Castor Watt

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Paul Burwig alias Castor Watt

Castor Watt, auch P. Castor Watt (bürgerlich Paul Burwig; * 7. März 1858 in Potsdam; † 6. August 1932 in Berlin-Köpenick),[1] war ein deutscher Schauspieler, Humorist, Mimiker und international bekannter Verwandlungskünstler.

Paul Burwig wurde 1858 als Sohn von Helene und Karl Friedrich Burwig, einem Schneidermeister, in Potsdam geboren.[1] Er war zeitlebens in Berlin beheimatet und wohnte viele Jahre im Ortsteil Friedrichshagen.

1880 heiratete er Clara. Beide kannten sich bereits aus frühester Kindheit. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor. Als Schauspieler arbeitete Burwig unter anderem an der Krolloper in Berlin. Mitte der 1880er Jahre sind öffentliche Auftritte sowohl als „Genre-Humorist Herr P. Castor“ als auch „Mimiker Mr. Watt“ dokumentiert, darunter Engagements mit beiden Künstlerrollen nacheinander. So begeisterte er 1886 das Publikum in Hamburg zunächst mit einer „Declamation von ‚Wilhelm Tell‘ im sächsischen Dialekt“, bot Minuten später als Mimiker „Staunenswertes“ mit der „Nachahmung hervorragender Personen“.[2]

Etwa zeitgleich – Mitte der 1880er Jahre – wandte er sich unter dem Künstlernamen Castor Watt auch der Verwandlungskunst und Tierdressur zu.[3] Zu seinen Auftrittsstätten als Verwandlungskünstler gehörten etablierte Varietés, Theater und Music Halls in Metropolen und Hauptstädten. Bisher öffentlich dokumentiert sind Auftritte zwischen 1886 und 1910.

An Hammerstein’s Olympia, Broadway und 44th Street, Manhattan, war Castor Watt 1896 engagiert

Pressemitteilungen zu seinen Vorstellungen 1889 im Walhalla-Theater in Halle (heute: Steintor-Varieté) und im Posener Victoria-Theater kündigten hier neben Castor Watt auch Miniatur-Soubrette Alice Watt an – seine Tochter, damals neun Jahre alt.[4][5] Zahlreiche Engagements im ganzen deutschen Kaiserreich und auch im Ausland folgten.

Im Januar 1896 reiste Burwig per Schiff in die USA. Dort fand am 27. Januar 1896 in New York im wenige Monate zuvor neu eröffneten Hammerstein’s Olympia Theatre sein amerikanisches Bühnen-Debüt statt. Noch im selben Jahr kehrte Burwig nach Europa zurück und setzte im In- und Ausland seine Tätigkeit als Varietékünstler Castor Watt fort.

In späteren Lebensjahren wurde er Gastwirt, betrieb den Dachsbau in der Seestraße, dann die Bahnhofswirtschaft in Friedrichshagen und war auch als Haus- und Grundstücksmakler tätig.[3]

Paul Burwig starb am 6. August 1932 im Alter von 74 Jahren im Krankenhaus Köpenick.[1]

Castor Watts Quick-Change-Show

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Castor Watts Quick-Change-Show bestand darin, verschiedene Charaktere und berühmte Persönlichkeiten sekundenschnell wechselnd in entsprechenden Kostümen mimisch darzustellen.

Im Gegensatz zu vielen ähnlichen Darbietungen nutzte er dabei keinerlei kaschierende Hilfsmittel. Er warf keine Kleidungsstücke ab, nahm keine dazu, verließ für den Wechsel nicht die Bühne. Seine „Verwandlung“ fand auf offener Bühne, direkt vor den Augen des Publikums statt.

Typische Charaktere der Performance waren „Schiffs-Kapitän“, „Matrose“, „Großpapa“, „Amme mit Kind“, „Tirolerin“, „alte Jungfer“, „Kadett“, die Schauspielerin „Sarah Bernhardt“ und er selbst, „Castor Watt im Ball-Anzug“. Teilweise wurden 20 Wechsel dargeboten.[6]

Burwigs professionelle Erfahrungen als Schauspieler dürften bei der unterhaltsamen Präsentation der Charaktere eine Grundlage gewesen sein. Da der Verwandlungstrick ohne Hilfsmittel ablief, muss man annehmen, dass er spezielle, nach technisch-kreativen, „geheimen“ Ideen konstruierte Kleidungsstücke verwendete. Es lässt sich vermuten, dass dabei die Inspiration durch das Schneiderhandwerk seines Vaters eine weitere Basis darstellte.

In Presseartikeln und Ankündigungen wurde Castor Watt nicht nur „Verwandlungskünstler“ oder „Quick Change Artist“ genannt, sondern auch „Chamäleon-Mensch“, „Transformationskünstler“ oder „The Living Metamorphose“.

Im Laufe seiner Karriere erweiterte Castor Watt seine Darbietung: Er führte das viel belachte parodistische Sittendrama Pinte Quinte auf, in dem „fünf Personen, der Mann, die Frau, der Liebhaber, der Diener und ein Geist auftreten – alle von Watt dargestellt.“[7]

Rezeption (Auswahl)

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  • „Eine sensationelle Neuheit bringt das diesmalige, reichhaltige Programm: Castor Watt, der wirklich berühmte, unerreicht dastehende Original-Verwandlungs-Künstler, in seinen 10 Blitzverwandlungen auf offener Szene, vor den Augen des Publikums. Ohne die Bühne zu verlassen! Ohne die Kostüme abzuwerfen! Ohne solche hinzuzunehmen!“[8]
  • „Ein Transformationskünstler par Excellence ist Castor Watt. Derselbe nimmt Verwandlungen auf offener Bühne vor und ein leichtes Anziehen an einer Schnur, oder ein kurzes Aufknöpfen genügt, um in einem Zeitraum von ein paar Sekunden wieder in einer neuen Kleidung dazustehen.“[9]
  • „Etwas […] Überraschendes bietet der ‚Chamäleon-Mensch‘ P. Castor Watt mit acht Verwandlungen vor den Augen des Zuschauers. Blitzschnelle Metamorphosen zeigen ihn als Kapitän, Greis, wendische Amme, Tirolerin, alte Jungfer und Sarah Bernhard [sic!].“[10]
  • „Als Verwandlungskünstler überraschte Castor Watt durch seine Darstellung charakteristischer Figuren und als Mimiker durch Vorführung geschichtlicher Persönlichkeiten.“[4]

Auftrittsstätten (Auswahl)

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Castor Watts Engagement im Königlichen Theater Carré 1909 in Amsterdam

Paul Burwig alias Castor Watt trat auf namhaften Bühnen im In- und Ausland auf. Die genannten Varietés, Theater und Music Halls waren populäre Unterhaltungsstätten mit einer Publikumskapazität von 1000 Personen und auch deutlich mehr. Die Dauer seiner Engagements betrug meist einige Wochen bis hin zu mehreren Monaten.

Castor Watt – The Living Metamorphose, Plakat
  • Die französische Folk-Band „La Lune A Tics“ hat auf ihrer CD …Et Tac! eine instrumentale Komposition mit dem Titel Castor Watt veröffentlicht. Es handelt sich dabei um den traditionellen bretonischen Tanz Kost ar c’hoad.[78]
  • Ein Artikel in der italienischen Zeitungsbroschüre La Commedia Umana bezieht sich auf Agostino Depretis und den Trasformismo. Der Autor nimmt dabei einen Auftritt des „Transformisten“ Castor Watts zum Anlass, um aus dem Wortspiel eine politische Glosse zu schaffen.[79]
  • Sein Plakat Castor Watt, The Living Metamorphose (siehe Abbildung) hat Burwig selbst gestaltet, es trägt seine persönliche Signatur.

Einzelnachweise

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  1. a b c Standesamt Köpenick, Sterberegister 1932, Eintrag Nr. 389 vom 6. August 1932 für Karl Franz Paul Burwig; Scan des Originaldokuments eingesehen auf ancestry.de am 29. Januar 2024.
  2. a b Hamburgischer Correspondent, Nr. 337, 156. Jg., 5. Dezember 1886, S. 10. (Digitalisat)
  3. a b Lokalpresse Berlin-Friedrichshagen, Das Fest der goldenen Hochzeit […], Artikel über das Ehepaar Burwig anlässlich des 50. Hochzeitstages, 28. Dezember 1930.
  4. a b c Saale-Zeitung, 18. Juli 1889, S. 1. (Digitalisat)
  5. a b Posener Zeitung, Jg. 96, Nr. 539, 6 August 1889, S. 3. (Digitalisat)
  6. a b De Schelde, Nieuws- & Aankondigingsblad van Temsche en omliggende, Nr. 44, 4. November 1905, S. 2.
  7. Hamburgischer Correspondent, 165. Jg., Nr. 234, 2. April 1895, S. 3. (Digitalisat)
  8. a b Dortmunder Zeitung, Nr. 102, 77. Jg., 25. Februar 1904, S. 3. (Digitalisat)
  9. a b Münchener Ratsch-Kathl, Nr. 73, 7. Jg., 11. September 1895, S. 5. (Digitalisat)
  10. a b Dresdner Neueste Nachrichten, Nr. 334, 11 Jg., 3. Dezember 1903, S. 3. (Digitalisat)
  11. Het Nieuws van den Dag, Nr. 9591, 19. April 1901, S. 2. (Digitalisat)
  12. Algemeen Handelsblad, Nr. 26108, 82. Jg., 23. Dezember 1909, S. 3. (Digitalisat)
  13. Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 149, 7. April 1891, S. 14. (Digitalisat)
  14. Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 32. Jg., Berlin, 6. Januar 1893, S. 2. (Digitalisat)
  15. Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 57, 3. Februar 1893, S. 6. (Digitalisat)
  16. Berliner Tageblatt, Nr. 273, 33. Jg., 1. Juni 1904, S. 13. (Digitalisat)
  17. Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Nr. 285, 33. Jg., 21. Juni 1894, S. 2. (Digitalisat)
  18. Music Hall and Theatre Review, Nr. 391, Nr. 17, 7. August 1896, S. 23.
  19. Breslauer Zeitung, Jg. 68, Nr. 652, 18. September 1887, S. 8. (Digitalisat)
  20. Carl Scholtz, Brauerei Pfeifferhof, Besitzer des „Zeltgarten“, Contract mit P. Castor Watt vom 16. Februar bis 28. Februar 1891, Breslau, 19. Dezember 1890.
  21. The Western Daily Press, Nr. 11960, Nr. 77, Bristol, 6. Oktober 1896, S. 5. (Digitalisat)
  22. Lidové Noviny, 17. Jg., Nr. 57, 27. Februar 1910, S. 7. (Digitalisat)
  23. The Era, Vol. 69, Nr. 3502, 4. November 1905, S. 25. (Digitalisat)
  24. Bernhard H. Jacobsen, Direktor des Christiania Tivoli, Contract mit Castor Watt vom 23.9. bis 11.10.1892, Christiania, 23. September 1892.
  25. Danziger Zeitung, Jg. 34, Nr. 19033, 3. August 1891, S. 4. (Digitalisat)
  26. Danziger Courier, Jg. 14, Nr. 190, 15. August 1895, S. 2. (Digitalisat)
  27. Hed Vaderland, Jg. 41, Nr. 289, 2. November 1909, S. 2. (Digitalisat)
  28. Dublin Daily Express, Second Edition, Nr. 13774, 5. August 1896, S. 4. (Digitalisat)
  29. Dresdner Nachrichten, Nr. 244, 3. September 1901, S. 2. (Digitalisat)
  30. Dresdner Neueste Nachrichten, Nr. 104, 52. Jg., 14. April 1908, S. 14. (Digitalisat)
  31. Essener Volkszeitung, 35. Jg., Nr. 201, 1. September 1902, S. 8. (Digitalisat)
  32. Frankfurter Zeitung, 49. Jg., Nr. 239, 28. August 1904, S. 4. (Digitalisat)
  33. Grazer Volksblatt, 41. Jg., Nr. 180, 18. April 1908, S. 3. (Digitalisat)
  34. Nieuwe Groninger Courant, Jg. 52, Nr. 304, 4. November 1893, S. 2. (Digitalisat)
  35. Hamburger Fremdenblatt, 65. Jg., Nr. 218, September 1893, S. 12. (Digitalisat)
  36. Hamburger Freie Presse, Nr. 670, 2. April 1895, S. 4. (Digitalisat)
  37. Hamburger Echo, 11. Jg., Nr. 128, 4. Juni 1897, S. 4. (Digitalisat)
  38. Hannoverscher Kurier, Nr. 16846, 38. Jg., 25. Januar 1891, S. 12. (Digitalisat)
  39. Hannoverscher Kurier, Nr. 17978, 39. Jg., 1. Dezember 1892, S. 5, 6. (Digitalisat)
  40. Hufvudstadsbladet, Nr. 223, 20. August 1909, S. 5. (Digitalisat)
  41. Kölner Sonntags-Anzeiger, Nr. 720, 16. Jg., 10. August 1890, S. 4. (Digitalisat)
  42. Kölnische Zeitung, Nr. 723, 29. Juli 1898, S. 4. (Digitalisat)
  43. Agence Jules Guise, Directeur des Etablissement National [National Scala], Contract mit P. Watt vom 16. Februar bis 16. März 1886, Nr. 742, Copenhagen, 1886.
  44. Dannebrog, 11. Jg., Nr. 3715, 11. November 1902, S. 4. (Digitalisat)
  45. København, 1. Jg., Nr. 178, 31. Dezember 1889, S. 1. (Digitalisat)
  46. København, 3. Jg., Nr. 60, 1. März 1891, S. 4. (Digitalisat)
  47. Nowa Reforma, Nr. 405, 27. Jg., 3. September 1908, S. 4. (Digitalisat )
  48. Leipziger Tageblatt, Nr. 270, 83. Jg., 27. September 1889, S. 15. (Digitalisat)
  49. Leipziger Tageblatt, Nr. 33, 104. Jg., 3. Februar 1910, S. 6. (Digitalisat)
  50. The Daily Telegraph, 7. Mai 1910, S. 10. (Digitalisat)
  51. Middelburgsche Courant, 139. Jg., Nr. 178, 30. Juli 1896, S. 1. (Digitalisat)
  52. Allgemeine Zeitung, Nr. 536, 19. November 1906, S. 12. (Digitalisat)
  53. La Presse, 5. Jg., Nr. 2045, 2. Januar 1898, S. 4. (Digitalisat)
  54. Karl Tichý, Director des Théâtre Variété Prag-Carolinenthal, Engagementsvertrag mit P. Watt vom 16. Oktober 1889 bis 1. November 1889, Prag, 10. Oktober 1889.
  55. Prager Abendblatt, Nr. 201, 2. September 1891, S. 3. (Digitalisat)
  56. Bohemia, 65. Jg., Nr. 301, Prag, 1. November 1892, S. 12. (Digitalisat)
  57. Prager Abendblatt, 44. Jg., Nr. 48, 1. März 1910, S. 3. (Digitalisat)
  58. L'Indépendant rémois, 30. Jg., 9530, 25. September 1897, S. 2. (Digitalisat)
  59. Ревельские известия (Reval Nachrichten), Nr. 191, 22. August 1909, S. 4. (Digitalisat)
  60. Rotterdamsch Nieuwsblad, 20. Jg., Nr. 6038, 19. November 1897, S. 4. (Digitalisat)
  61. Schuttevaêr, Weekblad […], 15. Jg., Nr. 34, 2. Januar 1904, o. S.(Digitalisat)
  62. Rotterdamsch Nieuwsblad, 27. Jg. Nr. 8271, 4. März 1905, S. 4. (Digitalisat)
  63. Stettiner Zeitung, Nr. 286, 6. Dezember 1902, S. 3. (Digitalisat)
  64. Dagens Nyheter, Nr. 7635, 4. Februar 1890, S. 3. (Digitalisat)
  65. Straßburger Post, Nr. 325, 22. November 1888, S. 2. (Digitalisat)
  66. Teplitz-Schönauer Anzeiger, 42. Jg., Nr. 76, 5. Juli 1902, S. 6. (Digitalisat)
  67. Trondhjems Adresseavis, 141. Jg., No. 356, 24. Dezember 1907, S. 3. (Digitalisat)   
  68. Zeitraum nach Einschätzung des historischen Archivs der Stadt Turin / März 2024
  69. Piera Condulmer: Dal caffè ai caffè. In: Torino. Rivista bimestrale del Comune. Nr. 2. Turin 1969, S. 41 (italienisch, Digitalisat [PDF]).
  70. Utrechtsch Provinciaal en stedelijk Dagblad, Nr. 306, Jg. 97, 6. November 1893, S. 2. (Digitalisat)
  71. Die Bombe, 20. Jg., Nr. 42, Wien, 19. Oktober 1890, S. 5. (Digitalisat)
  72. Illustrirtes Wiener Extrablatt, 22. Jg., Nr. 119, Wien, 1. Mai 1893, S. 5. (Digitalisat)
  73. Dillinger’s illustrirte Reise-Zeitung, Nr. 25, 5. Jg., Wien, 1. September 1894, S. 9. (Digitalisat)
  74. Fremden-Blatt, Nr. 121, 51. Jg., Wien, 1. Mai 1897, S. 10, 53. (Digitalisat)
  75. T. Allston Brown: A history of the New York stage from the first performance in 1732 to 1901 (v.3); Dodd, Mead, 1903, S. 606. (Digitalisat)
  76. The journal (New York), Nr. 4, 812, 19. Januar 1896, S. 10. (Digitalisat)
  77. New York Clipper, 18. Januar 1896, 22. Februar 1896, 25. Januar 1896, 29. Februar 1896. (Digitalisat)
  78. La Lune A Tics, …Et Tac !, LAT-2/1, Frankreich, 2013. (Discogs)
  79. La Commedia Umana, Giornale opuscolo bisettimanale, Anno IV., Puntata N. 220, 16. Dicembre 1888, S. 13. (Digitalisat)