Benutzer:Paul Theobald/Entwurf
Die Deportation von 39 Juden von der Stadt Frankenthal (Pfalz) aus in das Camp de Gurs am 22. Oktober 1940
Die nationalsozialistischen Gauleiter von Baden und der Saarpfalz, Robert Wagner (1895-1946) und Josef Bürckel (1895-1944), hatten das Bestreben, ihre Gaue als "judenfrei" nach Berlin melden zu können. Frankreich war 1940 von den angreifenden deutschen Truppen überrannt worden und hatte Elsass und Lothringen abtreten müssen. Diese Gebiete wurden vom deutschen Reich annektiert und den beiden Gauleitern unterstellt. Die Regierung des nicht besetzten Teils Frankreich (Vichy-Regierung, benannt nach dem Ort des Regierungssitzes) war verpflichtet, Juden und missliebige Personen aus dem von dem Deutschland besetzten Teil und aus Elsass und Lothringen aufzunehmen. Die beiden Gauleiter begannen im Sommer 1940 mit Abschiebungen. Hitler ließ ihnen freie Hand, in ihren übrigen Gebieten auch so vorzugehen. Er wollte "judenfreie Gaue", wenn Baden und Elsass zum Gau Oberrhein und die Saarpfalz und Lothringen zum Gau Westmark zusammengeschlossen würden. So bereiteten Bürckel und Wagner auch die Abschiebung der Juden aus Baden und der Saarpfalz vor, um sie dann am 22. Oktober 1940 vorzunehmen. Es war der Tag, an dem jüdische Familien das Laubhüttenfest gefeiert hätten. Als die Betroffenen in den frühen Morgenstunden aus ihren Wohnungen geholt wurden, blieb das anderen Frankenthaler Bürgern nicht verborgen. Karl Wendel etwa, dessen Vater Julius die Gaststätte "Münchener Kindl", Ecke Eisenbahnstraße und Heinrich-Heinrich-Straße, damals Wilhelmstraße, betrieb, hat darüber berichtet: Sein Vater habe ihm an diesem Tag mitgeteilt, dass er das Eis (damals wurde das Eis für die Kühlschränke in die Haushalte gebracht) nicht zur jüdischen Familie Lurch in die Wilhelmstraße 3 bringen müsse - denn die sei "heute morgen abgeholt" worden. Beamte der Polizei verkündeten auch in Frankenthal den Juden anhand vorbereiteter Listen in den frühen Morgenstunden ihre bevorstehende Deportation. Ausgenommen waren Juden, die in "Mischehen" mit Nichtariern lebten und nicht transportfähige Kranke. Den bedauernswerten Menschen blieben nur eine bis zwei Stunden Zeit, ihre Habseligkeiten zu packen. Mitnehmen durften sie nur bis zu 50 Kilo Handgepäck, Ess- und Trinkgeschirr, etwas Verpflegung und 100 Reichsmark Bargeld. Alles andere hatte in der Wohnung zu bleiben, die verschlossen und versiegelt wurde. Mit dem Bus wurden die Frankenthaler Juden zur Sammelstelle nach Ludwigshafen in die Maxschule gebracht. Von da ging es abends zu Fuß zum Hauptbahnhof. Nach drei Tagen Fahrt kam der Zug im kleinen Ort Orolon-Sainte-Marie an. Von dort erfolgte der Transport mit Lastkraftwagen in das Camp de Gurs, das 13 Kilometer entfernt war. Besonders für die älteren Menschen war die Fahrt eine Qual, da die Züge überfüllt waren, Nahrungsmittel, Wasser und ärztliche Versorgung fehlten. Im Lager Gurs, das bereits überbelegt war, war man auf die Ankunft der badisch-saarpfälzischen Juden nicht vorbereitet. Im Lager herrschten aufgrund mangelhafter Ausstattung, fehlender Hygiene, schlechter Versorgung mit Nahrungsmitteln und unzureichender medizinischer Versorgung katastrophale Zustände, sodass die Sterberate sehr hoch war. Hinzu kamen die ungünstigen klimatischen Verhältnisse. Erst mit der Einrichtung von Nebenlagern ab dem Frühjahr 1941 besserte sich die Situation. Wer es von den nach Gurs verschleppten Personen bis Anfang August 1942 nicht geschaffte hatte, aus dem Lager entlassen zu werden, konnte dem Transport in die Vernichtungslager im Osten nicht mehr entkommen. Mit der Deportation von 39 Juden, darunter 10 Patienten der Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal, von Frankenthal aus in das Camp Gurs am 22. Oktober 1940, hörte die Israelitische Kultusgemeinde Frankenthal, die seit 1785 bestand, zu bestehen auf.
Die Kurzbiografien der Betroffenen
Alice Adler geb. Adler, geboren am 19. Mai 1900 in Bamberg, war die Ehefrau von Ludwig Adler, den sie am 30. März 1921 in Bamberg geheiratet hatte. Sie war dann zu ihrem Ehemann nach Frankenthal gezogen. Zuletzt wohnte sie in Frankenthal in der Wormser Straße 2. Sie wurde am 1. Juli 1941 aus dem Lager Gurs entlassen, aber in Frankreich am 1. Februar 1943 durch die Gestapo erneut verhaftet, kam in das Durchgangslager Drancy bei Paris und dann am 11. Februar 1943 nach Auschwitz. Sie ist verschollen und wurde für tot erklärt. Eva Adler geb. Schloss, geboren am 31. März 1876 in Dittigheim (heute ein Stadtteil von Tauberbischofsheim). Sie war als Witwe mit ihrer Tochter Alice nach Frankenthal gezogen und wohnte zuletzt in Frankenthal in der Wormser Straße 2. Sie wurde am 2. Juli 1941 aus dem Lager Gurs entlassen. Wie es ihr gelang, sich der erneuten Verhaftung durch die Gestapo zu entziehen, konnte bisher nicht geklärt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlangte sie vergebens Auskunft von der Stadtverwaltung Frankenthal über das Schicksal ihrer Angehörigen. Sie ist in Frankreich verstorben. Alice Regina Bodenheimer, ledig, geboren am 22. September 1900 in Lachen, heute ein Stadtteil von Neustadt an der Weinstraße, war 1937/38 in Frankenthal in das Haus ihres Onkels David Leva gezogen, das sich in der Vierlingstraße 17 befand. Am 10. November 1938 wurde das Anwesen von den Nazi-Schergen heimgesucht, die alles kurz und klein schlugen. Am 11. März 1941 kam sie von Gurs in das Lager Rivesaltes und von dort am 13. September 1942 in das Durchgangslager Drancy. Am 16. September 1942 kam sie mit dem Transport Nr. 33 nach Auschwitz. Sie ist verschollen. Klara Brunner geb. Heilbronner, geboren am 26. Mai 1874 in Laupheim. Sie war die Witwe des Seifenfabrikanten Hermann Brunner und war am 30. April 1917 nach Frankenthal, Vierlingstraße 13, gezogen, weil ihr Ehemann die Seifenfabrik Samuel Mohr übernommen hatte. Am 21. Februar 1941 beantragte sie ihre Entlassung aus dem Lager Gurs, weil sie zu ihrem Sohn in die USA gehen wollte. Ludwig Brunner in den USA Louis Brunner, hatte für sie die Bürgschaftserklärung abgegeben. So kam sie frei und traf mit dem Schiff Nyassa am 9. August 1941 in New York ein. Sie lebte in Indianapolis (Marion Country, Indianapolis, USA), wo sie am 18. August 1957 starb. Franziska Groß geb. Kahn, geboren am 10. Januar 1874 in Heßheim, war die Witwe von Johannes Groß, evangelisch und Monteur, der schon im Alter von 50 Jahren verstorben war. Sie war von Beruf Modistin und wohnte in der Mühlstraße 13. Sie überlebte und kehrte 1948 nach Frankenthal zurück, wo ihr Leben am 31. Juli 1951 zu Ende ging. Richa, auch Ria, Gümbel, geboren am 12. April 1923 in Albisheim (Pfrimm). Sie zog am 15. Juli 1939 bei der Familie Emil Rosenberg in Frankenthal, Vierlingstraße 13, zu, weil sie als Hausgehilfin be-schäftigt wurde. Vom Lager Gurs kam sie am 14. März 2942 in das Lager Rivesaltes. Sie konnte entkommen und lebte in Grenoble. Von Cherbourg fuhr sie mit dem Schiff America nach New York, wo sie am 6. Juni 1941 ankam. "Der Aufbau" meldete am 20. Juni 1941 ihre Ankunft. Barbara, auch Babette, Hirschler geb. Eisemann, geboren am 7. Juni 1858 in Binau. Sie war die Witwe von Jakob, genannt Nathan, Hirschler und die Mutter von Siegfried Hirschler. Sie wohnte zuletzt in der Vierlingstraße 15. Sie starb am 22. Dezember 1940 im Lager Gurs (Grab Nr. 501). Margot Hirschler, geboren am 4. Juni 1930 in Frankenthal. Sie war die Tochter von Siegfried und Rosa Hirschler geb. Baer und wohnte in der Vierlingstraße 15. Sie besuchtedie Pestalozzischule in Frankenthal. Sie kam während des Zweiten Weltkrieges als Flüchtlingskind in die Schweiz und emigrierte am 9. September 1948 von Zürich aus in die USA. Sie lebte in New Orleans, hieß verheiratet Martin und starb am 31. März 2009 in New Orleans, LA, USA. Rosa Hirschler geb. Baer, geboren am 14. April 1895 in Eppingen. Sie war die zweite Ehefrau von Siegfried Hirschler, den sie am 14. August 1924 in Mannheim geheiratet hatte. Sie wohnte in der Vierlingstraße 15. Am 10. März 1941 kam sie vom Lager Gurs in das Lager Rivesaltes und ist seitdem verschollen. Sie wurde für tot erklärt. Siegfried Hirschler, geboren am 6. Februar 1887 in Frankenthal. Er war Soldat im Ersten Weltkrieg ab dem 4. August 1914 und wurde am 7. Dezember 1918 entlassen. Im Jahre 1919 eröffnete er einen Handel mit technischen Ölen und Fetten. Am 20. Oktober 1920 heiratete er in Eppingen Berta Hochherr, die dort am 3. April 1895 zur Welt gekommen war. Sie starb am 25. Januar 1923. In zweiter Ehe nahm er am 14. August 1924 in Mannheim Rosa Baer zur Frau. Am 10. November 1938 schlug der Nazi-Mob in seiner Wohnung alles kurz und klein. Er kam in das Landgerichtsgefängis Frankenthal und dann ins KZ Dachau, wo er am 12. November 1938 eintraf. Kurz vor Weihnachten 1938 wurde er entlassen. Seine Mineralölhandlung war am 10. November 1938 geschlossen worden. Am 10. März 1941 jan er om Lager Gurs in das Lager Rivesaltes und ist seitdem verschollen. Er wurde für tot erklärt. Edmund Kahn, geboren am 14. November 1877 in Heßheim, heiratete am 14. Juni 1904 Johanna Loeb. Am 18. Februar 1905 kam in Heßheim der Sohn Emil Elias zur Welt, der am 19. Mai 1937 nach Amsterdam/Niederlande flüchtete und am 17. September 1943 im KZ Auschwitz umgekommen ist. Im April 1910 verlegte Edmund Kahn seine Landesprodukten-, Mehl- und Futtermittel-Geschäft von Heßheim nach Frankenthal, Kanalstraße 2, wo die Familie auch wohnte. Am 10. November 1938 wurde das Anwesen von NS-Schergen heimgesucht, die alles zertrümmerten und auf die Straße warfen. Edmund Kahn wurde an diesem Tage verhaftet, kam in das Landgerichtsgefängnis und dann bis 28. November 1938 ins KZ Dachau. Zuletzt wohnte er bei seiner Schwester in der Speyerer Straße 48. Anfang Dezember 1941 kam er in das Lager Noé, wo er am 22. Juni 1943 starb. Henriette, auch Hermine, Kahn, geboren am 6. Februar 1869 in Heßheim, war ledig, von Beruf Modistin und eine Schwester von Edmund Kahn. Sie wohnte zuletzt in der Speyerer Straße 48. Ihr Leben endete am 10. Dezember 1940 in Gurs (Grab Nr. 354). Johanna, genannt Jenny, Kahn geb. Loeb, kam am 26. April 1878 in Fußgönheim zur Welt. Sie war die Ehefrau von Edmund und Mutter von Emil Elias Kahn. Sie wohnte zuletzt in der Speyerer Straße 48. Am 28. Oktober 1941 ging ihr Leben im Lager Gurs zu Ende (Grab Nr. 864). Emil Kaufmann II., geboren am 21. September 1858 in Frankenthal, Mehlhändler. Er heiratete am 30. März 1893 in Frankenthal Sophie Levies, wo auch am 10. September 1892 der Sohn Paul Arthur zur Welt kam, der am 18. November 1958 in Stuttgart starb. Die Familie wohnte in der Westlichen Ringstraße 24, zuletzt jedoch in der Otto-Planetta-Straße 48 (heute: Elisabethstraße). Emil Kaufmann II. wurde 1912 in den Synagogen-Ausschuss der Israelitischen Kultusgemeinde Frankenthal gewählt und 1914 dessen Erster Vorsitzender, was er bis Ende des Jahres 1924 blieb. Sein Leben ging am 31. Oktober 1940 in Gurs zu Ende (Grab Nr. 48). Sophie Kaufmann geb. Levies, geboren am 18. März 1867 in Erbes-Büdesheim. Sie war die Ehefrau von Emil Kaufmann II. und die Mutter von Paul Arthur Kaufmann und wohnte zuletzt in der Otto-Planetta-Straße 48. Sie starb am 28. Oktober 1940 in Gurs (Grab Nr. 34). Sara Lang geb. Hahn, geboren am 24. März 1867 in Berwangen (Kraichgau)(heute ein Ortsteil der Gemeinde Kirchardt), war die Witwe des Kaufmanns Adolf Lang. Ihn hatte sie am 30. Oktober 1889 in Heidelberg geheiratet; er war am 29. Januar 1924 in Frankenthal verstorben. Sie wohnte zuletzt in der Sedanstraße 1 (heute: Schnurgasse). Sie schloss am 21. November 1940 in Gurs für immer die Augen (Grab Nr. 235). Flora Lurch geb. Dosenheimer, geboren am 2. Juni 1864 in Ungstein (heute ein Stadtteil von Bad Dürkheim). Sie hatte am 27. August 1884 in Ungstein Heinrich Lurch geheiratet und war nach Frankenthal in die Wilhelmstraße 3 (heute: Heinrich-Heine-Straße) gezogen. In Frankenthal erblickten 4 Kinder das Licht der Welt. Aufgrund des Einsatzes ihres Enkels Dr. Paul Rehfeld, der die französische Staatsange-hörigkeit angenommen hatte und praktischer Arzt war, kam sie am 20. März 1941 nach Pau in ein Altersheim. Sie starb am 27. Dezember 1946 in Grésy-sur-Aix/Frankreich. Heinrich Lurch, geboren am 18. Oktober 1855 in Edigheim, heute ein Stadtteil von Ludwigshafen am Rhein, Mehlhändler, Ehemann von Flora geb. Dosenheimer und Vater von 4 Kindern. Sein Mehl-Magazin befand sich an der Ecke Eisenbahn- und Gutenbergstraße, während er in der Wilhelmstraße 3 wohnte. Für 15-jährigen Feuerwehrdienst wurde er 1897 geehrt. Einen Großteil ihres Vermögens stellten die Eheleute Heinrich und Flora Lurch geb. Dosenheimer im Ersten Weltkrieg, in dem ihr jüngster Sohn Richard fiel, dem Deutschen Reich als Kriegsanleihe zur Verfügung. Lurch war mit 85 Jahren der Älteste aus Frankenthal, der nach Gurs deportiert wurde, wo er am 22. November 1940 starb (Grab Nr. 178). Marie Luise Lurch, geboren am 11. November 1894 in Frankenthal, war ledig und wohnte bei ihren Eltern in der Wilhelmstraße 3. Sie war schon über 30 Jahre alt, als sie sich entschloss, das Studium aufzunehmen, um Kindergärtnerin zu werden. Sie betrieb einen privaten Kindergarten. Dessen Inventar bekam nach ihrer Deportation der Städtische Kindergarten in der Pilgerstraße. Aufgrund des Einsatzes ihres Neffen Dr. Paul Rehfeld wurde sie am 31. März 1941 entlassen, kam im September 1942 wieder nach Gurs und wurde am 29. Juni 1943 erneut entlassen. Ihr Leben ging am 20. Februar 1975 in Grésy-sur-Aix/Frankreich zu Ende. Anna Mayer, geboren am 28. August 1889 in Frankenthal, war ledig, von Beruf Kontoristin und wohnte bei ihren Eltern in der Wormser Straße 11. Im Jahre 1914 war sie "Prinzessin Karneval". Sie wurde am 22. Januar 1941 aus dem Lager Gurs entlassen. Dabei kam ihr zugute, dass ihr Schwager französischer Soldat gewesen war. Nach dem Ersten Weltkrieg war er als Besatzungssoldat nach Frankenthal gekommen. Ihn konnte sie benennen und zusichern, dass er sie unterstützen werde. Mehrmals wechselte sie ihren Wohnort. Sie starb am 3. März 1977 in Saclas, Kreis Essonne/Frankreich und wurde auf dem neuen Judenfriedhof in Frankenthal beigesetzt. Martha Mayer geb. Kaufmann kam am 22. April 1863 in Frankenthal zur Welt. Sie war die Witwe von Moses Mayer, der in der Wormser Straße 11 ein Bekleidungs- und Weißwarengeschäft betrieb, dem Synagogen-Ausschuss der Israelitischen Kultusgemeinde Frankenthal angehörte und am 15. April 1937 in Frankenthal verstorben war. Sie hatten drei Kinder. 1941 wurde sie aus dem Lager entlassen, weil ihr Schwiegersohn gegen die Festhaltung seines Sohnes Juda Peres in Gurs interveniert hatte und sie als Begleitperson anforderte. Sie zog zu ihrer Tochter Helene nach Tunis. 1948 kehrte sie nach Frankenthal zurück. Da aber das Anwesen Wormser Straße 11 zerstört war, ging sie zu ihrer Tochter Julie Hölz nach Heidelberg. Sie starb am 19. Februar 1953 in Heidelberg. Ihre Bestattung erfolgte auf dem neuen Judenfriedhof in Frankenthal. Anna Hermine Meisel, geboren am 7. November 1903 in Frankenthal, ledig, wohnte bei ihren Eltern in der Wormser Straße 48 und half diesen in ihrem Viktualiengeschäft, das Jakob und Lina Meisel geb. Kahn betrieben. 1941 kam sie von Lager Gurs in das Lager Rivesaltes. Von dort wurde sie an das Durchgangslager Drancy überstellt und kam am 14. August 1942 mit Transport Nr. 19 nach Auschwitz. Sie ist verschollen. Dr. Nathan Nathan, geboren am 18. April 1863 in Altenstadt (Hessen), ledig und Studienprofessor, war Lehrer an der Realschule. Er wohnte in der Gabelsbergerstraße 5 und war bei den Schülern sehr beliebt. Er definierte als Aufgabe der Schule "ohne die zur Ausbildung des Körpers nötigen Turnübungen zu vernachlässigen", den Kindern beizubringen "zu wissen, was recht ist, zu fühlen, schön ist und zu wollen, was gut ist". Er engagierte sich im Pfälzerwald-Verein und Altertumsverein. Sein Leben ging am 4. November 1940 in Gurs zu Ende (Grab Nr. 54). Der Stadtrat Frankenthal beschloss in seiner Sitzung am 13. Mai 2015, den Ehrenamtspreis nach ihm zu benennen. Juda Perez, geboren am 29. Juni 1932 in Kairouan/Tunesien, musste nach dem Besuch seiner Eltern in Frankenthal wegen der Goldenen Hochzeit seiner Großeltern Moses und Martha Mayer geb. Kaufmann bei diesen bleiben, weil er an Malaria erkrankt war. Auf Intervention seines Vaters durfte er 1941 mit seiner Großmutter Gurs verlassen. Im Jahre 2002 besuchte er auf Einladung der Stadtverwaltung die Stadt Frankenthal. Heute lebt er in Frankreich. Anna Karolina (auch Carolina) Rosenberg geb. Brunner, geboren am 3. April 1899 in Adelsheim, war mit ihren Eltern nach Frankenthal gekommen, als ihr Vater die Seifenfabrik Samuel Mohr übernommen hatte. Sie wohnte in der Vierlingstraße 13 und war die Ehefrau von Dr. Emil Rosenberg, den sie am 20. Juli 1921 in Frankenthal geheiratet hatte. Von 1927 bis 1933 war sie Erste Vorsitzende des Vereins für Frauen-Interessen. Am 10. November 1938 wurde ihre Wohnung von einem Nazi-Schlägertrupp heimgesucht, der das Mobiliar kurz und klein schlug und das Klavier und die Bibliothek durch das Fenster auf die Straße warf. Von Gurs kam sie über das Durchgangslager Drancy am 10. August 1942 mit Transport Nr. 17 nach Auschwitz. Sie wurde für tot erklärt. Dr. Emil Rosenberg, geboren am 7. November 1889 in Osann (heute Osann-Monzel) an der Mosel, Landgerichtsrat und Ehemann von Anna Karolina Brunner. Am 4. Oktober 1919 war er von Landau in der Pfalz nach Frankenthal in die Gabelsbergerstraße 3 gezogen, weil er als III. Staatsanwalt an das Amtsgericht Frankenthal berufen worden war. Danach war er als Richter am Amtsgericht Frankenthal tätig. Nach der Hochzeit zog er am 20. Juli 1921 zu seiner Ehefrau in die Vierlingstraße 13. Am 1. April 1933 wurde er als Richter an das Landgericht Frankenthal versetzt und zum Landgerichtsrat ernannt. Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde er zum 1. Mai 1933 in den Ruhestand versetzt. Er war Dritter und dann Zweiter Vorsitzender des Verbandes der Israelitischen Kultusgemeinden der Pfalz. Er arbeitete bei dessen Wohlfahrtsstelle in Ludwigshafen am Rhein, die am 1. November 1933 gegründet worden war. Bis zu seiner Deportation war er außerdem der juristische Berater der Bezirksstelle Pfalz der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in Ludwigshafen. Dass heute noch ein Teil des alten Judenfriedhofs erhalten ist, ist ihm zu verdanken, da er sich gegen dessen Räumung ausgesprochen hatte. Er erlitt dasselbe Schicksal wie seine Ehefrau. Das Ehepaar kam von Gurs über das Durchgangslager Drancy am 10. August 1942 nach Auschwitz; es wurde für tot erklärt. Im Frühjahr 2001 wurde in Frankenthal eine Straße am neuen Justizgebäude nach Emil Rosenberg benannt. Alfred Salmon, geboren am 14. Juni 1890 in Lambsheim, Kaufmann, Ehemann von Selma Lang, die er am 11. November 1920 in Frankenthal geheiratet hatte. Am 17. Juli 1924 war er von Lambsheim nach Frankenthal, Ludwigstraße 7 (heute August-Bebel-Straße) gezogen, weil er nach dem Tode seines Schwiegervaters Adolf Lang dessen Bekleidungsgeschäft, das sich in der Ludwigstraße 7 befand, weiterführte. Dieses wurde am 30. Juli 1932 an die Ecke Bahnhofstraße/Sedanstraße (heute Schnurgasse)verlegt. Am 1. Oktober 1934 zog Alfred Salmon mit seiner Familie in die Sedanstraße 1. Am 10. November 1938 schlug auch dort der Nazi-Mob alles kurz und klein. Alfred Salmon kam an diesem Tage in das Landgerichtsgefängnis und dann am 12. November 1938 ins KZ Dachau, wo er nach circa sechs Wochen entlassen wurde. Sein Leben ging am 18. September 1941 in Gurs zu Ende (Grab Nr. 831). Selma Salmon geborene Lang, geboren am 16. Februar 1893 in Frankenthal. Sie war die Ehefrau von Alfred Salmon und zog nach der Heirat zu diesem nach Lambsheim und mit diesem wieder nach Frankenthal zurück. Über das Durchgangslager Drancy kam sie am am 12. August 1942 mit dem Transport Nr. 18 nach Auschwitz. Sie ist seitdem verschollen. Edwin Adolf Salmon, geboren am 26. Januar 1925 in Lambsheim, ledig und Schüler, wohnte bei seinen Eltern zuletzt in der Sedanstraße 1. Über das Durchgangslager kam er wie seine Mutter nach Auschwitz. Im KZ Auschwitz wurde sein Tod am 23. Januar 1943 festgestellt. "Der Vorgang der Aktion selbst wurde von der Bevölkerung kaum wahrgenommen", schrieb der Chef der Sicherheitspolizei und der SD, Reinhard Heydrich, in seinem Brief an das Auswärtige Amt vom 29. Oktober 1940 zur Deportation. Dem war nicht so. Viele mussten es mitbekommen haben - doch keiner wagte es, etwas dagegen zu unternehmen.
Die am 22. Oktober 1940 verschleppten zehn Patienten der Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal
Clementine Adler, geboren am 3. August 1876 in Wetzlar, ledig. Sie war die Tochter der Rosalia Adler, die am 30. Juli 1849 in Neuleiningen (Pfalz) zur Welt gekommen war. Der Vater ist unbekannt, ebenso, warum die Mutter in Wetzlar aufhielt, denn sie war wohnhaft gemeldet im pfälzischen Grünstadt. Clementine Adler zog am 2. Oktober 1932 in Frankenthal zu und befand sich zuletzt in der Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal. Sie starb am 25. November 1940 in Gurs (Grab Nr. 209). Paul Theodor Fischer, geboren am 12. April 1911 in Frankenthal, ledig, wohnte bei seinen Eltern Eugen und Mina Fischer geb. Kahn und, nach dem Tode der Mutter am 30. September 1913 in Frankenthal, seiner Stiefmutter Elisabeth geb. Meyer. Zuletzt war er in der Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt und wurde am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Veronika Fränkel, geboren am 23. November 1856 in Roxheim, heute Bobenheim-Roxheim, ledig. Sie wohnte bei ihren Eltern Daniel und Babette Fränkel geb. Hirsch. Zuletzt war sie in der Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal untergebracht. Ihr Leben ging am 14. Januar 1943 in Gurs zu Ende (Grab Nr. 1052). Jakob Wilhelm - genannt Wilhelm - Grünewald, geboren am 20. Dezember 1905 in Edesheim, ledig und war von Beruf Stuhlflechter. Am 29. Oktober 1923 kam er in die Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal und von dort nach Gurs. Am 14. Januar 1942 kam er in ein Hospital in Limoux und wurde am 10. Mai 1957 in die Pfalzklinik Landeck verlegt. Er starb am 22. April 1958 in Klingenmünster und wurde dort auf dem Klinik-Friedhof beigesetzt (Grab Nr. 4249). Karoline (auch Caroline) Koch geb. Moses, geboren am 13. August 1861 in Glan-Münchweiler, ohne Beruf. Sie hatte am 22. März 1893 in Glan-Münchweiler Sigmund Koch geheiratet, der am 2. Dezember 1843 in Offenbach am Main auf die Welt gekommen und am 9. März 1904 in Kaiserslautern verstorben war. Sie kam am 27. Dezember 1938 von Frankfurt am Main in die Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal. Am 22. Oktober 1940 wurde sie nach Gurs deportiert. Das weitere Schicksal ist unbekannt. Emma Löb, geboren am 15. Juni 1879 in Friedelsheim, ledig und ohne Beruf. 1937 wurde sie in die Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt untergebracht. Sie kam von Gurs in die Klinik Lannemezan, Haute-Pyrénéés, wo ihr Leben am 8. Mai 1944 endete. Maximilian (auch Max) Michel, geboren am 11. März 1868 in Hertlingshausen (heute ein Ortsteil von Carlsberg (Pfalz), ledig. Zuletzt war er als Patient in der Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal untergebracht. Er wurde am 29. Oktober 1940 von Gurs in die Klinik Lannemezan, Haute-Pyrénéés, verlegt, wo sein Leben am 5. April 1941 zu Ende ging. Fanny Rajgrodsky (auch Reigrozsky), geboren am 19. Februar 1912 in Ulanow/Polen. Sie war ledig und wohnte in Ludwigshafen. 1934 wurde sie erstmals in die Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal eingewiesen. Sie kehrte kurze Zeit zu ihren Eltern David und Chaja, genannt Helene, Rajgrodsky, geborene Faß, nach Ludwigshafen zurück. 1936 erfolgte die zweite Einweisung. Am 22. Oktober 1940 wurde sie nach Gurs verschleppt. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Maximilian (auch Max) Schönfelder, geboren am 7. April 1887 in Rülzheim, ledig. Er wohnte bei seinen Eltern Heinrich und Johanna Schönfelder geb. Würzburger in Rülzheim, bevor er am 16. März 1939 nach Frankenthal verzog. Das geht aus der Broschüre "Zum Gedenken und zur Erinnerung" der Gemeinde Rülzheim hervor, die anlässlich des Besuchs ehemaliger jüdischer Mitbürger erstellt wurde. Schönfelder befand sich 1940 in der Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal. Er soll am 25. März 1942 in Gurs verstorben sein. Ein Grab von ihm ist aber in Gurs nicht zu finden. Ida Straaß geb. Trautmann, geboren am 6. Dezember 1865 in Bad Bergzabern, heiratete am 30. Juni 1892 in Bad Bergzabern Benjamin Straaß. Er war am 20. Februar 1867 in Lohnsfeld zur Welt gekommen und von Beruf Handelsmann und Makler. 1893 kam in Bad Bergzabern der Sohn Simon Lazarus zur Welt, doch die Ehe wurde bereits durch Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 20. November 1895 geschieden. Zuletzt war Ida Straaß in der Kreis-Kranken- und Pflegeanstalt Frankenthal untergebracht. Ihr Leben endete am 10. Februar 1941 in Gurs (Grab Nr. 650).
Quellenangabe: Paul Theobald: Artikelserie über die Deportation nach Gurs am 22. Oktober 1940 in der Tageszeitung "Die Rheinpfalz" vom 22.10. bis 24.10.2015 und vom 27.10. bis 29.10.2015 und
Paul Theobald: Jüdische Mitbürger in Frankenthal mit den Stadtteilen Eppstein und Flomersheim von 1800 bis 1940, Ausfertigung: August 2015