Benutzer:Philokretes/Spielwiese
Novemberrevolution(Hausaufgabe GE)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während die kriegsmüden Truppen und die von der kaiserlichen Regierung enttäuschte Bevölkerung das baldige Kriegsende erwarteten, plante in Kiel die deutsche Marineleitung unter Admiral Franz von Hipper eigenmächtig, die Flotte zu einer letzten Schlacht gegen die Royal Navy in den Ärmelkanal zu entsenden. Der Flottenbefehl vom 24. Oktober 1918 und die Vorbereitungen zum Auslaufen lösten zunächst eine Meuterei unter den betroffenen Matrosen und dann eine allgemeine Revolution aus, die in wenigen Tagen die Monarchie im Reich beseitigte. Die meuternden Matrosen wollten nicht im bereits verlorenen Krieg sinnlos geopfert werden. Zudem waren sie überzeugt, im Sinne der neuen Regierung zu handeln, die Friedensverhandlungen mit der Entente anstrebte. Deren Glaubwürdigkeit hätte ein gleichzeitiger Angriff der Flotte zunichtegemacht.
Der Matrosenaufstand begann auf Schillig-Reede vor Wilhelmshaven, wo die deutsche Hochseeflotte in Erwartung der geplanten Seeschlacht vor Anker gegangen war. In der Nacht vom 29. zum 30. Oktober 1918 kam es zur Befehlsverweigerung einiger Schiffsbesatzungen. Auf drei Schiffen des III. Geschwaders weigerten sich die Matrosen, die Anker zu lichten. Auf den Schlachtschiffen des I. Geschwaders Thüringen und Helgoland gingen Teile der Besatzungen zu offener Meuterei und Sabotageakten über. Als aber am 31. Oktober einige Torpedoboote ihre Geschütze auf diese Schiffe richteten, ergaben sich die Meuterer und ließen sich widerstandslos abführen.
Da die Marineleitung sich des Gehorsams der Mannschaften nicht mehr sicher war, ließ sie ihren Schlachtplan fallen und beorderte das Geschwader nach Kiel zurück. Nach einer störungsfreien Übung in der Helgoländer Bucht ließ Geschwaderkommandeur Vizeadmiral Kraft während der Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal 47 Matrosen der „Markgraf“, die als Haupträdelsführer galten, verhaften und in Kiel arrestieren.
Die Matrosen und Heizer versuchten nun, ein erneutes Auslaufen zu verhindern und die Freilassung ihrer Kameraden zu erreichen. Etwa 250 von ihnen trafen sich dazu am Abend des 1. November im Kieler Gewerkschaftshaus. Sie schickten Delegationen zu den Offizieren, die aber nicht angehört wurden. Daraufhin suchten sie verstärkt Kontakt zu Gewerkschaften, USPD und SPD. Nachdem die Polizei das Gewerkschaftshaus für den 2. November gesperrt hatte, versammelten sich am Folgetag mehrere tausend Matrosen und Vertreter der Arbeiter nachmittags auf dem Großen Exerzierplatz. Sie waren einem Aufruf des Matrosen Karl Artelt und des Werftarbeiters Lothar Popp, beide USPD-Mitglieder, gefolgt. Die Menge forderte unter der Losung Frieden und Brot die Freilassung der Meuterer, die Beendigung des Krieges und eine bessere Lebensmittelversorgung. Zuletzt zogen die Teilnehmer zur Arrestanstalt, um die verhafteten Matrosen zu befreien.
Um die Demonstranten kurz vor ihrem Ziel am weiteren Vordringen zu hindern, befahl ein Leutnant namens Steinhäuser seiner Patrouille, zunächst Warnschüsse, dann gezielte Schüsse in die Menge abzugeben. Dabei wurden sieben Personen getötet und 29 schwer verletzt. Auch aus der Demonstration heraus wurde geschossen. Steinhäuser wurde durch Kolbenhiebe und Schüsse schwer verletzt, aber entgegen später verbreiteter Aussagen nicht getötet. Nach dem Gewaltausbruch zogen sich sowohl die Demonstranten als auch die Patrouille zurück.
Dennoch wurde aus dem Massenprotest nun ein allgemeiner Aufstand. Am 4. November durchstreiften Gruppen Aufständischer die Stadt. In der großen Kasernenanlage im Norden Kiels kam es zu Demonstrationen. Karl Artelt organisierte den ersten Soldatenrat, dem bald weitere folgten. Soldaten und Arbeiter brachten die öffentlichen und militärischen Einrichtungen Kiels unter ihre Kontrolle. Der Gouverneur der Marinebasis, Wilhelm Souchon, sah sich gezwungen, zu verhandeln und die inhaftierten Matrosen freizulassen. Als entgegen seiner Absprache mit Artelt auswärtige Truppen zur Niederschlagung der Bewegung anrückten, wurden diese von den Aufständischen abgefangen. Sie kehrten entweder um oder schlossen sich der Aufstandsbewegung an. Damit war Kiel am Abend des 4. November fest in der Hand von etwa 40.000 revoltierenden Matrosen, Soldaten und Arbeitern.
Noch am selben Abend traf der SPD-Reichstagsabgeordnete Gustav Noske in Kiel ein. Um den Aufstand im Auftrag der neuen Reichsregierung und der SPD-Führung unter Kontrolle zu bringen, ließ er sich zum Vorsitzenden des Soldatenrats wählen. Einige Tage später übernahm er den Posten des Gouverneurs, während Lothar Popp Vorsitzender des Obersten Soldatenrats wurde. Noske gelang es in der Folgezeit, den Einfluss der Räte in Kiel zurückzudrängen. Die Ausweitung der Revolution auf Deutschland jedoch konnte er nicht verhindern.
Ausweitung auf das ganze Reich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kundgebung auf der Münchner Theresienwiese am 7. November 1918, die den Ausgangspunkt der Novemberrevolution in Bayern markiert
Novemberrevolution in Braunschweig, 8. November 1918: Die Delegation des Arbeiter- und Soldatenrates, die Herzog Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg zur Abdankung zwang (v.l.n.r.: Friedrich Schubert, Henry Finke, August Merges, Paul Gmeiner, Hermann Schweiß und Hermann Meyer.)
Abordnungen der revolutionären Matrosen schwärmten seit dem 4. November in alle größeren deutschen Städte aus. Sie stießen bei der Übernahme der zivilen und militärischen Macht fast nirgendwo auf Widerstand; nur in Lübeck und Hannover versuchten zwei örtliche Kommandeure, die militärische Disziplin mit Waffengewalt aufrechtzuerhalten. Am 6. November war Wilhelmshaven in der Hand eines Arbeiter- und Soldatenrats, am 7. November alle größeren Küstenstädte sowie Braunschweig, Frankfurt am Main, Hannover, Stuttgart und München. Dort wurde am selben Tag König Ludwig III. von Bayern gestürzt, als erster deutscher Bundesfürst. Nach einer Großdemonstration von Soldaten und Arbeitern floh er aus der Stadt. Kurt Eisner von der USPD rief in Bayern als erstem Land des Reiches die Republik aus und wurde vom Münchner Arbeiter- und Soldatenrat zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt. Bis zum 25. November sahen sich auch die übrigen deutschen Monarchen zur Abdankung gezwungen, als letzter Fürst Günther Victor von Schwarzburg Rudolstadt.
Die Arbeiter- und Soldatenräte bestanden zum weitaus größten Teil aus Anhängern von SPD und USPD. Ihre Stoßrichtung war demokratisch, pazifistisch und antimilitaristisch. Sie entmachteten neben den Fürsten nur die bis dahin allmächtigen militärischen Generalkommandos. Alle zivilen Behörden und Amtsträger des Kaiserreichs – Polizei, Stadtverwaltungen, Gerichte – blieben unangetastet. Auch Beschlagnahmungen von Eigentum oder Betriebsbesetzungen fanden kaum statt, da man solche Maßnahmen von einer neuen Reichsregierung erwartete. Um eine der Revolution und der künftigen Regierung verpflichtete Exekutive zu schaffen, beanspruchten die Räte zunächst nur die Oberaufsicht über die Behörden, die zuvor in den Händen der Generalkommandos gelegen hatte.
Die SPD erhielt dadurch eine reale Machtbasis auf lokaler Ebene. Doch während die Räte glaubten, damit im Interesse der neuen Ordnung zu handeln, sahen die Parteiführer der SPD in ihnen störende Elemente für einen friedlichen Machtwechsel, den sie schon vollzogen wähnten. Wie die bürgerlichen Parteien forderten sie möglichst rasche Wahlen zu einer Nationalversammlung, die über die endgültige Staatsform befinden sollte. Dies brachte sie bald darauf in einen Gegensatz zu einem großen Teil der Revolutionäre. Deren Forderungen versuchte vor allem die USPD aufzugreifen. Auch sie war für möglichst späte Wahlen zu einer Nationalversammlung, um schon vor deren Zusammentritt Fakten schaffen zu können, die den Erwartungen eines Großteils der Arbeiterschaft entsprachen.
Reaktionen in Berlin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Extra-Ausgabe des „Vorwärts“ vom 9. November 1918
Ebert war sich mit Max von Baden darin einig, dass eine soziale Revolution verhindert und die staatliche Ordnung unter allen Umständen aufrechterhalten bleiben müsse. Er wollte die bürgerlichen Parteien, die schon 1917 im Reichstag mit der SPD zusammengearbeitet hatten, sowie die alten Eliten des Kaiserreichs für den Staatsumbau gewinnen und eine befürchtete Radikalisierung der Revolution nach russischem Vorbild vermeiden. Dazu kam seine Furcht, die ohnehin prekäre Versorgungslage könne zusammenbrechen, wenn die Verwaltung von darin unerfahrenen Revolutionären übernommen würde. Er glaubte, die SPD werde in Zukunft zwangsläufig parlamentarische Mehrheiten erringen, die sie in die Lage versetzen würden, ihre Reformvorhaben umzusetzen. Aus diesen Gründen handelte er möglichst übereinstimmend mit den alten Mächten.
Um seinen Anhängern einen Erfolg vorweisen zu können, zugleich aber die Monarchie zu retten, forderte Ebert seit dem 6. November den Thronverzicht des Kaisers. Am 7. November erklärte er nach Aufzeichnungen Max von Badens: Wenn der Kaiser nicht abdankt, dann ist die soziale Revolution unvermeidlich. Ich aber will sie nicht, ja, ich hasse sie wie die Sünde. Doch Wilhelm II., der sich weiterhin im Hauptquartier der Obersten Heeresleitung im belgischen Spa aufhielt, spielte auf Zeit. Nachdem die Entente am 6. November Waffenstillstandsverhandlungen zugesagt hatte, hoffte er, an der Spitze der bald frei werdenden Fronttruppen ins Reich zurückkehren und die Revolution gewaltsam niederschlagen zu können. Max von Baden wollte nach Spa reisen, um den Kaiser persönlich von der notwendigen Abdankung zu überzeugen. Doch dazu kam es nicht mehr, da sich die Lage in Berlin rasch weiter zuspitzte.
9. November 1918: Ende der Monarchie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Revolutionäre Demonstranten am 9. November 1918 in Berlin, Unter den Linden
Ausrufung der Republik am 9. November 1918: Der SPD-Politiker Philipp Scheidemann spricht vom Westbalkon des Reichstagsgebäudes aus.
Flucht Wilhelms II. am 10. November 1918: Der vormalige Kaiser (Bildmitte bzw. vierter von links) auf dem Bahnsteig des belgisch-niederländischen Grenzübergangs Eysden kurz vor seiner Abreise ins niederländische Exil
Karl Liebknecht während einer Rede im Berliner Tiergarten, Dezember 1918
→ siehe auch Ausrufung der Republik in Deutschland
Am Abend des 8. November hatte die USPD 26 Versammlungen in Berlin einberufen, auf denen ein Generalstreik und Massendemonstrationen für den nächsten Tag angekündigt wurden. Ebert hatte daraufhin noch einmal ultimativ die Abdankung des Kaisers gefordert und wollte diesen Schritt auf den Versammlungen als Erfolg der SPD verkünden. Um möglichen Unruhen entgegenzutreten, ließ Prinz Max von Baden am Abend das als besonders zuverlässig geltende 4. Jägerregiment aus Naumburg an der Saale nach Berlin verlegen.
Doch selbst die Soldaten dieses Regiments waren nicht gewillt, auf Landsleute zu schießen. Als ihre Offiziere ihnen am frühen Samstagmorgen des 9. November Handgranaten aushändigten, schickten sie eine Abordnung zur Redaktion des sozialdemokratischen Parteiorgans Vorwärts, um Aufklärung über die Situation zu verlangen. Dort trafen sie auf den SPD-Reichstagsabgeordneten Otto Wels. Er konnte die Soldaten davon überzeugen, die Führung der SPD und ihre Politik zu unterstützen. Anschließend gewann er weitere Regimenter dafür, sich Ebert zu unterstellen.
Damit war die militärische Kontrolle über die Hauptstadt den Sozialdemokraten zugefallen. Doch Ebert fürchtete, sie könne ihnen rasch wieder entgleiten, wenn USPD und Spartakisten die Arbeiter bei den angekündigten Demonstrationen auf ihre Seite ziehen würden. Denn vormittags zogen Hunderttausende Menschen in mehreren Demonstrationszügen ins Zentrum von Berlin. Auf ihren Plakaten und Spruchbändern standen Parolen wie „Einigkeit“, „Recht und Freiheit“ und „Brüder, nicht schießen!“
Etwa zur gleichen Zeit erfuhr der Kaiser das Ergebnis einer Befragung unter 39 Kommandeuren: Auch die Frontsoldaten waren nicht mehr bereit, seinen Befehlen zu folgen. Am Abend zuvor hatte erstmals auch ein Garderegiment den Gehorsam verweigert. In Telegrammen aus Berlin bat die Reichsregierung ihn dringend um seine sofortige Abdankung, damit die Nachricht davon noch eine besänftigende Wirkung erzielen könne. Dennoch zögerte er weiter und erwog, nur als Deutscher Kaiser abzudanken, nicht aber als König von Preußen.
Schließlich handelte Max von Baden in Berlin auf eigene Faust. Ohne die Entscheidung aus Spa abzuwarten, gab er am Mittag dieses Tages folgende Erklärung heraus:
- Der Kaiser und König hat sich entschlossen, dem Throne zu entsagen. Der Reichskanzler bleibt noch so lange im Amte, bis die mit der Abdankung des Kaisers, dem Thronverzicht des Kronprinzen des Deutschen Reiches und von Preußen und der Einsetzung der Regentschaft verbundenen Fragen geregelt sind.
Als die Erklärung in Spa bekannt wurde, floh Wilhelm II. aus dem besetzten Belgien ins niederländische Exil, zunächst nach Amerongen, dann nach Doorn, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1941 lebte. Da er die Abdankungsurkunde erst am 28. November in Amerongen unterzeichnete, kam sein Grenzübertritt einer Fahnenflucht gleich. Das kostete ihn nun auch die Sympathien seiner Militärs.
Um weiter Herr der Lage bleiben zu können, forderte Ebert am Mittag des 9. November das Amt des Reichskanzlers für sich und bat Max von Baden, das Amt eines Reichsverwesers zu übernehmen. Dieser gab nur sein Kanzleramt ab. Damit glaubte Ebert, eine Übergangsregelung bis zur Bestellung eines Regenten gefunden zu haben.
Die Nachricht vom Thronverzicht des Kaisers kam zu spät, um auf die Demonstranten noch Eindruck zu machen. Niemand befolgte die in Sonderausgaben des Vorwärts veröffentlichten Aufrufe, nach Hause oder in die Kasernen zurückzukehren. Immer mehr Demonstranten forderten die Abschaffung der Monarchie. Karl Liebknecht, erst kurz zuvor aus dem Gefängnis entlassen, war sofort nach Berlin gereist und hatte am Vortag den Spartakusbund neu gegründet. Nun plante er die Ausrufung der sozialistischen Republik.
Beim Mittagessen im Reichstag erfuhr der stellvertretende SPD-Vorsitzende Philipp Scheidemann davon. Er wollte den Spartakisten nicht die Initiative überlassen und trat kurz entschlossen auf einen Balkon des Reichstagsgebäudes. Von dort verkündete er – gegen Eberts erklärten Willen – vor einer demonstrierenden Menschenmenge seinerseits die Republik mit den Worten:
- Der Kaiser hat abgedankt. Er und seine Freunde sind verschwunden, über sie alle hat das Volk auf der ganzen Linie gesiegt. Prinz Max von Baden hat sein Reichskanzleramt dem Abgeordneten Ebert übergeben. Unser Freund wird eine Arbeiterregierung bilden, der alle sozialistischen Parteien angehören werden. Die neue Regierung darf nicht gestört werden in ihrer Arbeit für den Frieden und der Sorge um Arbeit und Brot. Arbeiter und Soldaten, seid euch der geschichtlichen Bedeutung dieses Tages bewußt: Unerhörtes ist geschehen. Große und unübersehbare Arbeit steht uns bevor. Alles für das Volk. Alles durch das Volk. Nichts darf geschehen, was der Arbeiterbewegung zur Unehre gereicht. Seid einig, treu und pflichtbewusst. Das alte und morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue. Es lebe die deutsche Republik!
Erst Stunden später veröffentlichten Berliner Zeitungen, dass Liebknecht im Berliner Lustgarten – wahrscheinlich fast gleichzeitig – die sozialistische Republik ausgerufen hatte, auf die er gegen 16 Uhr eine im Hof des Berliner Stadtschlosses versammelte Menschenmenge nochmals einschwor:
- Parteigenossen, ich proklamiere die freie sozialistische Republik Deutschland, die alle Stämme umfassen soll. In der es keine Knechte mehr geben wird, in der jeder ehrliche Arbeiter den ehrlichen Lohn seiner Arbeit finden wird. Die Herrschaft des Kapitalismus, der Europa in ein Leichenfeld verwandelt hat, ist gebrochen.
Liebknechts Ziele, die mit den Forderungen des Spartakusbundes vom 7. Oktober übereinstimmten, waren bis dahin noch kaum öffentlich bekannt geworden. Dazu gehörten vor allem die Umgestaltung der Wirtschaft, des Militärs und der Justiz, u. a. die Abschaffung der Todesstrafe. Zum größten Streitpunkt mit der SPD wurde die Forderung, schon vor der Wahl einer verfassunggebenden Nationalversammlung einige kriegswichtige Wirtschaftsbereiche zu sozialisieren, d. h. der direkten Kontrolle von Arbeitervertretern zu unterstellen. Die MSPD dagegen wollte die zukünftige Wirtschaftsordnung Deutschlands der Konstituante überlassen.
Um der revolutionären Stimmung die Spitze zu nehmen und die Forderung der Demonstranten nach Einigkeit der Arbeiterparteien zu erfüllen, bot Ebert der USPD nun den Eintritt in die Regierung an und erklärte sich bereit, Liebknecht als Minister zu akzeptieren. Dieser forderte die Kontrolle der Arbeiterräte über die Soldaten und machte seine Regierungsbeteiligung davon abhängig. Wegen der Debatten darüber und weil sich der Parteivorsitzende Hugo Haase in Kiel aufhielt, konnten sich die USPD-Vertreter an diesem Tag nicht mehr über Eberts Angebot einigen.
Weder die vorzeitige Verkündung des kaiserlichen Thronverzichts durch Max von Baden und seine Übergabe des Kanzleramts an Ebert noch die Ausrufung der Republik durch Scheidemann waren verfassungsrechtlich gedeckt. All dies waren im Grunde revolutionäre Handlungen von Akteuren, welche die Revolution nicht wollten, die aber dennoch dauerhafte Fakten schufen. Noch am selben Abend fand dagegen eine bewusst revolutionäre Aktion statt, die sich jedoch am Ende als vergeblich erweisen sollte.
Gegen 20 Uhr besetzte eine Gruppe von 100 Revolutionären Obleuten aus Berliner Großbetrieben den Reichstag und bildete ein Revolutionsparlament. Bei den Obleuten handelte es sich weitgehend um dieselben Personen, die schon im Januarstreik als Streikführer aufgetreten waren. Sie misstrauten der SPD-Führung und hatten im Bündnis mit der USPD-Linken und der Spartakusgruppe bereits seit Wochen auf eine Revolution hingearbeitet. Vom Matrosenaufstand überrascht, hatten sie zunächst den 11. November als Termin für den Umsturz vorgesehen. Nachdem aber am 8. November der Militärexperte der Gruppe, Ernst Däumig, der alle Aufstandspläne bei sich trug, verhaftet worden war, entschloss sich das Bündnis zu sofortigem Handeln. Um Ebert die Initiative zu entreißen, beschloss das Revolutionsparlament, Wahlen für den nächsten Tag auszurufen: Jeder Berliner Betrieb und jedes Regiment sollte an diesem Sonntag Arbeiter- und Soldatenräte bestimmen, die dann eine aus beiden Arbeiterparteien bestehende Revolutionsregierung wählen sollten. Dieser Rat der Volksbeauftragten sollte nach dem Willen der Obleute die Beschlüsse des Revolutionsparlaments ausführen und Eberts Funktion als Reichskanzler ersetzen.
10. November 1918: SPD-Führung gegen Revolutionäre Obleute
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hugo Haase und zwei weitere USPD-Mitglieder traten am 10. November in den Rat der Volksbeauftragten ein
Die SPD-Führung erfuhr noch am Samstagabend von den Plänen der Revolutionären Obleute. Da die Wahlen zur Räteversammlung und diese selbst nicht mehr zu verhindern waren, schickte Ebert noch in der Nacht und am folgenden frühen Morgen Redner zu allen Berliner Regimentern und in die Betriebe. Sie sollten die Wahlen zu seinen Gunsten beeinflussen und die ohnehin geplante Regierungsbeteiligung der USPD bekannt geben.
Diese Aktivitäten entgingen wiederum den Obleuten nicht. Als absehbar war, dass Ebert auch in der neuen Regierung den Ton angeben würde, planten sie, der Räteversammlung außer der Wahl einer Regierung auch die Einsetzung eines Aktionsausschusses vorzuschlagen. Dieser sollte die Tätigkeit der Arbeiter- und Soldatenräte koordinieren. Die Obleute hatten für diese Wahl schon eine Namensliste vorbereitet, auf der die SPD nicht vertreten war. So hofften sie, eine ihnen genehme Kontrollinstanz über der Regierung installieren zu können.
In der Versammlung, die am Nachmittag des 10. November im Circus Busch zusammentrat, stand die Mehrheit auf Seiten der SPD: fast alle Soldatenräte und ein Großteil der Arbeitervertreter. Sie wiederholten nun die Forderung nach „Einigkeit der Arbeiterklasse“, die am Vortag von den Revolutionären aufgestellt worden war und nutzten die Parole jetzt, um Eberts Linie durchzusetzen. In den sechsköpfigen „Rat der Volksbeauftragten“, der nun gewählt wurde, entsandte die USPD wie geplant drei ihrer Vertreter: ihren Vorsitzenden Haase, den Reichstagsabgeordneten Wilhelm Dittmann und Emil Barth für die Revolutionären Obleute. Die drei SPD-Vertreter waren Ebert, Scheidemann und der Magdeburger Reichstagsabgeordnete Otto Landsberg.
Ausweiskarte Emil Barths als Mitglied des Vollzugsrats des Arbeiter- und Soldatenrats, unterschrieben von Richard Müller und Brutus Molkenbuhr als Vorsitzenden des Rates
Der für die SPD-Führung überraschende Vorschlag der Obleute, zusätzlich einen Aktionsausschuss als Kontrollorgan zu wählen, löste hitzige Debatten aus. Ebert erreichte schließlich, dass auch dieser 24-köpfige Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte Großberlin paritätisch mit SPD- und USPD-Mitgliedern besetzt wurde. Vorsitzender des Vollzugsrates wurde Richard Müller, der Sprecher der Revolutionären Obleute. Auch die USPD-Mandate des Rates wurden von den Obleuten besetzt. Der Vollzugsrat beschloss, für Dezember einen Reichsrätekongress nach Berlin einzuberufen.
Obwohl Ebert die bestimmende Rolle der SPD gewahrt hatte, war er mit den Ergebnissen unzufrieden. Er sah das Räteparlament und den Vollzugsrat nicht als Hilfen, sondern nur als Hindernisse auf dem Weg zu einer Staatsordnung, die nahtlos an das Kaiserreich anknüpfen sollte. Die gesamte SPD-Führung betrachtete hauptsächlich die Räte, nicht aber die alten Eliten aus Militär und Verwaltung als Gefahr. Sie überschätzte erheblich deren Loyalität zur neuen Republik. Ebert störte vor allem, dass er vor ihnen nun nicht mehr als Reichskanzler, sondern nur noch als Vorsitzender einer Revolutionsregierung auftreten konnte. Konservative betrachteten ihn in der Tat als Verräter, obwohl er nur deshalb an die Spitze der Revolution getreten war, um sie zu bremsen.
Delegation der Alliierten vor dem Salonwagen in Compiègne, in dem der Waffenstillstand unterzeichnet wurde, mit dem der Erste Weltkrieg endete. Zweiter von rechts in der vorderen Reihe: der französische Delegationsleiter Marschall Foch
Während der achtwöchigen Doppelherrschaft von Räten und Reichsregierung war letztere immer dominant. Die höheren Beamten arbeiteten allein Ebert zu, obwohl Haase im Rat formal gleichberechtigter Vorsitzender war. Den Ausschlag in der Machtfrage gab noch am Abend des 10. November ein Telefonat Eberts mit General Wilhelm Groener, dem neuen 1. Generalquartiermeister im belgischen Spa. Dieser sicherte Ebert die Unterstützung des Heeres zu und erhielt dafür Eberts Zusage, die militärische Rangordnung wiederherzustellen und gegen die Räte vorzugehen.
Hinter dem geheimen Ebert-Groener-Pakt stand die Sorge der SPD-Führung, die Revolution könne in eine Räterepublik nach russischem Vorbild münden. Die Erwartung, das kaiserliche Offizierskorps damit für die Republik gewinnen zu können, sollte sich jedoch nicht erfüllen. Gleichzeitig wurde Eberts Verhalten für die revolutionären Arbeiter und Soldaten und ihre Vertreter zunehmend unverständlich. So büßte die SPD-Führung immer mehr Vertrauen bei ihren Anhängern ein, ohne an Sympathien bei den Gegnern der Revolution zu gewinnen.
In den Turbulenzen dieses Tages war fast untergegangen, dass die Regierung Ebert am Morgen nach einer erneuten Aufforderung durch die OHL die harten Bedingungen der Entente für einen Waffenstillstand akzeptiert hatte. Am 11. November unterzeichnete der Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger im Auftrag Berlins das Waffenstillstandsabkommen von Compiègne. Damit endeten die Kampfhandlungen des Ersten Weltkrieges.
Stinnes-Legien-Abkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]→ Hauptartikel: Stinnes-Legien-Abkommen
Wie über die Staatsordnung, so hegten die Revolutionäre auch über die künftige Wirtschaftsordnung sehr unterschiedliche Vorstellungen. Sowohl in der SPD als auch in der USPD weit verbreitet war die Forderung, zumindest die kriegswichtige Schwerindustrie demokratischer Kontrolle zu unterstellen. Die linken Flügel beider Parteien und die Revolutionären Obleute wollten darüber hinaus eine direkte Demokratie im Produktionsbereich etablieren. Die dort gewählten Delegierten sollten auch die politische Macht kontrollieren. Diese Rätedemokratie zu verhindern, lag nicht nur im Interesse der SPD, sondern auch in dem der Gewerkschaften, die durch die Räte überflüssig zu werden drohten.
Parallel zu den Revolutionsereignissen trafen sich daher der Vorsitzende der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands, Carl Legien, sowie weitere Gewerkschaftsführer vom 9. bis 12. November in Berlin mit den Vertretern der Großindustrie unter Hugo Stinnes und Carl Friedrich von Siemens. Am 15. November unterzeichneten sie ein Arbeitsgemeinschaftsabkommen, das beiden Seiten Vorteile brachte: Die Gewerkschaftsvertreter sagten zu, für einen geordneten Produktionsverlauf zu sorgen, wilde Streiks zu beenden, den Einfluss der Räte zurückzudrängen und eine Sozialisierung von Produktiveigentum zu verhindern. Die Arbeitgeber garantierten im Gegenzug die Einführung des 8-Stunden-Tages und erkannten den Alleinvertretungsanspruch der Gewerkschaften an. Beide Seiten bildeten eine Zentralarbeitsgemeinschaft mit einem paritätisch besetzten Zentralausschuss an der Spitze. Auf Verbandsebene sollten Schlichtungsausschüsse, die gleichfalls paritätisch besetzt wurden, bei künftigen Konflikten vermitteln. Außerdem wurde vereinbart, Arbeiterausschüsse in jedem Betrieb mit mehr als 50 Arbeitern zu bilden. Gemeinsam mit den Unternehmensleitungen sollten sie die Einhaltung von Tarifverträgen überwachen.
Damit hatten die Gewerkschaften einiges von dem erreicht, was sie seit Jahren vergeblich gefordert hatten. Zugleich hatten sie alle Bestrebungen nach Sozialisierung von Produktionsmitteln unterlaufen und die Räte weitgehend ausgeschaltet.
Übergangsregierung und Rätebewegung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rat der Volksbeauftragten vor dem Austritt der USPD-Mitglieder. Von links: Emil Barth (USPD), Otto Landsberg (MSPD), Friedrich Ebert (MSPD), Hugo Haase (USPD), Wilhelm Dittmann (USPD), Philipp Scheidemann (MSPD)
Der Reichstag wurde seit dem 9. November nicht mehr einberufen. Der Rat der Volksbeauftragten und der Vollzugsrat hatten die alte Regierung ersetzt. Doch der bisherige Verwaltungsapparat bestand fast unverändert fort. Vertreter von SPD und USPD wurden den bis dahin kaiserlichen Beamten nur beigeordnet. Diese behielten ebenso allesamt ihre Funktionen und setzten ihre Arbeit zum großen Teil unverändert fort.
Bekanntmachungsplakat der Revolutionsregierung vom 12. November 1918
Am 12. November veröffentlichte der Rat der Volksbeauftragten sein demokratisches und soziales Regierungsprogramm. Er hob den Belagerungszustand und die Zensur auf, schaffte die Gesindeordnung ab und führte das allgemeine Wahlrecht ab 20 Jahren ein, erstmals auch für Frauen. Alle politisch Inhaftierten erhielten Amnestie. Bestimmungen zur Vereins-, Versammlungs- und Pressefreiheit wurden erlassen. Auf der Basis des Arbeitsgemeinschaftsabkommens wurde der 8-Stunden-Tag vorgeschrieben und Leistungen der Erwerbslosenfürsorge, der Sozial- und Unfallversicherung ausgeweitet.
Auf Druck der USPD-Vertreter setzte der Rat der Volksbeauftragten am 21. November eine Sozialisierungskommission ein. Ihr gehörten u. a. Karl Kautsky, Rudolf Hilferding und Otto Hue an. Sie sollte prüfen, welche Industrien „sozialisierungstauglich“ seien, und eine Verstaatlichung der Montanindustrie vorbereiten. Diese Kommission tagte bis zum 7. April 1919 ohne jedes greifbare Ergebnis. Nur im Kohle- und Kalibergbau sowie in der Stahlindustrie wurden „Selbstverwaltungskörperschaften“ eingesetzt, aus denen die heutigen Betriebsräte hervorgingen. Eine sozialistische Enteignung wurde nicht eingeleitet.
Die SPD-Führung arbeitete lieber mit der alten Verwaltung zusammen als mit den neuen Arbeiter- und Soldatenräten, da sie diesen keine geordnete Versorgung der Bevölkerung zutraute. Das führte seit Mitte November zu ständigen Konflikten mit dem Vollzugsrat. Dieser wechselte seine Position laufend, je nach den Interessen derer, die er gerade vertrat. Ebert entzog ihm daraufhin mehr und mehr Kompetenzen mit dem Ziel, das „Herum- und Hereinregieren der Räte in Deutschland“ endgültig zu beenden. Er und die SPD-Führung überschätzten allerdings nicht nur die Macht der Rätebewegung, sondern auch die des Spartakusbundes bei weitem. So kontrollierten die Spartakisten beispielsweise nie die Rätebewegung, wie Konservative und Teile der SPD glaubten.
Rückkehrende Fronttruppen werden bei ihrem Einzug in Berlin begrüßt, Anfang Dezember 1918
Die Arbeiter- und Soldatenräte lösten u. a. in Leipzig, Hamburg, Bremen, Chemnitz und Gotha die Stadtverwaltungen auf und unterstellten sie ihrer Kontrolle. In Braunschweig, Düsseldorf, Mülheim an der Ruhr und Zwickau wurden außerdem alle kaisertreuen Beamten verhaftet. In Hamburg und Bremen wurden „Rote Garden“ gebildet, die die Revolution schützen sollten. In den Leunawerken bei Merseburg setzten Räte die Konzerndirektion ab. Häufig wurden die neuen Räte spontan und willkürlich bestimmt und besaßen keinerlei Führungserfahrung. Einige waren korrupt und handelten eigennützig. Den neu ernannten Räten stand eine große Mehrheit von gemäßigten Räten gegenüber, die sich mit der alten Verwaltung arrangierten und gemeinsam mit ihr dafür sorgten, dass in Betrieben und Städten schnell wieder Ruhe einkehrte. Sie übernahmen die Verteilung der Nahrungsmittel, die Polizeigewalt sowie die Unterbringung und Verpflegung der allmählich heimkehrenden Frontsoldaten. Verwaltung und Räte waren aufeinander angewiesen: Die einen verfügten über Wissen und Erfahrung, die anderen über politischen Einfluss.
Meist waren SPD-Mitglieder in die Räte gewählt worden, die ihre Tätigkeit als Übergangslösung betrachteten. Für sie wie für die Mehrheit der übrigen Bevölkerung stand 1918/19 die Einführung einer Räterepublik oder gar einer bolschewistischen Rätediktatur in Deutschland nie zur Debatte. Vielmehr unterstützte eine Mehrheit der Räte das parlamentarische System und die Wahl zu einer Verfassungsgebenden Nationalversammlung, da sich die jahrzehntelange Praxis der Reichstagswahlen und die parlamentarische Arbeit der SPD in ihren Augen bewährt hatten.
Viele wollten die neue Regierung stützen und erwarteten von ihr die Abschaffung des Militarismus und des Obrigkeitsstaates. Kriegsmüdigkeit und Not ließen einen Großteil der Menschen auf eine friedliche Lösung hoffen und führten dazu, dass sie die Stabilität des Erreichten teilweise überschätzten.