Überprüft

Daniel Cremer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Daniel Cremer (* 18. Oktober 1983 in Mönchengladbach) ist ein deutscher Theaterregisseur, Autor und Performancekünstler.

Seine Arbeit zeichnet sich durch improvisatorische[1] und immersive[2] Elemente aus und nähert sich dem Phänomen Sprache auf spielerische und verfremdende Art. Neben Inszenierungen von eigenen Texten und Klassikern produziert Daniel Cremer Soloperformances, die versuchen, eine „wirkliche Begegnung“ zwischen Performer und Publikum herzustellen[3]. Ein Beispiel dafür ist seine Stand-Up Show Das Wunder der Liebe[4], die im Jahr 2020 zum Festival Radikal Jung eingeladen war.[5]

Cremers Schaffen greift Themen wie Ökologie und Intimität auf und widmet sich dem „Imaginieren von Männlichkeiten jenseits der vom Patriarchat geprägten Bilder“.[6] Zu letzterem Thema gibt er seit 2023 zusammen mit Markus Parnow den Podcast Bliss Balls heraus.[7]

Daniel Cremer stand als Jugendlicher regelmäßig auf der Bühne des Theaters Krefeld und Mönchengladbach und produzierte im Alter von 17 Jahren sein erstes Werk als Autor und Regisseur. In den Jahren 2003 bis 2007 arbeitete Cremer als Regieassistent am Schauspiel Köln. Dort zeigte er mehrere eigene Arbeiten. Als Dramaturg arbeitete er ab 2006 unter anderem mit René Pollesch, Benedikt von Peter und Martin Wuttke zusammen.

Seit 2008 führt Daniel Cremer freischaffend Regie und inszenierte zunächst Opern. Ab 2012 wurden seine Arbeiten in wachsendem Maße von improvisatorischen und kollaborativen Ansätzen geprägt und er arbeitete erneut an Sprechtheatern, zum Beispiel am Jungen Schauspielhaus Düsseldorf, dem Maxim Gorki Theater und später dem Nationaltheater Mannheim.

Cremers Arbeit als Performancekünstler begann im Jahr 2010 mit der Performance-Reihe Talking Straight, in der er Phänomene des alltäglichen Lebens in einer vom ihm erfundenen, europäisch klingenden Sprache namens „Fremdsprache“ simulierte. So fanden unter anderem performative Simulationen von akademischen Vorträgen und Erfolgscoaching-Seminaren in dieser Sprache statt. Im Jahr 2014 inszenierte er am Maxim Gorki Theater die Simulation eines Theaterfestivals, das Talking Straight Festival[8], das die „exotische Theaterkunst weißer Menschen in Mitteleuropa“ präsentierte und im Jahr 2015 beim Stückemarkt des Berliner Theatertreffens gezeigt wurde[9]. Für diese Herangehensweise erhielt Daniel Cremer 2015 den Preis der Autoren der Frankfurter Autorenstiftung. Die Jury begründete die Vergabe so: „Cremers gigantischer Theaterschwindel offenbart die Muster menschlicher Verhaltensweisen und bewirkt zugleich durch deren Verunsicherung einen spielerischen Aufbruch ins Unbekannte.“[10]

Er war Mitbegründer der gleichnamigen Theatergruppe, die auf dieser Praxis aufbaute und der er bis 2017 angehörte. Talking Straight war von 2013 bis 2018 regelmäßig am Berliner Maxim Gorki Theater aktiv und wirkte in den akademischen Betrieb hinein.[11]

Im Jahr 2017 begann Daniel Cremer eine Trilogie von Soloperformances zur „subversiven Kraft positiver Emotionen“ zu produzieren, zunächst den Liederabend Born to make you Happy zum Thema Glück. Diese Performance wurde im Rahmen des Frankfurter Musikfests als Koproduktion des Mousonturms und der Alten Oper Frankfurt produziert.[12] Der zweite Teil, Das Wunder der Liebe / The Miracle of Love[13] aus dem Jahr 2019, wurde zu mehreren Festivals eingeladen und tourte international.[14][15] Im Februar 2024 wurde die Trilogie mit einem Solo zum Thema Ekstase abgeschlossen. Like a Prayer wurde von der Komischen Oper Berlin produziert und im SchwuZ Berlin uraufgeführt.[16][17]

Im Laufe der Covid-19-Pandemie entwickelte Cremer mehrere online-basierte Performance-Formate, unter anderem Fräulein Else von Arthur Schnitzler für das Nationaltheater Mannheim.[18] Für die von Vassilissa Reznikoff gespielte Titelfigur wurde ein Profil auf Instagram angelegt, welches den Monolog textgetreu als Livestream aus einem leer stehenden Mannheimer Luxushotel sendete. Fräulein Else war für das virtuelle Nachtkritik-Theatertreffen 2022 nominiert.

Seine jüngste Arbeit ist Schule der Liebenden, ein interdisziplinäres Projekt zum Thema Liebe und Intimität, das er im Dezember 2023 zusammen mit dem Ensemble des Zürcher Theaters HORA und im Team mit dessen künstlerischer Leiterin Yanna Rüger und Videoartist Melanie Bonajo erarbeite.[19]

Inszenierungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Solo-Performances im Theater (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Talking Straight Seminar, 2012, Hebbel am Ufer Berlin
  • Training Camp for a Posthuman Age, 2013, Theater Bremen
  • Europa – Garten der Lüste, 2014 Maxim Gorki Theater Berlin (im Rahmen des 1. Berliner Herbstsalons)
  • Born to make you happy, Uraufführung 2017, Mousonturm Frankfurt am Main
  • Das Wunder der Liebe, Uraufführung 2019, Koproduktion des Mousonturm Frankfurt am Main, der Theaters im Bauturm Köln und des Maxim Gorki Theaters Berlin (im Rahmen des Festivals Frankfurter Positionen)
  • Ecstatic Mozart, Uraufführung 2020, Nationaltheater Mannheim (im Rahmen des Festivals Mannheimer Sommer)[26]
  • Like a Prayer, Uraufführung 2024, Komische Oper Berlin (im Rahmen des Festivals Schall & Rausch)

Performances mit der Gruppe Talking Straight (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Talking Straight Festival, Einmalige Aufführung 2015, Haus der Berliner Festspiele, im Rahmen des Theatertreffens[27]
  • Talking Straight Will Set Us Free, Uraufführung 2015, Maxim Gorki Theater Berlin
  • Europe, Garden of Delights, Uraufführung 2015, Maxim Gorki Theater Berlin (im Rahmen des 2. Berliner Herbstsalons)
  • Talking Straight Entertainment Uraufführung 2016, Theater Neumarkt Zürich & Maxim Gorki Theater Berlin
  • Talking Straight Sex, Uraufführung 2016 Münchner Kammerspiele
  • Talking Straight Security, Uraufführung 2016 Maxim Gorki Theater Berlin (im Rahmen des 3. Berliner Herbstsalons)

Performances in Museen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszeichnungen und Festivaleinladungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • 2015: Einladung zum Stückemarkt des Berliner Theatertreffens mit der Festival-Simulation Talking Straight Festival[32]
  • 2015: Preis der Autoren der Autorenstiftung Frankfurt am Main[33]
  • 2020: Einladung zum Festival Radikal Jung am Münchner Volkstheater mit der Soloperformance Miracle of Love
  • 2022: Nominierung für das Nachtkritik-Theatertreffen mit Fräulein Else von Arthur Schnitzler, Nationaltheater Mannheim 2021[34]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Gabi Hift: Die Kunst der Radikalen Sanftheit: Das Wunder der Liebe von Daniel Cremer. in: Jens Hillje (Hg.), C. Bernd Sucher (Hg.), Christine Wahl (Hrsg.): Radikal jung 2020: Das Festival für junge Regie. Theater der Zeit, Berlin 2020, ISBN 978-3-95749-278-4.
  2. Doris Kolesch, Theresa Schütz, Sophie Nikoleit: Staging Spectators in Immersive Performances: Commit Yourself! Routledge, 2019, ISBN 978-0-429-58231-8 (google.com [abgerufen am 10. Januar 2024]).
  3. Marc-Oliver Krampe: Sich zur Verfügung stellen. Bundesakademie für Kulturelle Bildung, November 2023, abgerufen am 10. Januar 2024.
  4. Gabi Hift: Die Kunst der Radikalen Sanftheit: Das Wunder der Liebe von Daniel Cremer. in: Jens Hillje (Hg.), C. Bernd Sucher (Hg.), Christine Wahl (Hrsg.): Radikal jung 2020: Das Festival für junge Regie. Theater der Zeit, Berlin 2020, ISBN 978-3-95749-278-4.
  5. Georg Kasch: Auswahl Radikal jung in München 2020. In: Nachtkritik. 5. März 2020, abgerufen am 11. Januar 2024 (deutsch).
  6. Nationaltheater Mannheim: Künstlerbiographie Daniel Cremer. 3. November 2023, abgerufen am 10. Januar 2024.
  7. Daniel Cremer & Markus Parnow: BLISS BALLS bei Apple Podcasts. In: Apple Podcasts. Daniel Cremer & Markus Parnow, 12. Oktober 2023, abgerufen am 15. Januar 2024.
  8. Gerd Brendel: "Talking Straight Festival" – Feier der Missverständnisse. In: Deutschlandfunk Kultur – Rang 1. 2. Mai 2020, abgerufen am 10. Januar 2024.
  9. Barbara Behrendt (Hg.), Christina Tilmann (Hg.), Helgard Haug: Theatertreffen 2015 – Stückemarkt-Broschüre. Berliner Festspiele, 27. April 2015, abgerufen am 10. Januar 2024 (englisch).
  10. Matthias Weigel: Daniel Cremer erhält Preis der Autoren 2015. In: Nachtkritik. 8. Mai 2015, abgerufen am 10. Januar 2024 (deutsch).
  11. Doris Kolesch, Theresa Schütz, Sophie Nikoleit: Staging Spectators in Immersive Performances: Commit Yourself! Routledge, 2019, ISBN 978-0-429-58231-8 (google.com [abgerufen am 10. Januar 2024]).
  12. Künstler*innenhaus Mousonturm: Born to make you happy. August 2017, abgerufen am 10. Januar 2024 (englisch).
  13. Gabi Hift: Rewitching Europe und Das Wunder der Liebe – Maxim Gorki Theater Berlin – Yael Ronen und Daniel Cremer spekulieren über die Kraft des Weiblichen und der Liebe. In: Nachtkritik. 1. November 2019, abgerufen am 10. Januar 2024 (deutsch).
  14. Mariane De Douhet: La fête du slip : les muses dans ta culotte. In: Io Gazette. 17. Mai 2019, abgerufen am 10. Januar 2024 (französisch).
  15. Célia Héron: A la Fête du slip, «libérer les hommes» victimes des stéréotypes. In: Le Temps. 7. Mai 2019, ISSN 1423-3967 (letemps.ch [abgerufen am 10. Januar 2024]).
  16. Katja Kollmann: Theaterfestival Schall & Rausch: Oper als Workout. In: Die Tageszeitung: taz. 13. Februar 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 19. Juni 2024]).
  17. Komische Oper Berlin: Like a Prayer | Komische Oper Berlin. Abgerufen am 10. Januar 2024.
  18. Falk Schreiber: Arthur Schnitzlers «Fräulein Else» auf Instagram. In: Theater Heute. Der Theaterverlag, April 2021, abgerufen am 10. Januar 2024.
  19. SRF: Die Schule der Liebenden: Theater Hora über Liebe und Sexualität. In: SRF 4 News. Schweizer Rundfunk, 14. Dezember 2023, abgerufen am 10. Januar 2024.
  20. Wolfgang Schreiber, Eckhard Britsch, Gabor Halasz, Matthias Roth, Alfred Huber, Britta Steiner-Rinneberg: Rezensionen zu Theater Heidelberg // Phaedra. In: Publicopera. 5. November 2008, abgerufen am 10. Januar 2024.
  21. Theaterkompass: Theater Heidelberg: Rainer Werner Fassbinders FAUSTRECHT DER FREIHEIT zum ersten Mal auf der Bühne. In: Theaterkompass.de. 4. Oktober 2009, abgerufen am 10. Januar 2024.
  22. Andre Sokolowski: Hedonistischer Hochfrühlingstaumel – L'Orfeo von Monteverdi. In: Kultura-Extra, das online-magazin. 2. Mai 2012, abgerufen am 10. Januar 2024.
  23. Falk Schreiber: Arthur Schnitzlers „Fräulein Else“ auf Instagram. In: Theater Heute. Der Theaterverlag, April 2021, abgerufen am 10. Januar 2024.
  24. Matthias Boehm: Bühnenlichter: „Chrrrrrschhhhhh – in den Wald“. RNF Rhein-Neckar Fernsehen, 18. November 2021, abgerufen am 10. Januar 2024.
  25. Stefan Busz: «Schule der Liebenden» in der Shedhalle – Sex kann alles sein, was wir wollen. In: Tagesanzeiger. 7. Dezember 2023, abgerufen am 10. Januar 2024.
  26. Gereon Hoffmann: „Ecstatic Mozart“ auf dem Online-Festival „Mannheimer Sommer“ des Nationatheaters – Mannheim. In: Die Rheinpfalz. 16. Juli 2020, abgerufen am 10. Januar 2024.
  27. Gerd Brendel: "Talking Straight Festival" – Feier der Missverständnisse. In: Deutschlandfunk Kultur – Rang 1. 2. Mai 2020, abgerufen am 10. Januar 2024.
  28. Gesellschaft für Aktuelle Kunst: Daniel Cremer führt durch die Faszination. GAK Bremen, Mai 2015, abgerufen am 10. Januar 2024.
  29. Schwules Museum: Reconnective Cruising™ – Performance von Daniel Cremer. Abgerufen am 10. Januar 2024 (deutsch).
  30. Uwe Riedel: 2017/11 Das Antimuseum I – Strategische Überdehnung. Museum Abteiberg, 19. November 2017, abgerufen am 10. Januar 2024.
  31. GAYA – Hörspiel von Daniel Cremer. In: ARD – Hörspieldatenbank. ARD, Juni 2006, abgerufen am 10. Januar 2024.
  32. Anke Schaefer: Theatertreffen-Stückemarkt – Junge Dramatiker hinterfragen ihr Metier. In: Deutschlandfunk Kultur. 4. Mai 2015, abgerufen am 10. Januar 2024.
  33. Matthias Weigel: Daniel Cremer erhält Preis der Autoren 2015. In: Nachtkritik.de. 8. Mai 2015, abgerufen am 10. Januar 2024 (deutsch).
  34. Henning Wiechers: nachtkritik-Theatertreffen 2022: die Nominierten. In: Nachtkritik. Februar 2022, abgerufen am 10. Januar 2024.