Benutzer:Tvwatch/Alexei Alexeiewitsch Jepischew

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Alexei Alexeiewitsch Jepischew (russisch Алексе́й Алексе́евич Е́пишев; * 19. Mai 1908 in Astrachan; † 15. September 1985 in Moskau)[1] war ein sowjetischer Armeegeneral,1951-1953 stellvertretender Minister für Staatssicherheit der UdSSR, und als Leiter der Politischen Hauptverwaltung der Roten Armee und -flotte von 1962 bis 1985 deren oberster Politoffizier.

Jepischew war Sohn eines Arbeiters oder Angestellten[2][3] russischer Herkunft[1][4] und arbeitete ab 1923 in den Werkstätten einer Fischereigesellschaft, wo er in die kommunistische Jugendorganisation Komsomol eintrat. 1927 wurde er Sekretär der Konsomol-Organisation des Unternehmens, dann Dozent und Abteilungsleiter des Komsomol-Kreiskomitees für Kunstseide.[2] 1929 wurde er Mitglied der Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) und arbeitete als Ausbilder des Stadtbezirkskomitees der Partei.[1][3]

1930 trat Jepischew in die Rote Armee ein und wurde zum Politoffizier ausgebildet. 1938 besuchte er die Militärakademie für Mechanisierung und Motorisierung (RKKA). Jepischew erhielt aber kein militärisches Kommando, sondern wurde im Juni 1938 im Auftrag der Armee in die Ukraine geschickt, wo er in der Parteiorganisation des Panzerherstellers „Komintern“ (heute „Malyschew-Werke), der Produktionsstätte des Sowjetpanzers T-34,[5] in Charkow tätig war. Gleichzeitig wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei der Ukraine, deren Mitglied er bis 1952 blieb.[6]

Im März 1940 ernannte man Jepischew zum 1. Sekretär des des Gebiets- und Stadtkomitees Charkow der ukrainischen KP,[2][6] vom Mai 1940 bis Januar 1949 war er im Organisationskomitee des Präsidiums der Kommunistischen Partei der Ukraine.[7] In dieser Zeit lernte Jepischew Nikita Chruschtschow kennen, dem er zeitweilig in der Kaderabteilung der ukrainischen KP direkt unterstellt war.[8]

Politisch war Jepischew ein „Stalinist der alten Schule“.[9] Schon in den parteiinternen Auseinandersetzung um die Nachfolge Lenins in den 1920er und frühen 1930er Jahren stellte er sich auf die Seite Stalins gegen Trotzki, Sinowjew und Bucharin.[2]

Im 2. Weltkrieg

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Nach Ausbruch des Deutsch-Sowjetischen Kriegs 1941 leitete Jepischew als Kommissar die Freiwilligeneinheiten zur Verteidigung Charkows gegen die Deutschen und organisierte die Partisanenbewegung des Gebiets. Nach dem Fall der Stadt im Oktober 1941 wurde er in den mittleren Ural evakuiert und fungierte als 1. Parteisekretär der Stadt Nischni Tagil.[2][6]

1942/43 arbeitete Jepischew zunächst als Organisator in der Kaderabteilung des ZK der KPdSU,[7] fungierte als stellvertretender Volkskommissar für „mittleren Maschinenbau“, einem Tarnbegriff für die Entwicklung der sowjetischen Atombombe,[9][10] und wurde dann Bevollmächtigter des Militärrates der Stalingrad-Front,[2][6] wo er erneut auf Chruschtschow traf und mit dem er die nächsten Jahre kontinuierlich zusammen arbeitete.[8][11]

Im Mai 1943 wurde Jepischew zum Generalmajor ernannt und war daraufhin bis Oktober 1943 Mitglied des Militärrats der 40. Armee der Woronescher Front, die in diesem Zeitraum an der Schlacht um Kursk und der Schlacht am Dnepr beteiligt war. Bis 1945 war Jepischew in gleicher Funktion Militärberater der 38. Armee (1. Ukrainische Front), mit der er an der Befreiung von Kiew im November 1943 sowie 1944 an der Rückeroberung von Schytomyr, der Proskurow-Czernowitzer Operation, der Lwiw-Sandomierz-Operation, der Karpaten-Dukla-Operation sowie 1945 an der Befreiung von Mährisch-Ostrau und Prag teilnahm. 1945/46 war er erneut im Militärrat der 40. Armee.[3][6]

Parteifunktionär der ukrainischen KP

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Ab Mai 1946 arbeitete Jepischew als Sekretär für Kaderfragen im Zentralkomitees der ukrainischen KP[3] und leitete unter Nikita Chruschtschow die Säuberung der Ukraine von Kollaborateuren und den Mitgliedern der Ukrainischen Aufstandsarmee (UIA).[8][9] Ende 1949/Anfang 1950 wurde er Erster Sekretär des regionalen Oblast-Parteikomitees (Obkom) des Bezirks Odessa[12] und absolvierte einen Schulungskurs an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU.[3] Einer seiner Obkom-Kollegen in der südlichen Ukraine war Leonid Breschnew, mit dem er bereits im Krieg während seiner Tätigkeit bei der 1. Ukrainischen Front zusammen gearbeitet hatte.[12][13]

Nach einem zweijährigen Zwischenspiel im Moskauer Staatssicherheitsministeriums MGB (1951-1953) nahm Jepischew von Ende März 1953 bis September 1955 in Odessa erneut seine alte Funktion als Erster Sekretär des Obkom wahr.[3][12]

Politische Gremientätigkeit

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Als Funktionär in immer höheren Partei- und Staatsfunktionen wurde Jepischew auch Mitglied zahlreicher Partei- und Staatsgremien. 1937 bis 1946 war er erstmals Delegierter des höchsten Staatsorgans der UdSSR, des Obersten Sowjets, und wurde in der III. (1950), IV. (1954) sowie ab der VI. Sitzungsperiode (1962) bis zu seinem Tod durchgehend wieder gewählt.[3]

Im Oktober 1952 wurde er auf dem 19. Kongress der KPdSU zum Kandidaten des Zentralkommitees, der zentralen administrative Einrichtung der Partei, gewählt, ebenso auf dem 20. (1956) und 22. Kongress (1961) der Partei, an denen er aber aufgrund seiner Tätigkeit als Botschafter nicht teilnahm.[4] Von 1964 bis zu seinem Tod war er dann Mitglied des ZK der KPdSU.

Im März 1954 wurde Jepischew auf dem 18. Kongress der ukrainischen KP in ihr Zentralkommitee gewählt. Ebenfalls 1954 wurde er Delegierter des Obersten Sowjet der Russischen Sowjetrepublik.

Im Ministerium für Staatssicherheit

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Im August 1951 wurde Jepischew, der inzwischen als Chruschtschow-Protegé galt, überraschend von Stalin zum Stellvertretenden Minister für Staatssicherheit und Leiter der Kaderabteilung des MGB ernannt.[14] Seine Ernennung erfolgte im Zuge der Säuberung des Ministeriums von den Gefolgsleuten des am 4. Juli 1951 amtsenthobenen Ministers Wiktor Semjonowitsch Abakumow und sollte „die Parteikontrolle innerhalb des MGB stärken“. Doch Jepischew stieß als im Geheimdienstfragen unerfahrener Apparatschik auf internen Widerstand. Seine Vorschläge wurden ignoriert und leitende Posten ohne Rücksprache mit ihm besetzt. Später erklärte Jepischew dazu, er habe an vielen Kleinigkeiten erkannt, dass irgendjemand ihn auf diesem Posten nicht wollte, womit er das Politbüromitglied Lawrenti Beria meinte.[15][16]

Der Aussage des sowjetischen Geheimdienst-Mordexperten Pawel Sudoplatow zufolge gehörte Jepischew zu einem MGB-Kommittee, das kurz vor Stalins Tod die Ermordung des jugoslawischen Staatschefs Tito plante.[17] Nach Stalins Tod und der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit im März 1953 wurde Jepischew von Beria entlassen,[18] verlor außerdem seinen Sitz im „Obersten Sowjet“[19] und wurde in die Ukraine zurück geschickt. Jepischew selbst schilderte dem Militärhistoriker Dmitri Wolkogonow gegenüber diese Ereignisse so: [20]

„Nur mit Mühe gelang es mir, aus Berijas Räuberhöhle auszubrechen. Nach mehrmaligen Gesuchen, mich wieder in die Parteiarbeit zurückzuschicken, stieß Berija drohend aus: «Du willst nicht mit mir arbeiten? Nun gut - wie du möchtest ...» Einige Tage darauf schickte man mich nach Odessa ... Ich wurde erneut zum 1. Sekretär des Gebietskomitees gewählt. Kurz danach erschien der Chef der Gebietsverwaltung des Innenministeriums bei mir und forderte mich auf, ab morgen zu Hause zu bleiben. Ich wußte, was das bedeutete: Verhaftung von einem Tag auf den anderen ... Mich rettete wie durch ein Wunder ein glücklicher Zufall: Berija wurde in eben diesen Tagen selbst verhaftet“.

Beria, der den Machtkampf mit Chruschtschow verloren hatte, wurde im Juni 1953 verhaftet und später erschossen. In nichtwissenschaftlicher Literatur wird kolportiert, dass Jepischew dabei die Vernehmung des Inhaftierten leitete.[21]

Andropow

Anschließend war Jepischew im diplomatischen Dienst tätig. Von August 1955 bis Anfang 1961 war er Botschafter in Rumänien und zwischen Januar 1961 und April 1962 in Jugoslawien.[3][4]

In Rumänien fungierte Jepischew als Mittelsmann zwischen Chruschtschow und der dortigen Parteiführung und hielt dafür enge Kontakte zu Gheorghiu-Dej, damals Erster Sekretär der rumänischen KP, dem rumänischen Ehrenpräsidenten Petru Groza und zahlreichen regionalen Parteiführern.[22]

Auch in seiner Zeit als Botschafter stützte er Chruschtschow bei dessen Kampf um die politische Vorherrschaft in Moskau. Als im Politbüro der KPdSU im Juli 1957 nach einem misslungenen Putschversuch gegen Chruschtschow die Gruppe um Malenkow entmachtet und ausgeschlossen wurde, erklärte Jepischew in Bukarest den rumänischen Genossen „jubilierend und nachdrücklich, »Das heißt, Malenkow, Molotow, Kaganowitsch und Schepilow wurden vollständig geschlagen.«“[23]

1956 war er in Rumänien an den Verhandlungen beider Länder über die Stationierung von Sowjettruppen und über sowjetische Wirtschaftshilfe beteiligt, 1957 verhandelte er über die Rechte der Sowjettruppen in Rumänien. 1958 unterstützte er Chruschtschow bei den Verhandlungen über den von Gheorghiu-Dej forcierten Abzug der sowjetischen Truppen aus Rumänien, 1959 begleitete er Chruschtschow auf seinem Staatsbesuch in Rumänien und nahm an dessen Gesprächen mit rumänischen Politikern teil. 1960 war er Mitglied der von Chruschtschow geführten Delegation auf dem 3. Kongreß der rumänischen Arbeiterpartei.[22][24]

Im August 1961 traf er sich mit Tito, um diesem die sowjetische Position zur Atomfrage und zum Mauerbau in Berlin zu erläutern.[25]

Als oberster Politoffizier der Roten Armee

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1962 wurde Jepischew unter Chruschtschow als „Wachhund der Partei“[16] Leiter der Politischen Hauptverwaltung der Sowjetarmee und sicherte in den nächsten zwei Jahrzehnten das Primat der KPdSU auch innerhalb der militärischen Kräfte. 1970 betonte er: „Die politischen Behörden und Dienststellen sind, bedingt durch Inhalt und Charakter ihrer Arbeit, Parteiorgane. Gleichzeitig aber üben sie die Funktionen eines militär-politischen Apparats aus, und verbunden damit sind sie mit genau umrissenen administrativen Rechten ausgestattet. Dies wird bestimmt durch den besonderen Charakter der Entwicklung und Aufgaben der bewaffneten Kräfte.“[26] Und vor Politoffizieren der Roten Armee erklärte er einige Jahre später, ihre Aufgabe sei es, „jeder ideologische Abweichung entgegenzutreten, die revolutionäre Wachsamkeit zu erhöhen, das Militär von der Unbezwingbarkeit des Sozialismus zu überzeugen und in der Armee den Hass auf die Feinde des Sozialismus einzupflanzen.“[27]

Soweit es um die Darstellung von militärischen Ereignissen und Personen ging, griff Jepischew auch in den Kulturbereich ein. 1966 kritisierte er in einem Aufsatz in der Militärzeitschrift Roter Stern scharf die Literatur über den Zweiten Weltkrieg und nannte dabei namentlich Alexander Twardowski und Wassil Bykau.[28] Die Veröffentlichung weiterer kritischer Betrachtungen, wie einen vom Schriftsteller Konstantin Simonow 1965 verfassten Aufsatz über den negativen Einfluss des Stalinsmus auf die Führung der Roten Armee, verhinderte er.[29]

Jepischew Hauptaufgabe war die eines Cheftheoretikers der Roten Armee, der die sowjetische Militärdoktrie in der Sowjetarmee und den Armeen des Warschauer Pakts durch Gespräche, Konferenzen und Buchveröffentlichungen vermittelte und ihre Einhaltung überwachte.[30] Verteidigungspolitische Alleingänge, wie sie von Jugoslawien und Rümänien unternommen worden waren, lehnte er ab. In Zeiten der nuklearen Hochrüstung hielt er eine strenge zentrale Führung und Überwachung der Warschauer-Pakt-Truppen für unumgänglich. Deshalb war die Kontrolle der Zuverlässigkeit der multi-ethnischen Rekruten in den beteiligten Streitkräften ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit.[31] Einen Atomkrieg hielt Jepischew für ein zwar letztes, aber einsetzbares Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele. 1966 wandte er sich auf dem 23. Kongress der KPdSU ausdrücklich gegen „falsche und wirre Meinungen“ über die Folgen eines Atombombeneinsatzes und betonte, die Sowjetunion würde jede Art von Konflikt „mit dem Geist des Optimismus, dem festem Vertrauen in unsere Kräfte und der zwangsläufigen Niederlage jedes Aggressors“ bewältigen.[32]

Oberkommandierender des Warschauer Pakts war zu diesem Zeitpunkt Marschall Andrei Gretschko, der 1968 Verteidigungsminister wurde, und den Jepischew aus den Kriegsjahren 1944/45 kannte.[31]

Operation Anadyr 1962

1964 wurde er Miglied des ZK.[33]

Im April 1966 drohte er in einer Rede beim 23. Kongresses der KPdSU, „Tausende sowjetische Menschen, das Personal ganzer Einheiten erklären ihre Bereitschaft nach Vietnam zu gehen um als Freiwillige für die Freiheit des schwer leidenden vietnamesischen Volkes zu kämpfen.“[34]

Der Einmarsch in die Tschechoslowakei
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Schon Anfang 1968 betrachtete die sowjetische Führung die unter KPČ-Parteichef Alexander Dubček begonnenen Reformen in der Tschechoslowakei misstrauisch. Auch Jepischew befürchtete von Anfang an, diese könnten auf die DDR, Polen und Ungarn übergreifen, so die Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT 1968.[35]

Mitte Mai 1968 reiste er mit einer Militärdelegation unter Leitung von Marschall Gretschko durch die Tschechoslowakei und eruierte die Lage. Kurz zuvor hatte die Pariser Tageszeitung Le Monde die Nachricht veröffentlicht, Jepischew habe auf dem Mai-Plenum 1968 des ZK der KPdSU erklärt, die Rote Armee erwäge einen Einmarsch in die Tschechoslowakei: „Unsere Armee ist bereit, jedem sozialistischen Land zu helfen, in dem der Sozialismus bedroht ist, und sollte nur eine einzelne Gruppe dortiger treuer Kommunisten darum ersuchen.“[36] Jepischew erklärte die Meldung für „absolut lächerlich“.[37] „Wer erzählt solchen Unsinn? Wir sind doch als Freunde des tschechischen Volkes hier.“[11]

Jepischews Aussage widersprach eindeutig den Fakten, denn auch in den kommenden Monaten war er im Auftrag der Moskauer Staats- und Parteiführung energisch darum bemüht, möglichst viele Mitglieder des Warschauer Pakts auf eine gemeinsame Invasion der Tschechoslowakei einzustimmen. Im August 1968 hielt er sich für längere Zeit in Prag auf, offiziell mit dem Auftrag, „mit Offizieren der tschechoslowakischen Armee Erfahrungen auszutauschen, über die politische Erziehungsarbeit in den beiden Streitkräften“. Der britische Observer dagegen folgerte: „Der General will herausfinden, wie verläßlich die tschechoslowakische Armee ist.“[38] Und am 18. August 1968 trafen sich Jepischew und Verteidigungsminister Gretschko mit dem Oberkommandierenden des Warschauer Pakts, Marschall Jakubowski.[35] Unmittelbar darauf, in der Nacht zum 21. August 1968, marschierten etwa eine halbe Million Soldaten der Sowjetunion, Polens, Ungarns und Bulgariens in die Tschechoslowakei ein, besetzten in kürzester Zeit alle wichtigen Positionen des Landes, verhafteten Dubček und andere hochrangige Partei- und Regierungsmitglieder und brachten sie nach Moskau. Das Prager Experiment war damit gewaltsam beendet worden.

Ideologischer „Kettenhund“ der Partei
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Auch in der Folge wurde Jepischew wiederholt von der Moskauer Partei- und Staatsführung als ideologischer „Wachhund“ eingesetzt,[39] wenn es galt, Unstimmigkeiten und Alleingängen innerhalb der Ostblock-Staaten durch militärische Drohgebärden entgegen zu wirken. Zu dieser Zeit wurde auch spekuliert, Jepischew könnte trotz fehlender Generalstabsausbildung zum Marschall der Sowjetunion avanzieren und damit die Spitze der militärischen Rangleiter erreichen.[40]

1971 fühlte sich die Sowjetführung unter Breschnew in ihrer Vormachtstellung im Ostblock und Weltkommunismus mehrfach bedroht. Einerseits durch die Verbesserung der amerikanisch-chinesischen Beziehungen durch Richard Nixon, andererseits durch die verstärkten Alleingänge des rumänischen Staatsführers Nicolae Ceaușescu und dem Dauerproblem Jugoslawien. Breschnew rief eine Konferenz der Ostblock-Staatschefs auf der Krim zusammen, zahlreiche Manöver demonstrierten militärische Stärke und Jepischew inspizierte darüber hinaus demonstrativ dreimal den Wehrkreis Odessa, der an Rumänien grenzte.[41]

Im Juni 1976 kam es erneut zu Spannungen mit Rumänien. Durch sowjetische Truppenkonzentrationen an der Grenze beunruhigt, hatte Ceaușescu eine Teilmobilmachung der rumänischen Armee angeordnet, woraufhin es zu Panikkäufen der Bevölkerung kam. Moskau schickte Jepischew nach Bukarest um Druck auszuüben. Ceaușescu erklärte sich daraufhin bereit, an einer Konferenz der Ostblockstaaten teilzunehmen, auf der der sowjetische Führungsanspruch bestätigt werden sollte.[42]

1977 nahm er an den Beratungen mit dem damaligen äthiopischen Staatschef Mengistu Haile Mariam in Moskau teil[43]. Im April 1981 besuchte Jepischew selbst Addis Abeba.[44] Später besuchte eine äthiopische Delegation von Politoffizieren unter Führung von Brigadegeneral Gebreyes Wolde Hana die UdSSR und konferierte mit Ustinow und Jepischew[45]

Jepischew war im Juni 1979 im Südjemen.[46]

Im Juli 1978 besuchte Jepischew die DDR, wo er Erich Honecker traf, Truppen der NVA besuchte und insbesondere deren ideologische Schulung inspizierte.[47] Die Ergebnisse dieser Reise führten im Dezember 1978 zur Ablösung von Admiral Waldemar Verner,[48] dem es nicht gelungen war, sich als Chef der Politischen Hauptverwaltung der NVA durchzusetzen und die ideologischen Vorgaben zur Zusammensetzung des NVA-Offizierskorps zu erfüllen.[49]

1978 war es in Afghanistan zu einem Staatsstreich der kommunistischen Partei gekommen, bei dem der bisherige Ministerpräsident Mohammed Daoud Khan ermordet wurde. Der kommunistische Schriftsteller Nur Muhammad Taraki wird die Nummer eins im Staat. Nummer zwei wird der ebenfalls ultralinke Lehrer Hafizullah Amin. Afghanistan wird Volksrepublik und Verbündeter der Sowjetunion.

Im April 1979 besuchte eine sowjetische Militärdelegation unter Leitung Jepischews Kabul, wo er sich mit dem afghanischen Ministerpräsidenten Taraki traf, der sich aber als ebenbürtiger Gesprächspartner erwies.[50] Tariki bat Jepischew, Breschnew zu übermitteln, „dass er nun einen weiteren zuverlässigen Verbundeten hat“ und bot an, einen Aufstand unter den Belutschen in Pakistan zu initiieren. Jepischew dagegen sah die Hauptaufgabe darin, das kommunistische Regime zu festigen.[51] Nach dem Besuch Jepischews kam es zu einer deutlichen Erhöhung der Waffenlieferungen und der Zahl sowjetischer Militärberater.[52]

Tarik wurde vom afghanischen Premierminister Hafizullah Amin im September 1979 zum Rücktritt gezwungen und starb wenig später an einer „unbekannten Krankheit“. Allgemein wird angenommen, dass er auf Amins Befehl ermordet wurde.

1979 Die Russen können Machtkämpfe in Kabul nicht verhindern. Taraki wird vermutlich auf Amins Befehl hin ermordet. Bei der sowjetischen Invasion in Afghanistan wird Amin bei der Erstürmung des Regierungssitzes durch sowjetische Truppen erschossen. Es beginnt der Guerillakrieg der Gotteskrieger, der Mudschaheddin, gegen die Rote Armee und die Soldaten der afghanischen, kommunistischen Regierung. Basis der Mudschaheddin ist Pakistan. Auch die Taliban, in der Hauptsache sind sie Koranschüler aus Pakistan, gehören zu den Mudschaheddin und ebenso viele Saudis, unter ihnen der noch unbekannte Osama bin Laden. Täglich schießen die Gotteskrieger einen russischen Hubschrauber ab, dank handlicher Raketen der Amerikaner und der Briten.

Armeegeneral Jepischew erklärte, daß es „im Rahmen der noblen Aufgabe der Sowjetunion gelegen ist, daß ein limitiertes Kontingent in die Demokratische Republik Afghanistan über Ersuchen seiner Regierung gesandt worden war, um Hilfe bei der Zurückschlagung einer bewaffneten Aggression zu bringen. Es ist bekannt, daß nach Normalisierung der Lage Truppen zurückgezogen wurden.“[53]

Die sowjetische Besetzung Afghanistans wirkt sich offensichtlich wenig stimulierend auf die Rote Armee aus. Auf einer militärisch-ideologischen Beratung in Moskau hat jetzt der Oberste Politruk der Sowjetarmee, General Jepischew, eine verbesserte „patriotische und internationalistische" Erziehung gefordert. Der Leiter der Politischen Hauptabteilung der Roten Armee räumte ein, daß die gegenwärtige internationale Lage den Anlaß für seinen Appell gegeben habe. „Akte ideologischer Subversion durch die Feinde des Sozialismus", so erklärte Jepischew, würden immer häufiger. Deshalb müsse die „ideologische Stählung" der Offiziere und Soldaten verstärkt werden. In der Tat hat das sowjetische Engagement am Hindukusch in der Bevölkerung und auch unter einfachen Soldaten wenig Sympathien ausgelöst. Mehrfach mußten bereits Truppeneinheiten, die in Afghanistan eingesetzt waren, ausgewechselt werden.[54]

„eine regelrechte Mumie aus der Ära Chruschtschows“[55]

Noch Anfang der 1980er Jahre prognostizierte Jepischew eine „noch nicht dagewesene Verschärfung des Kampfes zwischen den beiden Gesellschaftssystemen“[56]

1985: Am 16. Juli strich die Armeezeitung Roter Stern demonstrativ heraus, daß die Partei den Gewehren befiehlt: „Die militärischen Kaderfunktionäre sind verpflichtet, die Politik der Partei entschlossen durchzuführen." Einen Tag später gab ein Regierungssprecher in Moskau die Ablösung des obersten Pohtaufsehers in der Roten Armee bekannt: Der 77jährige General Alexej Jepischew, von Chruschtschow schon 1962 als Leiter der Politischen Hauptverwaltung für die Sowjetstreitkräfte eingesetzt, wurde nach 23 Jahren relativ behutsam entlassen - nicht in Pension, sondern „in andere Funktionen".[57]

Alexej Alexejewitsch Jepischew, 77. Der sowjetische Armeegeneral, mehr als zwei Jahrzehnte oberster Politkommissar der Streitkräfte, war überall dort zur Stelle, wo das Sowjetimperium Funktionsträger mit orthodoxer politischer Haltung brauchte. ... Finten und Anpassung hatte der Arbeitersohn aus Astrachan in seiner langen Karriere gelernt. 1929 in die KP eingetreten, schlug er sich gleich auf die richtige Seite: für Stalin gegen Trotzki. 1930 trat er in die Armee ein und stieg zum Parteichef von Charkow auf. Im Krieg hatte er bei den Kämpfen um Stalingrad Verbindung mit Chruschtschow. Seine langjährige Stellung als Politchef der Armee und Flotte verdankte er einer für die sowjetische Geschichte einmaligen Aktion. Nach Stalins Tod an der Seite Chruschtschows, sorgte er mit dafür, daß die Militärs mit einer Panzerdivision in Moskau einrückten, um den verhaßten Staatspolizeichef Berija zu verhaften. Von nun an hatte die Armee ihre dominierende Stellung im Staat zurückerobert. Der General, Held der Sowjet-Union und erst im Juli als Chef der Politischen Hauptverwaltung der Sowjetarmee und Kriegsflotte abgelöst, starb jetzt "nach langer Krankheit", wie Tass meldete.[11]

In seinen letzten Lebensjahren soll laut Der Spiegel Jepischew Patient der Wunderheilerin Jewgenija Dawitaschwili alias Dschuna (* 1949) gewesen sein.[58]

Ist in Moskau auf dem Nowodewitschi-Friedhof begraben.[1]

[59]

Auszeichnungen (sowjetische)

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Held der Sowjetunion
Lenin-Orden
Orden der Oktoberrevolution
Rotbannerorden
Bogdan-Chmelnizki-Orden (1. Klasse)
Orden des Vaterländischen Krieges (1. Klasse)
Orden des Roten Banners der Arbeit
Orden des Roten Sterns
Orden für den Dienst am Vaterland (3. Klasse)
Lenin-Preis-Gewinner

Veröffentlichungen (deutsch)

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  • Die historische Mission der Armee des sozialistischen Staates. o.O.: Zentralvorstand der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, 1972.
  • Fragen der parteipolitischen Arbeit. Berlin (Ost): Militärverlag der DDR, 1972 (russ.: Некоторые вопросы партийно-политической работы. Мoskau 1970).
  • Kommunisten in Armee und Flotte. Berlin (Ost): Militärverlag der DDR, 1972 (russ.: Коммунисты армии и флота. Мoskau 1971).
  • Der ideologische Kampf in militärischen Fragen. Berlin (Ost): Militärverlag der DDR, 1975 (russ.: Идеологическая борьба по военным вопросам. Мoskau 1974).
  • Die KPdSU, der Organisator des Sieges des Sowjetvolkes im Großen Vaterländischen Krieg. Berlin (Ost) 1970 (russ.: Ленинская партия коммунистов - организатор Победы советского народа в Великой Отечественной войне. Мoskau 1975).
  • Die Partei - Organisator unserer Siege. Berlin (Ost): Militärverlag der DDR, 1977 (russ.: Партия - организатор наших побед. Мoskau 1976).
  • Die ideologische Arbeit in den sowjetischen Streitkräften. Berlin (Ost): Militärverlag der DDR, 1980 (russ.: Идеологическая работа в Советских Вооружённых Силах. Мoskau 1979).
  • Getreu den Ideen der Partei. Berlin (Ost): Militärverlag der DDR, 1982 (russ.: Идеям партии верны. Мoskau 1981).
  • Александр Иосифович Скрыльник: Генерал армии А.А. Епишев. (Alexander Iossifowitsch Skrylnik: Armeegeneral A.A. Epischew.) Москва: Воениздат, 1989 (russisch).
  • Уфаркиным Николаем Васильевичем: Епишев Алексей Алексеевич, Kurzbiografie auf warheroes.ru (o.J.) (russisch; abgerufen am 5. August 2010).
  • Епишев Алексей Алексеевич, tabellarischer Lebenslauf im Справочник по истории Коммунистической партии и Советского Союза 1898 - 1991 (Handbuch der Geschichte der Kommunistischen Partei und der Sowjetunion 1898 - 1991) (o.J.) (russisch; abgerufen am 5. August 2010).

Einzelnachweise

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  1. a b c d Уфаркиным Николаем Васильевичем: Епишев Алексей Алексеевич, Kurzbiografie auf warheroes.ru (o.J.) (russisch; abgerufen am 5. August 2010).
  2. a b c d e f Alexej Jepischew in: Internationales Biographisches Archiv 44/1985 vom 21. Oktober 1985, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  3. a b c d e f g h Епишев Алексей Алексеевич. In: Большая советская энциклопедия (Große Sowjetische Enzyklopädie), Москва, Третье издание 1969 - 1978, Bd. 3, S. 311f. (russisch).
  4. a b c George W. Simmonds: Soviet leaders. New York: T. Y. Crowell, 1967, S. 141f.
  5. zur Geschichte des Werks s. Website der Malyshev plant (englisch).
  6. a b c d e Уфаркиным Николаем Васильевичем: Епишев Алексей Алексеевич, Kurzbiografie auf warheroes.ru (o.J.); Епишев Алексей Алексеевич, im Справочник по истории Коммунистической партии и Советского Союза 1898 - 1991 (Handbuch der Geschichte der Kommunistischen Partei und der Sowjetunion 1898 - 1991) (o.J.); Епишев Алексей Алексеевич, Kurzbiografie auf hrono.ru (o.J.) (alle russisch; abgerufen am 5. August 2010).
  7. a b Епишев Алексей Алексеевич, tabellarischer Lebenslauf im Справочник по истории Коммунистической партии и Советского Союза 1898 - 1991 (Handbuch der Geschichte der Kommunistischen Partei und der Sowjetunion 1898 - 1991) (o.J.) (russisch; abgerufen am 5. August 2010).
  8. a b c A More Sinister Light on General Yepishev. Radio Free Europe/Munich. Non-Target Communist Area Analysis Department. Background Information USSR v. 22. Mai 1963. Im Bestand der Open Society Archives Budapest, RFE/RL Background Reports, Box-Folder-Rep.: 61-3-195 (PDF).
  9. a b c Robert Harris: Aurora. München: Heyne, 2000, S. 74f.
  10. Peter Auer: Von Dahlem nach Hiroshima. Die Geschichte der Atombombe. Berlin: Aufbau-Verlag, 1995, S. 285; Hauke Friederichs: Der Tag der tödlichen Strahlen. In: Die Zeit Nr. 36 v. 3. September 2009.
  11. a b c Alexej Alexejewitsch Jepischew (Nachruf). In: Der Spiegel Nr. 40 v. 30. September 1985, S. 312.
  12. a b c s. Ukraine Administrative Divisions auf worldstatesmen.org; Oblasts of Ukraine auf worldleadersindex.org (beide abgerufen am 13. August 2010).
  13. Michael MccGwire, Ken Booth, John McDonnell, (Hg.): Soviet Naval Policy. New York: Praeger, 1975, S. 27.
  14. vgl. den freigegebene CIA-Bericht Summarization of Reports Preceding Beria Purge v. 17. August 1954, S. VII, auf foia.cia.gov (PDF).
  15. Amy Knight: Beria. Stalin's First Lieutenant. Princeton NJ: University of Princeton Press, 1993, S. 158 (Zitat), 167, 173.
  16. a b Epishev, Alexsei Alekseevich. In: Martin McCauley: Who's who in Russia since 1900. London: Routledge, 1997, S. 79.
  17. Michael Parrish: The Lesser Terror. Soviet State Security, 1939-1953. Westport CT 1996, S. 304.
  18. Amy Knight: Beria. Stalin's First Lieutenant. Princeton NJ: University of Princeton Press, 1993, S. 184; vgl. den freigegebene CIA-Bericht Purge Of L. P. Beria v. 17. August 1954, S. 20, auf foia.cia.gov (PDF).
  19. Arnold Beichman, Mikhail S. Bernstam: Andropov. New Challenge to the West. New York: Stein & Day, 1983, S. 114.
  20. Dmitri Wolkogonow: Triumph und Tragödie. Politisches Porträt des J. W. Stalin. Berlin: Brandenburgisches Verlagshaus, 1990, Bd. 1, S. 198.
  21. Robert Harris: Aurora. München: Heyne, 2000, S. 160f.
  22. a b Sergiu Verona: Military occupation and diplomacy. Soviet troops in Romania 1944-1958. Durham NC: Duke University Press, 1992 , S. 135f.
  23. Sergiu Verona: Military occupation and diplomacy. Soviet troops in Romania 1944-1958. Durham NC: Duke University Press, 1992 , S. 137.
  24. Politische Studien 14 (1963), S. 97.
  25. Kremlin's Decision to Resume Testing Of Nuclear Weapons Startles World. In: Tonawanda News (NY) v. 31. August 1961.
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