Benzaldehyd

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Strukturformel
Struktur von Benzaldehyd
Allgemeines
Name Benzaldehyd
Andere Namen
  • Benzencarbaldehyd
  • Benzolcarpaldehyd
  • Phenylmethanal
  • künstliches Bittermandelöl
  • BENZALDEHYDE (INCI)[1]
Summenformel C7H6O
Kurzbeschreibung

farblose bis gelbliche Flüssigkeit mit bittermandelartigem Geruch[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 100-52-7
EG-Nummer 202-860-4
ECHA-InfoCard 100.002.601
PubChem 240
ChemSpider 235
Wikidata Q372524
Eigenschaften
Molare Masse 106,13 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[2]

Dichte

1,05 g·cm−3 (20 °C)[2]

Schmelzpunkt

−26 °C[2]

Siedepunkt

179 °C[2]

Dampfdruck

1,26 hPa (20 °C)[2]

Löslichkeit

schwer in Wasser (6,95 g·l−1 bei 25 °C)[2]

Brechungsindex

1,5446 (20 °C)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​332​‐​315​‐​319​‐​335​‐​360D​‐​411
P: 273​‐​301+312​‐​302+352​‐​304+340+312​‐​305+351+338​‐​308+313[2]
Toxikologische Daten

1300 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Benzaldehyd [ˈbɛnt͡s|aldehyːt], die Hauptkomponente in Bittermandelöl,[5] ist eine farblose bis gelbliche Flüssigkeit mit bittermandelartigem Geruch. Benzaldehyd ist der einfachste aromatische Aldehyd, der in zahlreichen Pflanzen und vielen ätherischen Ölen vorkommt.[5] Er leitet sich vom Benzol ab und ist chemisch und strukturell eng mit der Benzoesäure verwandt, die aus ihm durch Oxidation gewonnen werden kann. Er ist eine wichtige Grundchemikalie.

Mandeln enthalten besonders viel Benzaldehyd

Benzaldehyd ist ein natürlicher Bestandteil vieler ätherischer Öle und kommt in großen Mengen in den Ölen von Schwarznuss (bis 28 000 ppm),[6] Perilla (bis 16 000 ppm),[6] Rooibos (bis 15 900 ppm),[6] Gewöhnlicher Rosskastanie (bis 11 000 ppm),[6] und Ceylon-Zimtbaum-Blätter (bis 7 000 ppm)[6] vor. Mandeln enthalten bis zu 8 200 ppm Benzaldehyd.[6] Daneben kann Benzaldehyd unter anderem in Tee, Guave, Mais, Basilikum, Lorbeerkirschen, Aniba rosaeodora, Papaya, Kalifornischem Lorbeer, Eukalyptus-Arten (Eucalyptus saligna, Eucalyptus punctata), Anis-Duftnessel, Meerträubel (Ephedra sinica), Wiesenklee, Sauerkirschen und Gartenhyazinthen nachgewiesen werden.[6]

Ein industrielles Verfahren zur Herstellung von Benzaldehyd ist die radikalische Chlorierung von Toluol, wodurch man Benzalchlorid (Dichlormethylbenzol) erhält, das mit Wasser zu Benzaldehyd (und HCl) umgesetzt werden kann.[7] Entsprechend erhält man Benzaldehyd auch durch radikalische Bromierung von Toluol und anschließende Hydrolyse. In beiden Fällen tritt beim letzten Reaktionsschritt eine nukleophile Substitution von Halogenid auf. Eine andere Synthese aus Benzalhalogeniden ist die Sommelet-Synthese.[8]

Auch eine ‚direkte‘ Oxidation von Toluol zu Benzaldehyd ist möglich. Da Benzaldehyd aber leicht zu Benzoesäure oxidiert wird, müssen dabei aber entweder selektive Oxidationsmittel verwendet werden oder es muss der entstehende Benzaldehyd mit einer schnellen Reaktion ‚abgefangen‘ und so vor weiterer Oxidation geschützt werden.[9]

Ebenfalls möglich ist die Produktion durch Oxidation von Benzylalkohol mit Salpetersäure oder anderen Katalysatoren, durch Rosenmund-Reduktion, durch eine Gattermann-Koch-Reaktion und weitere Verfahren.[10]

Benzaldehyd kann ebenfalls durch Reduktion von N,N-Dimethylbenzamid oder Benzoylbromid[11] oder durch Reaktion von Benzol mit Natriumcyanid gewonnen werden.[12]

Benzaldehyd ist gesundheitsschädlich, wobei eine echte Gesundheitsgefährdung für gewöhnlich nur bei vergleichsweise großen aufgenommenen Mengen zu erwarten ist. Er riecht angenehm süßlich nach Marzipan. Der Geschmack des Benzaldehyds wird allgemein als charakteristisch marzipanartig, jedoch im Reinzustand auch als unangenehm brennend empfunden. In großer Verdünnung, hierbei vor allem mit Ethanol, tritt in zunehmendem Maße eine Wildkirschnote zum Aroma hinzu. Benzaldehyd gehört auch zu den Aromen im Wein. Mit einem Geruchsschwellenwert von 3 Milligramm/l in Weißwein ist es eine wichtige Komponente des Wein-Bouquets.[13] Benzaldehyd besitzt einen Flammpunkt von 64 °C und eine Zündtemperatur von 190 °C.[2] Das Aroma von Marzipan ergibt sich zum größten Teil aus Aromen der verwendeten Mandeln bzw. deren Röstaromen. Ein wichtiger Bestandteil des Aromas ist Benzaldehyd.[14]

Benzaldehyd geht eine Reihe von Reaktionen ein. Es wird leicht zu Benzoesäure C6H5–COOH oxidiert. Diese Reaktion erfolgt – wenn auch sehr langsam – auch bei Raumtemperatur und mit Luftsauerstoff (Autoxidation), so dass Benzaldehyd oft mit Benzoesäure verunreinigt ist (bei größeren Mengen als weißer Feststoff im flüssigen Aldehyd).[15] Als Zwischenstufe wird hierbei Peroxybenzoesäure gebildet.[16] Daneben reagiert es mit Phosphorpentoxid zu Benzalchlorid, mit Ammoniak zu Hydrobenzamid, mit Hydroxylamin zu einem Oxim, mit Phenylhydrazin zu einem Phenylhydrazon und weitere Reaktionen.[10]

  • Benzaldehyd geht für Aldehyde typische Reaktionen ein, die auch zum Nachweis geeignet sind. Er reagiert beispielsweise mit Hydrazin H2N–NH2 und seinen Derivaten (beispielsweise mit Phenylhydrazin C6H5–NH–NH2 unter Bildung eines Phenylhydrazons).[17]
  • Die für die Aromaten typische elektrophile Substitution ist beim Benzaldehyd ebenfalls möglich. Bei der Nitrierung müssen die Reaktionsbedingungen sorgfältig gewählt werden, da die Oxidation zu Benzoesäure als Nebenreaktion auftritt. Aus diesem Grund liegt die Ausbeute an Nitrobenzaldehyd meist unter 50 %.[18][19]
  • Benzoin-Addition: Zwei Moleküle Benzaldehyd können sich in Gegenwart von Cyanid als Katalysator zu Benzoin vereinigen. Allgemein versteht man unter der Benzoin-Addition die entsprechende Reaktion aromatischer Aldehyde (mit Benzaldehyd als einfachstem Vertreter).[20]
  • Aldol-Kondensation: Darunter versteht man allgemein die Addition von Carbonylen an Aldehyden. So lässt sich zum Beispiel Dibenzalaceton darstellen. Dabei reagiert ein Keton (Aceton) erst einmal allgemein im basischen zu einer sog. Methylenkomponente. Dieses reagiert nach Zugabe von Benzaldehyd (Carbonylkomponente) zu Benzalaceton (Benzylidenaceton). Führt man eine weitere Addition durch Benzaldehyd durch, so reagiert das Benzalaceton diesmal zur Methylenkomponente im basischen Milieu. Durch die Zweitaddition oder auch doppelte Aldolkondensation sind komplexe Moleküle synthetisierbar, wie beispielsweise das Dibenzalaceton (1,5-Diphenylpenta-1,4-dien-3-on).[21]
  • Bei der Hydrat-Bildung findet eine Addition von Wasser an die Aldehydgruppe der Carbonylverbindung unter nukleophilem Angriff statt. Ein Nachteil dieser Reaktion ist die Instabilität von Hydraten allgemein. Benzaldehyd und andere aromatische Carbonylverbindungen fügen an der C=O-Bindung kein Wasser hinzu, da die Hydratbildung die Verlagerung der Elektronen aus dem aromatischen Ring in die Carbonylgruppe behindern würde.[22][23]
  • Bei der Reaktion mit primären Aminen (R–NH2) bilden sich ebenfalls unter nukleophilem Angriff am zentralen C-Atom der Carbonylgruppe und nachfolgender Abspaltung von Wasser (Kondensation) aus dem Zwischenprodukt ein Azomethin.[10]

Benzaldehyd wird als Aromastoff für eine Bittermandelnote verwendet und ist Ausgangsstoff zur Herstellung einer Reihe anderer aromatischer Geruchs- und Geschmacksstoffe.[5]

Sicherheitshinweise

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Benzaldehyd wurde 2016 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Benzaldehyd waren die Besorgnisse bezüglich Verbraucherverwendung, Exposition von Arbeitnehmern und weit verbreiteter Verwendung sowie der möglichen Gefahr durch mutagene Eigenschaften. Die Neubewertung soll ab 2020 von Frankreich durchgeführt werden.[24]

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu BENZALDEHYDE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 28. Dezember 2020.
  2. a b c d e f g h i j k Eintrag zu Benzaldehyd in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. Dezember 2024. (JavaScript erforderlich)
  3. Autorengemeinschaft: Organikum. 22. Auflage. Wiley-VCH, 2004, ISBN 3-527-31148-3, S. 236.
  4. Eintrag zu Benzaldehyde im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. a b c Karl‐Georg Fahlbusch, Franz‐Josef Hammerschmidt, Johannes Panten, Wilhelm Pickenhagen, Dietmar Schatkowski, Kurt Bauer, Dorothea Garbe, Horst Surburg: Flavors and Fragrances. In: Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry. Band 15, 2012, S. 73–198, doi:10.1002/14356007.a11_141.
  6. a b c d e f g BENZALDEHYDE (englisch). In: Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database, Hrsg. U.S. Department of Agriculture, abgerufen am 25. Juli 2023.
  7. Eberhard Breitmaier, Günther Jung: Organische Chemie: Grundlagen, Stoffklassen, Reaktionen, Konzepte, Molekülstrukturen ; 129 Tabellen. Georg Thieme Verlag, 2005, ISBN 978-3-13-541505-5, S. 315 (books.google.com).
  8. Gregory J. Hollingworth: Comprehensive Organic Functional Group Transformations. Elsevier Science, Oxford 1995, ISBN 978-0-08-044705-6, 3.03 – Aldehydes: Aryl and Heteroaryl Aldehydes, S. 81–109, doi:10.1016/b0-08-044705-8/00287-9.
  9. Allam Djaouida, Mansouri Sadia, Hocine Smaïn: Direct Benzyl Alcohol and Benzaldehyde Synthesis from Toluene over Keggin-Type Polyoxometalates Catalysts: Kinetic and Mechanistic Studies. In: Journal of Chemistry. Band 2019, 2019, S. e9521529, doi:10.1155/2019/9521529 (hindawi.com).
  10. a b c Arun Bahl: A Textbook of Organic Chemistry, 22e. S. Chand & Company Limited, 2019, ISBN 978-93-5283730-4, S. 827 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Alan R. Katritzky, Otto Meth-Cohn, Charles Wayne Rees: Comprehensive Organic Functional Group Transformations: Synthesis: carbon w… Pergamon, 1995, ISBN 978-0-08-042324-1, S. 83–90 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. William J. King, Patrick T. Izzo: Preparation of Benzaldehyde from Benzene. In: Journal of the American Chemical Society. Band 69, Nr. 5, 1947, S. 1220–1220, doi:10.1021/ja01197a512.
  13. Rainer Amann: Wie kommt eigentlich die schwarze Johannisbeere in die Scheurebe? (PDF; 2,1 MB) In: Der Badische Winzer. Oktober 2002.
  14. Mitchell, Alyson E.: Beyond benzaldehyde: The chemistry of raw, roasted and rancid almonds. In: Abstracts of Papers, 253rd ACS National Meeting & Exposition, San Francisco, CA, United States, April 2-6, 2017. Band 253, 2017, S. AGFD-170.
  15. August Kekulé: Lehrbuch der organischen Chemie: (Mit in den Text eingedrückten Holzschnitten). Enke, 1882, S. 324 (books.google.com).
  16. H. Staudinger: Über die Autoxydation organischer Verbindungen I. Über die Autoxydation aromatischer Aldehyde. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 46, Nr. 3, Juli 1913, S. 3530–3535, doi:10.1002/cber.191304603134.
  17. Satinder Ahuja, Stephen Scypinski: Handbook of Modern Pharmaceutical Analysis. Elsevier Science, 2001, ISBN 978-0-08-048892-9, S. 338 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  18. Danilo Russo, Luca Onotri, Raffaele Marotta, Roberto Andreozzi, Ilaria Di Somma: Benzaldehyde nitration by mixed acid under homogeneous condition: A kinetic modeling. In: Chemical Engineering Journal. Band 307, 2017, S. 1076–1083, doi:10.1016/j.cej.2016.09.034.
  19. Oscar Lisle Brady, Samuel Harris: LXI.—The nitration of benzaldehyde and the monotropy of o-nitrobenzaldehyde. In: Journal of the Chemical Society, Transactions. Band 123, Nr. 0, 1923, S. 484–494, doi:10.1039/CT9232300484.
  20. Arthur Lachman: the Equilibrium Between Benzaldehyde and Benzoin. In: Journal of the American Chemical Society. Band 46, Nr. 3, 1924, S. 708–723, doi:10.1021/ja01668a022.
  21. Leslie A. Hull: The Dibenzalacetone Reaction Revisited. In: Journal of Chemical Education. Band 78, Nr. 2, 2001, S. 226, doi:10.1021/ed078p226.
  22. Albert Gossauer: Structure and Reactivity of Biomolecules. Wiley, 2018, ISBN 978-3-906390-72-7, S. 284 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  23. Robert A. McClelland, Margaret Coe: Structure-reactivity effects in the hydration of benzaldehydes. In: Journal of the American Chemical Society. Band 105, Nr. 9, 1983, S. 2718–2725, doi:10.1021/ja00347a033.
  24. Community Rolling Action Plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): Benzaldehyde, abgerufen am 26. März 2019.Vorlage:CoRAP-Status/2020