Digital Eclipse

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Digital Eclipse
Rechtsform Co.
Gründung 1992
Sitz Emeryville, Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Leitung Mike Mika
Branche Softwareentwicklung
Website digitaleclipse.com

Digital Eclipse Entertainment Partners ist ein 1992 gegründetes Entwicklungsstudio für Computerspiele. Zu Beginn war das Unternehmen auf die Emulation von Arcadespielen und auf Handheld-Spiele spezialisiert. Als Teil von Backbone Entertainment war es eines der Gründungsstudios hinter dem Entwicklerzusammenschluss zu Foundation 9 Entertainment. 2007 löste sich Firmenmitgründer Ayre mit dem neu gegründeten Studio Other Ocean Interactive wieder aus dem Unternehmensverbund und gründete Digital Eclipse 2015 als Tochterstudio von Other Ocean im kalifornischen Emeryville neu. In dieser zweiten Phase knüpfte das Studio an seine ursprüngliche Tradition an und erlangte eine Reputation als Spezialist für den Erhalt und die Wiederaufbereitung historischer Computerspieltitel. 2023 übernahm der französisch-amerikanische Publisher Atari SA das Unternehmen.

Ursprüngliche Gründung

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Das Unternehmen wurde 1992 als Digital Eclipse Software von Andrew Ayre, Hans Kim, John Neil und Howard Fukuda in Emeryville gegründet.[1] Zunächst hatte Digital Eclipse einen technologischen Hintergrund, der dann jedoch zu ersten Aufträgen in der Emulation von Arcade-Spielen auf anderen Plattformen führte.[2][3] Zu den ersten portierten Spielen zählten die Williams-Klassiker Joust, Robotron: 2084 und Defender, die 1994 in der Reihe The Digital Arcade für Mac OS erschienen.[4] Ein Schwerpunkt lag von Anfang auf einer akkuraten Emulation des Originals im Vollbild, in Abgrenzung zur seinerzeit häufigen Neuprogrammierung der Spiele bei Übertragung auf andere Plattformen oder deren Ausführung im Fenstermodus. Den Entwicklern kam dabei zupass, dass im Zuge der Migration der Apple-Hardware von der Motorola-68000er-Prozessorfamilie auf die PowerPC-Architektur auch die Emulation für den Motorola 6809 aufkam, auf dessen Architektur alle frühen Arcade-Automaten von Williams Electronics basierten. Damit bewegten sich diese Heimcomputer-Versionen sehr nahe an den originalen Spielhallen-Veröffentlichungen. Diese wurden – in Abhängigkeit von der Unterstützung durch die Auftraggeber – aber immer wieder auch ergänzt um vertiefende Hintergrundinformationen, wie zum Beispiel Video-Interviews mit den Machern der Spiele. Auf die ersten Einzeltitel folgten Arcade-Spielesammlungen mit weiteren Titeln von Williams Electronics, aber auch von Bally Midway, Atari oder Atari Games und nun auch für weitere Plattformen wie den Windows-PC oder die PlayStation. Verhältnismäßig günstig und einfach in der Produktion brachten diese Retro-Veröffentlichung den Rechteinhaber oftmals immer noch eine erkleckliche Einnahmequelle zur Finanzierung anderer Entwicklungsprojekte.[1]

1998 stieß Mike Mika als Technical Director zu Digital Eclipse.[1] Da der 1998 veröffentlichte Game Boy Color wie viele Arcade-Automaten und Heimcomputer ebenfalls auf einer vom Zilog Z80 abgeleiteten CPU basierte, bot sich Digital Eclipse die Möglichkeit, die aufgebaute Emulationsexpertise fortzuführen.[5] Vermehrt kamen nun auch Portierungen neuerer Titel und originäre Auftragsarbeiten hinzu, etwa Begleitspiele zu den Disney-Filmveröffentlichungen Tarzan und Lilo & Stitch. Zu den bekanntesten Arbeiten dieser Phase zählte der Titel Grand Theft Auto Advance, der eine Vorgeschichte zu Grand Theft Auto 3 erzählt und im Gegensatz zu diesem auf die Vogelperspektive der ersten beiden Serienteile setzte.[1] Zeitweise existierte ein Zweigstudio in Vancouver (u. a. Spyro 2: Season of Flame).[6]

2003 schlossen sich Digital Eclipse und ImaginEngine zu Backbone Entertainment zusammen.[7] Backbone wiederum gründete 2005 zusammen mit The Collective die Unternehmensgruppe Foundation 9 Entertainment.[8] In dieser Phase wurde die Marke Digital Eclipse nur noch zu Anfang genutzt. Als Backbone Entertainment brachte das Unternehmen Arcade-Klassiker über Xbox Live Arcade auf den allmählich auflebenden digitalen Spielemarkt und konnte so Kooperationen mit Capcom aufbauen. Allerdings verschob sich auch der Unternehmensfokus innerhalb von Foundation 9 im Laufe der Zeit.[1]

2006 gründete Backbone ein Zweigstudio im kanadischen Charlottetown, Ayres alten Heimat.[9] Dieses Studio arbeitete unter anderem an der Xbox-Live-Arcade-Portierung von Castlevania: Symphony of the Night.[10] Mit der Begründung, dass das Studios zu klein sei,[11] wurde es bereits 2007 wieder unter Führung von Ayre als Mehrheitseigner und Geschäftsführer in die Unabhängigkeit entlassen und in Other Ocean Interactive umbenannt.[12] Other Ocean Interactive eröffnete mit der Zeit weitere Standorte, darunter erneut ein Studio in Emeryville, aus dem heraus 2015 die Marke Digital Eclipse wiederbelebt wurde. Die Leitung des Studios übernahmen Mike Mika als President und Frank Cifaldi als Head of Restoration. Als Unternehmensziel wurde die Erhaltung alter Computerspiel-Klassiker ausgegeben.[5][13] Die entsprechenden Namensrechte hatte Ayre von Foundation 9 erworben,[1] das nach einem großen Ausverkauf über die Jahre seine Geschäftsaktivitäten im Jahr 2015 einstellte.

Aufbauend auf den Geschäftsbeziehungen der früheren Jahre brachte Digital Eclipse 2015 erstmals wieder unter angestammten Namen und in Zusammenarbeit mit Capcom die Mega Man Legacy Collection auf den Markt. Ähnliche Arbeiten folgten für alte Disney-, SNK- und Konami-Konsolentitel. Während die zugrunde liegenden Spiele ohne wesentliche Veränderungen übernommen und emuliert werden, fügt Digital Eclipse meist moderne und vielfach optionale Komfortfunktionen wie Grafikfilter, Speicher- oder Rückspul-Optionen hinzu. Wie in den Anfangsjahren wird das Angebot außerdem oftmals noch um Dokumente aus dem Entstehungsprozess, bspw. Skizzen und Artworks, oder Video-Interviews mit den Machern ergänzt.[1] Kern für Digital Eclipse’ Arbeiten ist die von Mika und Programmierer Kevin Wilson entwickelte Eclipse Engine, die hohen Wert auf schnelle Portierbarkeit für neue Spielesysteme legt, um auch künftig den Erhalt der damit konservierten Spiele bestmöglich garantieren zu können.[14] Die Engine ist dabei eine Abzweigung der ebenfalls von Other Ocean entwickelten Bakesale Engine.[13] Mit ihr werden die Original-Assets und Code der Spiele eingelesen und zusammen mit den Informationen zur ursprünglichen Spieleplattform in der Engine eingebettet. Dadurch muss nur noch die Eclipse Engine an die jeweils neue Plattform angepasst werden.[15][16] Vor dem Hintergrund, dass der wachsende Verlust früher Computerspiele zunehmend stärker beklagt wurde, stießen Digital Eclipse’ Bemühungen für den Erhalt und die Dokumentation solcher Titel auf positive Resonanz.[17][18] Cifaldi bezeichnete die im Filmbereich tätige The Criterion Collection als Vorbild für die eigenen Arbeiten.[19]

Cifaldi verließ das Unternehmen wieder, dafür stieß 2020 der langjährige Spielejournalist und Autor Chris Kohler als Editorial Director zum Team.[20] Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Marke Atari schuf Digital Eclipse 2022 mit Atari 50: The Anniversary Celebration eine Spielesammlung in Kombination mit einer umfangreichen digitalen Dokumentation. Im Oktober 2023 übernahm schließlich der Atari-Markenrechtsinhaber – der französisch-amerikanische Publisher Atari SA – das Studio. Atari zahlte für die Übernahme 6,5 Millionen US-Dollar in bar und Unternehmensanteilen, mit Option auf Zahlung weiterer bis zu 13,5 Millionen Dollar bei Erreichung entsprechender Unternehmensziele. Atari hatte zuvor bereits das in ähnlicher Weise auf Remastering und Remakes von Computerspielklassikern spezialisierte Unternehmen Nightdive Studios akquiriert.[21]

Veröffentlichte Spiele

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Als Digital Eclipse Software (1992–2004)

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Jahr Titel Plattform
1994 Joust Mac OS
Robotron: 2084
Defender
1995 Activision’s Commodore 64 15 Pack Windows
1996 Williams Arcade Classics Dreamcast, Game.com, Windows, MS-DOS, PlayStation, Mega Drive, Saturn, SNES
Ms. Pac-Man SNES
Arcade’s Greatest Hits: The Atari Collection 1 PlayStation, Saturn, SNES
1997 Arcade’s Greatest Hits: The Midway Collection 2 Windows, PlayStation
1998 NFL Blitz Game Boy Color
Arcade’s Greatest Hits: The Atari Collection 2 PlayStation
Rampage World Tour Game Boy Color
1999 Knockout Kings
Disney’s Tarzan
720°
Atari Arcade Hits: Volume 1 Windows
Arcade’s Greatest Hits: The Atari Collection 2
Arcade Classic No. 4: Defender / Joust Game Boy Color
Klax
Arcade Hits: Moon Patrol / Spy Hunter
Rampart
Rampage 2: Universal Tour
Arcade Party Pak PlayStation
Mortal Kombat 4 Game Boy Color
Marble Madness
Ghosts ’n Goblins
2000 Little Nicky
Alice in Wonderland
2001 Dragon’s Lair
Batman: Chaos in Gotham
X-Men: Wolverine’s Rage
Rayman Advance Game Boy Advance
Spyro: Season of Ice
2002 Spider-Man
Disney’s Lilo & Stitch
Monster Force
Spyro 2: Season of Flame
Disney’s Kim Possible: Revenge of Monkey Fist
Phantasy Star Collection
XXX
2003 Lizzie McGuire: On the Go!
Spy Kids 3-D: Game Over
Spyro: Attack of the Rhynocs
2004 Spider-Man 2
Grand Theft Auto Advance
Mortal Kombat Plug-and-play

Als Backbone Entertainment (2004–2012)

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Als Digital Eclipse Entertainment Partners (ab 2015)

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Jahr Titel Plattform
2015 Mega Man Legacy Collection Windows, 3DS, Switch, PlayStation 4, Xbox One, Luna
2017 The Disney Afternoon Collection Windows, PlayStation 4, Xbox One
2018 Street Fighter 30th Anniversary Collection Windows, Switch, PlayStation 4, Xbox One
SNK 40th Anniversary Collection
2019 Disney Classic Games: Aladdin und Der König der Löwen
2020 Samurai Shodown NeoGeo Collection
2021 Blizzard Arcade Collection a
Space Jam: A New Legacy - The Game Xbox One
Disney Classic Games Collection Windows, Switch, PlayStation 4, Xbox One
2022 Teenage Mutant Ninja Turtles: The Cowabunga Collection Windows, Switch, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Xbox Series
Candy Creeps Windows
Garbage Pail Kids: Mad Mike and the Quest for Stale Gum b Windows, Switch, PlayStation 4, Xbox One, Xbox Series
Digital Eclipse Arcade: Invasion of the Buffet Snatchers Windows
Atari 50: The Anniversary Celebration Windows, Switch, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Xbox Series, Atari VCS
Digital Eclipse Arcade: Jollyball Windows
2023 Digital Eclipse Arcade: Q.P.I.D Windows
The Making of Karateka Windows, Switch, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Xbox Series
Wizardry: Proving Grounds of the Mad Overlord (Remake)[22] Windows
2024 Llamasoft: The Jeff Minter Story[23] Windows, Switch, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Xbox Series
a 
Co-entwickelt mit Blizzard Entertainment
b 
Co-entwickelt mit Retrotainment Games und veröffentlicht von iam8bit.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Martyn Carroll: Studio Profile: Digital Eclipse. In: Retro Gamer. Nr. 237. Future Publishing, September 2022, S. 70–75 (englisch).
  2. Q&A: Death, Jr. developer Chris Charla. In: GameSpot. Abgerufen am 27. Dezember 2023 (amerikanisches Englisch).
  3. Jim McGillivray: From St. John's to California Gaming ... and back. In: The Andrean. 2009, Internet Archive (englisch, archive.org [abgerufen am 10. April 2019]).
  4. J. Caleb Donaldson: They Do Make 'Em Like They Used To. In: Wired. ISSN 1059-1028 (wired.com [abgerufen am 27. Dezember 2023]).
  5. a b Redaktion: Other Ocean: Building the past, the future, and the present. In: VentureBeat. 22. September 2017, abgerufen am 27. Dezember 2023 (amerikanisches Englisch).
  6. Craig Harris: Spyro 2: Season of Flame. In: IGN. 28. Mai 2002, abgerufen am 9. April 2019 (englisch).
  7. ImaginEngine game studio shuts down (exclusive). In: VentureBeat. 12. Oktober 2012 (venturebeat.com [abgerufen am 30. November 2018]).
  8. Backbone and Collective merge. In: Eurogamer.net. 30. März 2005 (eurogamer.net [abgerufen am 27. Dezember 2023]).
  9. Foundation 9 Entertainment Expands With New Studio. In: GamesIndustry.biz. (gamesindustry.biz [abgerufen am 30. November 2018]).
  10. Other Ocean: iPhone To Be 'Major Player' In Handheld Market. Abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  11. Foundation 9 Entertainment Spins Off Prince Edward Island Studio (Memento vom 30. Januar 2009 im Internet Archive)
  12. Foundation 9 says goodbye to Charlottetown (Memento vom 7. Juni 2011 im Internet Archive)
  13. a b Alex Wawro: Digital Eclipse is back with a new mission: preserve classic games. In: Game Developer. 8. Juni 2015, abgerufen am 11. Januar 2023 (englisch).
  14. Kyle Orland: The new tech making game preservation more authentic and future-proof. In: Ars Technica. 27. August 2015, abgerufen am 27. Dezember 2023 (amerikanisches Englisch).
  15. Jeremy Parish: Page 3 | The Most In-Depth Mega Man Legacy Collection Interview You'll Read Today. In: VG247. 21. August 2015, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  16. Kyle Barr: What Does It Take to Make the Criterion Collection of Video Games? In: Gizmodo. 3. April 2023, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  17. How Digital Eclipse aims to preserve classic games for future generations. Abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  18. Mike Drucker: All Hail Digital Eclipse. 12. November 2022, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  19. Chris Schilling: How ‘Mega Man Legacy Collection’ Is Teaching the Video Games Industry to Respect Its Heritage. In: Vice. 28. August 2015, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  20. Andrea Maderna: Is Digital Eclipse’s Gold Masters Series the future of video game documentaries? 25. September 2023, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  21. Jon Porter: Atari is buying the developer behind its excellent 50th anniversary retro compilation. 31. Oktober 2023, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  22. Andrew Webster: The original Wizardry has been remastered — and you can play it right now. In: The Verge. 15. September 2023, abgerufen am 15. September 2023 (englisch).
  23. Digital Eclipse’s next interactive documentary is Llamasoft: The Jeff Minter Story. 6. Dezember 2023, abgerufen am 27. Dezember 2023 (britisches Englisch).