DEHOMAG

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Deutsche Hollerith-Maschinen Gesellschaft mbH (DEHOMAG)

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Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründung 30. November 1910[1]
Auflösung 6. Mai 1949[2]
Auflösungsgrund Umbenennung in Internationale Büro-Maschinen Gesellschaft mbH
Sitz Berlin, Sindelfingen, Deutschland
Leitung
  • Willy Heidinger (Vorsitzender des Aufsichtsrats)
  • Herman Rottke (Vorsitzender der Geschäftsleitung; Direktor)
  • Hans Hummel (Direktor)
Mitarbeiterzahl
  • über 2500 (1939)
Branche Elektromechanik, Datenverarbeitung, Lochkarten, Lochkartenlocher, Lochkartensortierer und Tabelliermaschinen

Die DEHOMAG (Deutsche Hollerith-Maschinen Gesellschaft mbH) war Hersteller und Vermieter von elektromechanischen Maschinen zum Be- und Verarbeiten von Lochkarten.

Die Deutsche Hollerith-Maschinen Gesellschaft mbH wurde am 30. November 1910 von Willy Heidinger in Berlin gegründet. Die Gesellschaft war Lizenznehmerin der The Tabulating Machine Company, ab 1924 umbenannt in IBM. Sie verkaufte in Deutschland die von dem US-Amerikaner Herman Hollerith erfundene Lochkarte (Punched Card) und vermietete die erforderlichen Lochkartenlocher, Lochkartensortierer und Tabelliermaschinen. Sein System kam schon ab 1879 bei der Volkszählung in den USA zum Einsatz.[5] Erste Aufträge der DEHOMAG in der Datenverarbeitung waren Volkszählungen verschiedener deutscher Länder, danach kamen Firmen und öffentliche Ämter als Kunden hinzu.

Übernahme durch C-T-R

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1922 hatte die Firma infolge der Deutschen Inflation Lizenzschulden von 450 Milliarden Mark, was 104.000 Dollar entsprach. Es folgte eine 90-prozentige Übernahme durch die Computing Tabulating Recording Corporation (C-T-R), deren Vorstandsvorsitzender Thomas J. Watson war. Die Computing Tabulating Recording Co. ging im Sommer 1911 als Nachfolgegesellschaft aus der Tabulating Machine Company hervor und firmiert seit Februar 1924 unter International Business Machines Corporation (IBM). Bis 1949 war damit IBM in Deutschland direkt durch die Tochtergesellschaft DEHOMAG vertreten, ab 1949 firmierte sie unter IBM Deutschland. Willy Heidinger wurde 1930 Vorsitzender des Aufsichtsrats und Herman Rottke Vorsitzender der Geschäftsleitung. Beide zeigten sich später als überzeugte Nationalsozialisten.[6]

Zeit des Nationalsozialismus

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Häftlings-Personal-Karte aus dem KZ Buchenwald mit dem Vermerk „Hollerith erfaßt“

1934 folgte die Fusion der IBM-Tochtergesellschaften Optima Maschinenfabrik AG (Sindelfingen), die Waagen, Locher, Prüfer und Ersatzteile für Lochkartenmaschinen produzierte und der Degemag (Deutsche Geschäfts-Maschinen GmbH), die Kontrollapparate, Uhren und Waagen herstellte, mit der DEHOMAG. Um bei dem nationalsozialistischen Regime den Eindruck eines Unternehmens in deutschem Besitz und nicht unter ausländischer Kontrolle zu machen, wurden neben Heidinger auch die Direktoren Herman Rottke und Hans Hummel an der Gesellschaft beteiligt. Die drei besaßen zusammen 15 Prozent DEHOMAG-Anteile, allerdings durften sie diese nicht an Dritte verkaufen oder übertragen. 1934 wurde unter Anwesenheit prominenter nationalsozialistischer Politiker ein neues Werk an der Lankwitzer Straße 13–17 in Berlin-Lichterfelde eingeweiht.[7]

1939 hatte die Gesellschaft über 2500 Mitarbeiter und zwei Werke in Berlin und Sindelfingen. Durch das Quasi-Monopol waren die Geschäfte der DEHOMAG im Dritten Reich sehr profitabel. Es wurde z. B. im Lohnauftrag die „Großdeutsche Volkszählung“ ausgewertet, bei der auch die „rassische“ Abstammung erhoben wurde. Kunden waren neben den statistischen Ämtern und der Industrie unter anderem die Abteilung für Maschinelles Berichtswesen der Wehrmacht und die SS. Auch die Organisation des Holocausts durch die Nationalsozialisten erfolgte mit Hilfe der durch die IBM-Tochter vermieteten weiterentwickelten Lochkartensortiermaschinen, welche auch in den Konzentrationslagern selbst von Technikern der DEHOMAG gewartet wurden.[8] Ab dem Sommer 1944 fanden sich in fast allen Konzentrations-Hauptlagern eigene sogenannte „Hollerith-Abteilungen“. In diesen Arbeitskommandos mussten KZ-Häftlinge Häftlingsinformationen auf spezielle Karteikarten, die sogenannte »Hollerithvorkartei« übertragen. Die Karte wurden anschließend an das für das Hollerith-Projekt verantwortliche SS-Amt in Berlin geschickt, das unter dem Namen »Maschinelles Zentralinstitut für optimale Menschenerfassung und Auswertung« in der Friedrichstraße firmierte. Dort wurden die Informationen der Karten in Zahlencodes verschlüsselt und auf Hollerithkarten übertragen. Die Karten enthalten deshalb nur durch Zahlencodes verschlüsselbare Informationen wie Häftlingsnummern, Geburtsdaten, Häftlingskategorie, Herkunftsländer und Deportationsdaten aber keine Namen der Häftlinge[9]. Ziel des Projekt sollte es sein, alle „arbeitsfähigen“ Häftlinge mit Hilfe von Hollerith-Tabelliermaschinen zu erfassen, damit ihre Arbeitseinsätze zentral in Berlin angeordnet werden konnten. Das vom SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt (WVHA) organisierte Projekt war wenig erfolgreich. Es ist davon auszugehen, dass die Zentralkartei, der jede Änderung mit eigenen Formularen gemeldet werden musste, angesichts der umfangreichen Häftlingsbewegungen und hohen Anzahl an Todesfällen unter den Häftlingen in der Regel kaum aktuelle Informationen enthielt. Wahrscheinlich Anfang Februar 1945 wurde das Projekt wieder eingestellt. Mindestens 148 782 Karteikarten der auch als WVHA-Häftlingskartei bezeichneten „Hollerithvorkartei“ sind erhalten und lagern größtenteils im Bundesarchiv. Von den Lochkarteikarten selber sind keine erhalten.[10] Bis zur Kriegserklärung des Deutschen Reiches an die Vereinigten Staaten im Dezember 1941 konnten die so erwirtschafteten Gewinne der DEHOMAG als Lizenzabgaben verschleiert an IBM in die Vereinigten Staaten überwiesen oder in Deutschland in Immobilien investiert werden.

Zweiter Weltkrieg

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Nach dem Kriegseintritt der USA kam das Unternehmen als Feindbetrieb unter treuhänderische Zwangsverwaltung. Ein Beratungsausschuss wurde als Aufsichtsrat eingesetzt und die Überschüsse flossen auf ein Treuhandkonto. Der vierköpfige Beraterausschuss bestand aus dem Verwalter Köttgen sowie Kurt Passow, Willy Heidinger und Edmund Veesenmayer. Der Ausschuss arbeitete auch mit der Genfer Europazentrale von IBM oder den Vertretern in anderen Tochterunternehmen zusammen, wie beispielsweise der Compagnie électro-comptable (CEC) in Frankreich. 1943 wurde Hermann B. Fellinger vom Reichswirtschaftsminister als neuer Verwalter eingesetzt. Fellinger entließ Heidinger als Vorsitzenden der Geschäftsführung und installierte ein vierköpfiges Beratergremium als neue Geschäftsleitung. Heidinger starb 1944, Rottke 1945.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war IBM in Deutschland wieder geschäftlich tätig und verlegte unter anderem die Verwaltung der DEHOMAG von Berlin nach Sindelfingen. Die Produktion des zerstörten Berliner Werkes erfolgte eine Zeit lang weiter in Hechingen. Das Patentbüro von IBM befand sich in der Hechinger Altstadt. Unmittelbar nach dem Krieg gab es Pläne für einen kompletten Umzug nach Hechingen, der allerdings auf Grund von Unstimmigkeiten mit dem damaligen Hechinger Bürgermeister nicht zustande kam. Der Unternehmenswert wurde 1946 mit 56,6 Millionen Reichsmark (bei einem Jahresgewinn von 7,5 Millionen Reichsmark) geschätzt. Bis 1949 hatte die Gesellschaft auch alle Produktionsstätten und eingefrorenen Gelder zurückerhalten, einschließlich der durch Krieg und Holocaust erzielten Gewinne. Im Mai des Jahres folgte schließlich die Umbenennung in Internationale Büro-Maschinen Gesellschaft mbH (IBM).[11]

  • Götz Aly, Karl Heinz Roth: Die restlose Erfassung: Volkszählen, Identifizieren, Aussondern im Nationalsozialismus. 1. Auflage Rotbuch 1984, ISBN 3-88022-282-7. Fischer, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-596-14767-0
  • Edwin Black: IBM und der Holocaust. Die Verstrickung des Weltkonzerns in die Verbrechen der Nazis. Propyläen, Berlin 2001, ISBN 3-549-07130-2
  • Lars Heide: Between Parent and „Child“, IBM and Its German Subsidiary, 1901–1945. In: Christopher Kobrak, Per H. Hansen (Hg.): European Business, Dictatorship, and Political Risk, 1920–1945, Berghahn, New York u. a. 2004, ISBN 1-57181-629-1
  • David Martin Luebke, Sybil Milton: Locating the Victim: An Overview of Census-Taking, Tabulation Technology, and Persecution in Nazi Germany. IEEE Annals of the History of Computing 16, 3 (1994): 25–39, ISSN 1058-6180
  • Peter Schaar: Das Ende der Privatsphäre. C. Bertelsmann, München 2007, ISBN 978-3-570-00993-2, S. 34f
  • Festschrift zur 25-Jahrfeier der Deutschen Hollerith Maschinen Gesellschaft. (Elsner), Berlin 1935.[12]
Commons: DEHOMAG – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 29. Juni 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www-05.ibm.com
  2. a b c Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 16. September 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www-05.ibm.com
  3. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 29. Juni 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www-05.ibm.com
  4. a b c Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 16. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www-05.ibm.com
  5. Antique Data Processing Machines | . Abgerufen am 18. Juli 2024.
  6. Willy Heidinger: Denkschrift zur Einweihung der neuen Arbeitsstätte der Deutschen Hollerith Maschinen Gesellschaft m.b.H. in Berlin-Lichterfelde am 8. Januar 1934. Hrsg.: DEHOMAG m.b.H. USHMM Library, Washington, D.C 1993, S. 39 f. (ushmm.org – zitiert nach: Edwin Black, IBM and the Holocaust. Crown, New York 2001, IV The IBM-Nazi Alliance): „Der Arzt untersucht den menschlichen Körper und stellt fest, ob [...] alle Organe zum Wohle des gesamten Organismus arbeiten. [...] Wir [Dehomag] sind dem Arzt sehr ähnlich, indem wir den deutschen Kulturkörper Zelle für Zelle sezieren. Wir berichten über jedes einzelne Merkmal [...] auf einer kleinen Karte. Dies sind keine toten Karten, im Gegenteil, sie beweisen später, dass sie zum Leben erweckt werden, wenn die Karten nach bestimmten Merkmalen mit einer Geschwindigkeit von 25.000 pro Stunde sortiert werden. Diese Merkmale sind wie die Organe unseres Kulturkörpers gruppiert und werden mit Hilfe unserer Tabelliermaschine berechnet und bestimmt. [...] Wir sind stolz darauf, dass wir bei einer solchen Aufgabe behilflich sein können, eine Aufgabe, die dem Arzt unserer Nation [Adolf Hitler] das Material zur Verfügung stellt, das er für seine Untersuchungen benötigt. Unser Arzt kann dann feststellen, ob die berechneten Werte im Einklang mit der Gesundheit unseres Volkes stehen. Es bedeutet auch, dass unser Arzt, wenn dies nicht der Fall ist, Korrekturmaßnahmen ergreifen kann, um die kranken Umstände zu korrigieren. [...] Unsere Eigenschaften sind tief in unserer Rasse verwurzelt. Deshalb müssen wir sie wie einen heiligen Schrein schätzen, den wir rein halten müssen und werden. Wir haben das tiefste Vertrauen in unseren Arzt und werden seinen Anweisungen im blinden Glauben folgen, weil wir wissen, dass er unser Volk in eine große Zukunft führen wird. Heil unserem deutschen Volk und dem Führer!“
  7. Made in Berlin | HNF Blog. Abgerufen am 5. Juli 2020.
  8. Hauke Friederichs: Wenn Lochkarten Todesurteile sind. In: G/Geschichte, Nr. 01/2018, S. 46–48, hier S. 48.
  9. Hollerith-Vorkarte. In: Arolsen Archives. Abgerufen am 2. April 2024.
  10. Christian Römmer: Digitalisierung Der WVHA-Häftlingskartei: Ein Projektbericht. In: Gedenkstätten-Rundbrief. Nr. 150, 2009, S. 20–25.
  11. Deutsche Hollerith Maschinen Gesellschaft DEHOMAG. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Oktober 2016; abgerufen am 21. August 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kkraftonline.de
  12. Ralf Bülow: Im Anfang war die Lochkarte: 100 Jahre IBM Deutschland. In: heise online. 30. November 2010, abgerufen am 23. Mai 2020.