magnetfelds polarisiert (-polarisiert) und die beiden äußeren Spektrallinien linear transversal zum Magnetfeld (-polarisiert). Aus der Beobachtungsrichtung longitudinal zum Magnetfeld ist die mittlere Spektrallinie nicht sichtbar und die beiden äußeren Linien sind in gegenläufiger Rotationsrichtung zirkular polarisiert (-polarisiert).

Nach der modernen Definition lässt sich dieses Beispiel weder dem normalen, noch dem anomalen Zeeman-Effekt zuordnen, da für beide Energieniveaus . Da die Aufspaltung der Spektrallinie aber in ein Triplett erfolgt, entspricht dieses Beispiel der historischen Definition des normalen Zeeman-Effekts und wird diesem daher manchmal zugerechnet.

Zeeman-Effekt bei Kernen

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Der anomale Zeeman-Effekt wurde auch an Atomkernen beobachtet. Das ist insofern bemerkenswert, als die magnetischen Kernmomente ca. 103-105fach kleiner sind als bei der Atomhülle (siehe den Faktor Masse in der Formel oben), während die Frequenzen der typischen Gammastrahlung von Kernen mindestens 104fach höher liegen als bei optischen Spektrallinien. Der Nachweis des Zeeman-Effekts, der somit eine mindestens ca. 108fach bessere spektrale Auflösung verlangt, gelang mit Hilfe des Mößbauer-Effekts in den 1960er Jahren an den Kernen von 57Fe, die dem extrem starken inneren Magnetfeld in magnetisiertem Eisen ausgesetzt waren.

Der Zeeman-Effekt hat zahlreiche Anwendungen in der Spektroskopie (Elektronenspinresonanz (ESR), Kernspinresonanz (NMR), Kernspinresonanzspektroskopie, Magnetresonanztomographie, Mößbauer-Spektroskopie u. a.). In der Atomabsorptionsspektrometrie wird der Zeeman-Effekt zur Untergrundkompensation verwendet.

Der Zeemaneffekt wird beim Zeeman-Slower ausgenutzt (William D. Phillips, Harold Metcalf 1982), einem Spezialfall der Laserkühlung häufig im Vorfeld einer magneto-optischen Falle.

Verbreiterung einer Absorptionslinie des Sonnenspektrums (senkrechter Strich) nahe einem Sonnenfleck (links). Rechts vergrößert dargestellt.

George Ellery Hale wies über den Zeeman-Effekt die Existenz starker Magnetfelder in Sonnenflecken nach. Das Bild zeigt links einen Sonnenfleck. Entlang der senkrechten Linie wurde er spektroskopisch aufgelöst. Oberhalb und unterhalb des Sonnenflecks erscheint die Fraunhoferlinie nahezu ungestört. Innerhalb des Sonnenflecks erscheint sie aufgeweitet.

Ein Magnetfeld auf der Sonne von 0,1 Tesla verursacht eine Energieaufspaltung

eV

mit dem Bohrschen Magneton . Sie ist nur in Spektrografen mit einer Auflösung besser als 10−4 zu beobachten. Magnetogramme werden im Licht der aufgespaltenen magnetischen Linien aufgenommen. Die Sonne erscheint grau. Starke Abweichungen der Polarität des Magnetfelds werden schwarz bzw. weiß hervorgehoben und markieren aktive Zonen.

Um mögliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Kräften der Natur zu entdecken, wurde im 19. Jahrhundert u. a. lange nach einem Einfluss von Magnetfeldern auf das Licht gesucht (siehe z. B. Faraday-Effekt). Aus der Vorstellung der klassischen Physik, dass das Licht als eine elektromagnetische Welle durch Schwingungen der (ganzen) Atome entsteht, leitete Hendrik Antoon Lorentz 1892 theoretisch eine Formel ab, nach der die Spektrallinien dreifach aufgespalten werden, wenn sich die strahlenden Atome in einem Magnetfeld befinden. Im Einzelnen sollten dabei die mittlere der drei Linien die ungestörte Frequenz zeigen und die beiden anderen Linien in ihrer Frequenz gerade um die Frequenz der durch das Magnetfeld verursachten Larmorpräzession nach oben bzw. unten verschoben sein. Bei Beobachtung parallel zum Magnetfeld sollten ferner die beiden verschobenen Linien entgegengesetzt zirkular polarisiert sein und die mittlere Linie gar nicht erscheinen. 1896 konnte Zeeman all dies erstmals beobachten, allerdings mit einer vieltausendfach größeren Aufspaltung als erwartet.[4] Nachfolgende genaue Messungen der Aufspaltung zeigten, dass sie doch der Lorentzschen Formel entspricht, wenn man diese auf den Fall anwendet, dass bei der Lichtaussendung nicht das Atom mit seiner ganzen Masse schwingt, sondern nur das viel leichtere Elektron. Dass Elektronen Bestandteil der Atome sind, wurde damals als Elektronen-Hypothese nur vermutet. Diese Auffassung gewann durch den Zeeman-Effekt und seine gelungene Erklärung erheblich an Überzeugungskraft in der damaligen Physik. So wurde etwa aus der von Zeeman beobachteten Aufspaltung das gleiche Ladung-zu-Masse-Verhältnis für das hypothetische Elektron ermittelt wie kurz darauf bei Beobachtungen an freien Elektronen durch Joseph John Thomson und andere.

Allerdings konnte Lorentz nur eine dreifache Aufspaltung erklären, die deshalb als normaler Zeeman-Effekt bezeichnet wurde. Dem normalen Zeeman-Effekt stand aber eine größere Anzahl von Beobachtungen gegenüber, in denen aus der Aufspaltung mehr als drei Linien hervorgingen. Dieser sog. anomale Zeeman-Effekt stellte für die klassische Physik und auch noch für das Bohrsche Atommodell ein unerklärbares Phänomen dar und stieß gerade deshalb weitergehende theoretische Untersuchungen an. Ungeradzahlige Aufspaltungen in mehr als drei Linien wurden ab 1916 im Bohr-Sommerfeldschen Atommodell durch die Richtungsquantelung des Bahndrehimpulses erklärt. Dagegen führten die geradzahligen Aufspaltungen 1925 zur Entdeckung einer neuen Art von Drehimpuls, des Elektronenspins. Die von dem normalen Zeeman-Effekt abweichende Größe der Aufspaltungen konnte mit dem Landé-Faktor parametrisiert werden, der ab 1925 in der Quantenmechanik eine Begründung fand. In Abweichung vom ursprünglichen Gebrauch wird heute überwiegend als anomaler Zeeman-Effekt die Aufspaltung der Energieniveaus in schwachen Magnetfeldern bezeichnet und als normaler Zeeman-Effekt die Aufspaltung der Energieniveaus in moderat starken Magnetfeldern. (Zur Vertiefung siehe [5].)

Semi-klassisches Erklärungsmodell

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Im Rahmen des Bohrschen Atommodells lässt sich der Zeeman-Effekt nicht allgemein beschreiben, da die relativistischen Effekte des Elektronenspin und des Drehimpulses nicht berücksichtigt werden. Sommerfeld hat daher das Bohrsche Atommodell zum Bohr-sommerfeldschen Atommodell weiterentwickelt. Den Zeeman-Effekt kann man im Rahmen des Bohr-Sommerfeldschen Atommodell für ein einzelnes Elektron näherungsweise erklären.

Ein Elektron auf einer Kreis- oder Ellipsenbahn mit der Frequenz bildet einen Kreisstrom und hat daher außer einem mechanischen Drehimpuls auch ein magnetisches Dipolmoment . Beide Vektoren sind parallel, stehen senkrecht auf der Bahnebene und haben ein festes Größenverhältnis , denn die gyromagnetische Konstante hängt beim einfachen Bahndrehimpuls nur von der elektrischen Ladung und der Masse des Elektrons ab. Die potentielle Energie eines magnetischen Dipols hängt von seiner Orientierung gegenüber dem Magnetfeld ab (für nähere Einzelheiten, insbesondere zur Berücksichtigung anomaler gyromagnetischer Verhältnissen, siehe die angegebenen Stichworte):

Dabei stehen und jeweils für die zur Feldrichtung parallele Komponenten von und . ist der Betrag der Feldstärke. kann nach dem Bohr-Sommerfeld-Modell alle ganzzahligen Werte zwischen annehmen.

Wie man im Stern-Gerlach-Versuch mit freien Elektronen feststellen kann, hat auch ein freies Elektron ein intrinsisches magnetisches Moment. Daher gilt für den Elektronenspin in Analogie zum Bahndrehimpuls:

Dabei steht für die Projektion des Elektronenspins auf die -Achse. Für ein Ein-Elektron-Atom kann die beiden Werte annehmen. Für Bahnen, die von zwei Elektronen besetzt sind, gilt .

Das Drehmoment , das einen ruhenden Stabmagneten in die Richtung der Feldlinien drehen würde (wie z. B. die Kompassnadel nach Norden), bewirkt beim Vorhandensein eines Drehimpulses die Larmorpräzession, bei der der Vektor ohne Änderung des Einstellwinkels, also mit konstanter Komponente , um die Feldrichtung herumgeschwenkt wird. Die Winkelgeschwindigkeit der Präzession ist:

Unter Berücksichtigung der Magnetquantenzahl für den Spin der Atomhülle ergibt sich die Larmor-Frequenz:

Die vorher ellipsenförmige Bewegung des Elektrons wird dadurch zu einer rosettenähnlichen Bahn. Eine harmonische Zerlegung für den Fall, das eine Bahn von zwei Elektronen besetzt ist, zeigt eine Bewegungskomponente parallel zur Magnetfeldrichtung mit einer Schwingungsfrequenz , also unabhängig von der Stärke des Magnetfeldes und gleich der Frequenz der ungestörten Ellipsenbahnbewegung. Die Bewegung senkrecht zur Feldrichtung lässt sich als Summe von zwei entgegengesetzten Kreisbewegungen mit den Seitenbandfrequenzen beschreiben. Nach der klassischen Physik erhält jede vom Elektron erzeugte Lichtwelle die gleichen drei Frequenzen. Ihre weiteren Eigenschaften sind besonders einfach, wenn die Beobachtung in der Richtung des Magnetfelds (longitudinal) oder senkrecht dazu (transversal) erfolgt. Im longitudinalen Fall kommt die Mittelfrequenz überhaupt nicht vor, weil ein Dipol in Schwingungsrichtung nicht strahlt. Die beiden Seitenbänder zeigen dann entgegengesetzte Zirkularpolarisation. Quer zum Magnetfeld, also im transversalen Fall, sieht man linear polarisierte Strahlung aller drei Frequenzen, wobei die Polarisation der Mittelfrequenz in Magnetfeldrichtung liegt, die der Seitenbänder senkrecht dazu. Diese präzise Beschreibung des „normalen“ Zeeman-Effekts (im Sinne der historischen Definition) durch H. A. Lorentz entspricht auch quantitativ der Beobachtung, wenn der gyromagnetische Faktor gemäß der oben angegebenen Formel die richtige Größe erhält. Im Nenner war ursprünglich die Atommasse eingesetzt worden, so dass die Aufspaltung um einen Faktor von mehreren Tausend zu klein vorhergesagt wurde. Diese Tatsache bedeutete einen wichtigen Schritt zu der Erkenntnis, dass Elektronen bei der Emission von Licht eine entscheidende Rolle spielen.

  1. Die Analogie eines freien Elektrons im Magnetfeld zu einem Atom oder Ion in externem Feld kann in manchen Spezialfällen irreführend sein; zum Beispiel spielt der Spin der einzelnen an ein Atom oder Ion gebunden Elektronen mit Gesamtspin beim linearen Zeeman-Effekt keine Rolle bei der Verschiebung der Energieniveaus, da sich die einzelnen Elektronenspins gegenseitig aufheben und die Elektronenhülle als Ganzes keinen Spin hat, der mit dem externen Magnetfeld wechselwirken könnte.

Die Originalarbeiten sind:

  • Pieter Zeeman: On the influence of Magnetism on the Nature of the Light emitted by a Substance. In: Philosophical Magazine. Band 43, 1897, S. 226, doi:10.1080/14786449708620985 (englisch, http://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/1897ApJ.....5..332Z harvard.edu [PDF; abgerufen am 6. November 2020] niederländisch: Over den Invloed eener Magnetisatie op den Aard van het door een Stof uitgezonden Licht. Amsterdam 1896. Original in den Verhandlungen der Königlichen Niederländischen Akademie).
  • Pieter Zeeman: Doublets and triplets in the spectrum produced by external magnetic forces. In: Philosophical Magazine. Bd. 44, 1897, S. 55, doi:10.1080/14786449708621060 (holländisch in den Verhandlungen der Königlichen Niederländischen Akademie, Amsterdam, Over Doubletten en Tripletten in het Spectrum teweeggebracht door Uitwendige Magnetische Krachten I bis III, 1897).
  • Pieter Zeeman: The Effect of Magnetisation on the Nature of Light Emitted by a Substance. In: Nature. Bd. 55, 11. Februar 1897, S. 347, doi:10.1038/055347a0.
  • E. P. Lewis: The Effects of a Magnetic Field on Radiation – Memoirs by Faraday, Kerr and Zeeman. Read Books, 2007, ISBN 1-4067-6505-8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Faksimile-Sammlung einiger Arbeiten von M. Faraday, J. Kerr und P. Zeeman).

Lehrbücher:

  • B. H. Bransden, C.J. Joachain: Physics of Atoms and Molecules. Pearson Education, London 2003, 6.2 The Zeeman effect und 9.9 The Zeeman effect. The Hanle effect and level-crossing spectroscopy (englisch).
  • G. W. F. Drake: Springer handbook of atomic, molecular, and optical physics. Springer, New York, New York 2006 (englisch, Insbesondere Seiten 228 - 231).
  • Richard P. Feynman, Robert B. Leigthon, Matthew Sands: The Feynman Lectures on Physics. Band 2. Addison-Wesley, Reading, Massachusetts 1964, 34 The Magnetism of Matter (englisch, caltech.edu – insbesondere die Abschnitte 34-2 Magnetic Moments and Angular momentum, 34-3 The precession of atomic magnets).
  • Richard P. Feynman, Robert B. Leigthon, Matthew Sands: The Feynman Lectures on Physics. Band 3. Addison-Wesley, Reading 1964, 12-4 The Zeeman Splitting, S. 12-9 Massachusetts (englisch, caltech.edu – Berechnung der Aufspaltung gemäß der Quantenmechanik an einem einfachen Beispiel).
Commons: Zeeman effect – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. P. Zeeman: Ueber einen Einfluss der Magnetisirung auf die Natur des von einer Substanz emittirten Lichtes, Verhandlungen der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin, S. 127, 1896. (Die Internetquelle enthält zwischen den Seiten des Artikels irrtümlich weitere Seiten des Bandes.)
  2. Nobelprize.org: Der Nobel-Preis in Physik 1902 (abgerufen 6. November 2012).
  3. B. H. Bransden, C.J. Joachain: Physics of Atoms and Molecules. Pearson Education, London 2003, 6.2 The Zeeman effect und 9.9 The Zeeman effect. The Hanle effect and level-crossing spectroscopy (englisch).
  4. Anne J. Kox: Ein Pionier der Magneto-Optik. In: Physik Journal. Band 14, Nr. 6, 2015, S. 51–53 (pro-physik.de [PDF; abgerufen am 6. November 2020]).
  5. K.Hentschel: Die Entdeckung des Zeeman-Effekts. als Beispiel für das komplexe Wechselspiel von wissenschaftlichen Instrumenten, Experimenten und Theorie. In: Physikalische Blätter. Band 52, Nr. 12, 1996, S. 1232–1235, doi:10.1002/phbl.19960521209 (wiley.com [PDF; abgerufen am 6. November 2020]).

Kategorie:Atomphysik Kategorie:Quantenmechanik Kategorie:Hendrik Antoon Lorentz Kategorie:Physikalisches Demonstrationsexperiment