Benutzerin:Charlie des Alpes/Berlinale-Blog 2020

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A – Anfang und Akkreditierung

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2020 fing richtig gut an. Am 01. Jänner mailte Grizma, dass ich im Auftrag des Berlinale-Art+Feminism-Edit-a-thons als Bloggerin über die 70. Internationalen Filmfestspiele in Berlin berichten werde.

Ich bin gelernte Politologin und arbeite seit dem Abschluss der dffb (Drehbuch) in der Filmbranche. Ich bin spezialisiert auf die Evaluation und Weiterentwicklung von Drehbüchern, die auf den internationalen Filmmärkten der großen Festivals der Welt gehandelt werden.

Mein Fokus in diesem Blog liegt knapp neben dem Roten Teppich. Ein Filmfestival ist viel mehr als Filme, Schauspieler*innen, Regietreibende, Blitzlichtgewitter, Partys, Massen von Film-Fans… Die Maschinerie, die ein reibungsloses Glitzer-Glamour-Festival möglich macht, läuft seit Monaten. Je besser die Menschen hinter den Kulissen arbeiten, desto unbemerkter bleiben sie. Daher möchte ich den unverzichtbaren Leistungen, besonders der Frauen in diesen Bereichen, in diesem Blog gebührenden Raum geben.

Akkreditierung - aus weiblicher Sicht

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Wie wichtig ein aufmerksamer Blick auf die alltäglichsten Dinge des Lebens ist, zeigte sich beim Ausfüllen des Formulars für die Presseakkreditierung. Obwohl die Berlinale lobenswerter Weise 2019 eine Gender Evaluation publizierte, fehlen in ihren Formularen gendergerechte Auswahlmöglichkeiten für Berufsfelder – und, man glaubt es kaum, bei der Auswahlmöglichkeit für Ressorts fehlen Frauen ganz. Es gibt die Rubriken „Familie, Kind, Jugend“ auch „Schwul, Lesbisch, Transgender“ aber keine „Frauen“. Was also soll frau ankreuzen, die mit dem Schwerpunkt Art+Feminism berichtet? „Gesellschaft, Kirche, Soziales“? Oder doch besser „People“? Da auch „Kunst“ nicht zur Auswahl steht, hoffen wir nur in den Rubriken eines Filmfestivals, entschied ich mich für die Rubrik „Festival“. CdA, 09. Jan.

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Die türkisch-stämmige Bernerin Beki, Rebecca, Probst leitete zwischen 1988 und 2014 den European Film Market (EFM) in Berlin. Mit ihrem Team entwickelte die blendend vernetzte Kino-Kosmopolitin die einst piefige „Filmmesse“ zu einem international renommierten Branchentreffen. 26 Jahren lang lockte Beki Probst Verleiher*innen, Produzenten*innen, Kinobetreiber*innen und Filmrechtehändler*innen in immer größeren Scharen nach Berlin und machte den European Film Market zu einer der wichtigsten Filmrechtebörsen der Welt.

Bis heute besucht Beki jedes Jahr die Berlinale als Ehrengast und wohnt immer im selben Hotel – nicht ganz nahe am hektischen Geschehen.

Bekis Background

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Beki Probst wurde als Tochter sephardischer Juden in Istanbul geboren, wo sie nach Abschluss ihres Studiums der Rechtswissenschaften und des Journalismus zunächst als Journalistin arbeitete. Im Jahr 1960 zog Probst in die Schweiz, wo sie Geschäftsführerin der Probst-Kinobetriebe, heute Quinnie Cinemas, wurde. Von 1981 bis 1988 war Beki Probst als offizielle Delegierte der Internationalen Filmfestspiele Berlin für die Türkei und Griechenland tätig. Bis 1995 war sie Mitglied der Auswahlkommission des Internationalen Filmfestivals von Locarno. Von 1988 bis 2014 war Beki Probst Direktorin des European Film Market der Berlinale - Probst hat die ehemalige "Filmmesse" in European Film Market umbenannt und die Veranstaltung in der Folge zu einem der bedeutendsten Branchentreffen der internationalen Filmbranche gemacht. Darüber hinaus war Beki Probst von 1988 bis 1996 künstlerische Leiterin des Genfer Festivals "Stars de Démain". Sie war mehrfach als Jurymitglied bei internationalen Filmfestivals tätig, unter anderem in Toronto, Jerusalem und San Sebastián. 1992 wurde Probst vom französischen Kulturministerium als "Chevalier des Arts et des Lettres" ausgezeichnet. 2018 wurde sie mit der Berlinale Kamera geehrt.

Auf Wikipedia fehlt bislang ein Eintrag über die Grande Dame der Europäischen Film-Business-Welt. CdA, 09. Feb.

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Kinderbetreuung

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2020 bietet die Berlinale Betreuung für Kinder von Festivalakkreditierten. Mit diesem Service möchte das Festival eine stärkere Beteiligung von Eltern am Festival und dem EFM ermöglichen.

Akkreditierte Besucher*innen haben die Möglichkeit, ihre Kinder für den Berlinale Kindergarten (offen für Kinder von 6 Monaten bis 6 Jahren) vorab anzumelden. Laut Pressemeldung startet die Kinderbetreuung als Pilotprojekt und wird zunächst nur nach Verfügbarkeit gegen eine Gebühr von 50€ angeboten.

Betreuung für Kinder von Besucher*innen und Akkreditierten der Berlinale gibt es bereits seit 2006. Bislang wurden diese bis zu maximal zwei Spielfilmlängen / Tag angeboten. Neu an dem „Pilotprojekt 2020“ dürfte also die Ausweitung der Dauer sein. CdA, 11. Feb.

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Radiointerview beim rbbKultur

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rbbKultur

War soeben mit Sandra Becker im rbb. Thema: Interview zum Gender-Gap-Schließen mittels unseres feministischen Wikipedia-Berlinale-Edit-A-Thons. Die Sendung wurde redaktionell vorbereitet von Franziska Walser und moderiert von Susanne Utsch. Nachzuhören unter "Zeitpunkte Magazin" vom 16.02.2020, Minute 25:10.

Vorab schon mal das, was rausgefallen ist: Zahlen, Daten, Fakten. Wer braucht sowas Deprimierendes schon in einer Kultursendung? Dank des ausführlichen, beachtenswerten Beitrags von Chî (Wikipedia:Kurier, 17.01.20), hatte ich die Zahlen zur Präsenz von Männern und Frauen parat. Das 80%ige Männerübergewicht (sehr männerfreundlich gerundet) in Wikipediabiografien setzte ich in Korrelation mit dem Fakt, dass 80% der Alleinerziehenden Frauen sind, d. h. mit der Tatsache, dass bei Mehrfachbelastung und niedrigerem Lohnniveau Zeit und Kraft zum ehrenamtlichen Gender-Gap-Schließen fehlt.

Hier noch mal einige präzise Zahlen von Chî - es lohnt sich, den ganzen Artikel (Wikipedia:Kurier, 17.01.20) zu lesen:

90 % aller weltweit zu Wikimedia-Projekten (WMF) Beitragenden im Jahr 2018 waren Männer – nur 9 % Frauen (siehe Gendergrafiken und weitere Materialien zur Geschlechterverteilung).

84 % der Biografien in der deutschsprachigen Wikipedia behandeln Männer: momentan 631.741 zu 120.398 Frauen (80,95 % Gap). Der Frauenanteil beträgt 16,01 % mit einer Zunahme um 0,6 Prozentpunkte seit 2018 und 1,4 seit 2009.

In der englischsprachigen Wikipedia lag der Frauenanteil an über 1,5 Mio. Biografien im Jahr 2018 bei 17,67 %.

Projekte wie Women in Red und Art+Feminism arbeiten an der Verringerung dieses Gaps. --CdA, 19:14, 16. Feb. 2020 (CET)

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Ich habe Philippe Falardeaus Drehbuch während des Filmfestivals in Cannes 2018 für Investoren gelesen und sie vor einer Fehlinvestition bewahrt. Soll ich mich wundern, dass die 70. Berlinale mit My Salinger Year eröffnet? Wohl kaum, wenn Filmkritiker anstatt von Filmprofessionals die Auswahl treffen.

Meine Einschätzung der Drehbuchfassung vom 24.04.2018, Falardeaus Adaptation von Joanna Rakoffs autobiografischem Werk:

„Unkritische, unreflektierte Coming-of-Age Episode einer niedlichen jungen Frau in einem anachronistischen Literaturbetrieb. Was sie erzählt, wie sie es erzählt, könnte genauso gut in jeder Provinz stattfinden. Es könnte auch in jedem anderen Jahrzehnt stattfinden, da das börsenmakelnde Wirtschaftsblasen am neuen Markt produzierende, koksende New York der 90er nicht stattfindet. Auch nicht als Kontrast zu der längst verblichenen Epoche, in der sich die Möchtegern-Nachwuchsautorin als Sekretärin über Wasser hält.
Filme über Literaturschaffende sind naturgemäß schwierig – schwieriger noch als über Maler*innen oder Musiker*innen – Gemälde oder Kompositionen sind leichter auf der Kinoleinwand darzustellen als das geschriebene Wort. Die Fanbriefschreiber*innen real und fiktiv in Joanna Rakoffs Welt auftauchen zu lassen, hätte ein charmanter Kniff sein können, wenn hier etwas Relevantes erzählt würde – etwas was mit Salinger, seinen Leser*innen und vor allem mit der „Protagonistin“ zu tun hätte. Aber ein Jahr im Leben, Tippen und Schreiben einer Post-College-Sekretärin zu beobachten, die sich von ihrem Freund trennt, einen jungen Literaten ausprobiert, sich entschließt doch selber zu schreiben und zu ihrem Freund zurückkehrt --- das ist doch recht wenig.
Salinger, Schöpfer des in die Weltliteratur eingegangen Holden Caulfield (The Catcher In The Rye), der dem oberflächlichen, selbstdarstellerischen Verhalten seiner Schulkameraden und der Gesellschaft entflieht, würde sich angesichts der Oberflächlichkeit, die hier mit seinem und dem Namen seines Helden in Verbindung gebracht wird, im Grabe umdrehen.
Polemisch wäre anzumerken; dass hier in der Tradition (deutsch-sprachiger) Autorenfilmer und Drehbuchschreiber einmal mehr versucht wird, mit einer halben Story einen unfilmischen Film zu machen, der dann nachts um 12 Uhr im Rahmen eines Themenabends über Frauenfilme in ARTE oder 3SAT zu sehen sein wird – wenn überhaupt.“

--- Oder aber als Eröffnungsfilm Berlinale 2020.

Berlinale-Co-Chef Carlo Chatrian: „Die richtigen Filme sind entscheidend“[1] und dann eröffnet er das Jubiläumsfestival mit My Salinger Year. Ein Widerspruch?

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Wer die 70. Berlinale mit My Salinger Year eröffnet, musste die Sektion „Encounters“ einrichten. Encounters heißt übersetzt „Begegnungen“ ist aber ein Synonym für experimentell und unterfinanziert. Der leicht irritierten ORF-Interviewerin Birgit Schwarz gegenüber definierte Chatrian die „neue“ Sektion:

„Wir haben Encounters geschaffen, weil wir eine neue Reihe von Filmen brauchen, die auf unkonventionelle Art produziert werden. Und auch da spielt die Digitalisierung eine große Rolle. Es ist heute viel billiger und leichter einen Film zu machen. Da kann man experimentieren und um die Ecke denken. Und natürlich weiß ich, wie hoch der Anspruch an Filme ist, die in den Wettbewerb um den Goldenen Bären gehen. Das wollten wir nicht ändern. Darum haben wir daneben Encounters erfunden. Wir haben 15 Filme für Encounters ausgesucht und kaum einer davon ist klassisch produziert worden. Also zuerst ein Drehbuch, dann die Finanzierung, dann die Schauspieler, dann die Dreharbeiten am Set und dann die Postproduktion. Wenn man das alles weglässt und anders macht, ist man viel freier als Filmemacher. Die Filme in Encounters sind vielleicht nicht perfekt, aber sie sind frisch. Sie probieren etwas Neues aus. Weil sie weniger unter dem Druck des Marktes stehen. Aber sie wollen natürlich auch ihr Publikum erreichen.“[2]

So etwas kann nur von einem Menschen stammen, der nie vom Herstellen oder Auswerten von Filmen leben konnte, wollte oder musste. Ist es wirklich nett, dass Chatrian Filmen, die kein Publikum auf dem echten Markt finden können, auf der Berlinale eine Plattform bietet? Ist Encounters die internationale Ergänzung zur „Perspektive Deutsches Kino“? Dann da kann man doch seit Jahren Filme sehen, die nie im Kino, sondern bestenfalls spät abends in den 3. Programmen der Kino-Co-Finanzierer auftauchen.

Hoffen wir mal, dass das Renommee der Berlinale nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen wird, dass wir ihrem Ruf als ernstzunehmendes, internationales Filmfest bald in einem Nachruf gedenken müssen. --CdA, 20:14, 20. Feb. 2020 (CET)

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Fast vergessen: Sally Potter’s Demenzdrama The Roads Not Taken

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Als ich vor 2 Jahren das Drehbuch zu Sally Potters diesjährigem Wettbewerbsbeitrag um den goldenen Bären gelesen habe, trug das Shooting Script noch keinen Namen, mäanderte bisweilen unter „Molly“ durch die Branche.

Erinnerungen an meine Drehbuch-Evaluation für Filmrechte-Einkäufer*innen

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Anhand der Lektüre erwarteten wir 2018 ein typisches Sally-Potter-Werk mit viel Stil und hochkarätigen Schauspieler*innen. Potter konzentriert sich auf die Geschichten, die Innenansichten des verwirrten, seelisch-geistig erkrankten, potentiell dementen Vaters Leo. Vieles bleibt offen, vage – positiv ausgedrückt: philosophisch. Unserer Ansicht nach wäre es interessant gewesen, die unvollständige Geschichte mit Tochter Molly als Hauptfigur ganz zu erzählen.

Schlaglicht auf den Inhalt

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Protagonist Leo ist zeitlebens kein Partner, nicht für Dolores in Mexico, nicht für Adam in New York, nicht für Rita, die Mutter von Molly. Er versagt als Vater: Sein kleiner Sohn stirbt bei einem Autounfall, Leo verkraftet seinen Tod nicht. Er verlässt Molly kurz nach ihrer Geburt, um auf einer griechischen Insel einen Roman zu schreiben. In der Gegenwart nimmt er sie nicht wahr. Sein Roman geht verloren. Als Drummer schmeißt Leo alles hin, nimmt seine Chancen nicht wahr. In der Gegenwart ist Leo verwirrt, hat eine Tagesbetreuung und eine Tochter, die sich für ihn aufopfert. Geld spielt keine Rolle – anscheinend hat er und seine Familie genug, sich alles leisten zu können.

Drehbuchvorlage: sorgfältig ausgearbeitete dennoch mit Manko

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Sally Potter hat beim Schreiben des Drehbuchs große Sorgfalt walten lassen. Jedes Wort ist absichtsvoll gesetzt. Die Stränge sind rhythmisch und dramatisch aufeinander abgestimmt, die Informationen werden geschickt portioniert, sodass eine Grundspannung aufgebaut wird. Dennoch fragt man sich, was das soll. Was will uns die Künstlerin sagen? Ist sie Nihilistin? Glaubt sie an Parallelwelten, die nur eines gemein haben: keinen Sinn und keine Hoffnung?

In den Medien wurde das 2018 noch namenlose Projekt häufig als "Molly" betitelt. Dieser Titel war - leider - irreführend. Denn die Figur der Tochter wurde nicht annähernd so entwickelt, charakterisiert wie ihr in verschiedenen Welten/Zeiten lebender Vater. Das ist ein bedauerlicher Fehler. Denn über eine sorgfältig entwickelte Tochterfigur hätte diese Geschichte für ein breiteres Publikum erzählt werden können. So ist zu befürchten, dass sich die Zuschauer*innen ausschließlich aus der Sally Potter Fangemeinde rekrutieren werden.

In Berlin 2020 ist The Roads Not Taken durchaus ein Anwärter auf einen Bären. Denn wie immer hat Sally Potter ästhetisch hochwertig mit viel Stil ausstatten lassen und inszeniert, und die hochkarätigen Schauspieler*innen zu Höchstleitungen angespornt. --CdA, 20:14, 28. Feb. 2020 (CET)

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WARUM? Garrones Pinoccio als Berlinale Special Gala im Berlinale Palast

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Vor über 3 Jahren habe ich das Drehbuch von Matteo Garrone und Massimo Ceccherini, basierend auf dem Carlo Collodi Klassiker gelesen. In Italien und der italienischen Schweiz lief der Film pünktlich vor Weihnachten 2019 an. Zur selben Zeit kündigte Carlo Chatrian stolz seinen ersten prominenten Gast der Berlinale Special Gala an: Regisseur Matteo Garrone wird mit Pinocchio seine Festivalpremiere im Berlinale Palast feiern. Chatrian erläuterte: „Er hält sich treu an Carlo Collodis Vorlage und hat doch einen ganz persönlichen Pinocchio geschaffen, der viel heiterer ist als wir ihn von früher kennen“.

TATSÄCHLICH? Hier ein Auszug meiner Drehbuchevaluation vom Oktober 2016:

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„Carlo Collodis literarische Vorlage ist in der ganzen Welt bekannt. Jeder kennt die freche Holzfigur, der beim Lügen eine lange Nase wächst. Gemäß den pädagogischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts verwandelt sich die von Gut und Böse beeinflusste Holzfigur erst in einen richtigen Jungen, als sie arbeitsam und hilfsbereit wird. Im Laufe der Geschichte werden alle und jeder ausgebeutet. Geppetto ist bitterarm, Menschen, und Phantasiefiguren hungern, geholfen wird ihnen nur, wenn sie schwere Arbeit tun. Sie werden zu Tode geschunden, ersäuft, erhängt, belogen, entführt, eingesperrt in Arbeitsesel verwandelt. Pinocchio „entkommt“ dem Elend erst, als er sich anpasst und für einen Hungerlohn schuftet, den er mit anderen Armen teilt. Ist das wirklich eine Botschaft, die man den heutigen, vom Neoliberalismus gebeutelten Kindern senden will? Warum ist Garrones Pinocchio nicht ein moderner, naiv-schlauer Rebell, der etwas gegen schreiendes Unrecht und bitteres Elend unternimmt? Ist Garrone noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen? Er wäre nicht der Erste gewesen, der die pädagogische Keule dieses Werks in den Hintergrund geschoben und die subversiven, rebellischen Elemente betont hätte.
Es wird bestimmt ein hübsch anzuschauendes, phantasievolles Märchendrama entstehen. Aber außerhalb von Italien wird Garrones konservativem, konventionell erzähltem PINOCCHIO wohl kaum Erfolg beschieden sein.“

In der Schweiz wurde der Film bislang nur im Tessin ausgewertet und machte dort 5‘620 Eintritte (Quelle: ProCinema[3]). Die Vorstellungen auf der Berlinale werden ausverkauft sein. Auch wenn ich heute – anders als 2016 – weiß, dass die Film-Bilder wunderschön anzusehen sind, bleibe ich bei meiner Einschätzung. Ich bin gespannt auf Eure Eindrücke – und die Eintrittszahlen, die dieser Film außerhalb von Festivals an den Kinokassen machen wird. In Russland, Türkei, Spanien und Frankreich wird er im Frühling anlaufen.

... Und was Frauen angeht...

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Marine Vacth verkörpert Fata Turchina, eine kindliche, leichenblasse Fee mit türkisen Haaren.

In weiteren Rollen: Alida Baldari Calabria (Fata Turchina bambina), Maria Pia Timo (Lumaca), Luisa Ragusa (Marionetta Colombina), Betty La Padula (Marionetta Gianduja), Mia McGovern Zaini (Schülerin, Stimme), Barbara Enrichi (Geppettos Nachbarin, uncredited)

Das sind alle auf IMDb gelisteten Darstellerinnen in diesem Film. --CdA, 20:14, 16. Feb. 2020 (CET)

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Da sich der Film ja an Erwachsene richtet, habe ich mich gefragt, welche Absicht dahinter stecken könnte, sich so ein Projekt in der Gegenwart vorzunehmen. Neuere Deutungen sehen beim Stoff Erwachsene als Zielgruppe. Könnte es nicht sein, Charlie des Alpes, dass Lüge im öffentlichen Raum, neudeutsch Fake News, angeprangert und als etwas dargestellt werden soll, das die Menschwerdung (oder Menschbleibung) verhindert? Gibt es Hinweise darauf? Grüße Reisen8

Liebe*r Reisen8, Ich definiere auch diesen PINOCCHIO als klassischen Familienfilm - also Film für die ganze Familie. Wahrheit und Lüge spielen in diesem Stoff eine Rolle. Sie sind wesentliche Elemente der Geschichte Collodis aus dem Jahre 1881. Mich hat erstaunt, dass diese Coming-of-Age-Geschichte mit sehr großem anarchistischem Potential Anfang des 21. Jahrhunderts neuerlich mit einer sehr konservativen Erziehungsmoral kolportiert wird. In der undatierten Drehbuchfassung, die ich im Oktober 2016 gelesen habe, waren „Fake News“ – oder Anspielungen darauf – kein Thema. Ich habe für unsere Kund*innen dieses eigentliche bekannte Werk damals nicht kurz, sondern ausführlich zusammengefasst, um zu belegen, wie konservativ und konventionell Garrones PINOCCHIO bleibt. Denn wir schreiben nicht nur eine Einschätzung über das zu evaluierende Werk, sondern auch eine möglichst kurze aber akkurate Inhaltsangabe. Denn wir wollen unseren Kunden eine Kauf- oder Investitionsentscheidung nicht abnehmen, sondern ihnen Entscheidungshilfen an die Hand geben. Gruß zurück Charlie des Alpes.


50/50 # share your Power

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Pro Quote Film kämpft für Geschlechtergerechtigkeit in der Film- und Medienbranche. Am 21.02.2020 haben die Pro Quote Film Frauen eine informative, abwechslungsreiche Diskussionveranstaltung in der französischen Botschaft durchgeführt.

Besonders beeindruckend waren:

Zanele Mthembu, Chairwoman, South Africa von SWIFT Sisters Working in Film and Television. Sie referierte zum Thema: Implementing Reporting Mechanisms for Discrimination and Sexual Harassment

Patrícia Ferreira Pará Yxapy, Filmmaker, Director & Founder of Mbyá-Guarani Cinema Collective, Brazil

Graci Guarani, Cultural Producer, communicator and Amerindian filmmaker, Brazil

Sowie Liisa Holmberg, Film Commissioner International Sámi Film Institute. Die Norwegerin moderierte das aufschlussreiche Panel Spotlight on Indigenous Filmmaking.

Ich entschuldige mich, dass ich diese inspirierende und berührende Veranstltung hier – vorerst – nur kurz erwähne. Ich muss heute Nacht noch ein Drehbuch lesen und evaluieren. Brot und Buttergeschäft, bezahlt die Miete. Ich hoffe aber sehr, dass ich alsbald noch ausführlicher auf die in dieser Veranstaltung angerissenen Themen zurückkommen kann. --CdA, 22:14, 22. Feb. 2020 (CET)

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Empfehlung: Spätwestern mit weiblichem Blick First Cow

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Ein Film über Einwanderer, Freundschaft, eine Kuh und die Sehnsucht nach Heimat im Oregon den 1820er Jahre.

Ruhig wie der langsam dahin fließende Fluss hinterfragen die Filmemacher*innen mit Humor und Ironie die männlichen Rollenbilder des Genres. Ein chinesischer Einwanderer und ein Koch klauen Milch von der einzigen Kuh in der Gegend, backen kleine Kuchen und stillen so - fernab von der Zivilisation - den Hunger nach dem Geschmack der Heimat.

Gemeinsam mit Romanautor Jonathan Raymond, adaptierte Regisseurin Kelly Reichardt seine Geschichte fürs Kino. Jagende, sammelnde, backende Männer stehen im Kontrast zur kapitalistischen Zivilisation in der Ressourcen und Menschen ausgebeutet werden und die Natur ebenso wie die indigene Bevölkerung vernichtet wird. --CdA, 20:14, 23. Feb. 2020 (CET)

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Frauen auf der Berlinale - Heute, 27.02.2020: Helen Mirren und Sahra Wagenknecht

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Oscar-Preisträgerin Helen Mirren bekommt den Ehrenbären der Berlinale für ihr Lebenswerk. (Ich finde, sie ist dafür noch viel zu jung.)

Sandra Kaudelkas Dokumentarfilm Wagenknecht hat um 19.30 Uhr Premiere im International. Sahra Wagenknecht kommt auch. --CdA, 06:14, 27. Feb. 2020 (CET)


Stummfilm-Leben nach der Berlinale

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Ab dem 3. März präsentiert das Zeughauskino Filme des Wiener Regie-Ehepaars, Louise Kolm und Jakob Fleck, und seiner Berliner Produzentin, Liddy Hegewald

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Es gibt ein Stummfilm-Leben nach der Retrospektive der Berlinale.

(Artikel basiert auf einer PM des Zeughauskinos.)

Im März zeigt das Zeughauskino sechs Filme des Wiener Regie-Ehepaars Louise Kolm und Jakob Fleck, die in Zusammenarbeit mit der Berliner Produzentin Liddy Hegewald entstanden sind - an allen Abenden mit Live-Musik und dank des Filmarchiv Austria in neu restaurierten Fassungen. Die Retrospektive Kolm/Fleck/Hegewald folgt einer Wiederentdeckung der Filme von Louise Kolm-Fleck auf der letztjährigen Viennale, wo das Filmarchiv Austria Neurestaurierungen von sechs Produktionen der Hegewald-Film präsentierte.

Am 3. März 2020 um 20 Uhr ist Nikolaus Wostry, Leiter der Filmsammlungen des Filmarchiv Austria als Referent zu Gast in Berlin. Der Stummfilmpianist Richard Siedhoff begleitet das Melodram Mädchen am Kreuz (D 1929) am Flügel. Im Rahmen der folgenden Stummfilmkonzerte sind neben Richard Siedhoff auch Peter Gotthardt, Eunice Martins und Camille Phelep zu erleben.

Die 1873 geborene Wienerin Louise Kolm-Fleck gehört zu den Pionierinnen des österreichischen Films und weltweit zu den ersten Frauen, die Regie führten. Zusammen mit Jakob Fleck und ihrem Ehemann Anton Kolm ist sie ab 1910 am Aufbau der österreichischen Filmindustrie beteiligt. Sie gründet Produktionsfirmen, verfasst Drehbücher und führt Regie. Als Anton Kolm 1922 stirbt, setzt sie die Zusammenarbeit mit ihrem Firmenpartner Jakob Fleck fort. Zwei Jahre später heiraten die beiden und machen als "Regie-Ehepaar" von sich reden.

In Deutschland, wo das Ehepaar Fleck seit 1926 lebt, entstehen bis 1931 25 Filme, vor allem für die Berliner Hegewald-Film. Dem Werdegang der Flecks vergleichbar hatte die Unternehmerin Liddy Hegewald ab 1909 in Sachsen und Sachsen-Anhalt eine Kinokette aufgebaut, ehe sie auch als Produzentin und Verleiherin tätig wurde. In Berlin erweitern die Flecks die Produktionspalette von Hegewald, die bis dahin vor allem auf Detektivfilme setzte. Nun entstehen Literaturverfilmungen wie Der Meineidbauer (1926), Wienfilme und Adaptionen von aktuellen Operettenerfolgen, etwa Der Orlow (1927). Mit den Titeln Frauenarzt Dr. Schäfer (1928) und Das Recht auf Liebe (1929) bedienen sie zudem die Mode der Problemfilme.

Die rasch produzierten Filme, die Louise und Jakob Fleck bei Hegewald-Film inszenieren, müssen ohne große Budgets auskommen. Zwar werden bekannte Stars engagiert, für eine sorgfältige Stoffentwicklung, Drehbucharbeit und Inszenierung fehlt jedoch oft die Zeit. Die spitzzüngige Berliner Filmkritik rechnet mit den Fleck-Filmen immer wieder harsch ab, konstatiert aber auch, dass diese außerhalb der Großstädte gut ankommen. Statt von Hinterwäldlern ist von "treuen Hegewäldlern" die Rede, die der Firma zum Erfolg verhelfen. Und tatsächlich landen Filme der Flecks zwischen 1927 und 1930 immer wieder auf den Erfolgslisten der Branchenpresse.

Nach ihrer Rückkehr nach Österreich 1933 reüssieren die Flecks auch im Tonfilm, doch die politischen Verhältnisse machen es ihnen schwer. Jakob Fleck wird als Jude diskriminiert und nach dem "Anschluss" inhaftiert. Im Januar 1940 gelingt den Eheleuten die Ausreise nach China. Liddy Hegewald hingegen bleibt im nationalsozialistischen Deutschland, wo sie allerdings nicht mehr als Filmproduzentin arbeiten darf. Sie stirbt wie Louise Fleck 1950, Jakob Fleck drei Jahre später.

Ausführliche Angaben auf der Homepage des Zeughauskinos. CdA, 06:14, 01. März 2020 (CET)

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Abgefahren! Danke für den Tipp! --Grizma (Diskussion) 11:02, 3. Mär. 2020 (CET)
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Einzelnachweise

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  1. Blickpunkt:Film | News | Berlinale-Chef Carlo Chatrian: "Die richtigen Filme sind entscheidend". Abgerufen am 20. Februar 2020.
  2. ORF-Radiothek. Abgerufen am 20. Februar 2020.
  3. ProCinema: ProCinema: statistics - filmdb - 1013444. Abgerufen am 15. Februar 2020.