Die Geschichte von Marie und Julien

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Film
Titel Die Geschichte von Marie und Julien
Originaltitel Histoire de Marie et Julien
Produktionsland Frankreich
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahr 2003
Länge 151 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Jacques Rivette
Drehbuch Jacques Rivette,
Pascal Bonitzer,
Christine Laurent
Produktion Martine Marignac
Kamera William Lubtchansky
Schnitt Nicole Lubtchansky
Besetzung

Die Geschichte von Marie und Julien (Originaltitel: Histoire de Marie et Julien) ist ein Film von Jacques Rivette aus dem Jahr 2003.

Etwas mehr als ein Jahr ist vergangen, seit sich Marie und Julien zum ersten Mal begegnet sind und sich seither nicht wieder gesehen haben. Nun laufen sie sich eines Abends in Paris über den Weg und verabreden sich für den nächsten Tag in einem Café. Doch Marie kommt nicht zum Rendez-vous.

Julien wohnt in einem großen Haus außerhalb von Paris und repariert dort riesige Uhrwerke. Aber nicht nur das; er erpresst auch eine gewisse Madame X, denn er besitzt Dokumente, die belegen, dass Madame X Handel treibt mit Fälschungen chinesischer Seide. In Juliens Haus taucht Marie auf. Sie verlieben sich ineinander, und sie zieht zu ihm.

Julien spürt, dass Marie von einer seltsamen Entschlossenheit getrieben ist, aber weder die Ursache noch das Ziel dieser Entschlossenheit kann er erkennen. Sie richtet eines der Zimmer im Haus nach präzisen Vorstellungen ein.

Madame X ist es, die das Wesen Maries erkennt. Marie ist, wie Madame X‘ Schwester Adrienne, eine Revenantin. Vor einem halben Jahr hat sie Suizid begangen und steht seitdem zwischen Leben und Tod. Julien wehrt sich gegen ein Begreifen von Maries Zustand. Erst als er Spuren nachgeht und in dem Zimmer steht, wo sich Marie das Leben genommen hat, erkennt er: Es gleicht genau dem Zimmer in seinem Haus, das Marie eingerichtet hat.

Es kommt zu einem dramatischen Ende, in dem Marie „die verbotene Geste“ ausführt, ein kleines Wunder geschieht und man schließlich mit dem Lied von Blossom Dearie hoffen darf: „Our Day Will Come“.

Entstehungsgeschichte

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Frühjahr 1975: Rivette plant, vier Filme, die alle mehr oder weniger mythische Stoffe behandeln, unmittelbar hintereinander zu drehen, bevor auch nur der erste von ihnen ins Kino kommen soll. Der Serie gibt er zunächst den Titel Les Filles du feu (Töchter des Feuers) und später Scènes de la vie parallèle (Szenen aus dem parallelen Leben). Die Dreharbeiten zu den Filmen 2 und 3 der Serie, Duelle und Noroît, können realisiert werden. Danach beginnen, mit Leslie Caron und Albert Finney in den Hauptrollen, die Dreharbeiten zu Marie et Julien. Aber schon am dritten Tag muss Rivette aufgeben; einer Fortsetzung ist er physisch nicht gewachsen,[2] er war – wie er in einem anderen Gespräch sagte – „technisch KO“ gegangen.[3]

1976: Duelle und Noroît laufen in einigen französischen Kinos an. – Von Marie et Julien ist für mehr als 25 Jahre keine Rede mehr.

2002: Bei der Vorbereitung des Buches Trois films fantômes de Jacques Rivette stößt er auf den damals von Claire Denis eingerichteten, skizzenhaft dargestellten Ablauf des Filmanfangs. Er beschließt, die Geschichte von Marie und Julien jetzt endlich zu verfilmen, wobei er sich strikt an die wenigen noch existierenden Notizen halten wird.

Mythologischer Hintergrund

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Rivette: Es ist „nicht unbedingt eine Phantom- [oder] eine Gespenstergeschichte. Es geht ganz konkret um Revenanten. … Wir haben beim Schreiben an Mizoguchis Film Ugetsu Monogatari / Geschichten unter dem Regenmond gedacht. … Dieser Film gab uns die Logik vor für unseren eigenen. Und dann kam eine gewisse keltische Tradition hinzu.“[4] – Revenanten „sind Menschen, die es aus dem einen oder anderen Grund nicht geschafft haben, die Grenze – den Fluss, den Weg, den Baum oder einen Hügel – zu überqueren. Es gibt verschiedene Formen der Grenze, die unsere Welt, die, in der wir leben oder in der wir glauben zu leben, von der Welt der Toten trennt, die sich auf der anderen Seite dieser Linie befindet. Alles was man weiß ist, dass sie in nordwestlicher Richtung liegt. Aus dem einen oder anderen Grund können also manche Menschen, Männer oder Frauen, diese Grenze nicht überschreiten und sind dazu verdammt, unter uns Lebenden zu bleiben, bis sie irgendwann Prüfungen bestehen oder ihnen dies oder jenes gelungen ist, was ihnen schließlich erlaubt, aus diesem Status herauszukommen, der sehr unangenehm zu sein scheint, zwischen zwei Welten zu sein.“[5]

Die magische Formel, die Marie erst auf Gälisch, dann vor Julien auf Französisch rezitiert, ist, so bezeichnet es die keltische Mythologie, eine Geis.

Das Haus, in dem Julien lebt, ist die heutige Maison de l'Histoire et du Patrimoine in Champigny-sur-Marne.[6]

Süddeutsche Zeitung Cinemathek, Nr. 14 der Reihe „Traumfrauen“, 2008.

  • Trois films fantômes de Jacques Rivette (Phénix, L’An II, Marie et Julien); mit einem einleitenden Gespräch zwischen Rivette und Hélène Frappat. Cahiers du cinéma, Paris 2002. ISBN 2-86642-322-4.
  • Mary M. Wiles: Jacques Rivette (= Contemporary Film Directors), University of Illinois Press, 2012, ISBN 978-0-252-07834-7. Darin S. 120–127 über Histoire de Marie et Julien. (Englisch.)
  • Zum mythologischen Hintergrund: Jean Markale: Die keltische Frau, Dianus-Trikont, München 1984, ISBN 3-88167-111-0. Darin S. 318–332 über die Bedeutung der Geis.

Einzelnachweise

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  1. Freigabebescheinigung für Die Geschichte von Marie und Julien. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, August 2004 (PDF; Prüf­nummer: 99 067 K).
  2. Angaben entsprechend den Informationen in: Trois films fantômes de Jacques Rivette, dort im Gespräch mit Hélène Frappat, S. 13–15.
  3. Rivette im Gespräch mit der Produzentin Martine Marignac (französisch).
  4. Jacques Rivette im Gespräch mit Wilfried Reichart, erschienen in der Süddeutschen Zeitung vom 3. September 2004.
  5. Jacques Rivette im Gespräch mit Hélène Frappat, „Special Feature“ auf der DVD-Veröffentlichung des Films bei Artificial Eye aus 2005: „Ce sont des personnes qui pour une raison ou autre n’ont pas réussi à franchir – soit la rivière, soit le chemin, l’arbre ou une colline – il y a différentes formes de la frontière qui sépare notre monde, celui que nous vivons ou nous croyons vivre, du monde des morts, qui est de l’autre côté de cette ligne. Tout ce qu’on sait qu’elle est dans la direction de Noroît. Donc, pour une raison ou une autre, certaines personnes, des hommes, des femmes, ne peuvent pas franchir cette frontière et sont condamnées à rester parmi nous jusqu’à éventuellement ils ont subi des épreuves ou ont accompli telle ou telle chose, qui leur permettra enfin de sortir de ce statut qui semble d’être très inconfortable, d’être entre deux mondes.“
  6. Information zur bewegten Geschichte der Maison de l'Histoire et du Patrimoine in Champigny-sur-Marne in den Archives Val de Marne.