Bernd F. Lunkewitz

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Bernd F. Lunkewitz fotografiert von Oliver Mark, Berlin 2002

Bernd Fritz Lunkewitz (* 5. Oktober 1947 in Kassel) ist ein deutscher Immobilieninvestor und ehemaliger Verleger. Er lebt seit 2016 in Pacific Palisades, einem Stadtteil von Los Angeles.

Lunkewitz studierte Politik sowie Philosophie. Er gründete 1968 an der Frankfurter Universität die antiimperialistische „Rote Garde Bockenheim“. Er wurde in der Presse als ehemaliges Mitglied der KPD/ML bezeichnet, dies ist jedoch unbelegt.[1][2][3] Laut seiner eigenen Aussage war er nur Sympathisant, nicht aber Mitglied.[4][5]

Am 16. September 1969 wurde er als Leiter einer Demonstration gegen den in Kassel stattfindenden Parteitag der NPD vor dem Haus des Kasseler NPD-Landtagsabgeordneten Werner Fischer vom Führer des „Ordnungsdienstes“ der NPD angeschossen.[1] In einigen Berichten der Boulevardpresse wurde er später „Che von Kassel“ genannt.

Sein Vermögen machte Lunkewitz durch Geschäfte mit gewerblichen Immobilien, hauptsächlich Büro- und Bankgebäude, und zwar mit dem überlieferten einfachen Rezept: „Reich wird man, indem man billig einkauft und teuer verkauft.“[6]

Von 1984 bis 2004 war Lunkewitz mit der Schauspielerin Daniela Amavia verheiratet. Seit 2005 ist er in zweiter Ehe mit der Kinderbuchautorin und Illustratorin Stephanie Lunkewitz verheiratet. Sie haben eine Tochter und zwei Söhne.

Lunkewitz als Verleger des Aufbau-Verlags

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1991 kaufte Lunkewitz den Aufbau-Verlag (Berlin), den bedeutendsten belletristischen Verlag der DDR, und den Verlag Rütten & Loening von der Treuhandanstalt. 1993 erwarb er auch noch den Gustav Kiepenheuer Verlag in Leipzig. In der Verlagsgruppe erschienen neben bedeutenden Gegenwartsautoren wie Christoph Hein, Christa Wolf, Hermann Kant, Robert Merle wichtige literarische Vertreter des 20. Jahrhunderts wie Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Anna Seghers, Arnold Zweig, Gesellschaftskritiken von Hans Fallada und zahlreiche Klassikerausgaben von Andersen Nexö bis Turgenew oder zum Schillerjahr 2004 „Schillers Werke in 10 Bänden“.

Lunkewitz war mit dem Aufbau-Verlag einer der wenigen erfolgreichen und wirtschaftlich unabhängigen Belletristik-Verleger in Deutschland. Neben Bestsellern wie den Tagebüchern von Victor Klemperer oder Brigitte Reimann und dem Roman Die Päpstin von Donna Cross hatte Lunkewitz in den letzten Jahren aber auch Rückschläge hinzunehmen, so den Weggang von Christa Wolf und Christoph Hein. Betriebswirtschaftliche Gründe zwangen Lunkewitz 2003 zur regional kritisierten Verlegung des Gustav Kiepenheuer Verlags aus Leipzig nach Berlin.

Im Frühjahr 1992 kaufte Lunkewitz den Verlag der Weltbühne GmbH, der die ehemals in der Weimarer Republik von Siegfried Jacobsohn und Carl von Ossietzky herausgegebene kritische Wochenschrift Die Weltbühne in der DDR weitergeführt hatte. Nachdem zunächst für die Zeitschrift große Pläne bestanden, stellte Lunkewitz sie ein, nachdem er überraschend mit der von den Nationalsozialisten aus Deutschland vertriebenen Familie des Zeitschriftengründers Jacobsohn über die Titelrechte in einen Rechtsstreit vor dem OLG Frankfurt geriet. Lunkewitz erklärte dies damit, dass eine solche Zeitschrift unabhängig von der Rechtslage nicht ohne Zustimmung oder gar gegen den Widerstand der ursprünglichen Eigentümer und deren aus dem Land vertriebenen Erben gemacht werden könne.

Von Oktober 2003 bis 2009 war der mit Lunkewitz seit langen Jahren befreundete Michel Friedman Herausgeber für den Bereich »Politisches Buch« beim Aufbau-Verlag.

Im Frühjahr 2008 zog sich Lunkewitz aus dem Aufbau Verlag zurück. Nach einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung, in dem umfassend über die schwierigen Erwerbs- und Besitzverhältnisse des Aufbau-Verlags berichtet wird, hat Lunkewitz den Verlag von der Treuhand gekauft, obwohl der Verlag sich nicht in deren Eigentum befand, sondern Eigentum des Kulturbunds der DDR war. Lunkewitz sagt laut diesem Artikel: „Ich halte die Treuhand für eine in Teilen kriminelle Vereinigung.“[3]

Am 30. Mai 2008 beantragte die Geschäftsführung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nachdem Lunkewitz überraschend die finanzielle Unterstützung beendet hatte. Bereits am 2. Juni 2008 erhielt der Verlag die Kündigung des Mietvertrages für das Verlagsgebäude. Danach wurde er in einer stark emotional aufgeladenen öffentlichen Debatte von der ehemaligen Geschäftsführung der damaligen Aufbau-Verlagsgruppe GmbH, die um die Arbeitsplätze fürchtete, als Verräter bezeichnet. Diese Sichtweise lässt außer Betracht, dass Lunkewitz seit Erwerb des Verlags erhebliche Mittel aus seinem Privatvermögen (nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bereits 17 Mio. DM bis 1995) in den Verlag investiert und den Verlag 17 Jahre lang geführt hat.

In einem Spiegel-Artikel[7] rechtfertigt Lunkewitz seine Handlungsweise. Die Insolvenz der Aufbau Verlagsgruppe GmbH im Sommer 2008 habe deshalb zwingend erfolgen müssen, weil der Bundesgerichtshof im Frühjahr 2008 nach 13 Jahren Rechtsstreit zwischen Lunkewitz und der Treuhandanstalt/BVS festgestellt hatte, dass die Aufbau-Verlagsgruppe GmbH eine „vermögenslose Hülle“ ist, die nicht Rechtsnachfolger des Aufbau-Verlages der DDR geworden sei. Lunkewitz hatte zu Beginn des Rechtsstreits separat das Vermögen des Verlages stattdessen vom Kulturbund e. V. wirksam erworben. Aufgrund der Ende Mai 2008 auftretenden Differenzen mit der Geschäftsleitung entschloss sich der Verleger aber, die GmbH in die Insolvenz zu schicken. Nach der Reaktion der Belegschaft, insbesondere des Lektorats, und Angriffen auf seine persönliche Integrität hielt er seine weitere Arbeit im Verlag nicht mehr für sinnvoll. Im Oktober 2008 verkaufte Lunkewitz in Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter der insolventen GmbH den ihm privat gehörenden Geschäftsbetrieb des Aufbau-Verlages mit dem gesamten Vermögen und allen Rechten (bis auf die Weltrechte an Fallada), unter Beibehaltung aller Arbeitsplätze, an den Berliner Investor Matthias Koch, der seitdem den Aufbau-Verlag gemeinsam mit den anderen Verlagen erfolgreich weiter betreibt. Auf Bitten des Verlages trat Lunkewitz 2010 auch noch die von ihm 1994 separat erworbenen weltweiten Urheberrechte am Werk Falladas an die Aufbau-Verlag GmbH & Co KG ab.

Lunkewitz betrieb die Insolvenz offensichtlich, um damit die Treuhandanstalt/BVS bzw. das Bundesfinanzministerium in die Haftung zu nehmen. Seit 2009 führt er zivilrechtliche Prozesse gegen die BVS. Inzwischen lobt er eine Belohnung von 100.000 Euro aus – für den Nachweis, dass der Kulturbund e. V. den Aufbau-Verlag in der DDR wirksam aus seinem Eigentum auf die SED übertragen hat, wie es die BvS behauptet, ohne das beweisen zu können.[8]

Veröffentlichungen

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Biografien

Presse

  • „Ich wollte immer im geistigen Brennpunkt der Nation sein“. Der Verleger Bernd Lunkewitz über sein Verhältnis zu Literatur und Gesellschaft. Gespräch mit Klaus Walraff und Christoph Keese. Berliner Zeitung 2. Mai 1998.
  • Bernd F. Lunkewitz, Verleger. Wann verkaufen Sie den Aufbau-Verlag, Herr Lunkewitz? Gespräch mit Moritz Müller-Wirth. In: Der Tagesspiegel, 8. Juli 1998.
  • Uwe Wittstock: Der Che Guevara von Kassel. Unabhängige Verleger, die letzten ihrer Art: Bernd F. Lunkewitz rettete den Aufbau-Verlag. In: Die Welt, 24. November 2001.
  • Ich bin lieber Ritter als Knecht. Bernd F. Lunkewitz, interviewt von Christoph Amend. Der Tagesspiegel 12. Mai 2002.
  • Uwe Müller: Der Grabredner Bernd Lunkewitz wird zum Bestatter. Der traditionsreiche Aufbau-Verlag Gustav Kiepenheuer schließt seine Pforten in Leipzig. In: Die Welt, 27. Februar 2003.
  • Christian Esch: Gustav Kiepenheuer Verlag verlässt Leipzig. In: Berliner Zeitung, 28. Februar 2003.
  • „Ich hätte gern einen Stall voller Dostojewskis“. Interview mit Bernd F. Lunkewitz, Chef des Berliner Aufbau-Verlages. In: Das Parlament, Nr. 40–41, 29. September 2003.
  • Cornelia Geissler: Der Salonmarxist im ehemaligen DDR-Verlag. Der Aufbau-Verlag feiert seinen 60. Geburtstag. In: Berliner Zeitung, 8. September 2005.
  • Volker Hage, Dietmar Pieper: Verlage: „Das Licht ausgemacht“. In: Der Spiegel. Nr. 25, 2008, S. 166–167 (online – Interview mit Bernd F. Lunkewitz).

Publikationen

  • Moritz Müller-Wirth: Die Kultur-Macher. Eine Zwischengeneration auf dem Vormarsch: Bernd F. Lunkewitz & Peter L. H. Schwenkow. Fannei und Walz, Berlin 1996
  • Uwe Wittstock: Bernd F. Lunkewitz: Der Retter des Aufbau-Verlags. In: Uwe Wittstock: Die Büchersäufer. Streifzüge durch den Literaturbetrieb. Schriftreihe: Zu Klampen Essay; Dietrich zu Klampen Verlag, Springe 2007, ISBN 978-3-86674-005-1, S. 42–47.

Einzelnachweise

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  1. a b Hans Riebsamen: Bernd Lunkewitz im Porträt: Der Abenteurer. In: FAZ.net. 8. Juni 2008, abgerufen am 28. November 2019.
  2. Uwe Wittstock: Literaturliebhaber mit Lenin-Büste. In: Welt Online. 3. Juni 2008, abgerufen am 9. August 2016.
  3. a b Hans Leyendecker: Ärger um den Aufbau-Verlag: „Ich habe gewonnen und schlafe schlecht“. In: süddeutsche.de. 10. Mai 2010, abgerufen am 28. November 2019.
  4. Klaus Pokatzky: Bernd Lunkewitz – Marxist und Unternehmer – wie geht das zusammen? In: Deutschlandradio-Kultur-Sendung „Im Gespräch“. 23. März 2013, abgerufen am 28. November 2019 (Programmankündigung; Podcast nicht mehr verfügbar).
  5. Lunkewitz’ Darstellung wird von Gisela Getty und Jutta Winkelmann in deren Werk Die Zwillinge oder vom Versuch, Geld und Geist zu küssen (weissbooks.w, Frankfurt 2008, Seite 106) gestützt: „Ich sage Klaus nichts über meine Zweifel, er ist im Zentralkomitee, und wir drei [gemeint sind Getty, Winkelmann und Klaus] sind die einzigen KPD/ML-Kämpfer weit und breit. Lunke ist nicht so dogmatisch wie Klaus …“.
  6. Aus einem Interview mit 3sat, 2002.
  7. Volker Hage, Dietmar Pieper: Das Licht ausgemacht. In: Der Spiegel. Nr. 25, 2008, S. 166 f. (online).
  8. Wer war Eigentümer des Aufbau-Verlages in der DDR?, nd.dieWoche, 19. Februar 2022
  9. Was war links? Dokumentarfilm in 4 Folgen (Memento vom 29. Dezember 2019 im Internet Archive) – Bernd F. Lunkewitz waswarlinks.de