Diskussion:Maximen und Reflexionen
Weitergehende Anregungen
[Quelltext bearbeiten]Unterschied: Man kann Goethes Sprüche in Prosa zwar in der Art einer Zitatesammlung thematisch ordnen, doch das macht sie nicht zu Zitaten. Manche eignen sich in sentenzenhafter Verknappung prinzipiell als Zitate, und ob sie tatsächlich zu „geflügelten Worten“ werden, entscheidet dann die Zitatepraxis der Nachgeborenen. Viele andere der hier gesammelten Gedankensplitter sind aber so umfangreich (manchmal mehr als eine Druckseite lang), andere wiederum eher grüblerisch als pointiert, so dass sie sich nicht dazu eignen, von Späteren zitatweise zur Untermauerung der eigenen Position angeführt zu werden.
Goethe-Rezeption oder nicht? – Und noch ein Unterschied. Es wäre interessant zu wissen, ob neuere Herausgeber ähnlicher Sammlungen (Lektüre für Minuten aus Werken von Hesse, Brecht und anderen) Goethes Spruchsammlung als Vorbild sahen.
Im Nachwort zur einbändigen Sammelausgabe der Hesse-„Minuten“ (1977) erwähnt Volker Michels den Weimarer Geheimrat nicht. Im Zuschnitt ist die Sammlung aber durchaus ähnlich.
Goethe notierte seine Maximen und Reflexionen als einzelne Gedankensplitter, aus denen letztlich ein Panorama seines Denkens entstand. Sie sind kein „zweiter Aufguss“ der „schönsten Stellen“, sondern etwas Neues, Zusätzliches. Und auch wenn er die Veröffentlichung nur teilweise noch selbst besorgte, so war er doch mit diesem Konzept grundsätzlich einverstanden.
Ggf. besteht also ein erheblicher Unterschied: Goethe sammelte (eigene und fremde) Gedanken. Neuere Herausgeber exzerpieren hingegen oft nur Textkrümel aus einem größeren Werk oder Lebenswerk. Polemisch ist ihnen schon vorgeworfen worden, sie würden damit Textfledderei betreiben und das Werk der jeweiligen Autoren „in gnomischen Häppchen prostituieren“. – Kann Goethes Sammlung dennoch als Präzedenzfall zur Legitimation dienen?
Das Zitat von den „gnomischen Häppchen“: Klaus-Peter Philippi: Hesse und die heutige Germanistik in Deutschland. Vortrag von 2003, gedruckt schließlich im Hermann-Hesse-Jahrbuch 2, 2005 (2008).
Ähnlich auch Felix Philipp Ingold auf literaturkritik.de: „Anthologien aller Art – ob „Lektüre für Minuten“ oder „Gedichte von Frauen“, ob „Hesse für Manager“ oder „Goethe für den Urlaub“ – bieten die jeweils gewünschte Orientierung und liefern homöopathische Textverschnitte, die sich beiläufig rezipieren, zumeist auch leicht verdauen lassen.“ (Der Rest seines Texts behandelt dann aber großangelegte, anspruchsvolle Lyrikanthologien.)
Rezeption des Werks heute? Wenn solche Sammlungen ein Bedürfnis der Häppchen-Kultur des späten 20. (und frühen 21.?) Jahrhunderts befriedigen (wie oben angedeutet), warum ist dann nicht mehr von Goethes Sammlung zu hören oder zu lesen?
Ich kann diese Ansätze derzeit nicht in der Weise weiterverfolgen, die notwendig wäre, um den hier erforderlichen Bezug zu Goethes Maximen sicher herzustellen und alles angemessen mit Belegen zu versehen. So mag einstweilen nur die Diskussionsseite der Ort dafür sein. -- Martinus KE (Diskussion) 07:12, 18. Jan. 2022 (CET)