Die Klavierspielerin (Film)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Film
Titel Die Klavierspielerin
Originaltitel La Pianiste
Produktionsland Österreich, Deutschland, Frankreich, Polen
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahr 2001
Länge 131 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Michael Haneke
Drehbuch Michael Haneke
Produktion Yvon Crenn,
Christine Gozlan,
Veit Heiduschka,
Michael Katz
Musik Francis Haines
Kamera Christian Berger
Schnitt Nadine Muse,
Monika Willi
Besetzung

Die Klavierspielerin ist ein Spielfilm des österreichischen Regisseurs Michael Haneke aus dem Jahr 2001 und basiert auf dem gleichnamigen Roman von Elfriede Jelinek.

Mit 2,5 Millionen Kinobesuchern, davon rund 700.000 in Frankreich, war der Film auch international erfolgreich. Er wurde als Bestandteil der Edition „Der österreichische Film“ auf DVD veröffentlicht.

Erika Kohut ist Klavierlehrerin am Wiener Konservatorium. Sie ist Ende 30 und lebt noch immer mit ihrer Mutter zusammen. Sie teilt mit ihr das ehemals elterliche Ehebett. In dieser engen Umklammerung untersteht Erika fast vollständig der mütterlichen Kontrolle; sie hat keine Privatsphäre, da das Zimmer, das sie bewohnt, nicht abschließbar ist und somit auch der ständigen Kontrolle der Mutter ausgesetzt ist. Diese duldet kaum gesellschaftliche Kontakte. So zerstört sie Kleidungsstücke ihrer Tochter, wenn diese ihres Erachtens zu spät nach Hause kommt. Bei den Streitigkeiten werden beide gewalttätig.

Erika nimmt sich jedoch heimlich Freiheiten heraus. So besucht sie eine Peepshow-Kabine und riecht dabei an weggeworfenen Papiertüchern. Außerdem verletzt sie sich im Badezimmer selbst im Intimbereich. Als sie in einem Autokino ein Paar beim Sex beobachtet, wird der Mann auf sie aufmerksam, während sie neben dem Auto uriniert. Zuhause angekommen, wird sie von der Mutter geohrfeigt, die meint, ihr Kind sei bei einer Kollegin vom Wiener Konservatorium gewesen, da der Vater an dem Tage verstorben ist.

Neben ihrer Arbeit als Klavierlehrerin gibt Erika Hauskonzerte. Ihre Mutter ist argwöhnisch bei zu talentierten Schülern und wünscht sich eine weitergehende Karriere für ihre Tochter, welche sie sehr umsorgt. Bei einem der Hauskonzerte lernt Erika den „Schwachstrom“-Studenten Walter Klemmer kennen, der ebenfalls Klavier spielt und sich in Erika verliebt.

Walter bewirbt sich beim Konservatorium für die Klasse Erikas und wird trotz ihres negativen Votums aufgenommen. Derweil wird für ein Schülerkonzert geprobt. Am Tag der Generalprobe hat eine Schülerin Erikas große Auftrittsangst, weshalb sich Walter um die Schülerin kümmert. Während der Probe geht Erika hinaus, wickelt im Umkleideraum ein Wasserglas in ein Tuch und zertritt es. Dabei achtet sie darauf, dass scharfkantige Splitter entstehen, die sie der Schülerin in die Manteltasche steckt. Das Mädchen zerschneidet sich beim Anziehen des Mantels die Hand und schreit. Während Lehrer und Schüler zusammenlaufen, weist Erika Walter an, Beschützer zu spielen: Sie selbst könne kein Blut sehen. Erika geht scheinbar ruhig ein Stockwerk höher und uriniert im Schülerklo.

Walter folgt ihr und holt sie aus der Kabine. Nun folgen zunächst stürmische Gesten der Erregung, aber Erika bricht immer wieder ab und versucht Walter zum Schweigen zu bringen und auf Abstand zu halten. Letztlich kommt es zum Abbruch der sexuellen Handlungen und Walter verlässt unbefriedigt, jedoch mit Erikas Zusicherung, dass sie ihm Anweisungen für zukünftige Treffen zukommen lassen wird, den Raum.

In der nächsten Klavierstunde mit Walter verhält Erika sich, als wäre nichts vorgefallen. Sie kritisiert nur die Leistungen ihres Schülers am Klavier. Am Ende der Stunde überreicht sie ihm einen verschlossenen Brief. Walter schlägt ihr vor, das Wochenende gemeinsam zu verbringen. Davor schreckt Erika jedoch zurück. Auf dem Heimweg folgt ihr Walter und holt sie im Treppenhaus ein. Als er ihr in die Wohnung folgt, ist die Mutter nicht erfreut über den ungebetenen Gast. Erika behauptet, sie müsse mit ihrem Schüler noch etwas besprechen, und geht mit ihm in ihr Zimmer. Weil es sich nicht abschließen lässt, schieben die beiden die Kredenz vor die Tür. Aus Wut und Hilflosigkeit betrinkt sich die Mutter.

Währenddessen verlangt Erika von Walter, den Brief zu lesen. In diesem Umschlag stehen die geheimsten Wünsche Erikas. Sie schreibt, Walter solle sie schlagen, knebeln, anschreien und vergewaltigen. „Wenn ich flehe, dann tue nur so, als ob du es tun wolltest, in Wirklichkeit ziehe die Fesseln bitte noch fester, noch strammer zusammen, und den Riemen ziehe mindestens um 2 bis 3 Löcher, je mehr, desto lieber ist es mir, fester zusammen, und außerdem stopfe mir dann noch alte Nylons von mir, die bereitliegen werden, derart fest in den Mund als es geht und knebel mich so raffiniert, dass ich nicht den geringsten Laut von mir geben kann.“ Sie zeigt ihm ihre im Versteck aufbewahrten Utensilien. So hat Walter sich das nicht vorgestellt; er rennt aus der Wohnung. Erika legt sich zu ihrer Mutter ins Ehebett, wo sie sich nach abwertenden Worten dieser auf sie wirft, küsst und ihr ihre Liebe erklärt. Die verstörte Mutter verträgt sich jedoch wieder mit ihr.

Anderntags folgt Erika Walter zu seinem Eishockeytraining, und sie ziehen sich in eine Abstellkammer der Putzfrauen zurück. Sie entschuldigt sich. Es kommt dazu, dass Erika am Boden liegt und mit Walter, der sich über ihr befindet, Oralsex hat. Doch dann muss sich Erika übergeben, und es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden, vor der Erika dann flieht.

Mitten in der Nacht klopft Walter an ihre Tür und verlangt, dass sie ihm öffnet. Kaum öffnet sie die Tür, stürmt er in ihre Wohnung, ohrfeigt Erika, rammt ihr die Faust in den Magen und tritt auf sie ein, als sie sich am Boden krümmt. Die Mutter will die Polizei anrufen, aber Walter stößt sie ins Schlafzimmer zurück und sperrt sie ein. Begleitend zitiert er aus dem Brief. Er trinkt dann in der Küche ein Glas Wasser. Bei seiner Rückkehr bemerkt er, wie Erika mit ihrer Mutter durch die Tür spricht, und wird wütend. Daraufhin vergewaltigt er Erika. Anschließend erkundigt er sich nach ihrem Wohlergehen, worauf sie nur einsilbige Antwort geben kann.

Erika geht am nächsten Tag mit einem Küchenmesser bewaffnet zu dem Schülerkonzert, sie soll die Schülerin am Klavier ersetzen. Sie entdeckt Walter inmitten einer Gruppe fröhlicher Kommilitonen und beobachtet, wie er mit einem Mädchen flirtet. Walter grüßt Erika mit „Frau Professorin“, als sei nichts geschehen. Nun nimmt sie das Messer aus ihrer Handtasche, sticht sich leidenschaftslos in die Schulter und verlässt blutend das Gebäude.

Im Soundtrack finden sich Werke von Frédéric Chopin, Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven, Sergei Rachmaninow, Johann Sebastian Bach und Franz Schubert.[1]

Die Rezensionssammlung Rotten Tomatoes listet 88 Kritiken, die zu 73 Prozent positiv ausfallen. Die Durchschnittsbewertung liegt bei 7 von 10 Punkten.[2]

  • „Der Film beginnt als psychologisches Drama, verliert aber an Überzeugungskraft, als die von Isabelle Huppert extrem beeindruckend gespielte Pianistin ihre verdrängten Seiten enthüllt. Die dichte, aufs Wesentliche konzentrierte Inszenierung arbeitet mit provokativen Leerstellen und vielen spannenden Subplots, unter denen die Geschlechter-Thematik etwas übergewichtet ist.“ (film-dienst[3])
  • „Weit davon entfernt eine erregende Sex-Show zu sein, hat ‚Die Klavierspielerin‘ die Griffigkeit einer klinischen Fallstudie, die in das Sujet eines ästhetischen und philosophischen Diskurses erhoben wird. Visuell ist Mr. Haneke ein kühler, pedantischer Formalist, der elegante Kameraeinstellungen bevorzugt, in denen die Kamera stationär verharrt. Die eisige Autorität mit der der Film unsere Erwartungen manipuliert, erinnert an seinen berüchtigten 1997er-Film ‚Funny Games‘ …“ (The New York Times[4])
  • „Der in Cannes 2001 dreifach preisgekrönte Film ‚Die Klavierspielerin‘ von Michael Haneke ist eine kongeniale Adaption des Romans von Elfriede Jelinek. Hanekes Bilder sind so verstörend wie Jelineks Sprache. Emotionslos wie ein Forscher lässt er uns am neurotischen Treiben seiner Heldin teilhaben, bis es wehtut.“ (Stern[5])

Die Videofassung des Films ist um ungefähr 5 Minuten gekürzt worden. Die in der Kinofassung enthaltenen „quälend langen Einstellungen“ können ihre Wirkungen in der Videofassung nicht entfalten und nehmen dem Film „seine wesentlichen Aussagen“.[6]

  • Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin. Rowohlt Verlag, Reinbek 1983 (Erstdruck)
  • Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin. Rowohlt Verlag, Reinbek 1986, ISBN 3-499-15812-4.
  • Michael Haneke, Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin: Drehbuch, Gespräche, Essays. Wien: Sonderzahl, 2001, ISBN 3-85449-191-3.
  • Michael Haneke, Elfriede Jelinek: La pianiste: scénario d’après le roman de Elfriede Jelinek. Cahiers du cinéma, Paris 2001. ISBN 2-86642-318-6 (frz. Ausgabe)
  • Marianne Springer-Kremser und Peter Schuster: Die KlavierspielerinBorderline Persönlichkeitsstörungen. In: Stephan Doering, Heidi Möller (Hrsg.): Frankenstein und Belle de Jour – 30 Filmcharaktere und ihre psychischen Störungen. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2008, S. 282–293, ISBN 978-3-540-76879-1.
  1. allocine.fr Abschnitt „Bach et Chopin sur la bande originale“ (französisch)
  2. The Piano Teacher (La Pianiste) (2001). In: Rotten Tomatoes. Abgerufen am 23. August 2020 (englisch).
  3. vgl. Filmkritik im film-dienst 20/2001
  4. vgl. Holden, Stephen: Film Review: Kinky and Cruel Goings-On in the Conservatory. In: The New York Times, 29. März 2002
  5. vgl. Mit dem Messer in die Seele. In: Stern, 11. Oktober 2001, Magazin Film, S. 207
  6. Rezension von Andreas Thomas bei: filmrezension.de