Burkhard Garweg
Burkhard Maria Heimfried Garweg[1] (* 1. September 1968 in Bonn[2]) gilt als deutsches ehemaliges Mitglied der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF). Nach ihm wird international gefahndet.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als er sechs Jahre alt war, zog Garweg mit seinen Eltern von Bonn nach Hamburg, wo er seine Jugend verbrachte. Sein Vater Gerhard Garweg (1929–2024) war Professor der Anatomie an der Universität Hamburg und Arzt.[3][4][5] Er hat einen Bruder und eine Schwester. 1987 brach er die Schule ab und begann, sich in der linken Hausbesetzer-Szene der Hafenstraße zu bewegen,[6] in der er sich laut dem Journalisten Michael Sontheimer radikalisierte.[7] Um die Jahreswende 1989/90 ging er in den Untergrund und schloss sich vermutlich der dritten Generation der RAF an.[8] Ihm wird von der Bundesanwaltschaft die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.[9]
Verdacht auf Überfälle und Anschläge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bundesanwaltschaft geht, wie sie im Oktober 2007 bekannt gab, davon aus, dass Garweg, zusammen mit Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und anderen, 1993 am Sprengstoffanschlag gegen die JVA Weiterstadt beteiligt war. An einer am Tatort gefundenen Strickleiter konnten DNA-Spuren von Klette, Staub und einer dritten, bisher nicht identifizierten Person gefunden werden. Die Bundesanwaltschaft vermutet, dass es sich bei der dritten Person um Garweg handeln könnte.[10][11][12]
Bei einem missglückten Überfall auf einen Geldtransport im Juni 2015 in Groß Mackenstedt bei Bremen wurden neben DNA-Spuren Garwegs auch solche von Staub und Klette gefunden.[13] Das Amtsgericht Verden (Aller) hat deshalb gegen die drei Personen Haftbefehl wegen des Verdachts des versuchten Mordes und versuchten schweren Raubes erlassen. Auch bei einem weiteren gescheiterten Überfall auf einen Geldtransport in Wolfsburg im Dezember 2015 wurde DNA der drei Genannten gefunden. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Verden und des Anwalts und Publizisten Butz Peters haben die Taten keinen terroristischen Hintergrund, sondern sollten der Finanzierung des Lebens im Untergrund dienen.[14][15]
Fahndung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Garweg ist neben Staub die zweite nach der Festnahme von Daniela Klette im Februar 2024 verbliebene Person, nach der im Zusammenhang mit der RAF bis heute steckbrieflich gefahndet wird. Seit 2015 wurde die öffentliche Fahndung nach ihnen deutlich intensiviert,[16] von Mai bis August 2020 EU-weit mittels eumostwanted.eu.[17] Für entscheidende Hinweise, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung von Garweg, Klette und Staub führen, ist eine Belohnung von mindestens 75.000 € ausgesetzt.[18][19]
Im Jahr 2023 nahm die Polizei Durchsuchungen in seinem familiären Umfeld vor und stellte neben Datenträgern und Mobiltelefonen Briefe sicher, die Garweg zugeordnet werden.[20] Anfang Februar 2024 startete die Polizei erneut eine Öffentlichkeitsfahndung. So wurde in der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY … ungelöst am 14. Februar 2024 der Fahndungsaufruf gezeigt. Bis zum 23. Februar gingen rund 250 Hinweise bei der Staatsanwaltschaft Verden ein, von denen fünf die höchste Priorität beigemessen wurde. Die Fahndung wurde international ausgeweitet.[21] Als Daniela Klette am 26. Februar 2024 festgenommen wurde, gelang es ihr noch, Garweg per Handynachricht über ihre Festnahme zu informieren.[22] Wenige Tage nach der Festnahme von Klette veröffentlichte die Polizei neue Fahndungsbilder von Garweg, die aus der Wohnung von Klette stammten.[23] Sie durchsuchte ein Industriegelände am Markgrafendamm im Stadtteil Friedrichshain, auf dem Garweg in einem alten Bauwagen eine Zeit lang unter den Decknamen Martin Bäcker, Martin Becker, Martin Martens und Martin von Staden gelebt haben soll.[24][25][26] Nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes Niedersachsen betrieb Garweg in dem Bauwagen eine Werkstatt zum Fälschen von Dokumenten. Entsprechende Geräte und Werkzeuge wurden beschlagnahmt.[27] Zudem wurde eine Wohnung in Friedrichshain durchsucht, zu der er mutmaßlich Zugang hatte, weil er dort eine Seniorin im Alltag unterstützt haben soll.[28][29]
Am 11. September 2024 wurde die Fahndung nach ihm erneut in Aktenzeichen XY thematisiert, wobei ein kurzes, mit einem Mobiltelefon aufgenommenes Video abgespielt wurde. Darin wünscht ein Mann, bei dem es sich um Garweg handeln soll, einer unbekannten Frau namens Karin für eine Prüfung Erfolg.[30]
Ende Dezember 2024 verschickte Garweg einen achtseitigen Brief aus dem Untergrund, in dem er auch über die RAF, die Festnahme von Klette und anderes schreibt. Mit dem Schreiben wandte er sich laut taz an seine Familie, an frühere Bekannte, an den Wagenplatz, an „Genoss*innen“. Zu den Taten der Roten Armee Fraktion äußerte er sich nicht, von der RAF distanzierte er sich nicht. Er verteidigte sie als „revolutionäre Gegengewalt“ gegen die „strukturelle Gewalt des Systems“. Er sah sich als politischen Aktivisten und als Teil einer „revolutionären Linken“. RAF-Mitglieder wie Ulrike Meinhof und Sigurd Debus stellte er in eine Reihe mit Personen wie Thomas Müntzer, Georg Elser, Che Guevara und Nelson Mandela.[31]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Butz Peters: Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF. 2. Auflage. Argon-Verlag, Berlin 2004, ISBN 978-3-87024-673-0, S. 709.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Burkhard Garweg. 1. September 1968, abgerufen am 3. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Garweg, Burkhard. Fahndungshinweis. In: BKA.de. 18. Mai 2016. Dieselben Angaben bei Butz Peters: Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF. Argon, Berlin 2004, S. 709.
- ↑ Anne Kunze, Der Therapeut, DIE ZEIT vom 10. Oktober 2024, S. 16.
- ↑ Vater von Burkhard Garweg ist tot. In: spiegel.de. 14. Oktober 2024, abgerufen am 15. Oktober 2024.
- ↑ Garweg, Gerhard. In: Universität Hamburg. Abgerufen am 3. Dezember 2024.
- ↑ Butz Peters: Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF. Argon, Berlin 2004, S. 709.
- ↑ Michael Sontheimer: Spur zur RAF: Überfall aus dem revolutionären Ruhestand. In: Spiegel Online, 19. Januar 2016.
- ↑ Sie werden noch immer gesucht. In: Die Welt, 4. Februar 2007.
- ↑ Philipp Wittrock: Weiterstadt-Anschlag: Ermittler suchen RAF-Trio. In: Spiegel Online, 24. Oktober 2007.
- ↑ Weiterstadt: Täter des letzten RAF-Anschlags identifiziert. In: Der Spiegel. 24. Oktober 2007, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. April 2024]).
- ↑ Weiterstadt: Letzter RAF-Anschlag scheint aufgeklärt - WELT. 3. Februar 2016, abgerufen am 9. April 2024.
- ↑ Stefan Otto: Das Nichts nach dem Knall. Abgerufen am 9. April 2024.
- ↑ Spuren nach Raubüberfall führen zu RAF-Mitgliedern. In: Zeit Online, 18. Januar 2016.
- ↑ Überfall auf Geldtransporter in Stuhr – drei ehemalige Mitglieder der RAF verdächtig. Keine Hinweise auf terroristischen Hintergrund. ( vom 19. Januar 2016 im Internet Archive) Pressemitteilung. In: Staatsanwaltschaften.Niedersachsen.de, 19. Januar 2016; Überfälle auf Geldtransporter führen zu RAF-Mitgliedern ( vom 19. Januar 2016 im Internet Archive) In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 18. Januar 2016 (aktualisiert am 19. Januar 2016; DPA-Meldung).
- ↑ DPA: Ex-RAF offenbar weiter aktiv, in: Süddeutsche Zeitung, 28. Mai 2016, S. 7.
- ↑ Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof: Pressemitteilung 2/2016: Ermittlungsverfahren gegen Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette. In: generalbundesanwalt.de. 19. Januar 2016, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 17. August 2016; abgerufen am 4. Juli 2016.
- ↑ RAF-Trio Staub, Klette, Garweg auf Liste der meistgesuchten Verbrecher Europas - DER SPIEGEL. In: spiegel.de. Abgerufen am 3. Mai 2020.
- ↑ Fahndung LKA Niedersachsen
- ↑ Sebastian Stoll: (S+) Suche nach RAF-Verdächtigen; Darum geht es bei einem Kopfgeld – und das sind Ihre Aussichten, es zu kassieren. In: Der Spiegel. 13. März 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 14. März 2024]).
- ↑ Vermutlich Briefe von Burkhard Garweg gefunden: Post vom ehemaligen RAF-Mann? In: Der Spiegel. 31. März 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 31. März 2023]).
- ↑ 150.000 Euro Belohnung: Ermittler hoffen auf Hinweise zu RAF-Terroristen. In: NDR. Abgerufen am 11. Februar 2024.
- ↑ Daniela Klette: Ex-RAF-Terroristin soll Burkhard Garweg gewarnt haben. In: Der Spiegel. 13. März 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. März 2024]).
- ↑ LKA-NI: Fahndung nach Burkhard Garweg - aktuelle Bilder. Presseportal, 2. März 2024, abgerufen am 2. März 2024.
- ↑ RAF-Terrorist auf der Flucht – das ist über Burkhard Garweg bekannt. 4. März 2024, abgerufen am 4. März 2024.
- ↑ Hannah Knuth: RAF: Sie nannten ihn den „Schatzi Martin“. In: Die Zeit. 11. März 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 11. März 2024]).
- ↑ Aliaspersonalien und Hundenamen: Ermittler veröffentlichen neue Hinweise zu Ex-RAF-Terroristen Garweg und Staub. In: NDR. Abgerufen am 27. März 2024.
- ↑ RAF-Fahndung: Fälscherwerkstatt in Garwegs Bauwagen entdeckt bei ndr.de vom 13. März 2024
- ↑ Jonah Lemm, Elisa Schwarze: (S+) Burkhard Garweg: Ex-RAF-Terrorist kümmerte sich offenbar um eine ältere Dame. In: Der Spiegel. 6. März 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 6. März 2024]).
- ↑ Fahndung nach Ex-RAF-Terroristen: Berliner Polizei durchsucht weitere Wohnung – keine Festnahmen. In: Der Spiegel. 4. März 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 4. März 2024]).
- ↑ Neue Hinweise zu Ex-RAF-Terrorist Garweg. In: tagesschau.de. 12. September 2024, abgerufen am 12. September 2024.
- ↑ Konrad Litschko: Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg: Meldung aus dem Untergrund. In: Die Tageszeitung: taz. 20. Dezember 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 20. Dezember 2024]).
Personendaten | |
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NAME | Garweg, Burkhard |
ALTERNATIVNAMEN | Garweg, Burkhard Maria Heimfried |
KURZBESCHREIBUNG | mutmaßliches ehemaliges Mitglied der Rote Armee Fraktion |
GEBURTSDATUM | 1. September 1968 |
GEBURTSORT | Bonn |