Diskriminante
Die Diskriminante (lateinisch discriminare = unterscheiden) ist ein Rechenausdruck, der Aussagen über Zahl und Art der Lösungen einer algebraischen Gleichung ermöglicht. Am bekanntesten ist die Diskriminante einer quadratischen Gleichung.
Diskriminante einer quadratischen Gleichung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lösungen (Wurzeln) einer quadratischen Gleichung mit reellen Koeffizienten , und lassen sich mit der Mitternachtsformel
berechnen. Die Anzahl der reellen Lösungen hängt vom Term unter der Wurzel ab.
Dieser Ausdruck
heißt die Diskriminante der quadratischen Gleichung und wird im Folgenden mit bezeichnet.
- Für hat die Quadratwurzel in der Lösungsformel einen positiven Wert, sodass es zwei verschiedene reelle Lösungen und gibt.
- Für hat die Quadratwurzel den Wert 0. Da es keinen Unterschied macht, ob man 0 addiert oder subtrahiert, gibt es trotz des Plus-Minus-Zeichens genau eine reelle Lösung (der Vielfachheit 2).
- Für existiert die Quadratwurzel der Lösungsformel im Körper der reellen Zahlen () nicht. Es existiert also keine reelle Lösung. Anders sieht die Situation aus, wenn man den Körper der komplexen Zahlen zugrunde legt. In diesem Fall gibt es zwei (nicht-reelle) Lösungen, die zueinander konjugiert komplex sind.
Motivation des allgemeinen Diskriminanten-Begriffs
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es sei ein Polynom mit den Nullstellen , von denen einige möglicherweise komplex sind. Der Ausdruck
- ,
der aus Faktoren besteht (ein Faktor für jedes Nullstellenpaar) und Differenzprodukt[1] genannt wird, verschwindet genau dann, wenn (mindestens) eine Nullstelle mehrfach auftritt. Der Ausdruck ist nicht symmetrisch in den Nullstellen, d. h., dass sich sein Wert möglicherweise verändert, wenn man die Nullstellen umnummeriert. Die Symmetrie kann man erzwingen, indem man alle Faktoren quadriert:
- .
Dieser Ausdruck ist ein homogenes symmetrisches Polynom vom Grad (oder „Gewicht“) in den Variablen . Man nennt ihn die Diskriminante des Polynoms . (Die Bedeutung des Normierungstermes wird weiter unten erläutert.)
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Quadratisches Polynom
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein allgemeines Polynom vom Grad 2 hat die Form mit . Seine Diskriminante ist .
Mit dem Satz von Vieta und quadratischer Ergänzung lässt sie sich umformen in: .
Das quadratische Polynom hat also genau dann eine doppelte Nullstelle, wenn gilt.
Kubisches Polynom
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein allgemeines Polynom vom Grad 3 hat die Form mit . Seine Diskriminante ist .
Mit dem Satz von Vieta lässt sie sich (mit aufwendiger Rechnung) umformen in
- .
Dieser Ausdruck ist unhandlich und lässt sich schwer merken. Bringt man durch eine ähnliche Ergänzung wie bei quadratischer Ergänzung das Polynom auf die Form (oder setzt man und ), so ergibt sich die leichter zu merkende Formel:
Berücksichtigt man, dass sich jede kubische Gleichung nach Division durch und anschließender Substitution auf eine Gleichung der Form bringen lässt, so erhält man eine besser merkbare Formel für die Diskriminante:
Ein reduziertes kubisches Polynom besitzt also genau dann eine mehrfache Nullstelle, wenn gilt. In Schulbüchern wird häufig dieser Ausdruck als Diskriminante bezeichnet, der Faktor wird also ignoriert.
Polynome höheren Grades
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das oben beschriebene Verfahren funktioniert für Polynome beliebigen Grades. Aus der Theorie der symmetrischen Polynome und dem Satz von Vieta folgt, dass der Ausdruck
stets auf eine eindeutige Art als (polynomiale) Funktion der Koeffizienten des Polynoms dargestellt werden kann.
Bemerkungen zum Vorzeichen der Diskriminante
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sind alle Nullstellen eines Polynoms reell, so ist die Diskriminante Das folgt sofort aus der Definition.
- Für quadratische und kubische Polynome gilt auch die Umkehrung: Ist so sind alle Nullstellen reell.
- Das Polynom besitzt die vier Nullstellen , , und . Die Diskriminante hat den Wert 16384, ist also positiv. Dennoch sind die Nullstellen nicht reell.
Normierungsfaktor
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der oben verwendeten Definition tritt der Faktor auf. Er bewirkt, dass beim Verwenden des Satzes von Vieta die Nenner verschwinden, dass also die Diskriminante als Polynom in den Koeffizienten erscheint. Je nach Kontext und Verwendungszweck der Diskriminante wird die Definition leicht abgeändert:
- Anstelle von wird der Faktor gesetzt.
- Anstelle von wird der Faktor gesetzt.
- Anstelle von wird der Faktor gesetzt.
- Der Faktor wird weggelassen.
Bei den ersten beiden Varianten ist Vorsicht geboten mit Aussagen, wie sie im Abschnitt „Bemerkungen zum Vorzeichen der Diskriminante“ gemacht werden, weil ihr Normierungsfaktor (schon im quadratischen Falle) das Vorzeichen der Diskriminante umkehrt. Dies gilt auch für Variante 3, sobald nur der Koeffizient negativ ist.
Allgemeine Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sei ein univariates Polynom (also ein Polynom in einer Unbekannten) über einem kommutativen unitären Ring. Die Diskriminante von ist definiert als die um reduzierte Resultante von mit seiner Ableitung :
- .
Die Diskriminante wird auch mit dem Symbol bezeichnet.
Ist ein Körper und , so gilt wie oben
- ;
dabei seien die Nullstellen von in einem algebraischen Abschluss von oder einem Zerfällungskörper von über .
Hinweis: Oft wird die Diskriminante ohne den zusätzlichen Faktor definiert; der entsprechende Vorfaktor ist dann in der oben angegebenen Formel zur Berechnung der Diskriminante aus den Nullstellen zu ergänzen.
Bemerkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ausgeschrieben ist die Resultante eines Polynoms mit seiner Ableitung gleich der Determinante der -Matrix.
- .
Da die erste Spalte aus Vielfachen von besteht, kann dieses als Faktor von der Determinante abgespalten werden.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ B.L. van der Waerden, Algebra I, Heidelberger Taschenbücher Band 12, Springer Verlag, 1971, S. 192.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eric W. Weisstein: Polynomial Discriminant. In: MathWorld (englisch).