Diskussion:Bremsstein

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Letzter Kommentar: vor 1 Jahr von Martinus KE in Abschnitt Radschuhsäule bei Friedenfels
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Radschuhsäule bei Friedenfels

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Dieses interessante Kleindenkmal, das nicht unter Denkmalschutz zu stehen scheint(?), wird in einem kurzen Aufsatz beschrieben:

Gerhard Zückert: Ein Verkehrszeichen aus dem vorigen Jahrhundert. In: Heimatkundlicher Arbeitskreis im Oberpfälzer-Wald-Verein (Hrsg.): Oberpfälzer Heimat. Band 18. Weiden 1974, S. 7–8.

Der Text sei folgendermaßen zu verstehen:

Wer in diesen Bergabgängen ohne Radschuh [fährt] oder gar nicht einsperrt, zahlt 6 Gulden Strafe

(Ja, „Bergabgänge“ mit „g“.)

Dort wird die Wirkungsweise der Radschuhe/Radkufen und des Einsperrens so beschrieben, dass der Wagen dann überhaupt nicht mehr fährt (rollt), sondern den Berg hinunterrutscht wie ein Schlitten. Wenn das richtig ist, könnte man die beiden Verfahren vielleicht auch hier im Artikel noch genauer/konkreter beschreiben.

Zückert datiert die (im Querschnitt allerdings viereckige) „Säule“ anhand der Buchstabenform versuchsweise in die 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die angegebene Geldbuße von 6 Gulden sei ziemlich happig gewesen. Für einen Taglöhner habe sie 1835 einem halben Monat Arbeit entsprochen. (Ich vermute, ein Fuhrmann dürfte mehr verdient haben als ein Taglöhner. Aber Zückert nennt nur diese eine Vergleichsangabe.) -- Martinus KE (Diskussion) 20:47, 18. Mär. 2023 (CET)Beantworten

Besten Dank, @Martinus KE, für den Hinweis! Ich habe die Wirkungsweise deshalb noch nicht näher beschrieben, weil ich diesen Vorgang selber noch nie gesehen habe und auch nirgendwo genau beschrieben fand. Kannst du mir die beiden Seiten 7+8 irgendwie zukommen lassen?
In der Inschrift steht übrigens doch „Bergabhänge“ (und nicht „Bergabgänge“), wie man auf den Fotos schön sehen kann (auch wenn sich die beiden Buchstaben in der gewählten Inschriftenart durchaus ähnlich sind). Die weitere unten stehende Worte "ohne", "schuh" und "zahlt" zeigen, dass es sich um ein h handelt. --Dieringer63 (Diskussion) 21:01, 30. Mär. 2023 (CEST)Beantworten
Ja, Dieringer63, das kann ich gern tun. Ich werde das Buch zwar nicht auf den Scanner drücken, aber Digitalfotos (mit etwas bescheidenerer Bildqualität) werden es für diesen Zweck wohl ebenfalls tun.
Um Dir eine E-Mail mit Attachments schicken zu können, benötige ich allerdings eine E-Mail-Adresse von Dir. Am einfachsten schickst Du mir eine Wiki-Mail (Spezial:E-Mail senden/Martinus KE). Dann kann ich darauf antworten ... und keiner muss hier seine Adresse öffentlich machen. -- Martinus KE (Diskussion) 22:24, 30. Mär. 2023 (CEST)Beantworten
@Dieringer63: Jetzt will ich doch noch einmal auf die technische Seite zurückkommen. Weil ich in dem Text von Zückert eine Formulierung, die Du wörtlich in den Artikel übernommen hast:
Der Radschuh oder Hemmschuh war eine Art Schlittenkufe, die unter einem Wagenrad befestigt wurde, ...
... beim Wiederlesen versehentlich anders betonte:
Der Radschuh oder Hemmschuh war eine Art Schlittenkufe, die unter einem (1) Wagenrad befestigt wurde, ...
... kam ich ins Grübeln. Lässt sich ein auf diese Weise einseitig beeinträchtigter Wagen überhaupt noch richtig lenken? Oder zieht diese Einseitigkeit das Gefährt zwangsläufig in den Straßengraben?
Dazu scheint es unterschiedliche Auffassungen zu geben. In einem Buch ist tatsächlich von "den Hinterrädern" (also offenbar von beiden) die Rede:
Ulrich Troitzsch: Technischer Wandel in Staat und Gesellschaft zwischen 1600 und 1750. In: Wolfgang König (Hrsg.): Propyläen-Technikgeschichte. Unveränderte Neuausgabe der 1991 erschienenen Originalausgabe. Band 3: Mechanisierung und Maschinisierung – 1600 bis 1840. Propyläen-Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-549-05634-6, S. 9–267, hier S. 115: „Das Bremsen der schweren Wagen erfolgte auch weiterhin durch Stillegung der Hinterräder mit Ketten, durchgesteckten Stangen oder mit vorgelegten Hemmschuhen, so daß es zu einem Gleiten der Räder und damit zu einem hohen Reibungswiderstand kam.“
Andererseits heißt es hierzuwiki im Artikel Hemmschuh#Hemmschuhe bei Pferdefuhrwerken:
Hemmschuhe wurden früher bei von pferdebespannten Fuhrwerken auf Gefällestrecken verwendet. Da die Bremswirkung der damals üblichen Schleifbremsen wie auch die Bodenhaftung der eisenbereiften Wagenräder nicht ausreichte, um den Wagen auf langen Steilstrecken ausreichend zu bremsen, legten die Kutscher einen an der Achse oder dem Langbaum des Fuhrwerks befestigten Hemmschuh vor das rechte Hinterrad, um das Gespann zu bremsen. Die rechte Seite wurde gewählt, um dem rechts sitzenden Kutscher einen Blick auf den Radschuh zu ermöglichen, das unbeschuhte linke Hinterrad sorgt für die Spurführung des Wagens auf der Straße. Dazu muss das Gespann vor dem Gefälle anhalten, dann wird der Hemmschuh vor das rechte Hinterrad gelegt und mit der Kette mit dem Wagen verbunden. Durch Vorziehen rollt dieses Rad auf den Hemmschuh, wobei sich die Kette strafft (und in der Folge den Hemmschuh unter dem Rad hält und das Überlaufen verhindert) und der dann einzusteckende Bolzen verhindert, dass der Hemmschuh seitlich wegkippt und damit unwirksam wird. Das betreffende Rad rollt mit untergebauten Hemmschuh nicht mehr, sondern rutscht mit dem Hemmschuh über den Weg.
Oder waren zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Verfahren üblich?
Die Beschreibung der Wegsäule bei Friedenfels ist natürlich nicht der Ort, solche Nüsse zu knacken. Aber vielleicht interessiert Dich der technische Hintergrund der Angelegenheit ja weiterhin ... -- Martinus KE (Diskussion) 20:40, 24. Apr. 2023 (CEST)Beantworten
Besten Dank @Martinus KE für die aufschlussreichen Erläuterungen. Soeben habe ich im Artikel beim Bremsvorgang auf Hemmschuh#Hemmschuhe bei Pferdefuhrwerken verlinkt.
Der Satz in der Propyläen-Technikgeschichte lässt mit der Mehrzahl-Formulierung "der schweren Wagen" meiner Meinung nach offen, ob ein oder zwei Hinterräder eines Wagens (mit Stangen/Ketten) gesperrt oder (mit Radschuh) gehemmt wurden. Vielleicht wurden auch immer BEIDE Hinterräder GESPERRT, aber mittels Radschuh nur EIN Hinterrad GEHEMMT? (so könnte auch der Satz "Wer in diesen Bergabhängen ohne Radschuh oder gar nicht einsperrt" auf der Radschuhsäule bei Friedenfels interpretiert werden). Oder es waren zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Regionen unterschiedliche Verfahren üblich? Wikipedia bleibt immer spannend ... :-) --Dieringer63 (Diskussion) 22:20, 24. Apr. 2023 (CEST)Beantworten
Genau: spannend und bereichernd. Mit Bremsentechnologie (egal ob Auto, Zug oder Pferdefuhrwerk) hatte ich kaum je einmal zu tun. Am ehesten noch am Fahrrad. Aber so ein kurioses Kleindenkmal bringt einen plötzlich darauf, wenn man sich mit dessen Inschrift befasst. – Ich habe keine "Lieblingstheorie", wie die widersprüchlichen Beschreibungen sich erklären lassen. -- Martinus KE (Diskussion) 22:32, 24. Apr. 2023 (CEST)Beantworten