Birkenporling

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Birkenporling

Ein Birkenporling am Stamm einer Birke

Systematik
Klasse: Agaricomycetes
Unterklasse: unsichere Stellung (incertae sedis)
Ordnung: Stielporlingsartige (Polyporales)
Familie: Baumschwammverwandte (Fomitopsidaceae)
Gattung: Baumschwämme (Fomitopsis)
Art: Birkenporling
Wissenschaftlicher Name
Fomitopsis betulina
(Bull.) B. K. Cui, M. L. Han & Y. C. Dai, (2016)

Der Birkenporling (Fomitopsis betulina[1][2], bis 2015 Piptoporus betulinus) ist ein Pilz aus der Familie der Baumschwammverwandten. Er befällt Birken und lebt in ihnen parasitär.

Der Birkenporling bildet einjährige Fruchtkörper, die sich von Juli bis November ausbilden. Zumeist treten die Fruchtkörper einzeln an Stammpartien auf, seltener auch dachziegelartig oder in Abständen zu vielen übereinander. Die befallenen Partien zeigen äußerlich in der Regel keine weiteren Schäden.[3]

Der Hut des Birkenporlings ist zunächst knollenartig geformt und wächst sich mit der Zeit zu einer unterseits flachen, oberseits kissen- oder nierenförmigen Gestalt aus. Er erreicht eine Breite von bis zu 30 cm und ragt etwa 5–20 cm aus der Borke heraus. Die Dicke des Hutes beträgt dabei ca. 2–7 cm. Die Ansatzstelle am Stamm ist stielartig verschmälert und weist nicht selten einen Buckel nach oben auf. Während die Huthaut zunächst glatt und weißlich-cremefarben ist, wandelt sich ihr Farbton mit fortschreitendem Alter ins Ockerbraune; bisweilen erhält sie durch den Bewuchs mit Algen eine grünliche Färbung. Sie lässt sich abziehen und wird mit der Zeit feldrig rissig. Der Hutrand ist für gewöhnlich regelmäßig nach unten gewölbt, in manchen Fällen auch wellig. Die Poren auf der Unterseite des Hutes sind jung weiß, mit zunehmendem Alter nehmen sie einen gräulichen Farbton an. Auf einen Millimeter kommen etwa zwei bis vier Poren. Die Röhren des Birkenporlings haben eine Länge von 1–8 mm.
Das Pilzfleisch ist anfangs weiß, saftig und weich, später wird es fester und trockener, mit einer Konsistenz, die an Kork erinnert. Der Geruch ist unbedeutend. Im Geschmack sind Birkenporlinge jedoch mit fortschreitendem Alter zunehmend bitter. Die Pilzsporen bilden ein weißes Pulver.[4][5][3][6]

Die Möglichkeit der Verwechslung besteht nur bei jungen Pilzen mit dem Zunderschwamm. Letzterer hat jedoch ein hellbraunes Pilzfleisch und verursacht eine Weißfäule (siehe Abschnitt Schadbild).[3]

Mikroskopische Eigenschaften

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Die Sporen des Birkenporlings zeigen unter dem Mikroskop ihre wurstartige Form. Sie haben eine Größe von 5–7 × 1,5–2 µm, besitzen eine glatte Oberfläche und sind durchscheinend. Sie sind nicht amyloid, jedoch allantoid (würstchenförmig); sie sitzen je zu zweien oder zu vieren auf den Basidien. Die Trama ist dimitisch, das heißt, sie besteht aus Skelett- und generativen Hyphen. Der Birkenporling hat keine Zystiden.[5][7]

Der Birkenporling verursacht in der Birke eine starke Braunfäule. Das Holz des befallenen Baums wird brüchig und verfärbt sich dunkelbraun (Würfelbruch). Zwischen den Bruchlinien des Holzes findet sich das Mycel des Pilzes. Die Folge ist meist Windbruch auf Höhe des Befalls.[8]

Ökologie und Verbreitung

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Der Birkenporling befällt ausschließlich Birken. Für gewöhnlich dringt der Pilz über Abbruchstellen von Zweigen, wo das Xylem freigelegt wurde, in alte, absterbende Bäume ein. Dabei baut er die Zellulose des Baumes ab, was an der Holzsubstanz zu massiven Verlusten führt. Innerhalb von drei Monaten kann der Baum in den befallenen Bereichen so 50–70 % seiner Masse verlieren. Dies ist schwerwiegend, da Birken nur etwa 20 % Masseanteil an Lignin enthalten. Da es sich bei diesen Zahlen jedoch um Labormessungen handelt, kann nicht ohne Weiteres auf die freie Natur geschlossen werden. So wurden in Birkenwäldern auch Exemplare gefunden, die das Holz gefallener Bäume auch nach fünf Jahren noch befielen; die Zersetzung des Holzes lief dementsprechend weit langsamer ab.[9]

Birkenporlinge sind mesophil, d. h., sie bevorzugen eine Temperatur von 25 °C. Ab einer Temperatur von 30 °C stockt ihr Wachstum, das Temperaturminimum für den Wuchs liegt bei etwa 7–9 °C. Dem entspricht folglich auch die Verbreitung des Pilzes: er findet sich überall in Nordamerika und Eurasien, wo während der Ausbildung seines Fruchtkörpers diese Temperaturen herrschen und ein Bestand an Birken existiert.
Gleichzeitig ist der Birkenporling auch auf den Verbleib der Rinde am Holz angewiesen, da sie den Feuchtigkeitsgehalt des Holzes auch langfristig stabil hält, wobei der Pilz zwischen 35 und 100 % Feuchtigkeitsgehalt benötigt. Zudem enthält sie für den Pilz notwendige Inhaltsstoffe wie Tannine.[9]

Der Birkenporling wird oft von mycetophagen Schädlingen befallen, wobei es sich in der Regel um Insekten und Milben handelt. Dabei wird der Fruchtkörper in den ersten sechs Monaten besonders von Tetratoma fungorum befallen, abgestorbene Pilze werden vorwiegend von Cis bilamellatus zersetzt; bei beiden Arten handelt es sich um Käfer, die sich in erster Linie von Pilzen ernähren.[10] Während letzterer seinen kompletten Lebenszyklus im Fruchtkörper verbringt, verpuppt sich T. fungorum im morschen Holz oder im nahen Erdreich, bevor die Imagines den Pilz befallen.[11]

Alte Fruchtkörper werden oft vom Birkenporling-Kissenpustelpilz besiedelt.[12]

Für den Birkenporling werden keine Unterarten oder Varietäten anerkannt.[13]

Der Birkenporling ist ungiftig und zumindest jung essbar aber mit fortschreitendem Alter jedoch aufgrund seiner zunehmenden Bitterkeit letztlich ungenießbar.[5][14]

In der Baumpflege ist der Birkenporling ein Indikator für den Verlust der Gesundheit eines Baumes. Da er die Bruchsicherheit erheblich reduziert, müssen befallene Bäume in der Regel gefällt werden.[3]

Bedeutung hatte der Pilz in früherer Zeit vor allem als Arzneimittel. Der in dünne Streifen geschnittene Fruchtkörper wurde als Bandage zur Wundheilung verwendet, unter anderem wegen seiner entzündungshemmenden Inhaltsstoffe. In Skandinavien wurde sein Fruchtfleisch als Scheide für Messer verwendet, um sie vor Rost zu schützen.[15]

Ötzi, eine etwa 5300 Jahre alte Gletschermumie aus der ausgehenden Jungsteinzeit (Neolithikum) oder der Kupferzeit (Chalkolithikum), die beim 3208 m hohen Tisenjoch in den Ötztaler Alpen oberhalb des Niederjochferner gefunden wurde, führte zwei Birkenporlinge mit sich. Während zunächst vermutet wurde, die Pilze hätten möglicherweise Halluzinogene enthalten, stellte sich dies bald als falsch heraus, ebenso wie die Verwendung als Zunder. Wahrscheinlich trug der Mann die Pilze wegen ihrer antibiotischen Wirkung mit sich.[16] Es wird auch vermutet, dass der Pilz dem Ötzi als Abführmittel zur Vertreibung von Parasiten diente, weil die im Fruchtkörper des Pilzes enthaltene Agarsäure für den parasitären Peitschenwurm (Trichuris trichiura) giftig ist.[17]

In jüngerer Zeit gewinnt der Birkenporling wieder an Interesse, da man in Studien die hohe antioxidative Wirkung bestätigen konnte (daher eventuell auch die frühere Verwendung als Messerscheide) sowie antibakterielle und antivirale Wirkung (insbesondere bei Grippestämmen). Auch wurden antitumorale Eigenschaften festgestellt, die zur Zeit weiter untersucht werden.[18]

  • Harry J. Hudson: Fungal Biology. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1992, ISBN 0-521-42773-8, S. 100.
  • William C. Roody: Mushrooms of West Virginia and the Central Appalachians. University Press of Kentucky, Lexington (KY) 2003, ISBN 0-8131-9039-8, S. 381.
  • Antje Wohlers, Thomas Kowol, Dirk Dujesiefken: Pilze bei der Baumkontrolle. Erkennen wichtiger Arten an Straßen- und Parkbäumen. Thalacker Medien, Braunschweig 2001, ISBN 3-87815-167-5, S. 14–15.
  • Agnieszka Mozer-Möllenbeck: Der Birkenporling – Piptoporus betulinus – Özipilz. (Literaturstudium zur Heilwirkung von Birkenporling) vom 12. Oktober 2021 (Volltext Auf: dgfm-ev.de; zuletzt abgerufen am 29. November 2023).
Commons: Birkenporling – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Birkenporling – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Michael Kuo: Fomitopsis betulina. Auf: mushroomexpert.com vom 26. September 2022; zuletzt abgerufen am 29. November 2023.

Einzelnachweise

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  1. Fomitopsis betulina. Auf: mycobank.org; abgerufen am 20. Juli 2017.
  2. Mei-Ling Han, Yuan-Yuan Chen, Lu-Lu Shen, Jie Song, Josef Vlasák: Taxonomy and phylogeny of the brown-rot fungi: Fomitopsis and its related genera. In: Fungal Diversity. Band 80, Nr. 1, September 2016, ISSN 1560-2745, S. 343–373, doi:10.1007/s13225-016-0364-y (springer.com [abgerufen am 5. Januar 2022]).
  3. a b c d Antje Wohlers, Thomas Kowol, Dirk Dujesiefken: Pilze bei der Baumkontrolle. Erkennen wichtiger Arten an Straßen- und Parkbäumen. Thalacker Medien, Braunschweig 2001, ISBN 3-87815-167-5, S. 14–15.
  4. Michael Kuo: Piptoporus betulinus- Auf: mushroomexpert.com Januar 2004. Abgerufen am 4. Oktober 2009.
  5. a b c William C. Roody: Mushrooms of West Virginia and the Central Appalachians. University Press of Kentucky, Lexington (Ky) 2003, ISBN 0-8131-9039-8, S. 381.
  6. Donald M. Huffmann: Mushrooms and other fungi of the midcontinental United States. University of Iowa Press, Iowa City 2008, ISBN 978-1-58729-627-7, S. 207.
  7. Michael Jordan: The encyclopedia of fungi of Britain and Europe. lincoln, London 2004, ISBN 0-7112-2379-3, S. 93.
  8. Ian M. Smith: European handbook of plant diseases. Blackwell Scientific Publications, Oxford 1988, ISBN 0-632-01222-6, S. 520.
  9. a b Harry J. Hudson: Fungal Biology. Cambridge University Press, Cambridge 1992, ISBN 0-521-42773-8, S. 100.
  10. Quentin Wheeler, Meredith Blackwell: Fungus-insect relationships: perspectives in ecology and evolution. Columbia University Press, New York 1984, ISBN 0-231-05695-8, S. 147.
  11. Erich Kreissl: Zum Vorkommen von Tetratoma fungorum FABR. in der Steiermark bzw. in Österreich (Hex., Coleoptera, Serropalpidae). In: Mitteilungen der Abteilung für Zoologie am Landesmuseum Joanneum. Heft 40, Graz 1987, S. 67–70 (zobodat.at [PDF; 485 kB]).
  12. Svengunnar Ryman & Ingmar Holmåsen: Pilze. Thalacker, Braunschweig 1992, ISBN 3-87815-043-1, S. 665.
  13. Index Fungorum: Piptoporus. Auf: indexfungorum.org vom 4. Oktober 2009; zuletzt abgerufen am 29. November 2023.
  14. Agnieszka Mozer-Möllenbeck: Der Birkenporling – Piptoporus betulinus – Özipilz. (Literaturstudium zur Heilwirkung von Birkenporling) vom 12. Oktober 2021 (Volltext ).
  15. Olaf Schmidt: Wood and tree fungi: biology, damage, protection, and use. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-32138-1, S. 199.
  16. Brenda Fowler: Iceman: uncovering the life and times of a prehistoric man found in an alpine glacier. University of Chicago Press, Chicago 2001, ISBN 0-226-25823-8, S. 116.
  17. L. Capasso: 5300 years ago, the Ice Man used natural laxatives and antibiotics. In: The Lancet. Band 352, Nr. 9143, 5. Dezember 1998, S. 1864, doi:10.1016/S0140-6736(05)79939-6, PMID 9851424 (nih.gov [abgerufen am 2. Oktober 2024]).
  18. Małgorzata Pleszczyńska et al.: Cultivation and utility of Piptoporus betulinus fruiting bodies as a source of anticancer agents. In: World Journal of Microbiology and Biotechnology. Band 32, Nr. 9, 27. Juli 2016, ISSN 1573-0972, S. 151, doi:10.1007/s11274-016-2114-4, PMID 27465851, PMC 4963449 (freier Volltext).