Benutzer:Elian/HB/Narrenschiff4

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Nummer 4 -- 1.10.2005 (Sonderausgabe)

Das Narrenschiff
Interne Ansichten für freie Benutzer

Infos und Meinungen

(Auf dieser Seite neu: unabhängige Nachrichten, kritische Ansichten, der Führer durchs Labyrinth der Wikipedia-Seiten.)

Wer interessante Infos von allgemeinem Interesse für die Benutzer hat, melde sich auf der Narrenschiff-Diskussionsseite oder per e-mail unter dem Stichwort "Narrenschiff".

Grundsätze: Alle Infos müssen mit Links überprüfbar belegt werden. Die Texte müssen kurz sein und die Inhalte wahrheitsgemäß geschildert werden. Die Nachricht muss vollständig im Sinne des journalistischen Grundsatzes der "5 Ws" sein (wer, was, wann, wo, warum). Die Beiträge können redaktionell gekürzt werden.

Die Redaktion trifft eine Auswahl der interessantesten Meldungen. Es ist daran gedacht, eine Infoliste auch für Meldungen zu erstellen, die nicht redaktionell für die Hauptseite ausgewählt wurden.



Pünktlich zum Herbst erscheint eine Sonderausgabe des Narrenschiffs mit dem Thema "Wiki-Polizei". Der nachfolgende Artikel ist nicht namentlich unterschrieben. Euer Hans Bug

Francisco Goya - Casa de locos

 

‚Wikipolizei’, das hässliche Gesicht der Wikipedia

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Wikipedia ist keine Demokratie! Wie aber soll man dann das Administrationsregime von Wikipedia benennen?

Es ist die alte Frage, die immer wieder neu zur Diskussion steht: Wer kontrolliert die Kontrolleure? Demokratie löst die Frage, indem sie die Gemeinschaft als Souverän einsetzt, der in Wahlen und Abstimmungen die Macht delegiert und diese Macht turnusgemäß wieder neu verteilt. Alle Machtausübung hat sich dem Willen des Souveräns unterzuordnen, nur in seinem Namen ist sie legitimiert.

Ein weiteres Kontrollelement ist die Gewaltenteilung. Alles administrative Handeln muss nach Gesetzmäßigkeiten geschehen, es muss vorhersehbar, berechenbar und am Maßstab des Gesetzes überprüfbar sein. Der Gesetzgeber darf nicht gleichzeitig der administrative Anwender der Gesetze sein. Die Rechtsprechung unterliegt einer unabhängigen Instanz, die von den anderen Gewalten geschieden ist. Jede Institution muss sich gesondert verantworten, und jeder Einzelne ist in ihr für seine klar eingegrenzten Zuständigkeiten zur Verantwortung zu ziehen.

Diese Machtbalance wird in mehr oder weniger vollkommener Art in allen Gemeinwesen ausgeübt.

Wie sachgerechtes Verwaltungshandeln praktiziert wird, ist damit im Einzelnen noch nicht gesagt. Wie sehen also die Methoden administrativen Handelns aus?

Datei:Foucault2.jpg
Michel Foucault

Wikipedia ist eine Einrichtung, deren Überwachungsmöglichkeiten orwellsche Ausmaße haben. 'Big brother is watching you!' Kein Edit unterhalb der Programmiererzuständigkeiten bleibt unbeobachtbar. Jeder Edit ist prinzipiell revidierbar.

Die Sonderstellung der Administratoren beruht im Wesentlichen auf dem Privileg der Artikellöschung und auf der Blockadefunktion, Wikipedia-Seiten einzufrieren und einzelne Editoren auszusperren. Die Administratoren nehmen mit ihren Lösch- und Sperraktionen direkten Einfluss auf die Inhalte von Wikipedia; was in Wikipedia steht oder nicht stehen darf, ist Ausfluss ihrer Lösch- und Sperrentscheidung. Gleichzeitig üben sie eine Straffunktion aus, indem sie, unabhängig der funktionalen Sachgestaltung der Wikipediainhalte, vermeintliches oder tatsächliches Fehlverhalten mit Benutzersperrungen bzw. Namenssperrungen belegen.

Methoden der Herrschaftsausübung

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Die Administratoren sprechen eine Sprache der Macht, die speziell auf ihre Machtausübung zugeschnitten ist. Diese Sprache bedient sich einer besonderen Begriffsbildung und eines besonderen Argumentationszusammenhangs.

Eine der Hauptthesen der Administration ist die Behauptung: Wikipedia ist eine Meritokratie. Demokratie ist nicht möglich. Der dahinter stehende Anspruch ist diktatorisch. Weil die Benutzergemeinschaft ihre Kontrollfunktion nicht wahrnehmen kann, bleibt jede Berufung auf sie unverbindlich. Verpflichtet ist man einer ‚höheren Idee' im Sinne einer moralischen Intuition bzw. den eigenen ‚inneren Werten’. Die Herrschaftslegitimation leitet sich aus einer nicht weiter hinterfragten Höherwertigkeit des Administrators gegenüber den anderen Editoren ab; der Administrator hat sich seine Höherwertigkeit durch überlegenes Handeln innerhalb der Wikipedia verdient. Die Macht legitimiert sich damit in einer Art Circulus vitiosus. Mittels seiner besonderen Machtfunktionen propagiert der Administrator seine Höherwertigkeit, und mit seiner Höherwertigkeit legitimiert er seine besonderen Machtfunktionen. Dass dieses System keine Kritik verträgt, wird nachfolgend noch aufzuzeigen sein.

In welcher Weise ist die besondere Kompetenz des Administrators mit einer besonderen Verantwortung gekoppelt? Die Antwort auf diese Frage ist die Behauptung, dass die Sonderrolle des Administrators mit keiner besonderen Verpflichtung verbunden ist. Der Freizeitherrscher sucht sich seine Aufgaben selber - unabhängig einer äußeren Funktionszuweisung, und er nimmt seine Rolle selektiv immer nur dann wahr, wenn er aus persönlichem Antrieb dazu Lust hat. Gleich einem mittelalterlichen Fürsten verteilt er seine Gunst und Ungunst gegenüber den anderen einfachen Editoren innerhalb seines virtuellen Herrschaftsgebiets, und dies geschieht abhängig von ihren Demutsbezeugungen und ihrem Unterwerfungsverhalten. Der Administrator wird zum Patron über seine Gefolgschaft.

Sowohl die Art der Eingriffe, als auch deren selektive Anwendung unterliegen keiner kodifizierten Regel. Die Formel dieses Willkürregimes lautet: Sei mutig! Halte dich an keine Regeln!

Sie selbst hingegen erweisen sich als fleißige Gesetzgeber, und die Überwachung ihrer Normen wird gegenüber den einfachen Editoren mit einer pseudomoralischen Unerbittlichkeit sanktioniert, die sogar aus einer bloßen, eher unbestimmten Etikette (Wikiquette) einen sanktionierbaren Straftatbestand konstruiert.

Eine der Kernthesen der Administration im Rahmen ihrer Herrschaftsausübung ist der Anspruch, die Administration sei nicht nur für Entscheidungen über Sachinhalte zuständig, sondern habe auch noch die Kompetenz, für ‚gute Stimmung’ zu sorgen und dem gemäß für eine sanktionierbare ‚Sprachregelung’ zu sorgen. Die kernigen Ausdrücke hierfür lauten: Bitte nicht stören! Keine persönlichen Angriffe! Die allgemeine Beruhigung der Diskussionsszene erfolgt mit einem administrativen Argumentations- und Ausdrucksverbot. Wer welche Ausdrücke und Argumente verwenden darf, bestimmt der Administrator nach Maßgabe seines Harmoniebedürfnisses.

Wie werden Störer dingfest gemacht?

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Wikipedia ist ein offenes System - jeder kann mitmachen. Anonyme Störer, die ihre Aufgabe darin sehen, sinnentstellte Inhalte zu verbreiten, sind nicht greifbar zu machen. Sie kommen und gehen und wechseln beliebig ihre IP-Nummern. Es bleibt nur übrig, ihre Inhalte gleich einem sich stets erneuernden Schmutzbelag zu beseitigen und damit gleich einem Sisyphus der Wikipedia-Entropie beständig entgegen zu wirken. So betrachtet, bleibt die eigentliche Jagd als Polizeiaufgabe notorisch fruchtlos. Der Schaden für die Schädiger bleibt läppisch, sie müssen sich nach jeder Sperrung unter einer anderen IP-Nummer ins Internet neu einwählen.

Greifbar bleiben nur jene, die sich eine Identität als Benutzer geben und ein mit ihrem Namen verbundenes Anliegen haben. Dieses Anliegen dürfte mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit das Schreiben von Wikipedia-Artikeln oder von Beiträgen zur Organisationsstruktur sein. Angemeldete Benutzer wollen, falls sie nicht eigentlich Administratoren werden wollen, Autoren sein und sie wollen, dass ihre aufgeschriebenen Inhalte mit ihrem Namen verbunden bleiben (die Selbstbestätigung gewissermaßen als eine abgespeckte Form des Urheberrechts).

Das Hauptbetätigungsfeld der Wiki-Polizei ist demnach das Dingfestmachen von namentlichen Artikelschreibern, um sie zu disziplinieren, ihr namentliches Artikelschreiben zu unterbinden oder sie mit gänzlichem Namensentzug zu bestrafen. Ins besondere aber gilt dies für die Schreiber, die ihren Namen mit der Verbreitung kritischer Inhalte zur Wikipedia-Administration verbinden. Dingfestmachen wird mit Personifikation deckungsgleich.

Datei:Schmitt-1933.jpg
Carl Schmitt

Spätestens an diesem Punkt schlägt jede inhaltliche Auseinandersetzung um in Wikipedia-Politik. Bekämpft wird nicht mehr der verfehlte Inhalt, die falsche Aussage, das konkret belegbare Fehlverhalten, bekämpft wird nunmehr der ‚Feind’, die feindliche Person.

Strafe bedeutet Personifizierung des Bösen, um es auszuschließen (ignoriere den Troll). Die Sperr- und Löschprotokolle geben ein beredtes Bild über die Identifizierung des Feindes. Belegt wird nicht das konkrete Fehlverhalten, etwa durch eine objektive Sachverhaltsschilderung eines unzulässigen Edits, der als solcher sanktioniert wird, sondern der Feind wird nur noch benannt: Troll, Vandale, Klon, Pseudodemokratietroll, Beleidiger usw., so als wäre durch eine derartige begriffliche Benennung schon irgendetwas argumentativ bewiesen, außer, als dass es sich um eine Identifizierung des ‚Feindes’ handelt, dem man die Gemeinschaftsfähigkeit aberkennt. Die beliebteste Formel der Feinderkennung lautet: eindeutig missbräuchlicher Mehrfachaccount und bestraft wird hier nicht etwa ein eindeutig unkorrekter Edit, der von einem Benutzer wieder eingestellt wurde, nachdem dieser eben für diesen gesperrt wurde, sondern sanktioniert wird die Tatsache, dass jemand aufgrund beliebiger kritischer Inhalte der ‚Feind sein könnte’.

Am Ende wird das ‚Strafen auf Verdacht’ zur hässlichen Norm und die vorrationale, mittelalterliche Wikipedia-Astrologie, die wilde Spekulation, wer welche Sprachwendung bevorzugt, wessen Inhalte typisch sind, wessen IP-Nummer eine häufige Ähnlichkeit mit der eines verstoßenen Benutzers aufweist, treibt seltsame Blüten. Das einstmals offene System wird zum Willkürregime gewendet, die Abschaffung der Offenheit daselbst gefordert, denn eine funktionierende Diktatur bedarf einer geschlossenen Gesellschaft und der Abschottung gegen Einflüsse von außen.

Nun ist nicht jeder Administrator und nicht jeder Lakai eines Administrators ein Wikipedia-Astrologe. Eine falsche, demokratiefeindliche Machtstruktur bringt jedoch immer die falschen Leute nach oben. Die falsch Angepassten und Feiglinge werden zur Norm, Innovation und Kritik werden verpönt. Das Wegschauen wird zur Tugend, und die argumentative, hochwertige Auseinandersetzung wird zur Seltenheit. So wird aus Kulturlosigkeit und dissozialem Unverstand ein System öffentlichen Mobbings, das den kultivierten Akademikern und Bildungsbeflissenen das erfolgreiche und vergnügliche Schreiben an Enzyklopädie-Inhalten versauert und Wikipedia ungenießbar macht.

 

 

 

 

 


Laokoon

Nicht weil die Mehrheit die Wahrheit gepachtet hat oder klüger ist als die Minderheit, brauchen wir Demokratie. Die Wahrheit ist viel einfacher. Demokratie ist die einzige Alternative zur Barbarei, nirgends zeigt sich dies deutlicher als in Wikipedia. -- 62.134.72.25 07:21, 7. Aug 2005 (CEST)

 

Verfassung: Kein Benutzer von Wikipedia kann ohne den anderen sein, der Administrator nicht ohne den Artikelschreiber, dieser wieder nicht ohne den Leser. All diese Gewichte müssen sorgsam austariert werden und benötigen eine sorgsame Verfassung. -- Rrr 09:32, 30. Jul 2004 (CEST)


Rrr als Lycian Apollo

Zur offiziellen Wikipedia-Philosophie -- Ich glaube, die offizielle Wikipedia-Philosophie, die die Admins sich mit dem Artikel Wikipedia:Machtstruktur gesetzt haben, hat gleichzeitig Wikipedia intellektuell erledigt. Zitat: "Die Wikipedia vereint die Machtstrukturen von Anarchie, Diktatur, Demokratie, Republik, Meritokratie und Plutokratie". Wikipedia kann Vieles gleichzeitig sein, aber nicht all das andere oben Genannte und gleichzeitig Demokratie. Nette Grüße --Lln 20:29, 10. Jul 2004 (CEST)

Datei:Hermes by Praxiteles.jpg
Lln als Hermes by Praxiteles

Quellnymphe: In einem totalitären System gibt es notwendig immer einen "großen Bruder", der alles überwacht (strafen und überwachen) und einen Emmanuel Goldstein, den überlebensgroßen Bösewicht, der für alle Übel in der Welt verantwortlich gemacht wird. Einerseits ist jedermann, der in Wikipedia editorisch tätig ist, anonym, hinter einem Pseudonym verborgen, gleichzeitig aber sind all diese Pseudonyme austauschbar, so dass stets der eine willkürlich für jeden anderen verantwortlich gemacht werden kann. Das Überwachungs- und Bestrafungsprinzip in Wikipedia lautet, jeder kann verdächtig werden der Klon eines anderen zu sein, und jeder kann für diesen Verdacht gesperrt werden.


Quellnymphe als Venus Esquilin

So viel Verständnis ich für die "spontihafte" Haltung der völlig frei nach dem Lustprinzip handelnden Administratoren habe, die, unbeschwert von rationalistischen Zwängen, sich nach Gefühl ihr Aufgabenfeld selbst aussuchen können und dort "ad hoc" über die Geschicke der Beteiligten bestimmen, eine Begrenzung der Macht sollte es schon geben. Die Benutzer müssen für die wirklich relevanten Entscheidungen mit Dauerwirkung der Administration eine streng nach Aufgabengebieten differenzierte, völlig rational operierende Überprüfungsinstanz gegenüberstellen. Es sollten dort klare, eng begrenzte und profilierte Zuständigkeiten herrschen.

Das Auswahlverfahren aber sollte endlich auf eine breitere Basis gestellt werden, dass mehr Teilnehmer in Wikipedia sich von den Funktionsträgern, die relevante Entscheidungen treffen, repräsentiert fühlen. Da müssen eine intelligentere Öffentlichkeitsarbeit und eine bessere Organisation der Wahlen stattfinden. -- Little Swallow 12:49, 28. Jan 2005 (CET)

Thomas7 als Adonis


Ich finds kindisch, Pseudonyme wechseln zu müssen. Thomas7 supports free speech and fair behaviour for all wikipedians Disput 7 mai 2005 à 11:56 (CEST)

 


Die Konkurrenz lacht: