Diskussion:Historische Jesusforschung
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unnötiger POV als Wertung bei den Radikalen
[Quelltext bearbeiten]WP soll abbilden, nicht werten und es reicht, die Radikalen aufzuzählen, man muß nicht seinen POV-Senf dazutun wie hier:
"Der meisten Argumente haben sich jedoch inzwischen relativiert. Das Vertrauen in einen historischen Kernbestand der Logienüberlieferung ist gerade durch die Fortschritte der außerchristlichen sozialgeschichtlichen und judaistischen Forschung gewachsen. Die Tatsache, dass schon die frühesten Überlieferungsschichten ein eschatologisches Verkündigungsinteresse zeigen, wird heute eher als Wirkung des historischen Jesus gesehen."
was soll also diese parteische Bemerkung, daß das Vertrauen gewachsen sei? WP ist kein Bibelkreis. --217.229.62.117 18:29, 29. Aug. 2017 (CEST)
- Artikel lautet "Historische Jesusforschung". Daher wird natürlich der aktuelle Forschungsstand dargestellt. Forscher, die frühere Positionen von "Radikalen" heute zurückweisen, sind kein Bibelkreis. Beleg steht ja da. Kopilot (Diskussion) 20:10, 29. Aug. 2017 (CEST)
Fortschreibung des Wikipedia-Artikels
[Quelltext bearbeiten]Liebe Wikipedianer, ich habe euren gut geschriebenen Artikel mit großem Interesse gelesen, habe aber festgestellt, dass er nicht ganz „up to date“ ist. So fehlen nach 2005 zwei neuere Bücher, die interessante Aspekte zur „Leben-Jesu-Forschung“ beitragen; das eine ist das von Charles Foster, „Die Akte Jesus. Ein Jurist ermittelt in Sachen Auferstehung“ (2006, in deutscher Übersetzung 2008) und das zweite ist das 2018 in 2. Auflage erschienene Buch „Was Sie schon immer über Jesus wissen wollten“ von Wolfgang Martin (1. Aufl. 2017).
Beide Bücher habe ich mit großem Gewinn durchgelesen. Nun habe ich mich mal als Wikipedianer betätigt und versucht, das, was beide Bücher Neues bieten, im Stil Ihres Artikels fortzuschreiben. Sie können ja selbst am besten beurteilen, ob man das so lassen kann. Und hier mein Vorschlag:
2006 unternahm es der britische Jurist, Anwalt und Tiermediziner Charles A. Foster in seinem Buch „Die Akte Jesus. Ein Jurist ermittelt in Sachen Auferstehung“, die im NT postulierte Auferstehung Jesu mit Methoden der Jurisprudenz zu analysieren. Dabei sammelte Foster möglichst unvoreingenommen alle denkbaren Erklärungen für dieses neutestamentliche Postulat (Jesus sei auferstanden) und diskutiert aus dem Blickwinkel eines Anwalts, wie wahrscheinlich die jeweiligen Erklärungen sind.
Darunter erörtert er auch die Möglichkeit einer Betäubung Jesu am Kreuz:
„Was hat dieser mysteriöse ‚Essig’, den man dem Mann zu trinken gibt [Mk 15,36], […], überhaupt zu bedeuten?
Argwöhnische Geister vermuten vielleicht, dass es einen Zusammenhang zwischen dem scheinbaren Tod Jesu und der ihm unmittelbar zuvor verabreichten Substanz geben könnte. […] Im östlichen Mittelmeerraum war Opium bereits seit der Antike bekannt. […] Opium kann oral verabreicht werden, wie es auch noch heute mit Opiaten in der modernen Medizin geschieht. Es ist ein starkes, schnell wirkendes Hypnotikum und Analgetikum. Es senkt die Atemfrequenz, was man wohl zu schätzen wüsste, wenn man seinen Tod vortäuschen müsste. Und seine Halbwertszeit ist relativ kurz, d. h., es wird schnell abgebaut. […] Vielleicht hatte die Eile, Jesus zum Grab zu schaffen, zum Teil eher etwas mit einer pharmakokinetisch begründeten Besorgnis zu tun, er könnte vorzeitig erwachen, als mit einer frommen jüdischen Furcht davor, die Sabbatruhe zu stören.“[40]
Unabhängig von Foster geht auch der studierte Germanist und Geograf Wolfgang Martin in seinem 2017 erschienenen Buch „Was Sie schon immer über Jesus wissen wollten“ (2., erweiterte Auflage 2018) davon aus, dass Jesus am Kreuz nach seinem Ausruf: „Eloi, Eloi, lema sabachtani?“, ein starkes, rasch wirkendes Narkotikum verabreicht wurde [Mk 15,36]. Als „Täter“ identifiziert er Nazoräer, also Mitglieder des Jüngerkreises um Johannes. Dabei geht Martin nach Hartmut Stegemann davon aus, dass sich Jesus nicht nur von Johannes taufen ließ, sondern dass er sich aktiv in dessen Jüngerkreis als Nazoräer betätigte.[41] Nach der Verhaftung ihres Meisters sei es im verwaisten Jüngerkreis zu Meinungsverschiedenheiten darüber gekommen, wie diese Verhaftung auf dem Hintergrund des von Johannes verkündeten unmittelbar bevorstehenden Kommen Gottes und seines Reiches zu deuten sei. Dabei habe Jesus zum einen offenbar die Ansicht vertreten, mit der Verhaftung ihres Meisters sei das von diesem angekündigte Reich Gottes nun tatsächlich da [Mt 12,28], zum anderen muss er die Gottesknechtstelle bei Jesaja 52,13-53,12 so verstanden haben, als fordere Gott vor seinem leibhaftigen Kommen noch die Opferung eines „Gottesknechts“ als Sühne für die Sünden seines auserwählten Volkes. Mit dieser letzten Ansicht sei Jesus offenbar auf entschiedenen Widerspruch seitens seiner Mit-Nazoräer gestoßen. Jesus habe sich aber so in diese Ansicht verrannt, dass er schließlich den Jüngerkreis verlassen habe mit der Maßgabe, wenn kein Gottesknecht in Sicht sei, dann werde eben er diese Rolle übernehmen und sich nach der Verkündung des Evangeliums auch in Galiläa schließlich in Jerusalem kreuzigen lassen. Damit erfülle er die Forderung Gottes und löse zugleich Gottes personales Erscheinen in seinem bereits angebrochenen Reich aus.
Dass Jesus nach seiner Rückkehr nach Galiläa mit Leuten aus seinem galiläischen Freundes- und Bekanntenkreis das Evangelium auch in Galiläa bzw. Nordpalästina verkündet und nicht mit Mit-Nazoräern, sei, so Martin, ein untrügliches Indiz für das Zerwürfnis in Betanien, der Taufstelle von Johannes. Offenbar kamen aber seine nazoräischen Genossen zu dem Schluss, man müsse Jesus, wenn er denn tatsächlich mit seinem selbstmörderischen Unterfangen ernst mache, irgendwie retten.
Nach seiner Evangeliumsverkündigungstour im Norden zusammen mit zwölf Helfern sei Jesus mit diesen zum Pessachfest nach Jerusalem gezogen und habe dort durch gezielte Provokationen des Tempel-Establishments seine Hinrichtung am Kreuz erreicht. Dabei sei Jesus offenbar davon ausgegangen, dass Gott ihn nach erfolgter Kreuzigung als Messias vom Kreuz herabsteigen und die vierzigjährige Endzeit eröffnen lasse. Als das nicht geschehen sei, habe er in seiner Verzweiflung „Eloi, Eloi, lema sabachtani?“ gerufen, was für Nazoräer unter dem Kreuz ein klares Indiz dafür gewesen sei, dass Jesus sich geirrt habe. Sie hätten ihm einen mit einem Narkotikum getränkten Schwamm gereicht und Jesus habe das Bewusstsein verloren (Mk 15,35-37). In diesem Zustand hätten sie ihn anschließend in ein Grab geschafft und wiederbelebt. Jesus habe seine Errettung als Tat Gottes interpretiert, welcher ihm wohl doch die Rolle des Messias zugedacht habe. Die Nazoräer seien nun natürlich darauf bedacht gewesen, dass der hingerichtete Jesus untertaucht, dieser habe vorher aber noch von seinen Jüngern Abschied nehmen wollen. Dabei sei bei diesen der Eindruck entstanden, Jesus sei von den Toten auferstanden. Jesus habe sich schließlich von ihnen verabschiedet mit der Maßgabe, er werde sehr bald „mit den Wolken des Himmels an der Seite der Macht“ zu ihnen zurückkommen und mit ihnen den vierzigjährigen Endkampf eröffnen (s. „Geburtswehen des Messias“). Mit den die Rückkehr Jesu erwartenden Jüngern habe faktisch das Christentum begonnen.
Habe man diese Ereignisse erst einmal verstanden, so lasse sich die Frage, welche Lehre Jesus verkündet habe, klar beantworten: Zum einen habe Jesus mit der Verkündigung des Evangeliums im Norden nichts anderes getan, als das Werk des Johannes mit anderen Mitteln zu Ende geführt. Spezifisch jesuanisch sei seine Ansicht gewesen, das Reich Gottes sei mit der Verhaftung des Johannes bereits präsent und jeder, der unbeirrbar an Gottes Gegenwart und dessen Wirkmächtigkeit glaube, könne alles bewirken (Mk 9,23; Mk 11,22-24).
Welchen Sinn hätte, so fragt Martin, eine neue Ethik gehabt, wenn das Reich Gottes bereits angebrochen war und Gottes Kommen unmittelbar bevorstand?
Nicht Jesus habe neue ethische Maximen verkündet, sondern der Verfasser des Matthäus-Evangeliums, nicht Jesus habe die Bergpredigt gehalten, sondern der 50 Jahre nach Jesus schreibende „Bischof“ Matthäus. Matthäus lege damit Jesus all jene ethischen Äußerungen in den Mund, die der Kirche stets dazu gedient habe, das angeblich spezifisch Neue seiner (Jesu) Ethik in Abgrenzung zur jüdischen Ethik hervorzuheben und als Begründung einer neuen Lehre zu deuten. Warum habe Matthäus das getan?
„Mit dieser von ‚Matthäus’ formulierten, angeblich Jesuschen Ethik wirkt er [Matthäus] prägend und stabilisierend auf die frühchristlichen Gemeinden ein. Diese frühchristlichen Gemeinden bemühten sich, mit der Gestaltung ihres Gemeindelebens und dem Verhalten der einzelnen Gemeindemitglieder jenen Zustand bereits vorwegzunehmen, wie sie ihn für das bald kommende Reich Gottes erwarteten. Privatbesitz, Streben nach Reichtum oder finanzieller Sicherheit, Ausbeutung anderer Menschen, Neid, Missgunst usw. verloren angesichts des in Kürze kommenden Paradieses – denn nichts anderes war das Reich Gottes – jeden Sinn, ja bewirkten, dass Gott uns nicht in dieses Paradies lassen würde.
An diesen Verhältnissen, besonders der Naherwartung des Reiches Gottes, und den Bedürfnissen der Gemeindemitglieder orientieren sich die ethischen Maximen, die ‚Matthäus’ Jesus sagen lässt. Sie waren für die kurze Zeitspanne bis zum Beginn des Endgerichts gedacht und sollten dazu führen, dass diejenigen, die sie befolgten, also die christlichen Gemeindemitglieder, auch wirklich in Gottes Reich aufgenommen werden würden; sie waren nicht dazu gedacht, einer Weltreligion für einen Zeitraum von (bisher) 2000 Jahren als ethische Grundlage zu dienen.“[42]
Indem Matthäus Jesus seine eigenen ethischen Maximen in den Mund legte, habe er dessen Intention umgedeutet: Matthäus mache so „aus Jesus einen Wanderprediger, dessen Ziel es gewesen sei, diese (seine) ‚neue’ Endzeit-Ethik seinen Mitjuden zu verkünden, und der gemeinerweise von den missgünstigen und neidischen Hohenpriestern und Pharisäern durch seine Hinrichtung in Jerusalem – die sie betrieben hätten – gestoppt wurde (wer weiß, vielleicht hätte er sonst doch noch alle Juden auf seine Seite gebracht…).“[43]
Einzelnachweise:
40. Foster, Charles: Die Akte Jesus. Ein Jurist ermittelt in Sachen Auferstehung. München: Pattloch, 2008, S. 73
41. Stegemann, Hartmut: Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus. Freiburg, Basel, Wien: Herder Verlag, 1993, S. 303
42. Martin, Wolfgang: Was Sie schon immer über Jesus wissen wollten. 2., erweiterte Auflage. Berlin: Martin, Wolfgang, 2018, S. 78
43. Ebenda, S. 77 --Grummelshausen (Diskussion) 11:31, 3. Dez. 2024 (CET)
- Die Auferstehung Jesu Christi hat ein eigenes Lemma, hier offtopic.
- "Was Sie schon immer über Jesus wissen wollten", findet man im Neuen Testament. Solche Populärliteratur weist schon im Buchtitel auf fehlende Seriosität und Wissenschaftlichkeit hin.
- Das Motiv "ich habe da was Interessantes gelesen" ist nicht konform mit den Projektregeln und nicht geeignet, einen an diesen Regeln orientierten Artikel sinnvoll "fortzuschreiben". EinBeitrag (Diskussion) 19:31, 4. Dez. 2024 (CET)
- Zur ersten Zeile: Lieber Herr „EinBeitrag“, Ihre Anregung, meinen Beitrag (auch) auf der Diskussionsseite des Wikipedia-Artikels „Auferstehung Jesu Christi“ einzubringen, fand ich gut; das habe ich inzwischen getan.
- Zur zweiten Zeile: Dass man das Buch von Martin auch im Neuen Testament findet, wusste ich nicht, das ist mir neu. „Solche“ (Solche!) „Populärliteratur“ (!) mit solchen Buchtiteln (igitt!) würden Sie noch nicht einmal anfassen, geschweige denn lesen. Verstehe.
- Zur vierten Zeile: Ich wusste nicht, dass interessante Bücher bei Wikipedia „nicht konform mit den Projektregeln“ sind. Sollte ich mal wieder ein uninteressantes Buch zu dieser Thematik finden, werde ich Ihnen dann dazu einen „Fortschreibungs“vorschlag zukommen lassen.
- Nun zu der Frage, ob Sie als Enzyklopädist das Buch von Martin bzw. seine Ergebnisse einfach so sang- und klanglos in der Versenkung verschwinden lassen sollten. Dass Ihnen das Buch (ich vermute ungelesen) nicht schmeckt, haben Sie ja in Ihrem Beitrag deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich vermute, dass auch Albert Schweitzer nicht von jedem Buch, über das er in seiner „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“ referiert, begeistert war. Aber Schweitzer war, obwohl er nicht nur Wissenschaftler, sondern auch evangelischer Geistlicher war, dennoch und vor allem stets dem Wissenschaftsethos der unbedingten Wahrhaftigkeit und größtmöglichen Objektivität verpflichtet. Da Sie, Herr „EinBeitrag“, offenbar den Wikipedia-Artikel „Historische Jesusforschung“ federführend betreuen, stehen Sie damit – ob Ihnen das passt oder nicht – in der Tradition Albert Schweitzers und sollten also auch demselben Wissenschaftsethos verpflichtet sein.
- Nun zur Frage, ob es das Buch von Martin verdient, in dem Wikipedia-Artikel genannt zu werden oder gar seinen Beitrag zur Leben-Jesu-Forschung so sachlich und so objektiv wie möglich darzustellen. Das wäre doch wohl dann der Fall, wenn er in seinem Buch Ergebnisse präsentierte, zu denen so vor ihm noch keiner vorgestoßen wäre, die aber so plausibel und in sich schlüssig wären, dass es die intellektuelle Redlichkeit gebieten würde, diese als nicht unwichtigen Beitrag zur Leben-Jesu-Forschung in den Wikipedia-Lexikonartikel aufzunehmen. Sind wir bis hierher einer Meinung, Herr „EinBeitrag“? Dann lassen Sie uns nun prüfen, ob es die martinschen Ergebnisse verdienten, im Wikipedia-Artikel zur Darstellung zu kommen.
- Praktisch alle Einzelfakten, die Martin in seinem Buch anführt, sind nicht neu, wurden vor ihm bereits von anderen Autoren eruiert: Schon Karl Friedrich Bahrdt (1740-1792) geht in seiner romanhaften Darstellung des Lebens Jesu davon aus, dass Jesus vor seiner Verhaftung und Kreuzigung unter Drogen gesetzt wurde (Schweitzer, GdLJF, S. 83), und dieser Verdacht, dass Jesus mit dem Schwamm ein Narkotikum verabreicht wurde (Mk 15,36), wurde bis heute immer wieder geäußert (s. z. B. Foster) und selbst die Kirche sah hier ein Problem, das einer Erklärung bedürfe. Worin besteht das Problem? Ganz einfach darin, dass es extrem unwahrscheinlich ist, dass einer, der gerade einmal sechs (halachische) Stunden am Kreuz hing, deswegen stirbt. Das kam schon Pilatus merkwürdig vor (Mk 15,44) und auch die Kirche sah hier Handlungsbedarf: Dass Jesus schon nach sechs Stunden am Kreuz starb, wird dann umso wahrscheinlicher, je geschwächter er bereits war, als die Kreuzigung begann. Also lässt die Kirche Jesus vom römischen Hinrichtungskommando dermaßen fertig machen, dass er noch nicht einmal mehr den Kreuzigungsbalken zur Hinrichtungsstätte tragen konnte. Dann waren die sechs Stunden am Kreuz einfach nur der Tropfen, der noch zum Tod von Jesus fehlte.
- Klingt nun plausibel, deckt sich aber leider nicht mit der Darstellung bei Markus. Man muss hier wirklich die römischen Soldaten vor der üblen Nachrede der Kirche in Schutz nehmen; sie waren bei Jesus nicht die entmenschten Sadisten, die mit ihrer Geißelung erst dann ruhten, als Jesus völlig zerfleischt und schon halbtot am Boden lag. Nach Markus war dieser Jesus für sie kein gefährlicher Verbrecher oder sonst irgendwie hassenswert – dieser Jesus war für sie einfach ein armer Irrer, mit dem sie dann auch ihren Spaß hatten. Markus berichtet nicht über sadistische Geißelungen und riesige Nägel, die die Soldaten Jesus angeblich ins Fleisch getrieben hätten – was er berichtet, ist der „Joke“, den sich die Soldaten mit Jesus machten. Sie waren Jesus in keiner Weise böse oder hatten persönlich etwas gegen ihn und deswegen spielen sie eher gut gelaunt mit diesem schrägen Vogel (Mk 15,17-19): „Dann legten sie ihm [Jesus] einen Purpurmantel um und flochten einen Dornenkranz; den setzten sie ihm auf [= Krone!] und grüßten ihn: Heil dir, König der Juden!“ Ja, sie „knieten vor ihm nieder und huldigten ihm.“
- Was haben sie gelacht! So haben sie sich schon lange nicht mehr amüsiert. Dass sie zugleich auch grobes Soldatenvolk waren, zeigt, dass sie ihm mit einem Stock auf den Kopf schlugen und ihn anspuckten. Es ist zu vermuten, dass selbst die Dornenkrone nicht der Dornen wegen (und damit der Schmerzen wegen, die sie zufügen konnten) gewählt wurde; Soldaten flochten aus herumliegendem Buschwerk einen Reif, und die Büsche in dieser Weltgegend tragen nun einmal häufig Dornen.
- Und dass Jesus den Kreuzigungsbalken nicht tragen konnte, lag schlicht und einfach daran, dass Jesus Angst hatte, Todesangst. Die zeigte sich bereits im Garten Getsemani (Mk 14,33/4) und diese Todesangst hatte er wieder, als sich der Kreuzigungszug in Bewegung setzte; Jesus hat vor Angst dermaßen gezittert, dass es ihm unmöglich war, den Balken auch nur zu halten. Dieses Angstzittern, die Mediziner nennen es Tremor, ist eine völlig natürliche körperliche Erscheinung bei extremer Angst. Was also sollte das römische Exekutionskommando tun? Sie verpflichten einen, der gerade vorbeikommt, für Jesus den Balken zu tragen (Mk 15,21). Jesus wird sicherlich am Kreuz eine zeitlang gebraucht haben, um dieses Angstzittern in den Griff zu bekommen. So lässt sich also sagen, dass die kirchliche Darstellung, Jesus sei schon halbtot gewesen, als man ihn ans Kreuz hängte, unzutreffend ist. Damit ist das Problem wieder da, dass Jesus bereits nach sechs Stunden am Kreuz gestorben sein soll, und damit rückt auch wieder seine Betäubung mit einem präparierten Schwamm in den Bereich des Möglichen, wenn nicht gar des Wahrscheinlichen. Aber wie gesagt: Martin ist nicht der erste Autor, der diese Möglichkeit in Betracht zieht.
- Geht man von dieser Annahme aus, ergibt sich zwangsläufig das nächste Problem: Wer waren denn diejenigen, die Jesus den präparierten Schwamm gereicht haben (Mk 15,36)? Essener? Jünger Jesu? Prüfte man diese Anwärter näher, so erwiese es sich nicht nur als wenig wahrscheinlich, sondern man verstrickte sich auch in Widersprüche, die sich nicht auflösen lassen. Jesus war kein Essener und die Essener hatten ein Messiasbild – nachlesbar in den Qumran-Schriften –, das so gar nicht mit einem Jesus vereinbar war. Welches Motiv sollten sie also gehabt haben, Jesus mit solch einer gewagten Aktion zu retten? Die Jünger Jesu sind schon bei der Verhaftung Jesu davongelaufen und da sollten sie plötzlich den Mut haben, unter den Augen des römischen Hinrichtungskommandos ein solches Husarenstückchen zu wagen (dazu noch ohne die Geldmittel, um die römischen Soldaten nicht so genau hinsehen zu lassen)? Während der ganzen Zeit der Leben-Jesu-Forschung lief man also bei der Suche nach den Hintermännern ins Leere und so blieb auch die Vermutung, Jesus sei mittels eines präparierten Schwammes betäubt worden, im Bereich der wenig wahrscheinlichen Spekulationen.
- Das änderte sich erst mit Hartmut Stegemanns Buch „Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus“. Jesus wird im Neuen Testament öfter als Nazoräer bezeichnet. Hartmut Stegemann wies nun in seinem Buch darauf hin, dass diese Bezeichnung gar nicht Jesu vermeintliche Herkunft aus Nazaret meint, sondern seine Zugehörigkeit zum Jüngerkreis um Johannes den Täufer: „Wegen dieser Bedeutsamkeit seiner Taufe [Gewähr der Sündenvergebung durch Gott im Endgericht] haben zeitgenössische Juden den Johannes und seine Anhänger etwas spöttisch ‚die Bewahrer’ [die dich davor bewahren, im Endgericht von Gott verworfen zu werden] genannt, aramäisch n a z r é n oder – mit Artikel – n a z r á j j a, in griechischer Wiedergabe n a z a r e n o í bzw. n a z o r a i o i. Zur besseren Unterscheidung von vielen Gleichnamigen wurde deshalb Jesus ‚der Nazarener’ […] bzw. der ‚Nazoräer’ […] genannt, was ursprünglich gar nicht seine Herkunft ‚aus Nazaret’ meinte […], sondern seine Herkunft aus dem Täuferkreis oder seine Zugehörigkeit zu diesem.“ (S. 303)
- Damit war klar: Jesus war dem Jüngerkreis um Johannes den Täufer zuzuordnen; Jesus hat sich also nicht nur von Johannes taufen lassen, sondern er hat diesem in Betanien, dem Wirkungsort von Johannes dem Täufer, zusammen mit anderen Jüngern assistierend zur Seite gestanden; es bestand somit ein Schüler-Meister-Verhältnis zwischen Jesus und Johannes.
- Die Gruppe war nun gefunden, welche die „Auferstehung“ Jesu bewerkstelligt haben konnte, und nun hätte es nur noch gegolten, die tatsächlichen Zusammenhänge und Hintergründe der damaligen Ereignisse um Kreuzigung, „Tod“ und „Auferstehung“ Jesu zu rekonstruieren. Aber die deutsche Theologenzunft zog es vor, das Buch von Hartmut Stegemann weitgehend unbeachtet zu lassen, geschweige denn, die logischen Schlüsse aus Stegemanns Feststellung zu ziehen. Man tat einfach so, als wäre nichts gewesen – theologisches Business as usual. Es war schließlich Martin, der die tatsächlichen Zusammenhänge und Hintergründe rekonstruierte und sein Sachbuch 2017/8 der Öffentlichkeit präsentierte – aber die theologische Öffentlichkeit nahm das nicht wahr.
- Das Neue der martinschen Publikation ist nicht die Darstellung der einzelnen Forschungsergebnisse vieler Wissenschaftler, sondern das richtige Zusammenfügen dieser Ergebnisse zu einem Gesamtbild, das die damaligen Vorgänge wahrscheinlicher werden lässt als die Annahme der Wiederauferstehung einer drei Tage alten Leiche.
- Auf einer Internetseite wird Martins Verlagskommentar zitiert: „Hier gelingt es zum ersten Mal, alle Puzzleteile zu einem stimmigen Gesamtbild der Persönlichkeit Jesu zusammenzusetzen und die Ereignisse, die schließlich in seine Kreuzigung mündeten, verständlich und plausibel darzustellen. Auf der Basis des ältesten, des ‚Markus’-Evangeliums und grundlegender Forschungsergebnisse namhafter Autoren werden biografische Fakten, werden u. a. seine ‚neue Lehre’, seine Motive, sein Scheitern und seine ‚Auferstehung’ allgemeinverständlich geschildert.“ (https://www.amazon.nl/-/en/Wolfgang-Martin/dp/3000586997 (8.12.24, 11.23 Uhr)
- Es ist nun an Ihnen, Herr „EinBeitrag“, weiterhin geringschätzig vom hohen Ross auf „solche Populärliteratur“ ohne „Seriosität und Wissenschaftlichkeit“ herabzuschauen. Und noch das letzte Wort für die gut dotierten deutschen Hoftheologen: Ein Albert Schweitzer, eine Uta Ranke-Heinemann und ein Gerd Lüdemann werden hoffentlich reichen, damit Gott am Jüngsten Tag das deutsche Theologen-Sodom-und-Gomorrha verschonen wird. --Grummelshausen (Diskussion) 15:36, 8. Dez. 2024 (CET)