Diskussion:Hochpreußisch

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Letzter Kommentar: vor 7 Jahren von Mazankius in Abschnitt Hochpreußisch?
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Ermländer in Heckenbach/Eifel

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Die Quelle war zu lang für die Zusammenfassung:

Langec 16:46, 13. Aug. 2010 (CEST)Beantworten

Unterteilung

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Peter Ernst und Franz Patocka [Hrsg.]: Deutsche Sprache in Raum und Zeit; Wien: Edition Praesens, 1998; S. 169 Unterteilt das Hochpreußische in das Ermländische, das Oberländische und das Rosenbergische. Daher sollte der Artikel dem angepasst werden.Sarcelles 21:14, 28. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Meines Wissens handelt es sich bei diesem Werk um eine Aufsatzsammlung. Auf welchen Aufsatz geht diese Unterteilung zurück?--Mazankius 08:46, 29. Apr. 2011 (CEST)Beantworten
Aleksander Szulc: Nachträgliches zu Forschungsgeschichte und Lautlehre des Hochpreußischen. Sarcelles 17:51, 29. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Gut. Da damit bislang etablierte Fachbegriffe umgeworfen werden, gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens, Szulc' Einteilung wird als Alternative (bislang repräsentiert er für mich eine Minderheitenmeinung, aber ich lasse mich gerne belehren) im Text ergänzt; zweitens (und das halte ich für entscheidender), müssen dann Szulc' linguistische Argumente für eine Dreiteilung des Dialektgebietes benannt werden. Ich habe dem Artikel einige Isoglossenkarten aus dem Deutschen Sprachatlas hinzugefügt, die eine Zweiteilung des Dialektgebietes gut belegen, aber für eine nochmalige Unterteilung des Oberländischen in zwei Teilgebiete (offensichtlich doch in Ost-West-Orientierung?) keine Anhaltspunkte bieten. Eigentlich müsste das Rosenbergsche linguistische Alleinstellungsmerkmale haben, die es gleichberechtigt neben die anderen Unterdialekte stellen. Dann scheint es mir eher nachvollziehbar, das Oberländische nochmals in einen Nordteil und einen Südteil aufzugliedern, weil der Nordteil öfter mit dem Breslauschen (oder meinetwegen Ermländischen) zusammenging (die Karten müsste ich aber erst suchen). Und: Nix für ungut für meine Reverts in en:WP und nl:WP, aber mir ging das alles zu schnell. --Mazankius 18:56, 29. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Auf Seite 168 steht Kuck untersuchte auch noch das Oberländische auf die Abweichungen vom Ermländischen hin.5 Im gegensatz zu Stuhrmann unterschied er im Oberländischen zwei Unterdialekte: Das eigentliche Oberländische und das Rosenbergische im Kreis Rosenberg (heute Susz). ... Kuck untersuchte anfangs der 20er Jahre vor allem das niederdeutsch-hochdeutsche Grenzgebiet im Raume Bischofstein (Biskupiec), Bartenstein (Bartoszyce), Mehlsack (Pieniężno), Wormditt (Orenta), Seeburg (Jeziorany), also um Heilsberg (Lidzbark) herum. Einige Jahre später untersuchte er noch eingehend den entgegengesetzten Zipfel des Hochpreußischen, nämlich das Rosenbergische. Sarcelles 20:36, 1. Mai 2011 (CEST)Beantworten

Demnach muss der Artikel nicht völlig neu geschrieben werden. Mein Vorschlag:

  • Unter "Oberländisch" einen Unterpunkt (mit ===) einfügen, der z. B. "Weitere Unterteilungen" oder ähnlich genannt werden könnte. Dort könnte z. B. stehen:

Nach Stuhrmann und Ziesemer bildete das Oberländische einen einheitlichen Unterdialekt, der sich bis zur Benrather Linie an der Weichselniederung erstreckte. Nach Kuck und zuletzt Szulc war im Bereich des ehemaligen Kreises Rosenberg ein besonderer Unterdialekt des Hochpreußischen auszumachen [ich ergänze sinngemäß: "uneigentliches Oberländisch"], den sie Rosenbergisch nannten.

Fernerhin sollte ergänzt werden, durch welche sprachlichen Merkmale sich das Rosenbergische vom eigentlichen Oberländischen unterschied.

  • Unter "Breslausch" müsste in irgendeiner geeigneten Form ergänzt werden, dass einige Forscher für diesen Unterdialekt den Ausdruck Ermländisch bevorzugten. An diesem Begriff haben sich in der Wikipedia schon viele Benutzer abgearbeitet (siehe die Disk und die Versionsgeschichte dort) und dabei nicht selten völlig unsachliche Theoriefindung betrieben. Ich persönlich halte den Begriff Ermländisch auch für problematisch, aber die genannten Wissenschaftler scheinen diese Probleme ja nicht gehabt zu haben.

Grundsätzlich wäre ich bereit, den Artikel nach obigem Muster abzuändern und dabei auch noch stärker auf die verschiedenen Schibboleths einzugehen. Voraussetzung dafür ist aber, dass ich nachvollziehbare sprachliche Gründe für ein besonderes Rosenbergisch geliefert bekomme. (Ein bloßes Autoritätsargument reicht mir also nicht.) Sollte das nicht möglich sein, müsstest du den Artikel stimmig abändern und diese Version ggfs. verteidigen.--Mazankius 08:12, 2. Mai 2011 (CEST)Beantworten

Breslausch

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Zitat: "Die Entwicklung des ermländischen Dialekts begann zunächst mit der Überlagerung der prußischen Sprache durch slawische Dialekte der böhmischen Einwanderer, die mit Bischof Hermann von Prag (1138-49) einwanderten. Diese Sprache wurde später durch die schlesischen Dialekte der Siedler aus dem Herzogtum Breslau, die seit dem 14. Jahrhundert im mittleren Teil des Ermlands angesiedelt wurden, absorbiert."

An diesem Abschnitt stimmt einiges nicht, anderes erscheint mir höchst zweifelhaft.

1. Hermann von Prag regierte, wie jedermann weiss, 1338-1349. Und somit nach dem schlesischen Bischof Eberhard von Neisse, der die schlesischen Siedler ins Land geholt hatte.

2. Lese ich hier zum ersten mal, dass diese böhmischen Einwanderer Slawen, also Tschechen gewesen sein sollen. Gibt es hierfür irgendeinen Beleg oder hat sich das jemand aus dem Finger gesogen? Es gab damals auch Deutsche in Böhmen.

3. Ein Herzogtum Breslau gab es zwar tatsächlich, aber es war winzig und wohl kaum der alleinige Herkunftsort der schlesischen Siedler. Zumal das Hochpreussische eher ans Neiderländisch-Schlesische und ans Nordmeissnische anzuknüpfen ist. Und zumal der Bischof eben aus Neisse war und nicht aus Breslau.

Ich wäre dankbar, wenn man meinen Beitrag nun diskutieren würde, anstatt ihn wieder zu löschen. Danke.

Simon Waldmeier

Lieber Simon Waldmeier, die hinterfragten Informationen gehen größtenteils auf Änderungen zurück, die der Benutzer Kaukas im Artikel Ermländisch eingefügt hatte, und zwar ab dieser Version. Als ich später die Redundanz zwischen den Artikeln Ermländisch und Hochpreußisch abgearbeitet hatte, hatte ich diese Informationen in den neuen Artikel übernommen, weil sie mir halbwegs glaubwürdig erschienen; dennoch hatte ich sie sprachlich und damit inhaltlich etwas abgeändert, damit die Gesamtaussage für mich logischer klang. Tatsächlich beruhen also diese Informationen nicht auf meiner Literaturkenntnis. Der Benutzer Kaukas ist normalerweise recht gewissenhaft und zuverlässig und bestimmt kein Vandale. Sein Interessenschwerpunkt liegt allerdings in der frühen Geschichte Ostpreußens, so wie meiner im Oberland liegt. In Bezug auf das Ermland sind wir also beide bestenfalls "gebildete Laien". Ich kann Deine Kritik zu allen drei Punkten nachvollziehen. Wenn Du "im Stoff drin" sein solltest, wäre es toll, wenn Du diesen Abschnitt abändern würdest. Gruß --Mazankius 08:52, 29. Jun. 2011 (CEST)Beantworten
Ich habe den Artikel unter Berücksichtigung der Kritikpunkte überarbeitet.--Mazankius 09:24, 26. Aug. 2011 (CEST)Beantworten

Hab hier länger nicht mehr reingeschaut. Ein Dankeschön an Mazankius für die Korrektur! Ja ich bin auch nur ein interessierter Laie auf der Suche nach verlässlichen Informationen... Dass es im mittleren Ermland zuerst schlesische und danach böhmisch-mährische Siedler gegeben haben soll, heisst es z.B. auch hier: http://www.ermland-info.de/ermland.htm Die Bischöfe Eberhard von Neisse und Hermann von Prag haben ja am meisten zur Besiedlung beigetragen, von daher hätte es eine gewisse Plausibilität. Nur sprachlich deutet der Dialekt eben nicht auf böhmischen Einfluss. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass später hinzugekommene Siedler sich an die frühere Siedlerschicht assimilierten, wenn sie nicht grad in der Überzahl waren. Für den hochpreussischen Dialekt, und um den geht es ja hier, wäre das dann aber ohne Bedeutung. -- Simon Waldmeier (nicht signierter Beitrag von 178.198.193.191 (Diskussion) 18:06, 17. Sep. 2011 (CEST)) Beantworten

Dein Hinweis zeigt es: Diese moderne Legende von der schlesischen Herkunft der Ermländer ist im heimatkundlichen Schrifttum fest verankert. Dass diese These durch Mitzka 1937 und durch Teßmann 1968 und 1969 widerlegt wurde, wird nicht zur Kenntnis genommen. Sogar auf der Seite Ermland wird diese Behauptung ohne Belege kolportiert. Ich wollte heute sogar schon einen Qualitätssicherungs-Baustein dort einsetzen, aber dann wusste ich nicht, wo ich bei den vielen sprachlichen und sachlichen Mängeln mit dem Begründen hätte anfangen sollen. Vielleicht magst Du ja mal kritisch drüberschauen? Gruß--Mazankius 20:01, 18. Sep. 2011 (CEST)Beantworten
Zur Frage, inwiefern die Siedlungstätigkeit Hermann v. Prags auf böhmische Siedler schliessen lässt, wäre auch zu bedenken, dass selbiger bei der Gründung der Neustadt von Braunsberg offenbar niederdeutsche Siedler angesetzt hat.
Mir stellt sich die Frage, wie der Oberlehrer Lilienthal auf diese Bezeichnung, "Breslausch", gekommen ist. Weiss man dazu näheres? Hat er den Begriff selbst kreiert oder hat er sich im Volk umgehört?
So ganz falsch wird die Annahme schlesischer Siedler wohl nicht sein, so schreiben Werner Besch und Herbert Ernst Wiegand in "Dialektologie: ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung, Band 2", 1983:
"Seine konservativere östliche Erscheinungsform, das sogenannte Breslauische, schließt diachronisch an die Grundlagen des Nordmeißnisch-Obersächsischen und des Neiderländisch-Schlesischen an, hat aber unter dem Einfluß des niederdeutschen Niederpreussischen einige gemein ostmitteldeutsche Wandlungen wie die Verdumpfung von a, die Lösung von o aus der Reihe e-ö-o, die Hebung von ê—ö—ô und einst gesenktem i—ü—ü, die Spaltung von a und den Schwund von intervokalischem g nicht mehr mit vollzogen (vgl. Wiesinger 1971). Jünger ist dagegen der teilweise Ersatz von a, a für ë und ä durch e, e."
(Anmerkung: Leider konnte ich hier die phonetischen Sonderzeichen, welche die Vokale genauer bestimmen, nicht abschreiben, darum bleibt die genaue Aussprache etwas unklar.)
Also muss man auch den Wandel einkalkulieren, den die Mundart in der Stammheimat durchgemacht hat, im Neuland aber nicht.
Oder im Buch "Grenzgänge" von Johannes Grotzky wird Erhard Riemann folgendermassen zitiert:
"Die frühere Vorstellung von einer rein schlesischen Besiedlung, zum mindesten von einer Besiedlung aus dem engeren Umkreis von Breslau, lässt sich heute wohl nicht mehr halten. Die Mundart des Breslauschen zeigt viele Übereinstimmungen mit schlesischer Mundart, aber auch manches, was nicht dazu passt. Walter Mitzka sucht die Herkunft der Siedler nicht in Schlesien, sondern in der Niederlausitz und Niederschlesien. Darauf deuten wortgeographische Gleichungen wie Maache (das Mädchen) und brüh (heiss). Ich selbst bin auf Grund wortgeographischer Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass man die Ausgangslandschaft mittelalterlicher Siedlungsvorgänge und Sprachübertragungen nicht zu eng umgrenzen dürfe und dass man wohl mit stärkerer herkunftsmässiger Mischung der Siedler rechnen müsse. Bei der Herleitung der breslauschen Mundart des Mittel-Ermlandes muss man sich wohl mit der Feststellung begnügen, dass als Ausgangslandschaft sehr weite ostmitteldeutsche Gebiete in Frage kommen, innerhalb derer möglicherweise Niederschlesien und die Niederlausitz Schwerpunkte gebildet haben."
Auch hier also wieder ein Ausgangsgebiet, das Niederschlesien zumindest mitumfasst.
mfg, S. Waldmeier (nicht signierter Beitrag von 213.55.131.108 (Diskussion) 01:54, 26. Sep. 2011 (CEST)) Beantworten


Mir stellt sich die Frage, wie der Oberlehrer Lilienthal auf diese Bezeichnung, "Breslausch", gekommen ist. Weiss man dazu näheres? Hat er den Begriff selbst kreiert oder hat er sich im Volk umgehört?
  • Genau diese Frage haben sich auch Walter Mitzka und Wilhelm Tessmann (ratlos bis hilflos) gestellt. Sie hatten große Zweifel an der Authentizität der Behauptung von Lilienthal. Er selbst äußerte sich dazu ja gar nicht, wie Du vielleicht im Digitalisat nachgelesen hast. Tessmann wusste aus dem Marburger Institut von einem (!) Wenker-Fragebogen, in dem ein Dorfschullehrer angab, der örtliche Dialekt werde "Breslauisch" genannt. Wer sich konkret hinter der passivischen Formulierung verbarg, war Tessmann schleierhaft. Ich halte es für durchaus möglich, dass wir es hier mit einer Art sich selbst erfüllender Prophezeiung zu tun haben. So etwas gibt es sogar noch heute: Warum nennt eine (noch?) kleine Zahl von Menschen die ehemalige Reichautobahn Berlin-Königsberg "Berlinka"? -> weil es so in der Wikipedia steht!
So ganz falsch wird die Annahme schlesischer Siedler wohl nicht sein,...
  • Ich habe noch die beiden Aufsätze von Wilhelm Tessmann in petto, die ich mir antiquarisch besorgt habe. Beide Aufsätze zusammen ergänzen sich zu einer Herkunftshypothese, die über Mitzkas Forschungen deutlich hinausgeht. Kurz gesagt meint er folgendes: Die Urheimat des Kerns der späteren "Hochpreußen" ist im heutigen Hessen zu suchen (Beispiele: Ech sai und Schmand für standarddeutsch Ich bin und Sahne). Das hessische Bergland bot dem Bevölkerungsüberschuss um 1150 keine Ausdehnungsmöglichkeiten und so zog er an die Ostgrenze seines damaligen Territoriums (Landgrafschaft Thüringen). Als erste Zwischenheimat nimmt er das Osterland an, in dem sich auch ein paar Brocken Thüringisch unter das Ganze gemengt haben. Diesen Alt-Osterländischen Mischdialekt nimmt er als quasi Ursprache der Lausitzisch-Schlesischen Dialekte an. Als zweite Zwischenheimat sieht er das Gebiet zwischen der Elbe (um Meißen) und der Lausitz an. Die Parallelen zum Dialekt um Guben erklärt er durch die Wanderroute der Siedler nach Preußen, die zwei Dorfgemeinschaften von dort in sich aufgesogen haben, deren Ortsnamen später in Preußen wieder auftauchen. Aus historischen Gründen hält Tessmann es für wahrscheinlich, dass der Erstbesatz der Stadt Heilsberg und zweier benachbarter Dörfer aus Schlesien direkt stammte, dass aber der Siedlerstrom sofort wieder abebbte, weil die Hauptrichtung schlesischer Kolonisation der Südosten war. Die Masse der ermländischen Siedler stammte aus dem benachbarten Oberland. (Tessmann formuliert übrigens vorsichtiger, als ich es hier tue. Wer sich nicht festlegt, liefert auch keine Angriffsfläche.)
Bei der Herleitung der breslauschen Mundart des Mittel-Ermlandes...
  • Ich erinnere daran, dass das Hochpreußische aus mehr als dem Breslauschen besteht. Aber selbst beim ausführlichen Tessmann kommt die Frage nach dem Dialektunterschied zwischen Breslausch und Oberländisch nur am Rande vor. Er bietet Erklärungen, die ich aber erst zu Thesen destilieren muss.
Gruß --Mazankius 15:21, 26. Sep. 2011 (CEST)Beantworten


Ich glaube, diese Art, die Siedlungsvorgänge zu beschreiben (obwohl mir persönlich sympathisch), kann etwas missverständlich wirken, wenn man es zu wörtlich nimmt. Das würde ja, zugespitzt gesagt, implizieren, dass es eine Art "proto-hochpreussisches" Volk gegeben hat, das auf Wanderschaft ging, vergleichbar mit den Stämmen der Völkerwanderung, oder wie die "Kinder Israels". Meistens sieht man es eher so, dass in Preussen Siedler aus verschiedenen Gegenden weitgehend unabhängig voneinander zusammenkamen, eine Ausgleichsmundart entwickelten, und (auch in Mischung mit den Prussen) erst da zu Preussen wurden. Aber natürlich waren in der Mischung der Siedler manche Herkunftsgegenden häufiger vertreten als andere und prägten somit den Dialekt stärker. Nur in dem Sinn könnte man dann von einer "Urheimat des Kerns" der Siedler sprechen und von "Zwischenheimaten".
Das müsste dann ein eher nordhessischer Kern sein, nehme ich an. Südlicherer hessischer Einfluss zeigt sich ja recht deutlich in gewissen Gegenden der Lausitz und Schlesiens, leicht erkennbar am retroflexen R. Die Ortsnamen bei Glatz deuten auf Siedler aus der Gegend um Vogelsberg und Rhön, und besonders bei Glatz und in Oberschlesien sollen sich Hessen niedergelassen haben.
Meinen Informationen zufolge sind die (mittelalterlichen) Ostmitteldeutschen allgemein eine Mischung aus Elbostfalen, Hessen, Thüringern und Franken vom Unter- und vom Obermain. Unterschiede ergeben sich dann aus den je nach Gegend unterschiedlichen Proportionen dieser "Ingredienzien". Der fränkische Einfluss etwa soll in Schlesien stärker gewesen sein als in Sachsen, aber auch in Sachsen ist er nicht zu vernachlässigen.
@ Mazankius: In dieser zweiten Zwischenheimat nach Tessmann, zwischen Meissen und der Lausitz, soll dann also noch ein schwacher fränkischer Einfluss in diese "proto-hochpreussische" Mischung gekommen sein, sehe ich das richtig?
Gruss, S. Waldmeier (nicht signierter Beitrag von 213.55.131.107 (Diskussion) 17:20, 1. Okt. 2011 (CEST)) Beantworten
Lieber Simon, soweit ich sehe, schreibt Tessmann nichts über einen fränkischen Einfluss in der "zweiten Zwischenheimat". Insbesondere sein Aufsatz von 1968 ist aber wegen fehlender Gliederung schwer lesbar. Sprachliche Argumente (mit langen Belegkolonnen) und historische Argumente wechseln sich ab. Zur Veranschaulichung drucke ich einen Absatz aus den Seiten 8 und 9 seines Aufsatzes von 1968 ab:
Den zeitlichen Verlauf und das Verhältnis der später Hpr. und Oberschles. redenden Mundartträger zu einander darf man sich in der ersten Hälfte des 13. Jhd. vielleicht so vorstellen: Aus der gemeinsamen ersten Zwischenheimat einer aus verschiedenen westmd. Bestandteilen gemischten Siedlerbevölkerung im ostsaalisch-ostländischen Kolonialgebiet zog ein Teil um 1200 und später in das Mittelelbegebiet von Pirna bis Riesa zu beiden Seiten des Stroms. Siedlungsmittelpunkte waren u.a. Meißen, Großenhain - nach ursprünglich slawischer Benennung bis in die Neuzeit: Hayn -, Kamenz. Ein andrer Teil zog zu jener Zeit aus dem ostsaalischen Gebiet unmittelbar nach Oberschlesien westlich und z.T. auch östlich der Oder und ließ sich dort vor allem südlich der Glatzer Neiße nieder. Schon vor diesen Siedlerzügen waren größere Gruppen aus der ostsaalischen Zwischenheimat sehr weit nach Südosten aufgebrochen, zunächst die um 1150 in der neuen Heimat angelangten Siebenbürger Sachsen und weiter die Zipser, die etwa 1180 - 1190 in ihren Sitzen gewesen sein mögen (nach Schwarz). Die zeitweilige Mundartgemeinschaft bzw. -berührung dieser Gruppen muß ziemlich eng gewesen sein, weil das Hpr. ihr einige ziemlich auffällige , auf einen kleinen Kreis beschränkte gemeinsame Züge verdankt. So ist das hpr. eX zai ich bin, wohl auf hessische Mundartsprecher im westmd. Herkunftsland eines Teils der Vorfahren zurückgehend, in der Zips, in Dobschau und in Bistitz im nordsiebenbürgischen Nösnerland wiederzufinden [...]
In seinem Aufsatz von 1969 nennt er konkrete Orte im thüringisch-hessischen Grenzgebiet, die auffallende Gemeinsamkeiten mit den Hochpreußischen hätten: Unterellen, Wünschensuhl, Friedewald, Heimboldshausen, Wölfershausen, Dankmarshausen, Berka. Ferner nördlich Schwarzenborn und bei Kassel. Vom Flußgebiet der mittleren und unteren Werra nach Hessen hin nehmen die Anzeichen ursprünglicher Mundartgemeinschaft ziemlich stark zu [...] Nach SW von Heimboldshausen an der großen Schleife der Werra um den Trieschberg schließen sich nur durch den bewaldeten Bergrücken des Stöckig getrennt, Dörfer des Kr. Hünfeld an, die gleichfalls "fenf" wie das Hpr. haben. Am weitesten nach SW liegt Soisdorf. Im Kr. Hünfeld finden sich in S. und anderen Orten Besonderheiten, die mit dem Br. genau übereinstimmen. [...] (Tessmann 1969, Seite 152f.)
Der Ausdruck "Urheimat des Kerns" stammt also von mir und nicht von Tessmann. Dennoch habe ich ein reines Gewissen, Tessmann auf die von mir gewählten Aussagen einzuschrumpfen, weil er die Versatzstücke selbst liefert, sie aber nicht zu einer Gesamtthese zusammenzimmert. Ich kann mir übrigens vorstellen, dass für Tessmann Völker und Sprachen eine logisch-natürliche Einheit darstellten, vergleiche die Urheimat der Indogermanen, die auf ähnlichen Annahmen beruht. Im Unterschied zu Mitzka nahm Tessmann immerhin ein räumlich viel größeres Herkunftsgebiet der mitteldeutschen Siedler im Preußenland an. Ich möchte Tessmanns Herkunftsthese gerne noch an die Mitzkas anfügen, um ihm aber versehentlich kein Unrecht zu tun, will ich Tessmanns Texte noch mehrmals vorher lesen. Das bedeutet übrigens nicht, dass Tessmann der Weisheit letzter Schluss wäre. Wenn Du neuere Literatur bei der Hand hast, kannst Du sie gerne einarbeiten. Gruß--Mazankius 16:15, 8. Okt. 2011 (CEST)Beantworten


Ich habe mir zwei wortgeographische Artikel von Erhard Riemann besorgt, "Wortgeographie und Besiedlungsgeschichte Altpreussens" von 1965 und "Beobachtungen zur Wortgeographie des Ermlandes" von 1970. Wie in dem Zitat weiter oben ersichtlich, war Riemann eher skeptisch, was eine engere Umgrenzung der Herkunft der Siedler betrifft.

Seine Argumentation scheint mir aber nicht immer ganz überzeugend. Wenn etwa das hochpreussische Wort für wiehern, also "weihere" in einem weiten Raum zu finden ist, der das Elsass, das Saarland, die obere Nahe, die Eifel und Brandenburg umfasst, dann spricht das ja nicht unbedingt gegen Mitzkas These.

Dagegen habe ich den Artikeln einige Wörter entnommen, die auf schlesische Herkunft, zumindest eines Teils der Siedler, hinweisen:

Der Marienkäfer hiess in zwei Reliktgebieten im Oberländischen und im Breslauschen "Blingtkuhche". Dieses Wort gab es sonst anscheinend nur in einem kleinen Gebiet nordöstlich von Breslau um Militsch und Namslau, dort allerdings in der Bedeutung "Mistkäfer".

Im Breslauschen gab es für den Bindfaden die Bezeichung "Spochtbaingt". Spocht gehe auf oberdeutsch "Spagat" zurück, das auch im Ostmitteldeutschen weit verbreitet sei: im Westerzgebirgischen, im Schlesischen, im Oberlausitzischen und im Posenschen. Also geht es vermutlich ursprünglich auf den ostfränkischen Einfluss zurück. Das Kompositum Spagatband fand sich etwas gehäuft in Niederschlesien, öfters auch im Gebirgsschlesischen, in Streubelegen auch sonst im Schlesischen.

Für den Kiefernapfel gab es im Breslauschen und in einem Reliktgebiet des Oberländischen das Wort "Bockel". Die Deminutivendung -el war ungewöhnlich für den deutschen Nordosten und deutet ebenfalls auf schlesischen Einfluss, letztlich auf ostfränkischen, vermute ich. Allerdings ist das Wort im Schlesischen Wörterbuch nicht verzeichnet und im obersächsisch-erzgebirgischen Gebiet kommt nur die Form Böckchen vor.

Im ganzen Ermland (ausser im mundartfreien Süden) gab es für den Pfifferling die Bezeichnung "Gelbling". Diese findet sich auch in der Leipziger Gegend und im Raum von Breslau.

Ebenfalls im ganzen Ermland verbreitet war das Synonym "Päps" für "getrockneten Nasenschleim". Das Wort ist sonst nur in Schlesien bekannt gewesen, z.T. sogar in derselben Bedeutung.

Mazankius, mir ist nicht ganz klar, was Du unter einer logisch-natürlichen Einheit im Hinblick auf Völker und Sprachen verstehst. Sicher, in der Regel hat jedes Volk seine eigene Sprache, von Ausnahmen abgesehen (wo etwa ein Volk mehrere Sprachen hat oder mehrere Völker die gleiche). Und was die Ethnizität betrifft, ist die Sprache wohl das wichtigste Zuordnungskriterium, auch wenn es ein wenig Geschmackssache ist, welches Kriterium man da am stärksten gewichtet. Wie auch immer, das spricht alles nicht gegen die Möglichkeit, dass Völker oder Stämme sich mischen und ihre Sprachen auch. Auch spricht es nicht gegen die Übertragung einer Sprache von einem Volk auf ein anderes, bzw. gegen die Übernahme einer fremden Sprache durch ein Volk. Soweit ich gelesen habe, scheint das Obersächsische ein Ausgleichsdialekt par excellence zu sein; es sei entstanden, als sich nieder-, mittel- und oberdeutsche Siedlerströme kreuzten und mischten. Darum eignete es sich auch so gut als Grundlage für unser modernes Schriftdeutsch. Der koloniale Ausgleichsdialekt im obersächsischen Raum hat dann aus historischen Gründen stark auf das Thüringische im Altsiedelgebiet zurückgewirkt, so dass man darum von den thüringisch-obersächsischen Dialekten sprechen kann.

Um von der Urheimat der Indogermanen zu sprechen, muss man gar nicht viel voraussetzen. Meines Erachtens die einzige Voraussetzung ist die Hypothese, dass die empirisch festgestellte Verwandtschaft der indogermanischen Sprachen auf der Entwicklung aus einer proto-indogermanischen Ur- oder Grundsprache beruht, und diese Hypothese hat ja viel für sich. Wenn es ein Protoindogermanisch gegeben hat, muss es auch ein Volk gegeben haben, das es gesprochen hat. Und auch wenn der Begriff "Urheimat" ein wenig mystisch klingen mag, so ist damit lediglich der Raum bezeichnet, in dem dieses Volk in grundsprachlicher Zeit zuletzt gelebt hat. Frühere Wanderungen oder Völkermischungen, die zu den Protoindogermanen geführt haben, sind damit nicht ausgeschlossen. Aber eben, bei der Frage des protoindogermanischen Urvolks geht es darum, die Verwandtschaft von verschiedenen Einzelsprachen zu erkären - bei der Frage der Herkunft des Hochpreussischen ist es dagegen eher umgekehrt: Man hat einen Dialekt und fragt sich, aus welchen (verschiedenen?) Wurzeln er sich entwickelt hat.

Die Frage nach der Heimat (oder auch "Urheimat") ist für viele Menschen eine emotionale, auch identitätsstiftende. Aber unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, kann man es nicht auf sprachliche Zusammenhänge reduzieren. Für einen Afroamerikaner z.B. ist die Muttersprache Englisch, seine sprachlichen Wurzeln liegen somit in England. Doch wird seine emotionale Verbundenheit mit Westafrika meistens ungleich grösser sein, nicht zuletzt weil der Zusammenhang augenfällig ist. Das prussische Erbe bei den Ostpreussen geht dagegen leichter vergessen, weil die Prussen nicht exotisch aussahen. Sorry, ich schweife grad vom Thema ab. :-) Gruss, Simon W. (nicht signierter Beitrag von 213.55.176.68 (Diskussion) 18:55, 12. Okt. 2011 (CEST)) Beantworten

Interessanterweise schreibt ja auch der Autor der Preussischen Chronik aus dem 16. Jh., Lukas David, nichts von einer vorwiegend schlesischen Herkunft der mittleren Ermländer, sondern er berichtet, es seien viele "Oberdeutsche" (damit meinte er offensichtlich: Mitteldeutsche) gekommen, unter anderem auf ein mal 3000 Bauern aus Meissen, was wiederum gut zu Tessmanns These einer Zwischenheimat im Ostmeissnischen passen würde.
Von den 11 Familiennamen mit geographischem Herkunftsbezug, die Ziesehmer für das frühe Braunsberg angibt, weisen über ein Viertel auf mitteldeutsche Herkunft der Stadtbürger, allerdings aus einem weiten Raum: Ostfranken, Meissen und Schlesien.
Mir scheint es logisch, dass in Mischungen von Siedlern unterschiedlicher Herkunft, Siedlergruppen, deren Anteil an der Gesamtzahl der Siedler einen bestimmten Wert (1/4?) unterschreitet, kaum Spuren im Wortschatz des entstehenden Dialekts hinterlassen werden. Denn für fast alles haben die zahlreicheren Siedler ja ihre eigenen Wörter, und die werden sich dann gegen die Wörter der weniger zahlreichen Siedler durchsetzen. Die Beteiligung letzterer an der Besiedlung kann man dann allenfalls aus anderen Hinweisen erschliessen.
Ich finde es auch interessant, was es aus anthropologischer Perspektive zur Herkunft der Hochpreussen zu sagen gibt. Interessanterweise waren ja Ostpreussen, das Weichselland und Danzig die einzigen Gegenden im nördlichen Deutschland, wo es einen nennenswerten dinariden Einschlag gab. Bei den Ostpreussen hat man diesen dann gerne mit den salzburgischen Glaubensflüchtlingen erklärt. Aber meines Erachtens war deren Einfluss viel zu lokal und begrenzt, um den dinariden Einschlag im Nordosten hauptsächlich verursacht zu haben. Denn diesen gab es nicht weniger stark auch im katholischen Ermland, wo keiner dieser protestantischen Flüchtlinge je hingelangte. Der dinaride Typ ist im deutschen Sprachraum v.a. im Südosten verbreitet, etwa bis gegen den Main; darüber hinaus nur noch im südlichen Thüringen, in Sachsen und (stärker noch) in Schlesien etwas deutlicher. Es handelt sich also letztlich v.a. um einen oberdeutschen, wohl ostfränkischen Einfluss im Ostmitteldeutschen, der dann mit den ostmitteldeutschen Siedlern auch ins Preussenland gelangte.
Auf Pigmentierungskarten, die auf den Virchowschen Schulkinderuntersuchungen basieren, gehört der Grossteil des hochpreussischen Gebiets zur hellsten Kategorie und unterscheidet sich damit von Hessen (zumindest dessen relevanten Gegenden nach Tessmann), Thüringen, Sachsen und Schlesien, die etwas dunkler sind. Vermutlich zeigt sich hierin der prussische Einfluss.
Als mein vorläufiges Fazit schliesse ich mich Mitzka und Tessmann darin an, dass die mitteldeutschen Siedler wohl v.a. über Meissen und die Lausitz ins Preussenland gelangten und dass deren Kern im Altsiedelland wohl v.a. im hessisch-thüringischen Gebiet lag, nehme daneben aber auch einen gewissen Anteil an oberdeutschen, ostfränkischen und schlesischen Siedlern an.
Gruss, S. Waldmeier (nicht signierter Beitrag von 213.55.176.69 (Diskussion) 18:53, 16. Okt. 2011 (CEST)) Beantworten
Lieber Simon, Du bist sehr fleißig gewesen, während ich außer Landes war. Dein "vorläufiges Fazit" klingt so, dass ich mich gut anschließen kann. Wie können wir Deinen Fleiß für den Artikel nutzen? Mein Vorschlag: Du baust unter "Herkunft des Dialekts" die Herkunftstheorie Erhard Riemanns ein; Du hast ja auch die genauen bibliographischen Angaben. Störe Dich dabei nicht daran, dass ich die Tessmann-Theorie noch nicht eingebaut habe. Das kommt, wenn ich die nötige Ruhe gefunden habe. Ich glaube, es wäre auch legitim, wenn Du Dein Fazit zu einer abschließenden Bemerkung zur Forschungsgeschichte abwandeltest. Das wäre noch keine Theoriefindung, sondern eine Zusammenfassung des etablierten Wissens. Außerdem solltest Du mal über das hier nachdenken. Gruß --Mazankius 09:37, 24. Okt. 2011 (CEST)Beantworten

Geschätzter Mazankius,

Sicher kann ich mal ein paar Zeilchen über Riemann einbringen, jedoch haben mich letztens noch ein paar andere Dinge beschäftigt:

Ich kann nicht nachvollziehen, warum Du Mitzkas Kerngebiet der Auswanderung zwischen Lübben und Guben verortest. Ich habe seine "Grundlage nordostdeutscher Sprachgeschichte" nochmal studiert und das so nicht gefunden. W. Kuhns Karten über die Deutsche Ostsiedlung verzeichnen dort ja auch eine Gegend mit nur geringer Veränderung der vordeutschen Siedlung. Mitzka sieht die ins Hochpreussische ziehenden Siedler als v.a. vom deutschen Rand der Niederlausitz herkommend. Er nennt da explizit den Kreis Beeskow-Storkow, die Gegend nördlich von Guben und im Südosten Sorau.

Weiterhin habe ich mir notiert, was er als systematische Hauptunterschiede zwischen dem Hochpreussischen und dem Schlesischen nennt. Das Schlesische habe im Gegensatz zum Hochpreussischen: - Vokaldehnung (ist eine Neuerung) - Wandel von a zu o (ist eine Neuerung) - Deminutiv -l- statt -che(n) (-chen ist aber in Relikten vorhanden) - Sekundärumlaut ä als a statt e

Die ersten beiden Punkte sind Neuerungen, sie haben also von einem Zustand, der der hochpreussischen Version gleich war, zu einem Unterschied geführt. Hier stellt sich mir die Frage, wann sich diese Neuerungen im Schlesischen durchsetzten - und ob es sie schon vor der Abwanderung der späteren Hochpreussen gab, oder ob sie sich erst später im Schlesischen ausbreiteten - und im Hochpreussischen dann logischerweise nicht mehr. Was den dritten Punkt betrifft, da soll es wie gesagt Relikte der im hochpreussischen verbreiteten Endung auch in Schlesien gegeben haben, womöglich also in der Besiedlungszeit noch mehr.

In diesem Zusammenhang erinnere ich nochmal an das Zitat aus diesem Dialektologiehandbuch: "Seine konservativere östliche Erscheinungsform, das sogenannte Breslauische, schließt diachronisch an die Grundlagen des Nordmeißnisch-Obersächsischen und des Neiderländisch-Schlesischen an, hat aber unter dem Einfluß des niederdeutschen Niederpreussischen einige gemein ostmitteldeutsche Wandlungen (...) nicht mehr mit vollzogen (vgl. Wiesinger 1971)."

Schon Mitzka schränkte ja ein, dass wir uns bei dem Vergleich Hochpreussisch-Schlesisch auf den zu seiner Zeit gegenwärtigen Zustand stützen müssen, da das mittelalterliche Schlesische nur unzureichend bekannt war. Ich frage mich: Weiss man heute mehr darüber?

Was nun die Wortgeographie betrifft, so habe ich inzwischen selber mal die Verbreitung der von Mitzka genannten hochpreussischen Wortformen im Digitalen Wenkeratlas nachgeschlagen. Die Lausitz, besonders die Niederlausitz, und das Gebiet östlich von Frankfurt scheinen da tatsächlich einen Schwerpunkt zu bilden. Zwölf der genannten Wortformen sind dort verbreitet (Leute, neu, euch, neun, Feuer und heute mit ei, schön mit e, gestorben, rot und hoch mit o, auch hoch mit k, gefallen mit a und brüh). Daneben gibt es aber auch einige Formen, die ganz andere Verbreitungsschwerpunkte haben: Eine (Kind mit ngd) in der östlichen Niederlausitz und in Schlesien, aber ohne das Gebiet östlich Frankfurt. Eine andere Form (tut mit i) hat den Schwerpunkt im nördlichen Schlesien, greift aber zumindest in die östliche Niederlausitz und das Gebiet östlich Frankfurt aus. Eine weitere Form (hat mit o) hat ihren Schwerpunkt in Schlesien und der Oberlausitz, streift aber ebenfalls die östliche Niederlausitz und das Gebiet östlich Frankfurt. Und schliesslich hätten wir eine Form (Hast mit o) mit dem Schwerpunkt in Nord- und Westschlesien und in der Oberlausitz, welche in die östliche Niederlausitz ausgreift, aber nicht in das Gebiet östlich Frankfurt.

Wenn man nun die Schnittmenge (das Überschneidungsgebiet) aus all diesen verschiedenen Verbreitungsgebieten sucht, ist sie logischerweise sehr klein. Es wäre der Ostrand der Niederlausitz etwa zwischen Forst und Brieskow. Man könnte aber auch vermuten, dass die Siedler aus einem grösseren Gebiet kamen, und dass sie aus ihren verschiedenen "Heimaten" verschiedene Wörter und Wortformen mitgebracht haben, die sich aber nicht alle schon im selben Herkunftsgebiet überschneiden müssen.

Hier wäre auch an Riemanns speziell auf Schlesien weisende Wörter zu erinnern: Blindkuhchen, Bockel, Spochtband, Päps und Gelbling. Hier wäre noch das Wort Halsel (= Halskoppel des Pferdes) anzufügen, das im Breslauschen verbreitet war, und welches aus dem gleichen Grund wie Bockel auf Schlesien weist.

Ich finde es auch interessant, dass es im östlichen Oberland einen Siedlungskomplex aus benachbarten Dörfern gegeben hat, der sich auch in Sachsen und in der südlichen Oberlausitz wiederfindet. Und mitten im Oberland gab es einen Siedlungskomplex, der auf die gleiche sächsische Gegend verweist. Wenn auch die paar thüringischen Ortsnamen im Oberland vielleicht eher auf die Herkunft der Ortsgründer, der Gutsbesitzer und Ritter verweisen, könnten doch solche ganze Gruppen von Dörfern vielleicht eher auf die Herkunft der dort siedelnden Bauern deuten? Und hierzu passt dann Lukas Davids Erwähnung der 3000 Bauern aus Meissen...

Interessant ist auch die Kongruenz zwischen den schlesischen Ortsnamen Freystadt und Waldau in Preussen mit dem Dialekt der frühen Bauern im Kulmerland, die den Namen Schmollen zu Schmollang wandelten.

Gruss, Simon Waldmeier (nicht signierter Beitrag von 92.105.23.33 (Diskussion) 22:47, 2. Nov. 2011 (CET)) Beantworten

Lieber Simon, auf die Formulierung "zwischen Lübben und Guben" bin ich folgendermaßen gekommen: Mitzka schreibt (Seite 65): Wir finden uns beim Nachforschen nach den mundartlichen Ahnenreihen immer wieder in die Niederlausitz und dem breiten nach dem Brandenburgischen überleitenden Rand zurück. Und weil er verstärkt von der Niederlausitz nördlich des "Wendenblocks" schreibt, habe ich versucht, ein über Orientierungsorte definiertes Gebiet zu benennen, das der Benutzer einer Enzyklopädie leicht finden kann. Dafür habe ich mir als Beispiel im Digitalen Wenkeratlas die Karte Nummer 411 "hoch" angeschaut, die genau in dem Gebiet zwischen Lübben und Guben dieselben gehäuften Besonderheiten wie das Hochpreußische ("hok") vermerkt. Der "Wendenblock" grenzt sich durch die blauen Symbole gut ab. Das Gebiet, von dem Mitzka spricht, entspricht ziemlich genau dem "Südmärkischen" nach Wiesinger. (Das von Dir festgestellte Überschneidungsgebiet ist mit dem Südmärkischen zu großen Teilen identisch.) Ich denke, auch für dieses Gebiet sind Lübben und Guben legitime Orientierungspunkte, auch wenn das Gebiet eigentlich noch etwas größer ist. Wenn Dir das aber zu einseitig ist, dann schlage doch eine alternative Formulierung vor.
Deine wortgeographischen Ausführungen oben unterstützen übrigens gut Dein "vorläufiges Fazit" vom letzten Mal. Man könnte eigentlich schon von einem endgültigen Fazit sprechen. Gruß, --Mazankius 17:56, 3. Nov. 2011 (CET)Beantworten

Gut, dann baue ich jetzt noch was über Riemann ein. Gruss, S.W. (nicht signierter Beitrag von 213.55.176.67 (Diskussion) 17:38, 15. Nov. 2011 (CET)) Beantworten

Vielen Dank dafür. Gruß --Mazankius 19:16, 15. Nov. 2011 (CET)Beantworten

Deutsche vs. niederländische Dialekte

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Unter dieser Abb hier steht im Artikel "Deutsche und niederländische Dialekte 1910. Im Nordosten der Karte ist die Abgrenzung (...) " - Anmerkung: Die Karte selbst spricht aber nur von deutschen Dialekte, d.h. zumindest im Jahre 1910 zählte man offensichtlich die in den NL und Flandern gesprochen Mundarten zum Deutschen. Es macht auch deshalb Sinn hier nur von deutschen Dialekten zu sprechen, da ja das Westfälische und Nordniedersächsische über die Grenze in die NL hineinreicht und andererseits das Niederfränkische (was wir heute als "Holländisch" meinen, von Westen ins Rheinland (und darüber hinaus bis ins Siegerland) hineinreicht. Im Zusammenhang mit dieser Karte zwischen deutschen und niederländischen Dialekten z sprechen, ist a.m.S. daher falsch.Flk-Brdrf (Diskussion) 16:27, 8. Mär. 2016 (CET)Beantworten

Das solltest Du besser unter Niederdeutsche Sprache diskutieren.--Mazankius (Diskussion) 19:58, 8. Mär. 2016 (CET)Beantworten

Lautlehre: s nach r zu sch?

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"s wird nach altem r zu sch (Borscht für standarddeutsch Bürste)."
Wurde da tatsächlich s nach r zu sch oder wurde da s vor t zu sch bzw. st zu scht? -80.133.96.13 08:36, 1. Dez. 2017 (CET)Beantworten

So behauptete es Walther Ziesemer. Fragen kann man natürlich stellen, die Wikipedia bildet allerdings etabliertes Wissen ab. Wenn diese Frage in einer reputablen Quelle auftaucht, dann darf es natürlich hinein.--Mazankius (Diskussion) 22:43, 1. Dez. 2017 (CET)Beantworten

Hochpreußisch?

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"Vorliebe für Verkleinerungssilben (de lewe Gottke, kommche, duche, Briefchedräger) – Umlautlose Verkleinerungsformen (Hundche, Katzche, Mutterche)" findet sich sowohl bei Hochpreußisch#Sprachliche Merkmale als auch bei Niederpreußisch#Sprachliche Merkmale. Sind all die Beispiele sowohl hoch- als auch niederpreußisch oder ist z.B. -ke (in Gottke) niederpreußisch während -che (z.B. in kommche, Hundche) hochpreußisch ist? Ähnliche Fragen lassen sich bei den anderen Merkmalen stellen. -80.133.96.13 08:36, 1. Dez. 2017 (CET)Beantworten

Es handelt sich um Gemeinsamkeiten beider Dialekte, die Walther Ziesemer aufzählte. Sollte man das deutlicher formulieren? Sie kommen deshalb inhaltsgleich in beiden Artikeln vor. Die Beispiele stammen aus beiden Dialekten. Völlig richtig, -ke ist niederpreußisch, -che Hochpreußisch. Wenn das im Kontext irritiert, könnte man hier die niederpreußischen Formen entfernen. Die umlautlosen Verkleinerungsformen sind in beiden Dialekten identisch.--Mazankius (Diskussion) 22:54, 1. Dez. 2017 (CET)Beantworten