Benutzer:Lucas Friese/Demografischer Wandel in Thüringen
Die demografische Entwicklung in Thüringen ist von einer hohen Abwanderungszahl sowie einer hohen negativen Bevölkerungsbewegung geprägt, das heißt, dass mehr Menschen sterben als geboren werden. Demnach ist der Bevölkerungsverlust in diesem ostdeutschen Bundesland sehr groß. Dabei ist erkennbar, dass gerade strukturschwächere Landstriche an Einwohnern verlieren. Diese Entwicklung begann seit Mitte der 2000er in ganz Deutschland, in den neuen Ländern, mit Ausnahme Brandenburgs, sogar bereits seit 1989.
Allgemeiner Überblick über die thüringischen Verwaltungsstrukturen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Freistaat Thüringen ist laut dem Gesetz zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen, welches am 1. Juli 1994 in Kraft trat in 17 Landkreise und seit dem 1. Januar 1998 in sechs kreisfreie Städte gegliedert. Des weiteren sind diese auf die vier Planungsregionen, namentlich Ost-, Nord-, Süd- und Mittelthüringen, aufgeteilt, welche nicht mit Regierungsbezirken gleichzusetzen sind, aber bestimmte Entwicklungskonzepte verwirklichen. Per 31. Dezember 2010 existieren in Thüringen 942 Kommunen, im Vergleich dazu in Sachsen 485.[1] Hierbei wird schon bewusst, dass Thüringen teilweise geradezu winzige Gemeinden aufweist. Ein Musterbeispiel ist die Gemeinde Kleinbockedra im Saale-Holzland-Kreis mit 38 Einwohnern. Solche Gemeinden müssen sich zu Verwaltungsgemeinschaften zusammenschließen, oder aber übertragen ihre Verwaltungsaufgaben als beauftragende Gemeinde im gleichen Sinne auf ein Kommune mit mehr als 3000 Einwohnern. Laut dem Thüringer Kommunalgesetz müssen Verwaltungsgemeinschaften aus mindestens 5000 Einwohnern, eigenständige Gemeinden mindestens aus 3000 Einwohnern bestehen. Allerdings gibt es auch dafür einige Beispiele, die dem nicht entsprechen, wie die VG Wieratal im Osten des Altenburger Landes mit 3788 Einwohnern per 31.12.2008. Thüringens ehemaliger CDU-Innenminister Peter Huber wollte zu aller erst einmal diese Regel kategorisch durchsetzen und möglicherweise Verwaltungsgemeinschaften komplett abschaffen und Gemeinden mit über 3000 Einwohnern erzwingen, so dass Retortenkommunen wie beispielsweise in Sachsen oder Sachsen-Anhalt entstehen. Solche Strukturen sollten allerdings hauptsächlich auch von der Bevölkerung gewollt sein. Dies kann oben genannter nun nicht mehr durchsetzen, da er am 16. November 2010 als Richter zum Bundesverfassungsgericht gerufen wurde, dessen Nachfolger ist seit 4. Dezember 2010 Jörg Geibert, der ebenfalls der CDU angehört, sich jedoch noch nicht klar dazu positioniert hat.
Demografie in den Landkreisen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wanderung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Thüringer Landesamt für Statistik erfasst seit dem Stichtag 31. Dezember 1998 die Bevölkerungswanderung nach Landkreisen und kreisfreien Städten. Diese kann im betrachtetem Zeitraum bis zum 31. Dezember 2009 der Karte 2 im Anhang entnommen werden. Auffallend ist die kreisfreie Stadt im Thüringer Wald, Suhl. In diesen elf Jahren beträgt der Wanderungssaldo -17,9%. Hier allerdings lediglich die Stadt Suhl als Musterbeispiel aufzuführen stellt nicht die Gesamtheit dar, so hat das Altenburger Land seit 1998 9,4% seiner damaligen Gesamtbevölkerung lediglich durch einen negativen Wanderungssaldo verloren. Nahezu 1700 Einwohner mehr hat noch einmal die ehemalige Bezirksstadt Gera eingebüßt, prozentual sind das 10,8%, allerdings kann Gera in den letzten Jahren auf einen sinkenden Wanderungsverlust zurückschauen. Im Gegenzug stehen die beiden westthüringischen Kreise Gotha und Wartburg mit einem Wanderungsverlust von unter 3% relativ positiv da. Die einzigen kreisfreien Städte, die einen Gewinn verzeichneten sind Jena, Erfurt, Weimar und Eisenach, wobei letztere in den vergangenen drei Jahren wieder einen Verlust hinnehmen musste. Räumlich gesehen mit einer Schrumpfung durch Wanderung bis 6 % sind Teile Mittel-, Süd- und Nordthüringens tangiert, was die Kreise Saale-Holzland, Weimarer Land, Ilm, Schmalkalden-Meiningen, Hildburghausen, Unstrut-Hainich und Nordhausen betrifft. Die restlichen vier Landkreise mit einem Verlust bis 9% befinden sich alle in Südostthüringen, namentlich also Greiz, Saale-Orla, Saalfeld-Rudolstadt und Sonneberg.[2]
Geburten- und Sterberate
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ähnlich wie bei den Wanderungszahlen im Unterpunkt zuvor beziehen sich diese Daten auf die Erfassung des Thüringer Landesamtes für Statistik im gleichen Zeitraum vom 31. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 2009 und können vereinfacht auf Karte 3 im Anhang betrachtet werden. Die Natürliche Bevölkerungsbewegung bezeichnet die Differenz zwischen der Anzahl der Lebendgeborenen eines Jahres und der Anzahl der Gestorbenen dieses Zeitraumes. Dabei ist die einzige Verwaltungseinheit Thüringens mit einem natürlichen Bevölkerungsgewinn von 36 Personen im betrachteten Zeitraum die wirtschaftsstarke Universitätsstadt Jena, die damit einem gesamtdeutschen Trend entgegenwirkt. Auf der anderen Seite stehen wieder einmal die strukturschwächeren Regionen, also das Altenburger Land sowie der Landkreis Greiz, zusätzlich noch Saalfeld-Rudolstadt und der Landkreis Sonneberg, die einen natürlichen Bevölkerungsverlust über 6,0% hinnehmen müssen. Erstaunlich ist zudem noch die Stadt Eisenach, die einen ähnlichen Trend aufzeigt. Räumlich betrachtet ist es nahezu die komplette westliche Hälfte des Freistaates sowie der Saale-Orla-Kreis und Gera, die einen natürlichen Bevölkerungsverlust von bis zu 6 % verzeichnen, mit Ausnahme des konservativ geprägten Eichsfeldes, welches lediglich eine prozentuale Bewegung von 1,3% zu beklagen hat. Der Grund hierfür liegt in der bewahrenden Gesinnung der Menschen (49,2% der Wähler zur Landtagswahl 2009 gaben der CDU ihre Stimme), so sind hier prozentual die meisten Eheschließungen im Freistaat zu verzeichnen, zudem leben hier mit 14,9%, Thüringenweit 11,7%, prozentual am meisten Kinder. Neben dem Eichsfeld sind es noch die beiden kreisfreien Städte Erfurt und Weimar die lediglich eine prozentuale Bewegung von bis zu 2 % hinnehmen müssen. Die restlichen relativ zentral in Thüringen gelegenen Verwaltungseinheiten, namentlich der Ilmkreis sowie die Kreise Sömmerda, Weimarer Land und Saale-Holzland, verzeichneten einen natürlichen Bevölkerungsverlust von bis zu 4 %.[2]
Ursachen des demografischen Wandels
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die demografische Entwicklung insbesondere für Thüringen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ursachen für die Entwicklung reichen weit in das Mittelalter zurück, wichtigste und vor allem folgendschwerste Entscheidungen waren die Altenburger Teilung 1445 und die Leipziger Teilung 1485, mit der der Grundstein für die zukünftige Entwicklung gelegt wurde. Dabei kam der heute überwiegend sächsische Teil in albertinischen und die thüringischen Besitzungen in ernestinischen Besitz. Als Folge des Schmalkaldischen Krieges 1547 ging die Kurwürde und übrige sächsische Länderein in albertinischen Besitz über. Sachsen wuchs so zu einem relativ geeinten Staat, während Thüringen weiter zersplitterte. Das ist der Grund warum Sachsen gerade im 19. Jahrhundert einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung erfuhr, während dies in den thüringischen Kleinstaaten aufgrund der Fürstenwillkür nicht möglich war. Thüringen wuchs also auch an Einwohnern nicht so rasch. Seinen historischen Höchststand auf heutigem Gebiet erreichte es im Jahr 1950 mit fast drei Millionen Einwohnern, wohingegen Sachsen zur gleichen Zeit nahezu 5,7 Millionen Einwohner verzeichnete. Von 1960 bis 1988 war die Bevölkerungszahl relativ stabil um 2,7 Millionen, dabei ist allerdings bereits zu beachten, dass der ländliche Raum verlor und große Städte einen positiven Wanderungssaldo vorwiesen. Von 1989 bis 2009 verlor der Freistaat insgesamt fast eine halbe Millionen Einwohner. Weiterhin, besonders nach der politischen Wende 1990, brachen viele Wirtschaftszweige ein, wie das Simsonwerk in Suhl, so, dass für die vorhandene Bevölkerung nicht genug Arbeit zur Verfügung steht und Perspektivlosigkeit herrscht, also ist die logische Schlussfolgerung die Auswanderung in Verdichtungsräume, Metropolen und andere Wirtschaftszentren. Wirtschaftsstarke Bundesländer, namentlich also Bayern, Hessen und Niedersachsen wirkten nahezu magnetisch auf qualifizierte Arbeitskräfte. Den Vorteil dieser territorialen Nähe für die abwanderungswilligen Arbeitskräfte hatte Sachsen nicht. Prozentual sind aus Thüringen mehr als 16% der Bevölkerung abgewandert, die Folgen sind in vielen Städten erkennbar, so besaß Altenburg im Jahr 2009 eine Leerstandsquote von 26,2%.
Thüringen im Republikvergleich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Allgemein kann gesagt werden, dass sich die demografische Entwicklung seit Mitte der 2000er in allen Flächenländern ähnelt, auch wenn gerade in den neuen Ländern, mit Ausnahme einiger Teile Brandenburgs, der Wanderungsverlust wesentlich gravierender ausfällt als in den westdeutschen Bundesländern. Brandenburg bildet insofern eine Ausnahme, dass in den Neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Gesamtbevölkerungszahl relativ stabil blieb, zwar gab es genauso viele Wegzüge in andere Gebiete wie beispielsweise in Thüringen, aber durch die Ansiedlung im Verdichtungsraum des Berliner Umlandes wurde diese Anzahl ausgeglichen. Allerdings setzte seit Beginn des Jahrtausends ein ähnlicher Trend wie in den restlichen Ostdeutschen Ländern ein, hohe Wanderungsverluste, die Mortalitäts- liegt über der Fertilitätsrate und die Bevölkerung altert. Deutschlandweit gesehen sinkt die Gesamtbevölkerungszahl seit 2002, damals noch 82,537 Millionen waren es 2009 lediglich 81,802 Millionen, das stellt nahezu einen Verlust von 0,9% dar.[3] Grund dafür sind sowohl die bereits vorher existierende negative natürliche Bevölkerungsbewegung als auch die sinkende Anzahl von Immigranten in der Bundesrepublik. In Thüringen stieg die Anzahl von Personen mit Migrationshintergrund von 1998 bis 2004 laut Thüringischem Landesamt für Statistik um fast 10.000 Personen und liegt seitdem ungefähr bei 47.000. Das entspricht einem prozentualem Anteil von 2,1%[2], deutschlandweit liegt dieser bei 8,8%. Dabei liegen die neuen Länder alle ungefähr um die 2%.[4] Weiterhin ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahren eine Art Landflucht einsetzte, bedeutet, dass große Städte oder wirtschaftsstarke Regionen gewinnen, jedoch Metropolregionen, beziehungsweise die seit dem 19. Jahrhundert existierenden Verdichtungsräume wie das Ruhrgebiet oder die Region Chemnitz-Zwickau an Bevölkerung verliert, bestes Beispiel für Bevölkerungsgewinn sind die Mehrzahl der größten Städte der neuen Länder, also Leipzig, Dresden, Rostock, Erfurt, Potsdam und Jena. Dabei verliert der ländliche Raum zusehends an Einwohnern, die Bevölkerungsdichte sinkt. Diese war in Thüringen nie besonders hoch, lediglich entlang der Thüringer Städtekette Gera-Jena-Weimar-Erfurt-Gotha-Eisenach liegt sie bei knapp 200 Einwohner/km², wobei der Landesdurchschnitt bei 140 und der Bundesdurchschnitt bei 229 liegt. Lässt man Sachsen mit seinen 227 Bewohnern/km² außer acht ist Thüringen verglichen mit den anderen ostdeutschen Ländern das Dichteste, verglichen mit den westdeutschen das Dünnste. Die Ausdünnung im ländlichen Raum kommt hauptsächlich jedoch von der Geburtendifferenz, die Fertilitäts- oder Fruchtbarkeitsrate liegt in Thüringen bei knapp 1,4 Kinder je Frau, was ungefähr dem deutschen Durchschnitt entspricht, das in den folgenden Jahren auftretende Problem beispielsweise des Fachkräftemangels betrifft also die gesamte Republik, rechnerisch wären 2,1 Kinder pro Frau nötig um eine Bevölkerungszahl auf natürliche Weise stagnieren zu lassen.