Blattspitzen-Gruppe
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Als Blattspitzen-Gruppen wird eine Übergangsindustrie der Altsteinzeit zwischen dem Mittel- und Jungpaläolithikum von etwa 50.000 bis 35.000 v. Chr. bezeichnet. Die Gruppen lebten in Teilen des heutigen Deutschland, so in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Die bayerische Altmühlgruppe wurde 1954 so von Assien Bohmers benannt. In Tschechien und Ungarn wird die Kultur mit Blattspitzen als Szeletien bezeichnet. Jürgen Richter glaubt, die „Altmühlgruppe“ sollte „im Sinne einer eigenständigen kulturellen Einheit verworfen werden“. Ihre Inventare seien Bestandteile des späten Micoquien.[1]
Namensgebend für die Blattspitzengruppe sind die Werkzeuge dieser Gruppen, die Blattspitzen, die Baumblättern ähneln. Typisch sind flächenhaft bearbeitete, große lorbeerblatt-, kleine buchenblatt- und lange, schmale weidenblattförmige Spitzen. Daneben finden sich langovale Blattformen und Schaber aus Feuerstein. Geprägt wurde der Begriff durch Gustav Schwantes. Synonym wird neben Altmühlgruppe auch der Begriff Präsolutréen verwendet, da es morphologische Ähnlichkeiten in den Werkzeugen gebe.
Aus der Ilsenhöhle unter der Burg Ranis stammen mehrere kleine Knochenfragmente des anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens), die zwischen 43.000 und 45.000 Jahre alt sind.[2][3] Erst durch die Zuordnung dieser Knochenstücke zu Homo sapiens sind die wahrscheinlichen Hersteller der Blattspitzen gefunden, die traditionell eher den späten Neandertalern zugeschrieben wurden. Die neuere Forschung geht von episodischen Einwanderungen kleiner Gruppen des modernen Menschen nach Mitteleuropa aus.
Siedlungsspuren und Werkzeuge haben sich bevorzugt in Höhlen erhalten. Ausnahmen bilden zum Beispiel die Blattspitzen von Zeitlarn in Bayern.
Fundstellen der Blattspitzen-Gruppe in Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nordrhein-Westfalen:
Thüringen:
- Ilsenhöhle unter der Burg Ranis[4]
Bayern:
- Kleine Ofnethöhle (Kreis Donau-Ries)
- Wittislingen
- Höhle Steinerner Rosenkranz (Lkr. Eichstätt),
- Weinberghöhlen bei Mauern (Lkr. Schrobenhausen)[5]
- Zwergloch bei Pottenstein
- Obere Klause und Mittlere Klause bei Neuessing
- Zeitlarn
- Buchberghöhle (bei Straubing),
- Vilshofen-Albersdorf
- Obernederhöhle im Altmühltal (Lkr. Kelheim)
- Kösten bei Lichtenfels (Oberfranken)
Baden-Württemberg:
- Haldensteinhöhle (Alb-Donau-Kreis)
- Hohle Fels (Alb-Donau-Kreis)[6]
- Mundelsheim
Rheinland-Pfalz:
- Gemarkung Busenberg[7]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Michael Bolus: Blattspitzen. In: Harald Floss (Hrsg.): Steinartefakte vom Altpaläolithikum bis in die Neuzeit. 2. Auflage. Tübingen 2013, ISBN 978-3-935751-16-2, S. 317–326.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jürgen Richter: Altsteinzeit. Der Weg der frühen Menschen von Afrika bis in die Mitte Europas, Kohlhammer, 2018, S. 174.
- ↑ Dorothea Mylopotamitaki et al.: Homo sapiens reached the higher latitudes of Europe by 45,000 years ago. In: Nature. Band 626, 2024, S. 341–346.
- ↑ Sarah Pederzani et al.: Stable isotopes show Homo sapiens dispersed into cold steppes ~45,000 years ago at Ilsenhöhle in Ranis, Germany. In: Nature Ecology & Evolution. 31. Januar 2024.
- ↑ Werner M. Hülle: Die Ilsenhöhle unter Burg Ranis/Thüringen. Eine paläolithische Jägerstation. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1977.
- ↑ Assien Böhmers: Die Höhlen von Mauern. Teil I: Kulturgeschichte der altsteinzeitlichen Besiedlung. In: Palaeohistoria. 1 1951, S. 1–107 (Online).
- ↑ Feuerstein-Artefakt belegt Großwildjagd der Neandertaler am Hohle Fels. 22. Juli 2021, abgerufen am 7. August 2022.
- ↑ S. Gütermann: Blattspitze - erster Fund weit im Westen, in: Archäologie in Deutschland 01|2019, S. 60 f.